Autor Thema: Warum brauchen wir eigentlich Werte-Progression in Kampagnen?  (Gelesen 11609 mal)

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Offline RackNar

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Moin,

wieder mal eine Ausgliederung, um den anderen Thread nicht zu kapern. Der Grund der o.g. Frage ist folgende Aussage:

Ich halte BC für kein gutes Kampagnensystem.
Es ist Spitze in One- bis Fewshots. Aber wer nach fühlbaren Verbesserungen für seinen SC sucht, wird imo mit anderen System besser bedient.

Das liegt unter anderem daran, dass die SC des Fortunesystems von Anfang auf einem SEHR hohen Niveau sind, was ihre Nischen angeht. Verbesserungen gehen mit BC RAW eher in die Breite, bzw. differenzieren den Charakter innerhalb der Geschichte feiner aus ....

Ich will auch gar nicht auf das Zitat speziell eingehen - das ist nur der Auslöser.

Warum können wir scheinbar nur Kampagnen spielen, wenn der Charakter kontinuierlich besser wird?  :think: Nur, weil DnD es so vorgelebt hat? Spätestens seit Traveler gibt es schließlich da auch andere Vertreter ...

Ich nehme mich da nicht aus. Charakterwerte zu steigern, kann viel Spaß machen. Aber das ist nur einer von vielen Punkten, die in einer Kampagne Freude bereiten. Warum sehen wir das gleich als K.O.-Kriterium?
« Letzte Änderung: 18.04.2023 | 07:55 von RackNar »
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Offline Jiba

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Ich glaube nicht, dass es eine "mechanische Verbesserung" braucht. Aber eine "mechanische Veränderung" sollte es schon geben. Der Charakter sollte nicht mehr derselbe sein wie zu Beginn und ja, ich finde auch, wenn ich darüber nachdenke, das sollte sich mechanisch abbilden. Einfach, damit es greifbarer ist, für den gesamten Spieltisch.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

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Online ghoul

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Spätestens seit Traveler gibt es schließlich da auch andere Vertreter ...

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Zitat
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Offline Arldwulf

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Wenn man dort das Ausgangszitat anschaut so wird dort ja auch der gute Begriff des Kampagnensystems genannt.

Und eine Kampagne ist nun einmal eine fortlaufende, schrittweise Hinarbeitung auf ein langfristiges Ziel. Das so etwas mit Fortschritten für den Charakter verbunden ist (egal in welcher Form) klingt eigentlich recht plausibel.

Offline 1of3

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Warum das so ist, kann ich dir nicht genau sagen. Ich kann dir aber sagen, dass das gerade eine der Definitionen von "Kampagne" ist. Da gibts mehrere:

- Spielgesamtheit einer Gruppe ("Unsere Kampagne...", "Chronik" bei der WoD).
- SL-Welt: Was die SL sich ausgedacht hat / ggf. mit mehreren Gruppen spielt ("Meine Kampagne...")
- Ein Super-Abenteuer oder Adventure Path. Von denen kann man mehrere hintereinander mit den selben SCs spielen.

Und eben was man als mechanischen Großkreis des Spiels bezeichnen kann. Das ist dann gemeint, wenn "ein Spiel nicht kampagnenfähig" sein soll. Das Konzept dahinter ist, dass man gewisse Elemente in variierter Form wieder erleben kann. Erst haben wir also Ratten bekämpft, jetzt Drachen. Das muss nicht besser sein, wie jiba sagt, aber du musst gewisse Elemente haben, die du verändert wiederholen kannst.

Das lässt sich dann natürlich nur bezogen auf gewisse Spiele betrachten. Bei Capes sind diese wiederholten Elemente etwa eine Szene, so dass man eine "Kampagne" in einer Sitzung hat.

Es ist also nicht so, dass du ohne keine Kampagnen haben kannst. Du hast noch mindestens drei Deutungsmöglichkeiten offen. Nur diese eben nicht.

Offline aikar

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Ganz einfach: Es triggert das Belohnungssystem.

Ich glaube nicht, dass es eine "mechanische Verbesserung" braucht. Aber eine "mechanische Veränderung" sollte es schon geben.
Aus meiner persönlichen Erfahrung reicht auch die Veränderung nicht.

