Autor Thema: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow  (Gelesen 1225 mal)

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Achamanian

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[Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« am: 20.01.2023 | 15:38 »
... leider nicht so viel, wie ich gerne würde, ich bin gerade ein bisschen unter Zeitdruck, aber ich wollte den angekündigten Thread endlich mal starten.

In diesem Thread möchte ich explizit NICHT über den "Nicht-Natives, bitte spielt keine Charaktere aus realexistierenden Tribes!"-Aufruf am Anfang diskutieren; dafür mache ich in Kürze einen eigenen Thread in Rollenspiel & Gesellschaft auf. Das Thema lässt sich tatsächlich sehr gut vom Setting trennen.

Ich habe bisher Einleitung und die Settingkapitel gelesen, das sind die ersten 120 von 480 Seiten, und bin erst einmal sehr angetan. Es handelt sich um ein Alternate-History-Setting mit starkem SF- und leichtem Fantasy-Einschlag, das Label "Hopepunk" passt schon ganz gut. Um 1400 ist etwas auf der Erde eingeschlagen und hat eine mehrere hundert Jahre dauernde Eiszeit ausgelöst. Die Europäer haben entsprechend den amerikanischen Kontinent nie erreicht, die dortigen Zivilisationen haben auch erst einmal massiv unter den Folgen der Katastrophe gelitten.

Nach etwa 200 Jahren wird festgestellt, dass die pupurnen Flecken, die seit dem Einschlag zunehmend auf Tieren und Pflanzen auftreten, sich zu einer Substanz destillieren lassen, die den Menschen, die sie einnehmen, mit den Tieren oder Pflanzen assoziierte Kräfte verleihen kann. Mit der Zeit wird es in ganz Amerika zur Tradition, dass Menschen in der Pubertät in einem Initiationsritual etwas von dieser Substanz einnehmen und dadurch verändert werden - "einen Pfad wählen".

In den letzten 100 bis 200 Jahren gab es eine wissenschaftlich-technologische Explosion von Entwicklungen, die teilweise mit dieser Substanz zu tun hat (die beispielsweise bei Antigravitationstechnologie als Handwavium eingesetzt wird. Zusammen mit dem einsetzten Tauwetter sorgt das für eine massive Erhöhung des Lebensstandards und der Lebenserwartung. Dass und die kulturellen Unterschiede zu unserer Wirklichkeit lassen die Welt von Coyote & Crow teilweise wie eine soziale Utopie erscheinen: Es gibt praktisch keine ernsthafte Armut in den beschriebenen Ländern. Insbesondere in Cahokia, der kosmopolitischen "Kernstadt" des Settings, und den sie umgebenden "Free Lands" (die so heißen, weil sie aus von den umliegenden Nationen unabhängigen Gemeinden und Stadtstaaten bestehen), kommt ein hohes Maß an Diversität und Akzeptanz verschiedener Lebensweisen hinzu - es werden allerdings auch Gesellschaften mit starken sozialen Zwangsstrukturen wie Kasten oder erzwungener Affirmation an die vorherrschende Sprache und Kultur beschrieben.

Technologisch unterscheidet sich die beschriebene Welt vor allem dadurch von unserer, dass es nie eine industrielle Revolution und nie die Herausbildung von massenhafter Industrieproduktion gab. Entsprechend gibt es hochentwickelte Technologie bis hin zu künstlichen beweglichen Gliedmaßen (also Cyberarmen), aber viel davon wird (unter Zuhilfename von Gats, 3D-Druckern, die in erster Linie Maisabfälle als Rohmaterial verwenden) individuell hergestellt - im Buch wird darauf hingewiesen, dass das ein Aspekt von C&C ist, der eher Fantasy-Flair hat. Es gibt eine Art Internet, das ist aber sehr viel regionaler geerdet - da es bei C&C keien Luft- und Raumfahrttechnik mit Ausnahme von Antigravitationsbaken gibt, gibt es auch keine Satelliten in der Umlaufbahn ... Strom wird vor allem mit Solarzellen gewonnen, Bodenfahrzeuge werden kaum verwendet (das Rad existiert zwar, ist aber durch die Antigravtechnik "überholt" worden).
Hochseeschifffahrt existiert aufgrund der Unsicherheiten durch den Einschlag auch praktisch nicht, man weiß also so gut wie nichts über die Entwicklungen auf den anderen Kontinenten.

