Autor Thema: Warum brauchen wir eigentlich Werte-Progression in Kampagnen?  (Gelesen 11650 mal)

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Offline Chaos

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Krimiserien kennen nur EINE Sorte Gegner. Wenn da mal ein Hund statt menschlichen Handlangern auftaucht, ist das schon Abwechslung hoch 10.

Trotzdem sind die sehr beliebt. Natürlich unterscheiden sich auch die Menschen in Sachen Fähigkeiten, Einfluss, Macht und so weiter, aber prinzipiell hat kein Zuschauer das Gefühl, dass so einer Serie irgendwas fehlt, wenn nur Menschen vorkommen.

Zudem haben die Helden in den allermeisten Fällen Null Zugewinn an Kräften, egal wie lang die Serie läuft. Und man findet die Serie trotzdem toll.

Warum also brauchen wir den kontinuierlichen Zugewinn in unseren Rollenspielen?

Wie aikar schon sagt: Fernsehserien und Rollenspiel sind zwei Paar Stiefel. Ich kann Fernsehserien (und was das betrifft, auch Buchserien) nur dann ertragen, wenn sie eben nicht statisch sind und immer wieder dasselbe im selben Maßstab mit dem selben Herausforderungslevel passiert. Die paar Krimiserien, die ich in meinem Leben über mehr als ein Paar Folgen geschaut haben, lebten für mich hauptsächlich über die Interaktion zwischen den Figuren, nicht über den Konflikt Ermittler versus Täter.
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Offline Boba Fett

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Charakterprogression ist ein Belohnungssystem.
Ein Spieler hat etwas gemacht und für die Mühe gibt es den Lohn dass ein Medium (Mittel zum Spielen - der Charakter) sich verbessert.
Da gibt es dann die Illusion, dass er zukünftig mit diesem Medium „mehr schaffen“ kann, weil sein Medium ja optimiert wurde.
Es ist in sofern eine Illusion, weil sich die Werte der konfrontierten Schwierigkeiten sich ja auch verbessern. Und das willkürlich, weil sich da ja nicht Dinge verbergen, die besser wurden, weil sie irgendeine virtuelle Leistung erbracht haben. Letztendlich bleiben die Erfolgswahrscheinlichkeiten in etwa gleich.

Charakterprogression ist dabei nicht nur eine vollkommen überflüssige Illusion, sie ist auch noch ein Element, dass meistens dafür sorgt, dass ein Spiel immer schwieriger zu handhaben wird, und es meist einen Punkt gibt, ab dem es ‚broken‘ ist.

Und ja, es gibt Alternativen wie Traveller, die ohne auskommen und bei denen das Belohnungssystem darin besteht, dass der Charakter eine Geschichte erhält und der Spieler ein Spielvergnügen erlebt.
Und dann hat es nicht nur keine Level sondern auch keine Schubladen, die man im allgemeinen Klassen nennt.

Aber Menschen sind prinzipiell gierig und leicht zu manipulieren sind und deswegen auf solche Belohnungssysteme stehen. Immerhin kauft man ja auch Rubbellose auf der Kirmes und erhält nie den Hauptpreis, der ohnehin viel weniger Wert gewesen wäre, als die Lose gekostet haben…

Ich zumindestens warte noch auf ein System, bei dem man sich in Session 0 auf den Powerlevel einigt, bei dem man bleibt und das Transaktions-Regeln liefert, wie man ein Charakter mit der Zeit anpassen kann, weil er sich vielleicht irgendwann in einem Bereich trainieren möchte, dafür aber ein anderes Gebiet vernachlässigen muss.

Aber meinen Standpunkt kennt ihr ja schon.
« Letzte Änderung: 17.04.2023 | 19:16 von Boba Fett »
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Online aikar

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Da Traveller jetzt schon zweimal aufkam: Ich stelle mal die Behauptung auf, dass auch Traveller dieses Belohnungssystem kennt und nutzt und zwar in Form von Geld, Ausrüstung, Schiffsupgrades.
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Offline Sashael

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@Krimiserien
Ich könnte auch noch andere Serien nennen.
Mit Magnum, Simon & Simon und Co bin ich halt groß geworden.

Breaking Bad
Der Fertigkeitenzugewinn von Walther ist ... ähm ... sehr überschaubar.

Star Trek
Die vergessen gefühlt sogar von Folge zu Folge, was sie beim letzten Encounter dieser Art gelernt haben.

