Autor Thema: Spannungsverhältnis von herausforderungsbasiertem Rollenspiel und Erzählspiel  (Gelesen 20282 mal)

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Offline Alter Weißer Pottwal

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Rollenspiele sind ein hybrides Medium. Eine Mischung aus Spiel und Narration. Die Art und Weise zu spielen ist ein Spektrum dazwischen.

Befasst man sich mit der wissenschaftlichen Theorie der Spiele, kommt man eigentlich nicht herum, sich mit Roger Caillois zu befassen. In „Die Spiele und die Menschen“ (1958) definiert er vier Grundkomponenten, von denen eines oder mehrere in Spielen vorkommen (jeweils auch in unterschiedlich starker Gewichtung):

agon (Wettkampf), alea (Zufall), illinx (Rausch), mimikry (Maskierung).

Agon sind Spiele und Sport, die auf Wettkampf beruhen. Als Beispiele nehmen wir mal Schach und Boxen. Es wird versucht, gleiche Voraussetzungen zu schaffen (beim Boxen etwas durch Gewichtsklassen) und letztlich entscheidet das Können. Dafür gibt es oftmals einen Schiedsrichter, der so neutral wie möglich sein muss.

Alea ist das Glücksspiel. Hier nehmen wir einfach die Würfel als Komponente. Die Würfel werden geworfen und die Spieler unterwerfen sich dem Ergebnis.

Illinx spielt beim Rollenspiel keine Rolle. Hier geht es um Bewegung, etwa wenn Kinder sich einen Abhang runterrollen lassen oder Drehspiele vollführen.

Mimikry ist die Maskierung. Räuber und Gendarm, das Kaufladenspiel oder das spielerische Darstellen eines Charakters.

In den meisten Rollenspielen haben wir einen Anteil an agon, alea und mimikry, der aber je nach Herangehensweise unterschiedlich gewichtet wird. Wir klammern hier mal reine Erzählspiele ohne Zufallskomponente aus (reines mimikry). Bei den anderen steht fest, dass alea respektiert wird. Ist dies nicht der Fall, dann entartet das Spiel, laut Callios. Denn wenn das Ergebnis der Würfel nichts mehr zählt, warum sollte mein Charakter jetzt sterben, wenn der Charakter meines Mitspielers in der letzten Sitzung gerettet wurde? Wie soll Spannung aufkommen, wenn ich weiß, ich kann meinen Charakter noch rausreden, egal was die Würfel anzeigen? Der ganze Teilbereich löst sich auf.

Viele Spielleiter erkennen dieses Dilemma intuitiv und so ist es leider zum guten Ton geworden, dass der Spielleiter zum Falschspieler wird (laut Caillios), indem er an den Würfeln dreht. Dies verhindert, dass das Spiel entartet, da der Spielleiter weiterhin vorgibt die Regeln zu respektieren. Er bricht sie aber, erwartet aber weiterhin, dass sich alle anderen den Regeln unterwerfen. Dass in vielen Regelwerken „Schummelparagraphen“ enthalten sind, ändert aber nichts daran: Der Spielleiter wird zum Falschspieler. Nicht umsonst wird da immer auch erwähnt, dass man es machen soll, ohne dass es die Mitspieler bemerken (hinter dem Spielleiterschirm). Daher stehen solche Absätze auch in separaten Spielleiterteilen, sofern diese vorhanden sind. Das Spiel würde sonst unweigerlich entarten. Ausnahmen sind entsprechende Sub-Systeme wie Bennies, Schicksalpunkte oder ähnliche Ressourcen. Hiermit kann eine Entwertung des alea vorgenommen werden, ohne dass das Spiel entarten muss.

Gerade auf Spielstile, die viel Wert auf agon legen, hat das aber weitere Auswirkungen: Ein gedrehter Würfel entwertet gleichzeitig das taktische Spiel. Denn ich kann in den meisten Spielen mit entsprechend taktischem Spiel die Wahrscheinlichkeiten zu meinen Gunsten verändern. Wenn der SL die Würfel hinter dem Schirm aber dreht, wie er will, gibt es keinen Grund mehr, die Würfelwahrscheinlichkeiten mit taktischem Spiel auf seine Seite zu bringen. Warum sollte ich mich von hinten im Dunkeln anschleichen, wenn der SL mich bei einem Frontalangriff auch rettet?
Im Grunde würde also nur noch mimikry verbleiben. 2/3 der Komponenten wären nur noch Schein und somit alles, was einemherausforderungsorientierten Spieler Spaß macht. Da ist es kaum verwunderlich, dass die entsprechend "allergisch" darauf reagieren.

Ein weiterer Punkt ist, dass ein Spielleiter kein neutraler Schiedsrichter sein kann, wenn er neben den Regeln auch noch der Narration verpflichtet ist. Man stelle sich vor, ein Fußball-Schiedsrichter hätte beim Leiten eines Spiels noch die Agenda, dass ein Fußballspiel möglichst lange spannend bleibt. Das ist ein Widerspruch in sich: Entweder ist er unparteiisch oder er hat eine Agenda. Bei Rollenspielen wäre diese Agenda eben die vorbereitete Narration.
Daher muss ein Spielstil, der auf Herausforderung beruht, zwangsläufig Abstriche bei der Narration machen. Die Narration muss aus den Ergebnissen des Spiel entstehen und nicht andersherum. Das Gegenbeispiel wären hier die pbtA-Spiele (die ich auch sehr gerne mag), bei denen aber das Spiel aus der Narration entsteht (die Narration triggert die Spielzüge). Das sind zwei völlig gegensätzliche Ansätze. Einer ist vom Spiel her gedacht, der andere von der Narration.