Es gibt einen Haufen netter Settingdetails (Komiker ist zum Beispiel ein hochangesehener Beruf, und alle Krankenhäuser haben festangestellte Komiker, da Lachen als notwendiger Teil von Heilungsprozessen gilt). Es gibt auch durchaus Konfliktstoff - ein nicht allzu lange zurückliegender Krieg, der praktisch alle Nationen erfasst hat, hat zwischen vielen Völkern böses Blut hinterlassen, Spionage und politische Korruption wachsen sich langsam zu ernsten Problemen aus, und natürlich gibt es auch die ganz normalen menschlichen Konflikte um Rache, Eifersucht, Habgier ... Platz für Charaktere ist da vor allem bei den umstrittenen "Suyata" einer Art reisender Marshals, die bei Konflikten eingreifen und Gefahren von den Menschen abwenden (da "Polizeien" ansonsten recht regional sind).

Mit gefällt das Setting sehr gut, es hat etwas von dem fließenden Übergang zwischen "Magie" (oder hier eher Spiritualität) und Technik, der mir bei Numenera gefällt, aber hier ist das in ein konsistentes Setting eingebettet und nicht einfach irgendwie zusammengewürfelt. Und es hat etwas von Blue Rose - die Charaktere kommen aus einer Gesellschaft, für die es sich einzutreten lohnt, die aber genug Konfliktpotenzial für Abenteuer bietet.

Nicht so gut gefällt mir, dass ein paar Elemente ein bisschen zu "rollenspielig" aufgesetzt sind - die besonderen Begabungen hätte es für mein Gefühl nicht gebraucht, und auch die Opening Fiction wirkt sehr so, als will sie erklären, warum ein paar Völker den einen Vorteil bekommen und andere den anderen (aber mal sehen, dafür muss ich erst noch den Regelteil lesen). Zum Teil ist es auch schwer, sich ein Bild von diesem doch sehr andersartigen Setting zu machen - im Regelbuch wird die Frage "Was für Technologie aus unserer Welt dürfte es plausiblerweise dort geben, was für welche nicht", zwar bearbeitet, sie bleibt aber kompliziert.

Das Setting funktioniert übrigens in meinem Kopf sehr gut im Einklang mit dem Sachbuch "Anfänge" von David Greber und David Wengrove, in dem sehr ausführlich (wenn auch teilweise spekulativ) dargelegt wurde, welche anderen Ansätze gesellschaftlicher Organisation als die heute gängigen es bereits in der Menschheitsgeschichte gegeben hat - und aus dem man beispielsweise erfährt, dass die jesuitischen Missionare in Nordamerika berichtet haben, völlig baff darüber waren, wie nordamerikanische Natives sie ganz gelassen an die Wand diskutiert haben, weil bei denen die öffentliche Debatte über die Gemeinschaft betreffende Entscheidungen eben der Standard war. Mit dem Gedanken im Hintergrund wirkt das Setting schon sehr viel weniger wie "Pff, ist doch alles idealisiert!" und deutlich mehr wie: "Nein, das ist eine mit Fantasy-Elementen aufgepeppte Spekulation darüber, wie menschliche Gesellschaft sich durchaus hätte anders entwickeln können."

Mit gefällt es, ich komme hoffentlich bald dazu, weiter zu berichten.

Offline General Kong

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #1 am: 20.01.2023 | 15:48 »
Nur aus Neugier: Gibt es auch Hinweise über den Rest der Welt (Asien, Europa etc.), vielleicht auch nur als eine Qrt Seitenbalken mit ganz groben Infos, oder ist das Setting geschlossen auf Nordamerika (was ist mit Mittel- und Südamerika) beschränkt? Oder gibt es vielleicht gar kein Wissen vom Rest der Welt?
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Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #2 am: 20.01.2023 | 16:11 »
Nur aus Neugier: Gibt es auch Hinweise über den Rest der Welt (Asien, Europa etc.), vielleicht auch nur als eine Qrt Seitenbalken mit ganz groben Infos, oder ist das Setting geschlossen auf Nordamerika (was ist mit Mittel- und Südamerika) beschränkt? Oder gibt es vielleicht gar kein Wissen vom Rest der Welt?

