Im Spoiler, da aus meiner Sicht schon deutlich off-topic.
Ist ziemlich simpel zu zeigen wenn man auf die konkreten Regeln schaut. Nimm mal beispielsweise die oben angesprochenen Monsterrollen.
Die 4e kennt verschiedene Ebenen auf denen ein Monster beschrieben wird. Da gibt es die narrative Rolle, bei der die Frage gestellt wird wie ein Gegner in der aktuellen Situation auftritt. Ist das eher jemand der die ganze Gruppe beschäftigen soll? Jemand der nur Teil einer Gegnerwelle sein soll oder doch lieber was ganz anderes? Es gibt die Ebene auf der festgelegt wird wie ein Gegner sich verhalten soll. Lieber beweglich zwischen den Charakteren umher huschen und schwer zu fassend passende Gelegenheiten suchen? Vielleicht eher andere schützend? Oder lieber einfach wild drauf hauend? Oder andere unterstützend?
Und darauf kommen dann natürlich noch ganz klassisch die typischen Eigenschaften des Monsters.
Für viele der klassischen Monster gibt es dadurch dort eine recht große Auswahl. Treffe ich auf eine Gruppe Orks so sind die im Zweifel auch schon mal völlig unterschiedlich, haben unterschiedliche Stärken und Schwächen und unterschiedliche Herangehensweisen. Oder auch nicht, als Spielleiter kann ich dort wählen.
Was toll ist. Aber stell es dir aus Designerperspektive vor. Neulich hatten wir mal einen Vergleich von Monstern verschiedener Editionen, da hatte ich rausgesucht wie viele Goblinoiden so im System rumgeistern. Da fanden sich knapp hundert verschiedene von den kleinen Biestern, nur was das offiziell veroffentlichte angeht. Und natürlich haben die Designer auch Regeln eingebracht um eigene derartige Gegner schnell zu erstelllen. Das ist viel mehr Aufwand der dort in Konzeption und Umsetzung reinfloss. Aufwand für Designer der dafür eben Spielleitern Aufwand spart.
Schaut man nun auf die 5e, so wurden diese Dinge gestrichen. Aber es wurde nicht nur dies getan, man versuchte Ersatz zu schaffen. Und sagte dies auch explizit, denn für z.B. die Rolle der in Wellen angreifenden Gegnermassen hat man in der 5e "kleinere Gegner" die durch Bounded Accuracy länger gefährlich bleiben sollen.
Oder kurz gesagt: aus "wir bieten euch passende Monster für alle Situationen und Regeln um die schnell selbst zu machen" wurde "nimm halt ein einfacheres Monster und um rauszubekommen ob das in der Summe noch passt multiplizier die aufsummierten Monster XP mit einem Faktor den du anhand einer nachschlagbaren Tabelle und der Monstergröße nachlesen kannst"
Und versteh mich nicht falsch: solange das Monster nur drauf haut ist das nicht mal schlimm und funktioniert im groben. Jetzt hast du aber das Problem als SL: was mache ich mit Monstern die nicht nur drauf hauen, sondern z.B. zaubern? Ob ich einer Gruppe hochstufiger Charaktere eine Gruppe kleiner Banditen entgegen schicke ist völlig unterschiedlich anhand der Frage ob selbige Banditen Zauber haben oder nicht und was diese bewirken. Was als Spielleiter sich dann natürlich in Extraaufwand übersetzt, am Ende muss ich sie mir alle einzeln anschauen.
Solche Folgeketten lassen sich für die meisten Probleme in der 5e finden, eigentlich ist für fast alles was man dort so in diversen Foren diskutiert eine Folge vorab gestrichener Regelelemente verantwortlich deren vorherige Effekte man dann auf anderem Weg zu emulieren versuchte.
Also ja: na klar hat man groß angekündigte und gestaltete Playtests gemacht. Aber Regelmechaniken wie die oben kommen halt nicht aus diesen.
Erstmal danke für deine ausführlichen Erläuterungen. Ich teile so einige deiner Kritikpunkte an D&D 5, speziell:
1. Für Encounter, die fordern aber nicht überfordern, bietet D&D 5 im DMG keine brauchbaren Werkzeuge.
2. Short-rest vs. long-rest abhängige Klassen sind Mist. Erstens will nicht jeder (um nicht zu sagen viele) keine "six to eight medium or hard encounters in a day." Zweitens verfügen Charaktere früh über Möglichkeiten, lange Rasten de facto zu erzwingen (z.B. "Leomund's Tiny Hut).
3. Die Mechanik für Gelegenheitsangriffe produziert absurde Effekte. Keine Ahnung, was die sich dabei gedacht haben - am ehsten kann ich mir noch Vereinfachung vorstellen aber so kompliziert war das alte "bewegt sich in deiner Waffenreichenweite (von einem Feld aufs andere)" ebenfalls nicht.
Wie ich dich hier erlebe, ist D&D 4 genau dein System. Deine Begeisterung finde ich sogar richtig ansteckend. Erst kürzlich habe ich mir gedacht, bei Arldwulf D&D 4 spielen würde bestimmt Spaß machen. Mir scheint aber, du begehst folgenden Fehlschluss: D&D 5 macht Sachen schlechter als D&D 4, deswegen ist D&D 4 das bessere System.
D&D 5 macht auf der anderen Seite nämlich auch sehr viel richtig. Z.B. Vorteil/Nachteil statt kleinteiligem Aufrechnen von unzähligen Konstanten (was auch intelligente Menschen kognitiv ab einem gewissen Punkt überfordert, weshalb sowieso ständig einzelne Modifikatoren vergessen werden, was dann wiederum die dadurch angestrebte Genauigkeit ad absurdum fügt). Man hätte die Mechanik nicht ganz so grob machen müssen - ich unterscheide in meinem Eigenbau z.B. kleinen und großen Vorteil - aber das Prinzip ist genial.
Oder "Concentration" statt Bufforgien (nicht wie in D&D 4 aber z.B. in 3.5). Oder Cantrips/Zauber, die einfach mit dem Level skalieren.
Ein Beleg für die Annahme, dass D&D 5 unter dem Strich gelungen ist, ist sein Erfolg. Das muss natürlich nicht stimmen aber scheint mir doch wahrscheinlicher als diese These: Die Leute kapieren alle nicht, was für ein Rückschritt das System ist, weil sie sich vom Marketing blenden lassen.