Ganz auflösbar ist dieses Dilemma aufgrund der hybriden Zusammensetzung des Rollenspiels allerdings nie. Man kann sich nur entscheiden, wie sehr man diese zwei Spektren an seinem Spieltisch gewichtet. Ist einem der spielerische oder der erzählerische Ansatz wichtiger? Je mehr ich in eine Richtung gehe, desto mehr Abstriche muss ich bei der anderen machen.

Aber pbtA-Systeme (mit den SL-Spielzügen? oder auch das Cypher-System (mit den SL-Eingriffen) machen vor, wie man als Spielleiter der Narration verpflichtet und trotzdem verregelt spielen kann, ohne zum Falschspieler werden zu müssen.

Denn letztlich bleibt eine Sache fest: Heimliches Würfeldrehen ist Falschspiel, egal bei welchem Ansatz.
 
Literaturtipps:

Roger Caillois – Die Spiele und die Menschen
Johannes Merkel – Spielen, erzählen, phantasieren
Johan Huizinga – Homo Ludens
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Sidekick-Kai

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Das hier klingt nicht uninteressant. Ich setze mal ein Lesezeichen.

Online aikar

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Ja, alles richtig und sehr schön ausformuliert. Im Grunde aber wieder nur GNS (wobei du die Simulation weglässt) und die altbekannte Spielertypen mit ihren unterschiedlichen Vorlieben und Gewichtungen.

Aus diesem inhärenten "Spannungsverhältnis" ergeben sich meiner Meinung nach aber auch keine Probleme, so lange man es erkennt und anerkennt und sich als Gruppe darauf einigt, wo man steht. Selbst das "Falschspielen" des SL ist ja von manchen Gruppen explizit gewollt und der SL wird auch nicht von allen als neutraler Schiedsrichter betrachtet.

Probleme gibt es immer erst, wenn entweder innerhalb der selben Gruppe unterschiedliche Vorstellungen vorherrschen, die nicht vereinbar sind oder jemand seine/ihre persönlichen Vorlieben als überlegen betrachtet und meint, das um jeden Preis vertreten zu müssen.

Illinx spielt beim Rollenspiel keine Rolle.
Da wäre ich mir nicht so sicher. Bei Konzepten wie Flow, Immersion oder Bleed sehe ich da schon Verbindungen (Ich hab mir den Begriff Illinx aber auch nur sehr oberflächlich gegoogelt, also korrigiert mich ruhig).
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 11:25 von aikar »
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Offline Rhylthar

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Mal ein paar lose Gedanken (mit Brainfog verfasst):

1. "Würfeldrehen ist Falschspiel", kann man so stehen lassen. Nur was, wenn es der Konsens der Gruppe ist, dass der SL dies eingeräumt wird, um Mimikry, also die Erzählung, "besser" zu machen (in der Annahme, dass die Gruppe der SL diese Kompetenz zugesteht)?
2. "Agon" ist der Wettkampf, von Dir als ein "Gegeneinander" beschrieben (mit den Beispielen). Es mag aber Gruppen, die die SL eher als Steuermann wie beim Rudern ansehen, nach dem Motto: "Alle in einem Boot, einer gibt den Takt vor...wir arbeiten aber gemeinsam." Da fällt auch der Schiedsrichteraspekt ein wenig raus, wobei er natürlich nie komplett raus sein kann.
3. Würfel können (für mich) nicht die alleinige Lösung eines Problems sein und damit nicht auch jede taktische Maßnahme rechtfertigen (also die Chance, dass sie mittels Wurf gelingen). Es bleibt immer noch der Faktor der "Unmöglichkeit", der bei einem reinen Glücksspiel ja so nicht existiert.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Jiba

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Zwei Gedanken dazu.

Zitat
und so ist es leider zum guten Ton geworden, dass der Spielleiter zum Falschspieler wird

Das war vielleicht in den 90ern noch so, doch inzwischen ist Würfeldrehen in so gut wie allen Spielrichtungen verpönt. Hier im Forum wirst du, spielstilübergreifend, kaum davon lesen, dass das irgendwer gutheißt. Höchstens, wenn es Teil des Gruppenvertrags ist und mit den Spielern abgesprochen wurde, dass die SL das darf.

Tatsächlich sind die meisten narrativen Rollenspiele der letzten 20 Jahre auch aus dem Wunsch heraus entstanden, Regelwerke zu schaffen, die von sich aus narrative Dynamiken, Themen und Plotstrukturen abbilden, sodass ein "Würfeldrehen für die Story" gar nicht notwendig ist. Die Regelmechaniken selbst erzeugen diese Story nämlich von sich selbst aus bereits.

