Hallo, ich möchte mir hier einmal kollektiven Rat holen bezüglich eines Problems in meiner Spielrunde. Ich bin der Spielleiter und kann das von uns verwendete Regelsystem DSA4.1 echt nicht mehr leiden, Es raubt mir einen großen Teil des Spielspaßes, da es meine Spielbedürfnisse nicht unterstützt, ja ihnen vielmehr entgegensteht.
Meine Spieler wiederum wollen bei DSA4 bleiben, ich nehme an, weil sie es halt kennen und auch sehr an ihren Charakteren hängen. Dabei will ich die Charaktere gar nicht wechseln, ich würde nur gerne ein anderes Regelystem benutzen.
Irgendjemand hatte hier doch sicherlich mal ein ähnliches Problem, weiß also jemand Rat? Wie ist es bei euch in den Spielrunden, wird das gespielt, was der Spielleiter mag, oder geht ihr da Kompromisse ein? Bin ich zu "nett", dass ich mich da nicht einfach durchsetze? Ich mach das jetzt schon einige Jahre mit, aber langsam stoße ich an meine Grenzen.
Ich hatte vor 12 Jahren nicht nur ein ähnliches, sondern exakt das gleiche Problem. Nach den 7G konnte ich DSA4.1 wirklich nicht mehr ab. Storymäßig fand ich die Kampagne wie die Gruppe super, aber die Regeln hatten mir den Rest gegeben. Und ich habe gemerkt, dass mich das unglücklich macht.
Da muss man einen Schlussstrich ziehen. Ein unzufriedener SL ist ein unmotivierter SL und das führt zu schlechten Runden, das funktioniert nicht. Mal abgesehen davon, dass man sich selbst fertig macht und das Spiel nicht mehr Spaß sondern Arbeit ist.
Und so hart es ist, das sagen zu müssen: Die Spieler sind meistens viel abhängiger von dir als umgekehrt. Spielleiter sind sehr gefragt und schwer zu finden. Also können sie ruhig auch etwas Rücksicht auf dich nehmen.
Ich hab meine Spieler also dann (nach laaanger Grübelphase) vor die Wahl gestellt, entweder mit mir mit einem anderen System weiter zu machen oder zu gehen (was mir echt nicht leicht gefallen ist). Einer der Spieler hat die Gruppe verlassen (ein weiterer ist umgezogen und damit weg gefallen, aber das hatte nichts mit dem System zu tun), der Rest hat sich darauf eingelassen. Ich habe dann zuerst Barbarians of Lemuria, dann GURPS probiert um die Kampagne mit konvertierten Charakteren weiter zu führen. Es war besser, aber ganz rund bin weder ich noch die Spieler damit geworden, daher haben wir dann nach einiger Zeit abgebrochen und eine neue Kampagne mit gänzlich anderem Regelsystem und Setting gestartet.
Ich war dann eine Zeit lang ziemlich aktiver DSA4.1-Hater, bin aber gereift und habe begriffen, dass Vorlieben einfach unterschiedlich sind. Der eine Spieler ist begeisterter DSA4.1-Anhänger geblieben, hatte zwischendurch auch andere DSA4.1-Runden, aber offenbar immer wieder die alte Truppe vermisst.
Die Liebe für Aventurien und Myranor als Setting ist mir geblieben, ich hab weiter Hintergrundbände und Romane gelesen, DSA5 kurz ausgetestet, dann aber schon im Playtest als zu wenig unterschiedlich zu DSA4.1 verworfen. Es war schnell klar, dass hier nicht die für mich notwendigen Änderungen erfolgen würden und das hat sich dann auch bewahrheitet.
Schließlich bin ich dann nach einigen Jahren und vielen ausprobierten Regelsystemen auf D&D5 gestoßen, das meinen persönlichen Nerv sehr gut trifft.
Nach einer D&D5-Kampagne in Eberron (mit komplett anderen Spieler:innen) bin ich auf die Wildermark-Kampagne für DSA aufmerksam geworden, die als außergewöhnlich sandboxiges DSA-Abenteuer gepriesen wurde und das Aventurien-Fieber hat mich wieder gepackt. Also habe ich die alten Spieler eingeladen, auch den einen DSA4.1-Fan und einen Vorschlag gemacht: Wir spielen D&D5, aber im von allen geliebten Aventurien und ich werde mir Mühe geben, eine Conversion aufzubauen, die das, was sie geliebt haben, soweit wie möglich berücksichtigt. Wir haben ein Session Zero gemacht, geschaut wer einen nach Aventurien passenden D&D5-Charakter für sich findet und wo wir noch selber bauen/nachjustieren/hausregeln mussten. Zuerst habe ich das nur gezielt für die Charaktere und Anforderungen der Gruppe gemacht, dann hat mich der Rausch gepackt und ich habe es ausgeweitet und veröffentlicht:
https://aventurien5e-fanconversion.de/Die meisten Spieler:innen der Gruppe haben sich nach anfänglicher Umstellungsphase gut umgewöhnt, einige loben inzwischen auch das flüssigere und einfachere Spiel. Der DSA4.1-Fan ist immer noch DSA4.1-Fan, aber es ist für ihn ein ausreichender Kompromiss und er kann damit wieder mit der "alten Truppe" in seinem Lieblingssetting spielen, was ihm inzwischen wichtig genug war, um den Kompromiss einzugehen. Er hat sich mit einem ausgefeilten Kampfmeister-Kämpfer mit haufenweise Manövern und Talenten den kompliziertesten/feingranularsten Kämpfer-Charakter gebaut, den er mit D&D5 hinkriegen konnte
Im Nachhinein: Es war eine harte Entscheidung und eine lange Suche, aber ich bin froh, dass ich den Schritt gegangen bin. Ansonsten hätte es vielleicht meine Freude am Rollenspiel nachhaltig zerstört.
Ich würde heutzutage nicht mehr mitten in der Kampagne umstellen und Charaktere konvertieren, weil damit immer ein vorher/nachher-Vergleich einher geht. Auch wenn ihr mit einer Conversion spielt, würde ich eher zu einer neuen Kampagne in Aventurien mit neuen Charakteren mit dem neuen Regelsystem raten, der Übergang wird dadurch deutlich leichter.
Wenn du eine leichtere Alternative willst, die noch näher am Original-DSA dran ist, als meine 5e-Conversion, schaut euch doch auch mal Ilaris an (
https://ilarisblog.wordpress.com/).
Oder du nutzt wie ich mal die Gelegenheit, machst für eine Kampagne etwas völlig anderes, um deine Spieler aus dem Rollenspiel = DSA+Aventurien-Denken raus zu kriegen und kommst dann auf die eine oder andere Weise vielleicht irgendwann mal zurück.