Ich habe es schon mit FATE (wo man nur sehr langsam wirklich Macht gewinnt und sich ansonsten nur verändert) und sehr langsamer Milestone-Progression bei D&D5 (Stufenaufstieg nur alle X Abenteuer) versucht, kam beides bei mehreren Spieler:innen nicht gut an.
Bei der D&D-Kampagne hat es geholfen, dass ich nach jedem Abenteuer Karten ausgegeben habe, die für passende Meta-Ereignisse verbrauchbar waren ("Karte Zwist => Unsere Feinde zerstreiten sich kurzfristig", "Karte Reichtum => Die Ernte in unserem Gebiet fällt dieses Jahr gut aus", ....). Das hat die Spieler:innen zufrieden gestellt.
Aber irgendeine mechanisch-gamistische Belohnunung, die nicht nur innerweltlich war, musste da sein, reine Ingame-Ehrungen lösten offenbar nicht den selben Belohnungseffekt aus (Gold wiederum schon, weil das in Artefakte u.Ä. umwandelbar war).

Dabei besteht der Großteil meiner Gruppe(n) durchaus eher aus narrativ, nicht gamistisch orientierten Rollenspieler:innen.
« Letzte Änderung: 17.04.2023 | 15:15 von aikar »
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Offline Raven Nash

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Die Grundlage der "Kampagne" ist die "Saga". Und diese wiederum zeichnet sich dadurch aus, dass der Held im Laufe der Geschichte an Fertigkeiten und Macht gewinnt, bis er entweder seinen Hauptfeind besiegt, oder fällt.
Das reicht von der "Heldenreise" bis zu Beowulf, der bereits berühmt ist, als die Saga beginnt, aber Kenntnisse und Fähigkeiten gewinnen muss, um seinen Feind Grendel (und die weiteren) zu schlagen.

Die Kampagne folgt in ihren Grundzügen dem Gerüst der Saga, nur ist es nicht ein Held, sondern mehrere. Die Illias wäre z.B. eine hochstufige Kampagne, inklusive mehrerer Helden.

Da sich diese Erzählform überall auf der Welt findet, scheint es eine universelle zu sein. Entsprechend haben wir auch alle eine ähnliche Erwartungshaltung.
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Offline Megavolt

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Warum können wir scheinbar nur Kampagnen spielen, wenn der Charakter kontinuierlich besser wird?

Das ganze Steigerungsbrimborium ist generell ein unguter Auswuchs auf vielen Ebenen.

In meiner idealen Welt entscheiden die mündigen, verantwortungsfreudigen und sich selbst gut kennenden Spieler einfach autonom, wann, warum und was ihre Figuren wie stark steigern.

Noir

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Ich bin tatsächlich ein Verfechter des "man muss mechanisch besser werden" in einer Kampagne (!), damit es plausibel ist. Dazu muss ich natürlich für mich erst einmal klar definieren, was eine Kampagne ist. Eine Kampagne ist für mich eine Serie von Szenarien/Abenteuern, die miteinander verwoben sind und auf ein großes Ziel/Finale hinauslaufen.

Warum braucht es da also für mich eine Verbesserung? Weil der Weg vom Anfang zum Finale dann relativ witzlos ist. Also ... nein ... das sind die falschen Worte ... aber ganz platt gesagt: Wenn ich von Anfang an so stark bin, wie ich auch am Ende sein werde ... warum soll ich dann dieses ganze Brimborium mitmachen? Warum nicht gleich zum Evil Overlord gehen und ihn in seine Schranken weisen. Es fehlt einfach eine gewisse "Heldenreise" ... ich muss gewisse Herausforderungen meistern ... ich muss wachsen ... körperlich und geistig ... um die große Herausforderung am Ende bestehen zu können.

Wenn ich einfach nur den Weg zum Endboss finden muss ... ist das wenig zufriedenstellend für mich.

Offline tartex

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Also man kann ja auch Wissen über das Setting und Connections freispielen ohne dass das in Werte gegossen sein muss.

Von Equipment und Artefakten erst gar nicht zu reden. (Oder ein tolles Hauptquartier.)

Persönlich mag ich es aber schon, wenn sich die Werte auch verbessern.

Verbessern kann aber auch einfach bedeuten, dass man den Charakter fürs Setting oders Regelwerk optimiert. Dafür muss man nicht unbedingt höhere oder mehr Zahlen jonglieren.
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Offline Arldwulf

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Verbessern kann aber auch einfach bedeuten, dass man den Charakter fürs Setting oders Regelwerk optimiert. Dafür muss man nicht unbedingt höhere oder mehr Zahlen jonglieren.

Das wäre dann aber eine Frage die nicht nur Steigerungen betrifft, sondern generell die Frage ob die Möglichkeiten eines Charakters sich in dessen Werten niederschlagen sollte, oder?

Wie du schon sagst gibt es dabei ja durchaus eine Verbesserung, man schreibt sie nur nicht auf.