Würfeldrehen gehört also mitnichten "zum guten Ton". Da hat sich die Szene, zumindest die Szene der Vollblut-RPG-Nerds und Rollenspielautor:innen eigentlich zum Großteil von entfernt.

Zitat
Bei Rollenspielen wäre diese Agenda eben die vorbereitete Narration.
Bitte mache nicht den Fehler und setze narratives Rollenspiel mit vorbereiteter Narration gleich. Das ist nicht, worum es im narrativen Rollenspiel geht. Es soll eine gemeinsame Geschichte erspielt werden, bei der der Fokus auf den Charakteren und ihren Dilemata und Persönlichkeitsstrukturen legt. Auch steht nicht das Überwinden von Hindernissen im Fokus, sondern die Beziehung der Figuren untereinander und zur Spielwelt oder das Ausleuchten eines übergreifenden Themas (z.B. Krieg, Männlichkeitsbilder, Aufwachsen als Teenager, Abschlüssen, Einbrüche, Soap Opera, etc.).

Wie die Geschichte am Ende genau aussieht oder ausgeht, ist mitnichten vorbereitet oder festgelegt. Es gibt sicherlich Storygames mit festem Ausgang ("Bluebeard's Bride", "Kagematsu", "Ten Candles"), aber eben auch sehr viele, bei denen es eben außer einigen thematischen Zielpfosten wenige Festlegungen gibt. Die "Powered by the Apocalypse"-Spiele schreiben sich sogar "Play to find out" als explizite Anweisung ins Regelwerk. (edit: Ah, okay, die hast du genannt.  :) )

Zitat
Da wäre ich mir nicht so sicher. Bei Konzepten wie Flow, Immersion oder Bleed sehe ich da schon Verbindungen (Ich hab mir den Begriff Illinx aber auch nur sehr oberflächlich gegoogelt, also korrigiert mich ruhig).
Illinx würde ich nicht einmal in Bezug auf Bewegungen abtun. Da wäre die Haptik des Würfelns und Miniaturensetzens und die Körperlichkeit einer expressiven Charakterdarstellung, die auch in diese Kategorie fallen könnten.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Online aikar

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Das war vielleicht in den 90ern noch so, doch inzwischen ist Würfeldrehen in so gut wie allen Spielrichtungen verpönt. Hier im Forum wirst du, spielstilübergreifend, kaum davon lesen, dass das irgendwer gutheißt.
Konkretes Würfeldrehen hat ein gewisses Stigma, das ist richtig. Aber ich behaupte mal, es ist nicht unüblich, dass Spielleitungen die Situation verändern um die Spannung zu fördern/erhalten.
Der Kampf gegen den Endgegner ist zu leicht und droht uninteressant zu werden? Zusätzliche Schergen stürmen auf dass Feld oder der Endboss bekommt ein paar Trefferpunkte mehr oder eine zusätzliche passende aber vorher nicht geplante Fähigkeit. Ich denke, das ist in vielen Runden durchaus verbreitet und eigentlich nicht wirklich etwas anderes als Würfeldrehen, weil die Wahrscheinlichkeiten im Sinne der Narration von der SL willkürlich verändert werden.
Einige Systeme versuchen das in einem gewissen Rahmen zu verregeln, wie die Finsternispunkte bei Coriolis oder die SL-Eingriffe beim Cypher System, aber ich denke, oft wird das einfach so gemacht und man verliert kein Wort darüber.

und so ist es leider zum guten Ton geworden, dass der Spielleiter zum Falschspieler wird
Der Einleitungstext ist interessant geschrieben, aber man merkt aus Aussagen wie dieser dann doch auch deine Präferenzen heraus, das finde ich etwas schade, weil es eine neutrale Diskussion erschwert, indem es automatisch wieder eine Seite in eine Verteidigungshaltung drängt. Und die Diskussionskultur zwischen den Gruppen ist ja aktuell schon ziemlich aufgeladen. Ich hoffe, das dieser Bereich nicht auch abgleitet, weil er durchaus Potential für einen interessanten Austausch hat. Mich hätte ja durchaus auch der Faden zu ARS interessiert, aber da ist mir dann schnell die Lust vergangen. Ich lese hier jetzt aber erst mal interessiert mit und hoffe das Beste.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 11:41 von aikar »
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Offline Jiba

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weil die Wahrscheinlichkeiten im Sinne der Narration von der SL willkürlich verändert werden.

Das werden sie doch, wenn ich sie nicht grade auswürfle, aus einem Buch nehme oder im Vorfeld vorbereite, immer. Damit wäre ja improvisiertes Rollenspiel von Vornherein eine Form des Schummelns, oder nicht?
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Alter Weißer Pottwal

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Mal ein paar lose Gedanken (mit Brainfog verfasst):

1. "Würfeldrehen ist Falschspiel", kann man so stehen lassen. Nur was, wenn es der Konsens der Gruppe ist, dass der SL dies eingeräumt wird, um Mimikry, also die Erzählung, "besser" zu machen (in der Annahme, dass die Gruppe der SL diese Kompetenz zugesteht)?
2. "Agon" ist der Wettkampf, von Dir als ein "Gegeneinander" beschrieben (mit den Beispielen). Es mag aber Gruppen, die die SL eher als Steuermann wie beim Rudern ansehen, nach dem Motto: "Alle in einem Boot, einer gibt den Takt vor...wir arbeiten aber gemeinsam." Da fällt auch der Schiedsrichteraspekt ein wenig raus, wobei er natürlich nie komplett raus sein kann.
3. Würfel können (für mich) nicht die alleinige Lösung eines Problems sein und damit nicht auch jede taktische Maßnahme rechtfertigen (also die Chance, dass sie mittels Wurf gelingen). Es bleibt immer noch der Faktor der "Unmöglichkeit", der bei einem reinen Glücksspiel ja so nicht existiert.