Es gibt zwei drei Seiten zum Rest der Welt, aber die beschränken sich praktisch auf: Nach Afrika gab's kürzlich mal eine Expedition, aber es sind nur unzuverlässige Gerüchte zurückgekommen; über ein Vordringen Richtung Europa/Asien (die als ein Kontinent betrachtet werden per Landhopping auf der Nordroute wird nachgedacht; dass es Australien gibt, weiß man über irgendwelche Kontakte Richtung Polynesien. Im Prinzip ist da noch alles offen, es wird aber angedeutet, dass das natürlich potenziell großes Entdeckerkampagnen-Material ist.
Selbst Mittel- und Südamerika sind vorerst noch sehr oberflächlich beschrieben (da sind aber kommende Supplements für angedeutet); der Fokus ist eindeutig Nordamerika, und dort Cahokia und die "Free Lands".

Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #3 am: 20.01.2023 | 16:17 »

Offline Waldviech

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #4 am: 20.01.2023 | 16:31 »
Gut, das auszugliedern! Das Setting klingt tatsächlich echt spannend und interessant - und trifft bei mir vielleicht sogar einen gewissen Nerv, da ich Solarpunk mag. Wo ich allerdings gewisse Bedenken hätte, wäre ob hier (zumindest nach der bisherigen Beschreibung) nicht doch ein wenig zu sehr der "Edle Wilde" durchschielt. Das klingt jetzt vielleicht etwas hässlicher formuliert, als es gemeint ist (ich finde nach wie vor, dass Coyote & Crow gut und interessant klingt), aber: Die Zivilisation der "Free Lands" ist  furchtbar divers und tolerant, lebt selbstverständlich spirituell im Einklang mit der Natur und hat dabei bei gleichzeitiger Entwicklung von Sci-Fi-Technologien natürlich nie die selben Fehler gemacht hat wie die unspirituellen Weißen in der realen Welt. Sind das nicht genau die Projektionen, die man eben nicht auf die American Natives werfen soll?
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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #5 am: 20.01.2023 | 16:35 »
Klingt ein bißchen nach einem (nicht-kolonisiert) amerikanischen Gegenstück zu "Eis & Dampf". Auch da gibt's ja eine Eiszeit, die die Entdeckung der Neuen Welt bisher verhindert hat, so daß sich das in Richtung Steampunk entwickelte Setting im Wesentlichen auf Eurasien und Teile Afrikas beschränkt. Dürfte allerdings kaum auf derselben Erde spielen, wenn die Leute bei C&C nicht auch gerade mit Unterseebooten erste Invasionsversuche über den Pazifik hinweg gestartet haben... :)

Offline Waldviech

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #6 am: 20.01.2023 | 16:37 »
Wieso? Die klangen bei Eis&Dampf ziemlich nach Azteken - und Mittelamerika umfasst C&C ja nicht. Das spricht also nicht gegen ein Crossover  ;D
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Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #7 am: 20.01.2023 | 16:43 »
Gut, das auszugliedern! Das Setting klingt tatsächlich echt spannend und interessant - und trifft bei mir vielleicht sogar einen gewissen Nerv, da ich Solarpunk mag. Wo ich allerdings gewisse Bedenken hätte, wäre ob hier (zumindest nach der bisherigen Beschreibung) nicht doch ein wenig zu sehr der "Edle Wilde" durchschielt. Das klingt jetzt vielleicht etwas hässlicher formuliert, als es gemeint ist (ich finde nach wie vor, dass Coyote & Crow gut und interessant klingt), aber: Die Zivilisation der "Free Lands" ist  furchtbar divers und tolerant, lebt selbstverständlich spirituell im Einklang mit der Natur und hat dabei bei gleichzeitiger Entwicklung von Sci-Fi-Technologien natürlich nie die selben Fehler gemacht hat wie die unspirituellen Weißen in der realen Welt. Sind das nicht genau die Projektionen, die man eben nicht auf die American Natives werfen soll?

Würde ich mit einem klaren "Jein" beantworten. Einerseits kann man es durch diese Brille lesen, andererseits bin ich da eben inzwischen auch durch das genannte Buch von Wengrove und Graeber geprägt, dass durchaus sehr glaubwürdig vermittelt, dass manche der Dinge, die man als "Projektionen" romantischer Ideale auf Native Americans betrachtet, vielleicht tatsächlich z.B. über die Jesuitenberichte überhaupt erst als Ideale nach Europa gekommen sind. Und dadurch (und durch die Native-Autor:innen - wobei natürlich klar ist, dass deren Blick ganz sicher auch nicht frei von Projektionen ist) bekommt das für mich schon eine andere Legitimation.