Offline Zed

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In unserer sehr langjährigen Kampagne sind die Charaktere mittlerweile um die 17. Stufe (DnD 3.5) bei einem bedingungslosem Aufstieg an jedem 7. Spieltag.

Der Aufstiegsaspekt ist meiner Gruppe sehr wichtig, würde ich sagen. Sie genießen dabei, dass sie sich diese Belohnung verdient haben - so deute ich den Glanz in ihren Augen jedenfalls.

Obwohl die Leute in der Gruppe mindestens schon seit 8 Stufen mit der Zunahme der Fülle der Möglichkeiten (alle sind Caster) überfordert sind, wenn ich ehrlich bin.

Offline Timo

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 :think: Bei Herakles gibt es ja die geistige Entwicklung, bzw. die Buße für die Tat die man begangen hat.

Aber was wäre die Entwicklung bei Odysseus? Der bleibt ja seine gesamt Odyssee lang auf einem Powerlevel, trotzdem ist es eine Heldenreise.

Das ist mehr eine umgekehrte Kampagne, er verliert immer mehr im Laufe der Reise um am Ende durch seine Fähigkeiten seinen Thron zurückzuerlangen(verkürzt gesagt)
"The bacon must flow!"

Offline Raven Nash

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Aber was wäre die Entwicklung bei Odysseus? Der bleibt ja seine gesamt Odyssee lang auf einem Powerlevel, trotzdem ist es eine Heldenreise.

Das ist mehr eine umgekehrte Kampagne, er verliert immer mehr im Laufe der Reise um am Ende durch seine Fähigkeiten seinen Thron zurückzuerlangen(verkürzt gesagt)
Er verliert ja keine "Werte", nur Zeug. Am Ende hat er dann INT, WIS und vielleicht auch STR gesteigert. Und dann kriegt er sein ganzes Zeug retour.
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Offline Faras Damion

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Als grobe(!) Regel für meine Spielerinnen:
Die mit Computerspielen assoziiert sind, wollen Progression.
Die Larp, Improtheater oder Romanschreiben machen, brauchen Progression nicht zwingend.

Method Actor: 92%, Storyteller: 67%, Tactician: 58%, Power Gamer: 46%, Casual Gamer: 29%, Butt-Kicker: 21%, Specialist: 13%

Offline Amromosch

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Grundsätzlich wird viel Fantasy gespielt. Und die meisten Fantasy-Kampagnen beginnen eher bodenständig und werden dann inhaltlich immer epischer. Ich denke, dass es daher besonders in diesem Genre extrem sinnvoll ist, das Spielwerte sich verbessern, um epischere Herausforderungen angehen zu können.

Will man das gar nicht, braucht man vermutlich auch keine Verbesserungen der Spielwerte.

Offline Eismann

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Mein Affenhirn freut sich, wenn es ab und an eine Erdnuss kriegt. Das verbessert so auch die Langzeitmotivation.

Offline Kaskantor

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Brauchen wir scheinbar nicht immer.

Zb. gehören die Cthulhu-Kampagnen wohl zu den Größten der Welt und da gibt es glaube weniger SC-Progression :)
Da geht es einfach ums Erleben der Horrorgeschichten und vielleicht kann man das große Übel am Ende abwenden, aber nicht unbedingt per aufs Maul hauen.

Das ist für mich eh der große Unterschied zweier Spielweisen.
Bei der einen geht es mehr um die Geschichte und das Erleben dieser, bei der anderen steht eben die Entwicklung des eigenen Chars von Lumpi zu Superhero auf dem Programm.
Letzteres erinnert stark an Videospiele und hat zumindest bei uns mehr als das letzte Jahrzehnt dominiert.

Weniger crunchlastige Spiele (wo man meist von Anfang an mehr draufhat, aber eben auch nicht groß steigt), haben bei uns weniger funktioniert, bzw. haben nicht so lange "gehalten".

Ist zur Zeit auch mein größtes Problemchen.
Ich hätte echt Bock die MvN von Cthulhu zu leiten, aber denke dass Achtung! Cthulhu 2D20 besser bei meinen üblichen Verdächtigen ankommen würde...
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Offline Chaos

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In den meisten Systemen gibt es nur eine relativ begrenzte Anzahl von verschiedenen Gegnern, die für eine Gruppe auf einem bestimmten Machtlevel weder lächerlich einfach noch absolut übermächtig wären. Und nicht alle von ihnen passen unbedingt in die Kampagne rein, je nach Setting und Handlung.

Immer wieder aus demselben begrenzten Gegner-Fundus zu schöpfen, dürfte irgendwann langweilig werden. Deshalb kann Werte-Progression auch genutzt werden, um neue praktikable Gegner-Typen zu erschließen. So kommt dann regelmäßig frischer Wind in die Kampagne.