1. Dann spielen sie trotzdem reines mimikry. Sie mögen damit zufrieden sein, dass die anderen Teile noch als Illusion da sind, aber nüchtern betrachtet sind sie das nicht. Wenn das allen so Spaß macht: Wunderbar. 

2. Die Spieler haben die Welt als Gegner, nicht den SL. Der ist Schiedsrichter und versucht die Welt möglichst plausibel und nachvollziehbar darzustellen. Das sieht man gut daran, dass dem SL ja auch nicht um gewinnen oder verlieren gehen kann. Er könnte das ja auch einfach entscheiden, wenn er auf einer Seite stehen würde (es kommen immer mehr Monster oder die haben auf einmal alle Herzinfarkte). Und auch hier: Ist der SL der Steuermann der Spieler, dann ist agon nicht gegeben, weil er nicht unparteiisch sein kann. Da müsste er an der Ziellinie stehen und schauen welches Boot zuerst ankommt: Das der Spieler oder das der Gegner. Er kann (und sollte) ja den Spielern auch die Daumen drücken, aber das darf seine Entscheidung nicht beeinflussen. Immer unter dem Gesichtspunkt, dass man ein möglichst reines agon gewährleisten möchte. Und auch hier werden jedem SL Fehler unterlaufen. Kein Schiedsrichter ist fehlerlos. Das löscht agon nicht aus.

3. Würfel sind dazu da um Situationen zu entscheiden, die unklar sind. Etwas unmögliches ist klar und muss damit nicht entschieden werden. Ebenso muss nicht gewürfelt werden, wenn agon von den Spielern so gut gemacht wird, dass kein Zweifel am Ausgang einer Situation mehr herrscht (ghoul hat das demletzt schön formuliert, ich habs jetzt aber auf die Schnelle leider nicht gefunden).
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Offline nobody@home

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Das werden sie doch, wenn ich sie nicht grade auswürfle, aus einem Buch nehme oder im Vorfeld vorbereite, immer. Damit wäre ja improvisiertes Rollenspiel von Vornherein eine Form des Schummelns, oder nicht?

Im Prinzip ja. Ein Spieler will eine Aktion durchführen, die ich als SL nicht schon Tage vorher vorhergesehen habe, und ich entscheide spontan, ob er Erfolg hat oder nicht oder ob er zur Ermittlung des Ausgangs einen bestimmten Wurf machen soll, den ich mir auch gerade in dem Moment aus den Fingern sauge -- ist das jetzt noch "ehrlich" gespielt oder schon "gemogelt"? Denn egal, wie man das sieht, zu meinen grundlegendsten Aufgaben gehören solche Sachen doch auf jeden Fall... :think:

Offline AlucartDante

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Ja eine gute Analyse und dieses Dilemma besteht grundsätzlich, ähnlich wie zwischen Railroading und Sandbox.

Ausnahmen sind entsprechende Sub-Systeme wie Bennies, Schicksalpunkte oder ähnliche Ressourcen. Hiermit kann eine Entwertung des alea vorgenommen werden, ohne dass das Spiel entarten muss.
...
Denn letztlich bleibt eine Sache fest: Heimliches Würfeldrehen ist Falschspiel, egal bei welchem Ansatz.

Der Punkt erschließt sich mir nicht. Entweder wir definieren Falsch spielen sehr weit, dann sind Schicksalspunkte eben eine Erlaubnis zum Falsch spielen. Oder es ist eben eine regelhafte Erlaubnis und kein Falsch spielen. Wenn der Spielleiter aber laut Regeln eine endlose Mende an Schicksalspunkten hat, dann ist er auch kein Falschspieler. Ich würde zu ersterer Sicht tendieren, weswegen ich keine Schicksalspunkte mag.

Etwas zu kurz kommt mir, dass beim Rollenspiel aber immer der Alea Part sekundär ist. Es gibt keine (kaum) Rollenspiele, bei denen die Spieler gegenseitig antreten und der Spielleiter Schiedsrichter ist. Wenn der Spielleiter die Kampagne damit beginnt, dass die Stufe 1 Helden in einer Höhle mit einem großen alten Drachen stehen, der sie vernichten will und niemand an Würfeln dreht, wird es den Spielern doch irgendwie unfair vorkommen, wenn sie ins Gras beißen. Der große Rahmen ist immer die Erzählung, ob bei Combat as Sport oder as War, immer erschafft der Spielleiter die Bedingungen. Ein Schiedsrichter im Fußball wählt nicht das Spielfeld, das gegnerische Team, etc aus.