Und auch nicht zu unterschlagen: Es gibt eben schon Kriege, Kulturkämpfe und Formen sozialer Ausgrenzung in dem Setting (wobei, letzteres in Cahokia selbst eigentlich echt nicht ...), also ist nicht alles besser. Nur steht eben die Idee einer technischen Zivilisation, die mit der Ökologie im Einklang steht, im Vordergrund, und das ist natürlich ein unglaublich hochgestecktes Ideal, das uns im Moment unerreichbar erscheint - und klar, das einfach mal so als Qualität einer nicht kolonisierten Native-American-Welt zuzuschreiben, riecht natürlich nach Idealisierung von Native Americans. Dem steht aber wieder die Aussage im Regelbuch entgegen, dass man seinen Charakter am besten einfach als Menschen spielen soll, mit allem guten und schlechten, was einen Menschen ausmacht, was ja wieder nicht nach "Natives sind die BESSEREN Menschen klingt."

Letztendlich ist die Frage, als wie zwangsläufig man den industrillen Weg des technologischen Fortschritts, der sich von Europa her über die Welt ausgebreitet hat, betrachtet. Wenn man davon ausgeht, dass technologischer Fortschritt eben so und eigentlich nur so geht - klar, dann ist das Setting von C&C eine hoffnungslos idealisierte Native-American-Zivilisation, die das unmögliche vollbracht hat. Wenn man davon ausgeht, dass Industrialisierung und massive Ausbeutung von Ressourcen nur ein sehr spezifischer Entwicklungsweg ist, der als historische Zufall die Oberhand gewonnen hat, dann ist n dem C&C-Setting gar nix komisch. Was jetzt stimmt lässt sich mangels realer alternativer Geschichtsverläufe schwer abschätzen ...

Ich würde das Ganze wohlwollend als eine optimistische Alternate History auslegen die natürlich bekannte Tropes aufgreift, aber auch versucht, die gezeichnete Entwicklung sinnvoll herzuleiten und sich dem Konfliktpotenzial nicht zu verschließen.

Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #8 am: 20.01.2023 | 16:46 »
Wieso? Die klangen bei Eis&Dampf ziemlich nach Azteken - und Mittelamerika umfasst C&C ja nicht. Das spricht also nicht gegen ein Crossover  ;D

Bei C&C sitzt in Mittelamerika das ziemlich expansive Ecaz-Reich, dem wäre das durchaus zuzutrauen ... (und da ich derzeit in Mexiko lebe, bin ich ehrlich gesagt ein bisschen verschnupft darüber, dass da an das Klischee der kriegerischen Azteken angeknüpft wird, nicht, dass da nix dran wäre, aber natürlich denkt man nach kurzer Zeit hier: "Moment, aber an den Azteken war doch nochh so viel MEHR als der Umstand, dass sie gerade dabei waren, mit Gewalt ein Imperium aufzubauen, als ihnen die Spanier dazwischenkamen!").

Offline Gunthar

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #9 am: 20.01.2023 | 17:03 »
Das ganze tönt faszinierend. War schon immer an den nord- und mittelamerikanischen Natives interessiert. Und daher finde ich es cool, dass es da auch mal was gibt.

Wie sind die Regeln?
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Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #10 am: 20.01.2023 | 17:05 »
Das ganze tönt faszinierend. War schon immer an den nord- und mittelamerikanischen Natives interessiert. Und daher finde ich es cool, dass es da auch mal was gibt.

Wie sind die Regeln?

Da bin ich noch nicht so weit: w12-Poolsystem, erinnert mich abgesehen vom verwendeten Würfel auf den ersten Blick an World of Darkness.

Offline Waldviech

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #11 am: 20.01.2023 | 17:12 »
Zitat
Letztendlich ist die Frage, als wie zwangsläufig man den industrillen Weg des technologischen Fortschritts, der sich von Europa her über die Welt ausgebreitet hat, betrachtet. Wenn man davon ausgeht, dass technologischer Fortschritt eben so und eigentlich nur so geht - klar, dann ist das Setting von C&C eine hoffnungslos idealisierte Native-American-Zivilisation, die das unmögliche vollbracht hat.