Batman
Sein Dasein ist ein echtes Hamsterrad, dank der Drehtür in Arkham. Echter Kräftezugewinn eher ... Null. Meist nur Gadget of the Week.

Kann man jetzt glaub ich nahezu ad infinitum weiterführen.

Warum haben so viele als passiver Konsument keine Probleme mit "statischen" Protagonisten, aber als aktive Spieler soll es merkbare Aufstieg sein?

Ich nehme mich dabei ja gar nicht aus.
Fate gewinnt aufgrund des für mich nicht mehr wahrnehmbaren Zuwachses keinen Blumentopf für langfristiges Spiel.

Aber eigentlich ist diese Diskrepanz für mich sehr interessant. Wie könnte man diesen psychologischen Mechanismus ausschalten oder austricksen, sodass statische SC auch für Aufstiegsfans interessanter werden?
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Boba Fett

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Da Traveller jetzt schon zweimal aufkam: Ich stelle mal die Behauptung auf, dass auch Traveller dieses Belohnungssystem kennt und nutzt und zwar in Form von Geld, Ausrüstung, Schiffsupgrades.
Naja, aber diesen Materialismus kann man auch schnell wieder verlieren. Abgestürzt und ausgeraubt…

Will sagen, ja das sind auch Medien. Aber da stellt sich die Frage, ob der Erhalt dieser Dinge innerhalb des Spiels als „verdiente Entlohnung für geleistetes“ verstanden wird, oder eben auch als ‚notwendiges Medium, das für die Story notwendig ist‘.
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Offline Boba Fett

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Die Grundlage der "Kampagne" ist die "Saga". Und diese wiederum zeichnet sich dadurch aus, dass der Held im Laufe der Geschichte an Fertigkeiten und Macht gewinnt...
Die Erzählform nennt sich „Heldenreise“ und ist so ausgelutscht wie ein durchgekauter Kaugummi, der gerade zum 87sten Mal aus dem Vormagen eines Wiederkäuers wieder hinaufgewürgt wird. Und auch die Heldenreise erfordert nicht notwendiger Weise eine Verbeserung der Figur, sondern nur eine Weiterentwicklung durch Reife, die während der Reise erlangt wurde - das kann auch Charakterliche Weiterentwicklung sein. Nils Holgerson und Pinoccio sind auch Heldenreisen… 
Will sagen: ja, gibt es, aber ist nicht die einzige Erzählform in der Welt.
Und auch in der Fantastischen Literatur gibt es Alternativen.

Tolkiens Beutlins = Heldenreise (und selbst die werden nicht mal signifikant „besser“)
Howards Conan = keine Heldenreise
Nur um zwei Beispiele zu nennen…
« Letzte Änderung: 17.04.2023 | 19:31 von Boba Fett »
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Offline YY

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Star Trek
Die vergessen gefühlt sogar von Folge zu Folge, was sie beim letzten Encounter dieser Art gelernt haben.

Ist  ja nicht so, als würde sich gerade daüber nie jemand beschweren ;)

Wie könnte man diesen psychologischen Mechanismus ausschalten oder austricksen, sodass statische SC auch für Aufstiegsfans interessanter werden?

Da lässt sich nichts austricksen.
Man kann nur zusehen, dass man aus anderen Quellen genug Spielspaß zieht, um nicht auf die Steigerungskatzenminze angewiesen zu sein.
Manch einer lässt sich aber gar nicht erst auf den Versuch ein, da ist dann halt nichts zu machen.

Da Traveller jetzt schon zweimal aufkam: Ich stelle mal die Behauptung auf, dass auch Traveller dieses Belohnungssystem kennt und nutzt und zwar in Form von Geld, Ausrüstung, Schiffsupgrades.

Manche Traveller-Editionen kennen ja auch eine "reguläre" Steigerung. Die ist dann aber so langsam, dass sich zumindest das angepeilte Spiel dadurch nicht bis zur Unkenntlichkeit verändert - was eine gute Methode ist, um eine "echte" Steigerung zu erlauben und keine, die letztlich nur Augenwischerei ist.

Aber da stellt sich die Frage, ob der Erhalt dieser Dinge innerhalb des Spiels als „verdiente Entlohnung für geleistetes“ verstanden wird, oder eben auch als ‚notwendiges Medium, das für die Story notwendig ist‘.