Hinzu kommt, dass der Spielleiter immer ja auch das Schicksal und Götter und Geschichte darstellt. Wenn ich als Spielleiter die Geschichte beginne "Ihr sitzt zusammen in einer Taverne, die Wirtin ist die Inhaberin, eine..." könnte ein Spieler einwerfen "Moment, warum ist das so? Hat die überhaupt die Probe auf Betriebswirtschaft bestanden? Warum muss die nicht Würfeln? Spielst du wieder falsch?" Naja dann bin ich genervt und finde das nicht zielführend, auch wenn der Spieler Recht hat. Wenn ein Spieler stirbt, kann ich als Spielleiter beschließen, dass der Gott des Todes ein Vetorecht als Feat hat. Habe ich dann am Würfel gedreht?

Jetzt könnte man meinen, es ist nur Falschspiel, wenn gewürfelt wird, der Wurf aber nichts zählt. Ich finde es wichtig, manchmal vorzutäuschen, dass etwas Alea/Zufall ist, obwohl es Plot ist. Beispielsweise würfelt Bilbo zufällig darauf, ob er den Ring findet, was er nicht weiß, der Ring hat ihn gefunden und das ist kein Zufall. Oder ich würfele und eine Streife kommt scheinbar zufällig vorbei. In Wirklichkeit kommt die gar nicht zufällig vorbei, sondern wurde Person X angerufen...

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Online ghoul

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(ghoul hat das demletzt schön formuliert, ich habs jetzt aber auf die Schnelle leider nicht gefunden).

Du wirst sicher verstehen, warum ghoul sich in diesem Forum nicht mehr an Diskussionen zu SchErz, ARS etc beteiligen wird.
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PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline Jiba

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Zitat
Etwas unmögliches ist klar und muss damit nicht entschieden werden.

Und woher weißt du, dass etwas "unmöglich" ist. Das ist doch mitunter auch willkürlich entschieden. Man hat schon Pferde kotzen sehen...  ;)

Zitat
1. Dann spielen sie trotzdem reines mimikry. Sie mögen damit zufrieden sein, dass die anderen Teile noch als Illusion da sind, aber nüchtern betrachtet sind sie das nicht. Wenn das allen so Spaß macht: Wunderbar.

Und das ist mir wiederum zu sehr in Extremen gedacht. Denn wann die Gruppe das Würfeldrehen als genehm empfindet oder nicht, kann auch sehr situationsabhängig sein. Nur weil sie das drehen in einer ganz bestimmten, spezifischen Situation als erlaubt ansehen, weil sonst alle keinen Spaß mehr hätten, heißt das nicht, dass sie es in allen Situationen so sehen und bloß Mimikry spielen wollen.

Du beschreibst hier Skalen. Da gibt es kein "Entweder agon/alea oder eben nicht".

Zitat
Dies verhindert, dass das Spiel entartet, da der Spielleiter weiterhin vorgibt die Regeln zu respektieren.
Ist "entartet" deine Wortwahl oder Caillois'?
Wenn's deine ist, dann möchte ich bitten, dass du dir einen Begriff aussuchst, der, keine Ahnung, ein wenig neutraler den Sachverhalt beschreibt. Es geht uns ja hier um eine wissenschaftliche Betrachtungsweise.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 12:00 von Jiba »
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Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Und:
Wenn der SL mitten im Spiel beschließt "Okay, der Endboss ist einen Tacken zu heftig für die Gruppe, ich geb dem zehn Lebenspunkte weniger, und Kampfmanöver Haumichtot kann er doch nicht.", so ist das geschummelt.

Wenn er den gleichen Gedankengang einen Tag vorher beim Planen des Abenteuers hatte, ist das nicht geschummelt?

Ist Schummeln technisch einfach das Ignorieren bereits gesetzter Werte und Grenzen?

Dann wäre Improvisieren aber kein Schummeln, oder?

Die SC entschließen sich, anstatt den Dungeon zu stürmen, lieber den Wald zu durchforsten, für den weder Abenteuermodul noch SL beteits irgendwas festgelegt haben. Also lasse ich sie auf ein Goblinlager stossen (würde zum Ruf der Gegend passen), und ich benutze dann vorgefertigte Goblinwerte.
Da wird damit ja nichts Etabliertem widersprochen oder irgendeine Regel gebrochen. Schummelei ist das ja nicht.
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Theirs but to do and die:
Into the valley of Death
    Rode the six hundred.

Offline Alter Weißer Pottwal

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Der Einleitungstext ist interessant geschrieben, aber man merkt aus Aussagen wie dieser dann doch auch deine Präferenzen heraus, das finde ich etwas schade, weil es eine neutrale Diskussion erschwert, indem es automatisch wieder eine Seite in eine Verteidigungshaltung drängt. Und die Diskussionskultur zwischen den Gruppen ist ja aktuell schon ziemlich aufgeladen. Ich hoffe, das dieser Bereich nicht auch abgleitet, weil er durchaus Potential für einen interessanten Austausch hat. Mich hätte ja durchaus auch der Faden zu ARS interessiert, aber da ist mir dann schnell die Lust vergangen. Ich lese hier jetzt aber erst mal interessiert mit und hoffe das Beste.