Das hat weniger mit "Europäisch" und "Nichteuropäisch" zu tun, sondern eher damit, das jeder Entwicklungsprozess zwangsweise Fehler beinhaltet. Es gibt eigentlich keine urbane Zivilisation, sei sie europäisch oder nicht europäisch, die nicht in irgend einer Form irgendwann mal Teile ihrer Umwelt versaut hätte.
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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #12 am: 20.01.2023 | 17:14 »
Letztendlich ist die Frage, als wie zwangsläufig man den industrillen Weg des technologischen Fortschritts, der sich von Europa her über die Welt ausgebreitet hat, betrachtet. Wenn man davon ausgeht, dass technologischer Fortschritt eben so und eigentlich nur so geht - klar, dann ist das Setting von C&C eine hoffnungslos idealisierte Native-American-Zivilisation, die das unmögliche vollbracht hat. Wenn man davon ausgeht, dass Industrialisierung und massive Ausbeutung von Ressourcen nur ein sehr spezifischer Entwicklungsweg ist, der als historische Zufall die Oberhand gewonnen hat, dann ist n dem C&C-Setting gar nix komisch. Was jetzt stimmt lässt sich mangels realer alternativer Geschichtsverläufe schwer abschätzen ...

Wenn ich mir, angestoßen von einem der letzten Drachinifel-Videos ("Obscure Ships -- Five vessels that deserve to be better known" -- wer sich nicht alles ansehen will, spult vor auf ca. 34:15), so als Beispiel für die originär einheimisch-amerikanische Technik die südamerikanischen Balsaflöße betrachte, von denen ja seinerzeit Thor Heyerdal bewiesen hat, daß sie durchaus auch hochseetauglich und für manche Gefahren womöglich weniger anfällig waren als "richtige" Schiffe zumindest aus Holz, und dann noch hinzunehme, daß sich der europäische "Fortschritt" eh oft genug nur durch gewaltsame Eroberung (und gelegentliche hilfreiche Krankheiten...) ausgebreitet hat, was in diesem Setting halt nicht eintreten konnte...dann, ja, dann sind alternative Entwicklungslinien allemal denkbar und potentiell interessant.

Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #13 am: 20.01.2023 | 17:18 »
Das hat weniger mit "Europäisch" und "Nichteuropäisch" zu tun, sondern eher damit, das jeder Entwicklungsprozess zwangsweise Fehler beinhaltet. Es gibt eigentlich keine urbane Zivilisation, sei sie europäisch oder nicht europäisch, die nicht in irgend einer Form irgendwann mal Teile ihrer Umwelt versaut hätte.

Ja, aber zwischen dem und einer ausgewachsenen Industriegesellschaft gibt es schon noch einen Unterschied. Dass es bei C&C gar keine ökologischen Probleme gibt, wird für mein Gefühl auch nicht nahegelegt, wobei ich darauf noch Mal genauer schauen muss.

Offline Waldviech

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #14 am: 20.01.2023 | 17:20 »
Zitat
dann, ja, dann sind alternative Entwicklungslinien allemal denkbar und potentiell interessant.

Alternativ vielleicht. Fehlerfrei hingegen - ja, nö, Da wirds unglaubhaft. Man mag uns Europäern ja einiges vorhalten können, aber weder haben wir ein Monopol auf Imperialismus noch eines auf Umweltzerstörung. Das darf man bei aller berechtigter Selbstkritik halt auch nicht vergessen.

Zitat
Ja, aber zwischen dem und einer ausgewachsenen Industriegesellschaft gibt es schon noch einen Unterschied.
Tatsächlich viel weniger als man gemeinhin denkt. Die eiszeitliche Großfauna in Eurasien und den beiden Amerikas wurde mit Holzspießen ausgerottet und iberische Halbinsel wurde mit Bronzebeilen entwaldet.
« Letzte Änderung: 20.01.2023 | 17:23 von Waldviech »
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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #15 am: 20.01.2023 | 17:27 »
Alternativ vielleicht. Fehlerfrei hingegen - ja, nö, Da wirds unglaubhaft. Man mag uns Europäern ja einiges vorhalten können, aber weder haben wir ein Monopol auf Imperialismus noch eines auf Umweltzerstörung. Das darf man bei aller berechtigter Selbstkritik halt auch nicht vergessen.

Fehlerfrei steht hier aber allgemein auch gar nicht zur Debatte - in dem Setting gibt es ein Expansionstisches Reich, eine Nation mit starkem Konformitätsdruck, einen "Weltkrieg" vor nicht einmal 100 Jahren, ein angekündigtes Abenteuer soll sich um Wasserrechte und Wasserverschmutzung drehen ... Ökologisch und sozial sind die schon besser aufgestellt als fast alles, was es in der wirklichen Welt gibt, aber wenn dich selbst das verbietet, dann hat man schon wieder jede gesellschaftliche Fantasie mit hoffnungsvollen Elementen in die Bäh-Ecke gestellt.

