Spannendes Thema!
Also... ganz ehrlich... ich verstehe voll was du meinst!
Das "Würfe strapazieren um WP zu bekommen" ist echt ein großer Knackpunkt an dem System.
Diese Regelmechanik basiert ja sehr stark auf "Mutant Year Zero", und da macht das voll Sinn: Die Charaktere sind Mutanten - und immer wenn sie an ihre Grenzen gehen, setzt dies Energien frei (Mutationspunkte = Willenskraftpunkte in Verbotene Lande), die sich in Mutanten-Kräften manifestieren (=Volkstaltene/Berufstalente in Verbotene Lande) - was aber auch immer dazu führen kann, dass der Charakter weiter mutiert dauerthaft geschwächt wird.
Im Fantasy-Setting macht diese Regelmechanik aber so natürlich erst Mal keinen Sinn - und trotzdem funktioniert sie in meiner Runde sehr gut (mehr dazu gleich).
Und wie du schon sagst: Die Aussage "Würfle nur wenn nötig" (zu finden in jedem Spiel mit "YearZero" Würfelsystem) beisst sich in den "Mutant" und "Verbotene Lande" Spielen mit der zentralen Punkte-Regelmechanik.
Und daher halte ich mich hier auch viel weniger daran, als in anderen YearZero Spielen - ich lasse halt mehr würfeln. Es geht eben nicht anders.
Das finde ich auch nicht schlimm, denn "Verbotene Lande" hat ja auch das Feeling eines klassischen 80er Jahre Rollenspiels. Und da gehört das häufige Würfeln ja wohl definitiv dazu!
Auch ansonsten hat "Verbotene Lande" das bei weitem komplexeste Regelsystem. Hier wird die Herstellung von Gegenständen samt benötigten Ressourcen und der Festungsbau auf einer Ebene verregelt, der im krassen Kontrast zu allen anderen Year Zero Spielen steht (ok.. Twilight 2000 mal ausgenommen.. kenne ich jetzt nicht so gut).
Wir haben in unserer Runde jetzt nochmal den Festungsbau bespielt - und selbst mit etwas abgespeckten Regeln muss ich sagen: Das macht alles keinen Spaß! Der Ausbau der Arche bei "Mutant Jahr Null" ist da bei weitem besser gelungen.
Aber ich komme hier vom Thema ab. Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Das Regelwerk enthält ein paar Standardsätze, die sich in jedem YearZero Spiel finden, die meines Erachtens aber nicht zu diesem Spiel passen.
Da liegt es dann an jedem, sich das Spiel so zu basteln, dass es einem passt.
Als Hausregel habe ich schon direkt zu Beginn eingeführt, dass jeder Charakter die Session immer mit mindestens einem WP beginnt (sprich: Wer zu Beginn keine WP hat, bekommt einen geschenkt).
Damit ist gewährleistet, dass jeder Charakter in der Session immer einmal ein Volkstalent oder Berufstalent aktivieren kann.
Wer mehr einsetzen will, muss natürlich über strapazierte Würfe WP generieren.
Aber das finde ich auch OK so. Damit forciert das Spiel Dramatik:
Wenn jemand keine WP ansammeln kann, dann scheint er auch keine Würfe zu strapazieren.
Wenn er keine Würfe strapaziert, dann scheint für ihn offenbar nichts auf dem Spiel zu stehen oder er bekommt keine passenden Herausforderungen.
Wenn nichts auf dem Spiel steht, dann passiert offenbar zu wenig.
Das Generieren von WP mag aus Spielwelt-Logik zwar Quatsch sein - Aber als Motivation, spannende Szenen zu erschaffen (und das gilt dann sowohl für SL als auch Spieler) funktioniert es meines Erachtens sehr gut.
Noch ein Tipp, wenn du mehr WP im Spiel willst:
Ich habe die 3. Stufe von einigen Talenten so angepasst, dass man bei ihrer Anwendung einmal pro Sitzung einen WP bekommen kann. Das sind so Talente, die Alrik der Drachentöter in der Regel nie lernt - weil sie in der Regel nicht beim Drachentöten helfen:
Bogner, Fischer, Gerber, Jagdmeister, Kräuterkundler, Kundschafter, Quartiermeister, Schmied, Schneider, Seemann, Wanderer
Hat jetzt aber auch nicht dazu geführt, dass sich meine Gruppe nun auf diese Talente gestürzt hat. Aber bislang herrscht bei uns auch nicht wirklich WP-Mangel.
Und es hilft natürlich auch nichts bei Spielbeginn, sondern wirkt sich nur bei einer längeren Kampagne aus, wenn mal etwas mehr gesteigert wurde.
Ich sehe YearZero Spiele auch nicht als "Simulations-Spiele" (auch wenn der Festungsbau da deutlich in die Richtung geht... was aber meiner Meinung nach deplatziert ist).
Eine Regel muss für mich nicht zwingend innerweltlich logisch sein, wenn sie zu einem guten Spiel führt.
Jedes YearZero Spiel setzt mit seinen Regelmechaniken bestimmte Stimmungen und fokussiert das Spiel auf bestimmte Elemente.
Und unter dem Aspekt gesehen will das Spiel, dass Spieler bei "Verbotene Lande" Risiken eingehen und an ihre Grenzen gehen. Dafür muss die SL die Gelegenheiten schaffen und die Spieler diese ergreifen um spannende und dramatische Situationen zu erschaffen.
Je gefährlicher es wird (bei Verlust von Attributspunkten durch strapazierte Würfe) desto mehr wird dies durch WP belohnt, die dann im besten Falle direkt genutzt werden können, um eine tödliche Gefahr doch noch abzuwehren.
Im schlechtesten Fall läuft es aber dann halt so, dass Spieler bei jedem Mist ihre Würfe strapazieren wollen, nur um an die blöden WP ranzukommen...
Ich habe jetzt über 50 Online-Sessions "Verbotene Lande" hinter mir und in meiner Gruppe funktioniert das System sehr gut.
Ich bin grundsätzlich gar kein großer Fan mehr von Fantasy und ständigem Rumkämpfen - Also eigentlich ist das Spiel so gar nix mehr für mich.
Aber wir hatten erst letztens eine Session mit einem über 2 Stunden langem Kampf, der jede Minute spannend war - mit ständigen Wendungen und dramatischen Situationen. Und ein elementarer Grund war die Würfelmechanik mit Willenskraftpunkten.
Somit, mein finaler Ratschlag nach all dem Rumgesülze: Probier es mal 3 Sessions lang aus, hau dabei ordentlich auf die K***e, und dann schau mal ob es für dich passt oder nicht!