Das willst du da herauslesen. Eigentlich bin ich ein ziemlicher method actor, wenn es nach Laws gehen würde. Daher hab ich da gar keine Verteidigungshaltung, weil ich eigentlich im ganzen Spektrum meinen Spaß haben kann. Bei einer Runde Monsegur 1244 ebenso wie bei Labyrinth Lord (meine Gruppe hält immer noch den Negativrekord beim Turnierabenteuer auf der RPC). Das ist auch alles in keiner Weise wertend. Das ist nur aus spielwissenschaftlicher Sicht. Ich sehe das als Kulturwissenschaftler mit den Schwerpunkten Geschichte und Literaturwissenschaft.

@Jiba: Wie entscheidet der Schiedsrichter, was ein Foul ist? Nach dem Regelwerk und wenn das nicht greift, nach fairen Menschenverstand. Da sind Fehler nicht ausgeschlossen. Das sind sie nie. Es geht darum, es so gut wie möglich zu machen.
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Es gibt keine (kaum) Rollenspiele, bei denen die Spieler gegenseitig antreten und der Spielleiter Schiedsrichter ist. Wenn der Spielleiter die Kampagne damit beginnt, dass die Stufe 1 Helden in einer Höhle mit einem großen alten Drachen stehen, der sie vernichten will und niemand an Würfeln dreht, wird es den Spielern doch irgendwie unfair vorkommen, wenn sie ins Gras beißen. Der große Rahmen ist immer die Erzählung, ob bei Combat as Sport oder as War, immer erschafft der Spielleiter die Bedingungen. Ein Schiedsrichter im Fußball wählt nicht das Spielfeld, das gegnerische Team, etc aus.
Guter Punkt. Aus dieser Perspektive kann es die SL als absolut neutralen Schiedsrichter eigentlich nur geben, wenn die komplette Zustandsmaschine von extern vorgegeben wird und auch für die SL nicht beeinflussbar ist? Was im Grunde ein Kaufabenteuer wäre, was von den meisten Anhängern des Spielstils ja eher abgelehnt wird, oder?

Ich denke man sieht daran, dass es eben nicht nur zwei Varianten gibt, sondern ein Kontinuum ohne klare Grenzen, in dem die SL die Situation mehr oder weniger stark beeinflusst. Aber sie verändert die Bedingungen immer, indem sie bestimmt wann gewürfelt wird, was gewürfelt wird und warum gewürfelt wird. Alles z.T. im Vornherein, zum Teil im Spiel. Denn wenn sie das nicht täte, bräuchte es keine SL.

Das willst du da herauslesen. Eigentlich bin ich ein ziemlicher method actor, wenn es nach Laws gehen würde. Daher hab ich da gar keine Verteidigungshaltung, weil ich eigentlich im ganzen Spektrum meinen Spaß haben kann. Bei einer Runde Monsegur 1244 ebenso wie bei Labyrinth Lord (meine Gruppe hält immer noch den Negativrekord beim Turnierabenteuer auf der RPC). Das ist auch alles in keiner Weise wertend. Das ist nur aus spielwissenschaftlicher Sicht. Ich sehe das als Kulturwissenschaftler mit den Schwerpunkten Geschichte und Literaturwissenschaft.
Danke für die Klarstellung.

Der Spielleiter als neutraler Schiedsrichter ist ja gerade auch im OSR-Bereich ein Thema. Und gerade dort gilt dann oft auch Rulings over Rules, d.h. die SL entscheidet z.T. spontan über neue Regeln. Wie verträgt sich das eigentlich?

@Jiba: Wie entscheidet der Schiedsrichter, was ein Foul ist? Nach dem Regelwerk und wenn das nicht greift, nach fairen Menschenverstand. Da sind Fehler nicht ausgeschlossen. Das sind sie nie. Es geht darum, es so gut wie möglich zu machen.
Um beim Fußballbeispiel zu bleiben: Eine RP-SL würde entscheiden, ob bei einem der Teams ein Baum vor dem Tor steht und wie groß die jeweiligen Spielfeldhälften sind, bevor das Spiel losgeht.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 12:09 von aikar »
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Offline Jiba

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Wenn der SL mitten im Spiel beschließt "Okay, der Endboss ist einen Tacken zu heftig für die Gruppe, ich geb dem zehn Lebenspunkte weniger, und Kampfmanöver Haumichtot kann er doch nicht.", so ist das geschummelt.

Okay, das ist vielleicht OT, aber es fällt mir schwierig vorzustellen, dass dieser Level an akribischer On-the-fly-Reflexion am Spieltisch überhaupt real stattfindet. Ein SL kann sich auch mittels kognitiver Fehlschlüsse und Selbsttäuschung in die Situation bringen, in der ihm gar nicht klar ist, dass er grade bescheißt.

Etwa, indem er eine Fähigkeit, die ein Gegner hat, eben nicht einsetzt, ohne genau zu reflektieren, warum.

Also mir fallen da viele Grenzfälle ein, gerade bei regelarmen Systemen, indem es einfach keine Mechanik gibt die etwas Bestimmtes möglich oder unmöglich macht. Was in einem System also Schummeln ist, ist es im anderen nicht, obwohl am Spieltisch genau dieselbe Situation stattfindet.