Gleiches gilt natürlich auch für die Art der Abenteuer. Je mächtiger (und je bekannter aufgrund der Taten, durch die sie so mächtig geworden sind) die Truppe, desto eher werden sie in Hofintrigen hineingezogen oder suchen das verborgene Grabmal des uralten Oberhexers, anstatt dass der Bauer sie losschickt, ein paar Wölfe zu erlegen.
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Was ich nicht finde, das findet auch kein Anderer!

Online Weltengeist

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Warum können wir scheinbar nur Kampagnen spielen, wenn der Charakter kontinuierlich besser wird?

Also ich kann sehr wohl Kampagnen spielen, bei denen der Charakter nicht ständig besser wird. ;)

Im Gegenteil, mich nervt es sogar, wenn die Verbesserungen so absurd schnell erfolgen wie bei einem gewissen "world's greatest roleplaying game". In 60 Tagen von Stufe 1 auf Stufe 10 (nicht untypisch für D&D-Kampagnen neueren Datums) - da setzt bei mir jedwede Suspension of Disbelief aus. Zumal es bei vielen Kampagnen auch völlig unpassend ist, dass die Gegner binnen eines so kurzen Zeitraums so viel stärker werden.

Langsame Verbesserungen ja, ist nett, aber selbst das brauche ich nicht wirklich. Ich schätze, mein Belohnungssystem funktioniert einfach anders als bei anderen...
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Offline Sashael

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Immer wieder aus demselben begrenzten Gegner-Fundus zu schöpfen, dürfte irgendwann langweilig werden. Deshalb kann Werte-Progression auch genutzt werden, um neue praktikable Gegner-Typen zu erschließen. So kommt dann regelmäßig frischer Wind in die Kampagne.
Krimiserien kennen nur EINE Sorte Gegner. Wenn da mal ein Hund statt menschlichen Handlangern auftaucht, ist das schon Abwechslung hoch 10.

Trotzdem sind die sehr beliebt. Natürlich unterscheiden sich auch die Menschen in Sachen Fähigkeiten, Einfluss, Macht und so weiter, aber prinzipiell hat kein Zuschauer das Gefühl, dass so einer Serie irgendwas fehlt, wenn nur Menschen vorkommen.

Zudem haben die Helden in den allermeisten Fällen Null Zugewinn an Kräften, egal wie lang die Serie läuft. Und man findet die Serie trotzdem toll.

Warum also brauchen wir den kontinuierlichen Zugewinn in unseren Rollenspielen?
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Quaint

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Ich weiß nicht ob ich unbedingt Zugewinn an Macht brauche. Aber ich spiele rein gewohnheitsmäßig damit, und ich finde es auch ganz schön, wenn man sich ab und an mal hinsetzen und am Charakter arbeiten kann. Da geht es ja nicht nur um Schwertkampf +8 statt +7, sondern zumindest teilweise finden da ja auch andere Entwicklungen statt. Beispielsweise habe ich gerade eine Mutantin als Charakter, die zuletzt sehr an ihren zwischenmenschlichen Fähigkeiten gearbeitet hat und die auch besser gelernt hat mit ihren psychischen Knacksen umzugehen. Und die spielt sich dadurch auch deutlich anders.
Besucht meine Spielkiste - Allerlei buntes RPG Material, eigene Systeme (Q-Sys, FAF) und vieles mehr
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Offline nobody@home

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Ich glaube nicht, dass es eine "mechanische Verbesserung" braucht. Aber eine "mechanische Veränderung" sollte es schon geben. Der Charakter sollte nicht mehr derselbe sein wie zu Beginn und ja, ich finde auch, wenn ich darüber nachdenke, das sollte sich mechanisch abbilden. Einfach, damit es greifbarer ist, für den gesamten Spieltisch.

Würde ich für mich ähnlich sehen (speziell wenn's um den langweiligsten Aspekt von "Verbesserung" geht, nämlich das schlichte Anwachsen von Zahlenwerten) und vielleicht noch eine weitere Einschränkung vornehmen: mein Charakter sollte sich in seinem zugegeben einigermaßen subjektiven Wesenskern im Laufe des Spiels gar nicht zwangsläufig verändern müssen, wenn ich das nicht möchte. An dem Punkt holen mich dann Klassen- und Stufensysteme a la D&D, die ihre Spielercharaktere im Verlauf von deren Karriere zum ständigen Schneller-Höher-Weitermutieren schon geradezu zwingen, auch nicht mehr wirklich ab -- auf der einen Seite wollen sie mich in ihre Klassenschablonen pressen, auf der anderen darf ich danach aber auch nicht einfach bleiben, wer und was ich schon bin. ::)