Achamanian

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #16 am: 20.01.2023 | 17:30 »
Tatsächlich viel weniger als man gemeinhin denkt. Die eiszeitliche Großfauna in Eurasien und den beiden Amerikas wurde mit Holzspießen ausgerottet und iberische Halbinsel wurde mit Bronzebeilen entwaldet.


Ist mir nicht neu (schade um die Riesenfaultiere). Aber die Ausrottung der Megafauna Amerikas, so schlimm die war, ist doch noch ne andere Nummer als die flächendeckende Vergiftung eines ganzen Planeten. Die kriegst du mit Holzsperren nicht so leicht bewerkstelligt.

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #17 am: 20.01.2023 | 18:09 »
@Rumpel: Danke für die ausführliche Beschreibung. Werde weiterhin interessiert mitlesen (auch wenn ich zugebe, dass es mir bisher noch zu sehr nach Wakanda klingt, um meinen Innere-Logik-Fanatiker überzeugen zu können).
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Offline Waldviech

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #18 am: 21.01.2023 | 13:30 »
Zitat
Ökologisch und sozial sind die schon besser aufgestellt als fast alles, was es in der wirklichen Welt gibt, aber wenn dich selbst das verbietet, dann hat man schon wieder jede gesellschaftliche Fantasie mit hoffnungsvollen Elementen in die Bäh-Ecke gestellt.

Stimmt wohl auch wieder, ja.  :d. Nach der umfangreichen Beschreibung von C&C klingt es nämlich tatsächlich nicht so, als sei diese Kritik hier so völlig angebracht.
 
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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #19 am: 21.01.2023 | 14:12 »
 
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Offline Waldviech

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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #20 am: 21.01.2023 | 14:43 »
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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #21 am: 21.01.2023 | 17:36 »
Eine Idealisierung finde ich auch dumm (so nach dem Motto: "Nicht-westlich = MUSS JA TOLL SEIN!"), gegen eine Welt, in der aber zur Abwechslung nicht alles dystopisch-dunkel, am Rande der Apokalypse oder doch wenigstens ziemlich mies ist, habe ich aber nichts.

Mal was anderes. Die Voraussetzung ist natürlich, dass nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen ist, denn dann wird es mit Abenteuern schwer.
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Re: [Ich erzähle euch von] Coyote & Crow
« Antwort #22 am: 21.01.2023 | 18:38 »

Mal was anderes. Die Voraussetzung ist natürlich, dass nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen ist, denn dann wird es mit Abenteuern schwer.

Na ja, es gibt natürlich immer die Option, dass Konflikte von außen herangetragen werden oder in "Blasen" versteckt sind (z.B. Dungeons), aber ja, das ist etwas billig und auf die Dauer langweilig ...
Ich denke, bei C&C bietet sich eine Mischung an: Es kann schon mal gegen Kriminelle oder Spione aus nicht direkt verfeindeten, aber eben auch nicht wohlgesinnten Nachbarländer gehen, aber ich denke, viele Abenteuer könnten auch in die Richtung "vermittelt in einem Konflikt zwischen zwei Familien, der inzwischen blutige Ausmaße angenommen hat, und zwar möglichst ohne noch mehr Blutvegießen" gehen - wo es dann durchaus auch mal nen Kampf geben kann, aber das Ziel doch eher ist, einen Zustand von Friede, Freude, Eierkuchen (wieder-)herzustellen.

Und dann gibt's natürlich noch "Mensch im Kampf gegen die Elemente" (Erforschung des eisigen Nordens) und Erforschung der außerirdischen Mysterien, die auch durchaus Gefahren bergen könnte.

EDIT: Mir fällt gerade auf, dass die Setzung "Kriminalität und gewalttätige Konflikte sind die absoulte Ausnahme" aber auch seine Vorteile für Abenteuer hat; darüber lässt sich nämlich auch glaubwürdig vermitteln, dass es nur sehr begrenzte Polizeistrukturen gibt, um so etwas in den Griff zu bekommen, und das dann eher Sache kleiner Gruppen herausgehobener Personen (etwa eben der Suyata, die ja als Spielercharakter-Organisation vorgeschlagen werden) ist.
« Letzte Änderung: 21.01.2023 | 18:40 von Rumpel »