Insofern könnte man in narrativen Rollenspielen auch schummeln, wenn man ihre Regeln nicht korrekt anwendet, zu Ungunsten der anderen Mitspieler.
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“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Alter Weißer Pottwal

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Und:
Wenn der SL mitten im Spiel beschließt "Okay, der Endboss ist einen Tacken zu heftig für die Gruppe, ich geb dem zehn Lebenspunkte weniger, und Kampfmanöver Haumichtot kann er doch nicht.", so ist das geschummelt.

Wenn er den gleichen Gedankengang einen Tag vorher beim Planen des Abenteuers hatte, ist das nicht geschummelt?

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Dann wäre Improvisieren aber kein Schummeln, oder?

Die SC entschließen sich, anstatt den Dungeon zu stürmen, lieber den Wald zu durchforsten, für den weder Abenteuermodul noch SL beteits irgendwas festgelegt haben. Also lasse ich sie auf ein Goblinlager stossen (würde zum Ruf der Gegend passen), und ich benutze dann vorgefertigte Goblinwerte.
Da wird damit ja nichts Etabliertem widersprochen oder irgendeine Regel gebrochen. Schummelei ist das ja nicht.

Würfeldrehen ist Falschspiel. Was du beschreibst ist aber nicht alea, sondern betrifft agon. Das ist nämlich der Versuch gleiche Voraussetzungen zu schaffen (Gewichtsklassen). Das ist ein wichtiger Unterschied. Das Spiel entartet nicht, wenn der SL da einen Fehler gemacht hat. Was du beschreibst ist vielmehr der Versuch Fairness wieder herzustellen. Noch besser wäre es aber, wenn die Spieler vorher möglichst genau einschätzen können, was der Endboss kann und selbst entscheiden ob und wie sie gegen den kämpfen wollen. Immer unter dem Gesichtspunkt, wie stark du agon gewichten möchtest.

Das mit dem Goblinlager ist ähnlich. Pefekt wäre es aus agon-Sicht, das ganze wäre vorbereitet. Aber niemand verlangt Perfektion. Und Falschspiel ist es schon gar nicht. Würfeldrehen ist Falschspiel.
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Offline Rhylthar

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Okay, das ist vielleicht OT, aber es fällt mir schwierig vorzustellen, dass dieser Level an akribischer On-the-fly-Reflexion am Spieltisch überhaupt real stattfindet. Ein SL kann sich auch mittels kognitiver Fehlschlüsse und Selbsttäuschung in die Situation bringen, in der ihm gar nicht klar ist, dass er grade bescheißt.
Um das mal zu konkretisieren:
Doch, das passiert sogar recht oft (also nicht das Ändern, sondern die Reflexion), wenn man ein wenig System Mastery mitbringt. Und Ja, man kommt da in Graubereiche, weil man als SL auch "taktisch" spielt und eventuell in der Zwickmühle zwischen "plausibel", "möglich" oder "eher nicht, weil zu stark" bei der Anwendung einer Fähigkeit des Gegners ist. (Bsp.: D&D 5E).
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Online aikar

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Das mit dem Goblinlager ist ähnlich. Pefekt wäre es aus agon-Sicht, das ganze wäre vorbereitet. Aber niemand verlangt Perfektion. Und Falschspiel ist es schon gar nicht. Würfeldrehen ist Falschspiel.
Also ist es Falschspiel, das Wurfergebnis zu manipulieren aber nicht, vor dem Wurf die Situation so aufzubauen, dass ein anderes Wurfergebnis notwendig ist? Ist das nicht eine ziemlich willkürliche Definition?
Das ist für mich irgendwie als wäre es Falschspiel, eine gezogene Karte heimlich auszutauschen, aber nicht, ein vorsortiertes Kartendeck zu benutzen.

Das Problem sehe ich hier ja vor allem, weil der verwendete Begriff Falschspiel automatisch negativ annonciert ist. Ansonsten geht es ja erst wieder darum was das Ziel ist.
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Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Jiba, an deinem Gedanken, dass ein SL so etwas unbewusst macht, ist vielleicht was dran. Allerdings kann es ja auch sein, dass das Anwenden bestimmter Manöver der Villains nicht zwingend vorgeschrieben ist, sondern es ist einfach ein Instrumentarium, das diesem zur Verfügung steht. Da kann es ja durchaus sein, dass das ne taktische Erwägung der NPC ist, Move TotalKill jetzt noch nicht einzusetzen.
Überhaupt, taktisches Agieren der NPC: klar, wenn die definiert sind als "bunch of bumbling idiots", dann ist dämliches Verhalten im Gefecht völlig unschummelig.
Umgekehrt sollte der MasterTacticianVillain so effizient wie möglich geführt werden.
Aber ich kenne viele Systeme, da weiss man nicht, ausser den reinen Werten, wie taktisch klug agieren die denn?
 Übrigens OT: ein Grund mehr, warum ich Heavy Gear liebe: bei wichtigen NPC steht da immer dabei, wie die sich im Kampf verhalten, egal ob Elitesoldat oder Starreporter. :)