Dass letzteres auch für Charakterfähigkeiten gelten kann, ist hier im Thread ja schon angesprochen worden.
Der große strukturelle Unterschied kommt eher da her, dass Spieler i.d.R. mal so gar nicht damit einverstanden sind, Charakterfähigkeiten auch wieder verlieren zu können, wo das bei Ausrüstung & Co. vielleicht noch angeht (aber das ist auch ein spezielles Thema). 
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Boba Fett

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Wie aikar schon sagt: Fernsehserien und Rollenspiel sind zwei Paar Stiefel. Ich kann Fernsehserien (und was das betrifft, auch Buchserien) nur dann ertragen, wenn sie eben nicht statisch sind und immer wieder dasselbe im selben Maßstab mit dem selben Herausforderungslevel passiert. Die paar Krimiserien, die ich in meinem Leben über mehr als ein Paar Folgen geschaut haben, lebten für mich hauptsächlich über die Interaktion zwischen den Figuren, nicht über den Konflikt Ermittler versus Täter.

Dynamik (Gegenteil von Statik) wird aber nicht notwendigerweise durch „stetiges besser werden“ vermittelt, sondern durch stetige Veränderung.
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Online aikar

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Will sagen, ja das sind auch Medien. Aber da stellt sich die Frage, ob der Erhalt dieser Dinge innerhalb des Spiels als „verdiente Entlohnung für geleistetes“ verstanden wird, oder eben auch als ‚notwendiges Medium, das für die Story notwendig ist‘.
Das hängt dann wohl von den jeweiligen Spieler:innen ab. Ich behaupte mal, alle die ich kenne, würden zustimmen, dass Geld und XP nur zwei unterschiedliche Wege sind um den Charakter zu verbessern (merkt man z.B. auch bei Shadowrun stark). Das mag bei anderen anders sein, ich glaube aber, nicht bei vielen. Es riecht mir dann auch etwas zu sehr nach "wir haben einen elitären erhaben Spielstil, weil wir uns von der Belohnungsspirale gelöst haben". Ehrlich gesagt glaube ich das nicht wirklich. Falls doch, möget ihr damit glücklich werden :)
Als SL würde ich mir tatsächlich manchmal solche Spieler:innen wünschen, die sich langfristig belohnungsfrei motivieren lassen (siehe auch meine Beispiele oben). Bis jetzt ist mir das aber noch nicht untergekommen.

Naja, aber diesen Materialismus kann man auch schnell wieder verlieren. Abgestürzt und ausgeraubt…
Ob die Persistenz der Verbesserungen für das Belohnunggefühl jetzt eine Rolle spielt ist ja ein anderes Thema. Ich denke nicht. Den Kick bekommt man zum Zeitpunkt der Steigerung trotzdem, selbst wenn man es später wieder verliert/verlieren kann.
Edit: Wichtig ist aber vermutlich der Glaube, dass man es behalten könnte. Wenn von Anfang an klar ist, dass man den Gewinn bald wieder verlieren wird, wird er bedeutungslos. Der Fall dürfte aber selten vorkommen.
« Letzte Änderung: 17.04.2023 | 19:36 von aikar »
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Offline nobody@home

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In den meisten Systemen gibt es nur eine relativ begrenzte Anzahl von verschiedenen Gegnern, die für eine Gruppe auf einem bestimmten Machtlevel weder lächerlich einfach noch absolut übermächtig wären. Und nicht alle von ihnen passen unbedingt in die Kampagne rein, je nach Setting und Handlung.

Immer wieder aus demselben begrenzten Gegner-Fundus zu schöpfen, dürfte irgendwann langweilig werden. Deshalb kann Werte-Progression auch genutzt werden, um neue praktikable Gegner-Typen zu erschließen. So kommt dann regelmäßig frischer Wind in die Kampagne.

Das wiederum hängt natürlich stark davon ab, wie das jeweilige System seine Gegner eigentlich überhaupt präsentiert. Wenn das Spiel von vornherein Aufstieg als Programm fährt und dann sein Monsterhandbuch ebenfalls praktisch schon sagt "das hier sind streng nach Regelkanon brauchbare Gegner für SC der Stufen 7 bis 12, aber nicht höher oder niedriger", dann ist natürlich klar, daß das Angebot für eine beliebige Grupper immer irgendwie begrenzt wirkt -- das muß dann aber auch niemanden mehr wirklich wundern.