Ich meine, schön, ein gewisser Kompetenzzuwachs ist meistens nett (selbst Call of Cthulhu hat ja seine Verbesserungsprozentwürfe und die Möglichkeit, sich Magie zu eigen zu machen, auch wenn die letztere dann generell recht zweifelhafter Natur ist). Ein paar neue Tricks und Spielzeuge darf ein Charakter also hier und da schon mal aufschnappen, und wenn er insgesamt an Erfahrung und Reputation zulegt, dann ist das auch kein Problem -- selbst ein Conan, der eindeutig schon mit Superwerten gestartet ist, hat seine Entwicklung vom naiven Barbaren über den welterfahreneren Anführer von Banditen, Piraten, und Söldnern bis hin zum nicht mal ganz schlechten König. Aber irgendwo stößt ein Zuviel an Machtzuwachs schlicht an seine Glaubwürdigkeits- und vielleicht wichtiger Begeisterungsgrenzen; nicht einmal Dragonball Z kann "Guckt mal, jetzt ist Son Goku noch stärker und toller als vorher!" irgendwann noch wirklich merkbar vermitteln.

Offline YY

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Das ganze Steigerungsbrimborium ist generell ein unguter Auswuchs auf vielen Ebenen.

In meiner idealen Welt entscheiden die mündigen, verantwortungsfreudigen und sich selbst gut kennenden Spieler einfach autonom, wann, warum und was ihre Figuren wie stark steigern.

Mit dem "Steigerungsbrimborium" meinst du also die Regelungen und ungewollten Aspekte rund ums Steigern und nicht das Steigern an sich?

Kannst du mir die negativen Effekte noch mal ein bisschen aufschlüssen? Ich habe nämlich das Gefühl, man kann die ganz gut einhegen, wenn man einen gewissen Rahmen setzt und dann gibts ja auch noch positive Seiten an dem Ganzen.
Will jetzt aber nicht ins Blaue blubbern ;)

Warum also brauchen wir den kontinuierlichen Zugewinn in unseren Rollenspielen?

Der Sprung vom Beispiel aus einem anderen Medium und ein sehr allgemeines "Wir" greifen da ggf. zu weit.

Erstmal zum Krimi-Beispiel:
Tatsächlich "genügen" mir Menschen als Akteure und ich komme gut ohne Magie im Setting aus.
Damit bin ich aber sehr deutlich in der Minderheit und das geht durchaus so weit, dass eine signifikante Anzahl an potentiellen Mitspielern das als K.O.-Kriterium betrachtet.


Genau so gibt es beim Thema Steigerung kein "wir".
Dem einen geht das ggf. sogar auf die Nerven, wenn die Steigerung das ursprünglich angestrebte Spiel zu sehr verändert.
Dem anderen reicht - Stichwort Belohnungszentrum - die Illusion von Steigerung (weil z.B. die Gegner mitleveln) und der nächste will mit einer "echten" Steigerung das ganze im System abgebildete Machtspektrum erfahren/erspielen.

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline aikar

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Krimiserien kennen nur EINE Sorte Gegner. Wenn da mal ein Hund statt menschlichen Handlangern auftaucht, ist das schon Abwechslung hoch 10.

Trotzdem sind die sehr beliebt. Natürlich unterscheiden sich auch die Menschen in Sachen Fähigkeiten, Einfluss, Macht und so weiter, aber prinzipiell hat kein Zuschauer das Gefühl, dass so einer Serie irgendwas fehlt, wenn nur Menschen vorkommen.

Zudem haben die Helden in den allermeisten Fällen Null Zugewinn an Kräften, egal wie lang die Serie läuft. Und man findet die Serie trotzdem toll.
Vielleicht ist das der Grund, warum mich Krimiserien spätestens nach einer Staffel üblicherweise anöden...
Außerdem sind Fernsehserien und RP schon zwei paar Schuhe. Ja, Krimi-Serien und Romane sind im Mainstream beliebt. Die Anzahl der Krimi-Rollenspiele ist aber (absolut und noch mehr im Vergleich zu Fantasy-RPs) sehr überschaubar. Und dann sind das die, die eh ohne große Progression auskommen.
Viele "Krimi-RPs" haben dann außerdem doch noch ein übernatürliches Element (Cthulhu, Vaesen), das die Abwechslung erhöht. An reinen Krimi-RPs fällt mir momentan nur Private Eye ein. Und 1W6 Freunde, das ist aber auch schon wieder speziell.
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