@AlterPottwal: Oh, ja, macht Sinn.
« Letzte Änderung: 28.02.2023 | 12:20 von KWÜTEG GRÄÜWÖLF »
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Offline Blechpirat

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Würfeldrehen ist Falschspiel. Was du beschreibst ist aber nicht alea, sondern betrifft agon. Das ist nämlich der Versuch gleiche Voraussetzungen zu schaffen (Gewichtsklassen). Das ist ein wichtiger Unterschied. Das Spiel entartet nicht, wenn der SL da einen Fehler gemacht hat. Was du beschreibst ist vielmehr der Versuch Fairness wieder herzustellen. Noch besser wäre es aber, wenn die Spieler vorher möglichst genau einschätzen können, was der Endboss kann und selbst entscheiden ob und wie sie gegen den kämpfen wollen. Immer unter dem Gesichtspunkt, wie stark du agon gewichten möchtest.

Das ist ein spannender Ansatz. Gefühlt richtig, aber... :D

Fairness (wie in deinem Beispiel mit den Gewichtsklassen) könnte der SL doch auch durch Würfeldrehen herstellen, oder? Etwa, wenn er den Eindruck hat, dass die Vermittlung der Gefährlichkeit/Gewichtsklasse des Gegners fehlerhaft war? Umgekehrt ist es doch das Streben der Spieler, Unfairness zu ihren Gunsten herzustellen. Agon würde da den SL dazu drängen, den Endboss aufzuwerten, um einen fairen Kampf zu haben - das würde aber die Handlungen der Spieler entwerten.

Offline Alter Weißer Pottwal

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Der Spielleiter als neutraler Schiedsrichter ist ja gerade auch im OSR-Bereich ein Thema. Und gerade dort gilt dann oft auch Rulings over Rules, d.h. die SL entscheidet z.T. spontan über neue Regeln. Wie verträgt sich das eigentlich?

Er entscheidet nach bestmöglichem Wissen und Gewissen aus spielerischer Sicht. Nochmal: Niemand erwartet Perfektion. Die ist nicht möglich. Man kann nur versuchen es so gut wie möglich zu machen.

Um beim Fußballbeispiel zu bleiben: Eine RP-SL würde entscheiden, ob bei einem der Teams ein Baum vor dem Tor steht und wie groß die jeweiligen Spielfeldhälften sind, bevor das Spiel losgeht.

Da sind wir wieder bei dem Punkt, dass ich möglichst gleiche Voraussetzungen schaffen muss, wenn ich agon gewährleisten will. Nimm Schach: Es wäre kein gutes agon, wenn einer der Spieler mehr Damen als der andere hätte oder einer keine.

@Jiba: Fehler machen ist nicht bescheißen. Bescheißen ist bescheißen. Was du als bescheißen betitelst ist eine bewusste Sache. Das was du meinst sind Fehler und die macht jeder ;)
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Offline Rhylthar

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Auch, wenn ich da einen Schritt zurückgehen muss, dann mal zur Basis:

Wann fängt das Schummeln an? (und zwar konkret auf Würfel bezogen)

a) Ich verändere als SL den eigenen Wurf und den eines Mitespielenden (indirekt) im Kampf. --> Gehe ich mit.
b) Ich würfel vorher die HP der Gegner aus (mag den Mittelwert nicht nehmen), bin unzufrieden mit dem Ergebnis (quasi bei der Welterstellung). Ich re-rolle. -->?
c) Auf D&D 5E als Beispiel bezogen: Ich würfel eine 5 oder 6 für die Aufladung einer Fähigleit eines Gegners ("Recharge"), wende sie aber als SL nicht an. -->?
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Online aikar

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Da sind wir wieder bei dem Punkt, dass ich möglichst gleiche Voraussetzungen schaffen muss, wenn ich agon gewährleisten will.
Gute Argumentation, kann ich stehen lassen.

Mein Spielstil wird es wohl trotzdem nie werden  ;D
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Offline Alter Weißer Pottwal

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Also ist es Falschspiel, das Wurfergebnis zu manipulieren aber nicht, vor dem Wurf die Situation so aufzubauen, dass ein anderes Wurfergebnis notwendig ist? Ist das nicht eine ziemlich willkürliche Definition?
Das ist für mich irgendwie als wäre es Falschspiel, eine gezogene Karte heimlich auszutauschen, aber nicht, ein vorsortiertes Kartendeck zu benutzen.

Das Problem sehe ich hier ja vor allem, weil der verwendete Begriff Falschspiel automatisch negativ annonciert ist. Ansonsten geht es ja erst wieder darum was das Ziel ist.

Bei alea unterwerfen sich alle dem Zufall bzw. dem Glück. Das dann nicht zu respektieren ist Falschspiel. Das ist auch nicht wertend, das ist ein spielewissenschftlicher Begriff (was viel dazu beiträgt, dass es schwer ist das zu diskutieren, weil sich Leute angegriffen fühlen).

Zu deiner Kartenannalogie: Beides ist Falschspiel, denn alea wird nur vorgetäuscht. Wenn du weißt was du ziehst, dann ist es kein Glück und kein Zufall. Das wären keine gedrehten Würfel, sondern gezinkte Würfel. Es bleibt aber Falschspiel.
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