Um noch mal das schon angesprochene Beispiel Call of Cthulhu zum Vergleich heranzuziehen: selbst, wenn ich das im weitgehenden Pulp-Modus spiele und die SC tatsächlich im Lauf ihrer Karriere einigermaßen locker nennenswert "aufsteigen" können, ohne vorher ins Gras zu beißen oder den Verstand verloren zu haben, ändert sich an ihrem Verhältnis zu ihren Gegnern nie wirklich viel. Ein Ganove mit einer Tommygun oder ein Kultist mit einem seltsam geformten Opferdolch kann immer Glück haben und Sachen wie Dunkle Junge oder Schoggoten sind immer ein Problem, dem Mensch höchstens mit schwerem Gerät oder auch für den Anwender heftiger Magie beikommt -- ob ich da selber mein Schnellfeuergewehr mit nur zwanzig oder schon mit fünfundneunzig Prozent beherrsche, ist Jacke wie Hose. Aber all das hindert das Spiel nicht daran, trotzdem eine ganz nette Auswahl an potentiellen Gegnern aller Art zu bieten...dafür brauche ich also scheinbar doch nicht erst mal einen großen Aufstiegsplan.

Offline Boba Fett

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Aikar: ohne Charakterprogression zu spielen ist nicht elitär. Und es muss nicht zwangsweise unterhaltsamer sein.
Wenn man aber genervt ist, dass alle Kampagnen immer ab Level 12 Kacke werden, weil die Menge an notwendiger Vorbereitung unverhältnismäßig wird, Konflikte immer mehr zu entgleisen drohen, dann denkt man drüber nach, was das eigentlich auslöst und ob das notwendig ist - und wenn man ehrlich ist: es ist nicht notwendig.
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Online aikar

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Wer daran Spaß hat kann froh sein.
Dem Satz stimme ich in fast jedem Kontext zu  ;D

Es ist halt wie bei allen Spielstilen. Wenn man tatsächlich eine ganze Gruppe findet, die diesem Ansatz begeistert folgt: Super!
Mir kommt das in diesem konkreten Fall eben nur als sehr seltene Rollenspieler-Subgruppe vor.
« Letzte Änderung: 17.04.2023 | 19:43 von aikar »
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Offline Boba Fett

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Ich mein das mit dem froh sein schon ernst, denn dann kann man ja so viele Systeme gut spielen.
Das ist so, wie „wer D&D5 gerne spielt“ kann froh sein, weil er jede Menge Angebot an Material, Spielrunden und Möglichkeiten hat.
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Offline tartex

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Mich turnt ja z.B. an D&D am meisten ab, dass es schwer ist sich eine konsistente Welt vorzustellen, wo es ein solches Power-Gefälle gibt. Natürlich: ist alles nur Abstraktion und Stufen sind keine Welt- und NSC-Simulation, aber dass die durchschnittliche Gruppe in nur einem Jahr In-Game-Spielzeit von Level 1 bis 20 kommt, ist schwer zu schlucken.
Die Zwillingsseen: Der Tanelorn Hexcrawl
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Kumpel von Raven c.s. McCracken

Online aikar

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dass die durchschnittliche Gruppe in nur einem Jahr In-Game-Spielzeit von Level 1 bis 20 kommt, ist schwer zu schlucken.
Welche Kampagne bietet denn diese Option?
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Offline Boba Fett

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Naja, jeder Pathfinder Abenteuerpfad… jedes der 6 Abenteuer besteht aus 3-4 Teilen, die man eigentlich an einem Abend durchspielen kann.
Macht also 24 Teile. Bei 14tätigen Rythmus ist das in etwa ein Jahr.
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Offline Megavolt

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Mit dem "Steigerungsbrimborium" meinst du also die Regelungen und ungewollten Aspekte rund ums Steigern und nicht das Steigern an sich?

Kannst du mir die negativen Effekte noch mal ein bisschen aufschlüssen? Ich habe nämlich das Gefühl, man kann die ganz gut einhegen, wenn man einen gewissen Rahmen setzt und dann gibts ja auch noch positive Seiten an dem Ganzen.

Weil halt echt alles Quatsch ist beim Steigern.

Wirklicher Erfahrungszuwachs wird nicht sinnvoll abgebildet, stattdessen oft ziemlich willkürlich. Die dazugehörigen Entwicklungszeiten sind absurd, bzw. ebenfalls völlig willkürlich ("Plötzlich habe ich zwei Punkte Charisma mehr!"). Der Erfahrungszuwachs geht viel zu schnell. Er rastert sehr schlecht. Die Trigger für den Erfahrungszuwachs sind oft hirnrissig ("25 Monster töten für +2 Charisma"). Häufig ist das Steigern der persönlichen Willkür des Spielleiters ausgesetzt. Verschiedene Steigerungen sind bei gleichen Kosten nicht gleichwertig ("KK" vs "CH"). Und, und, und.

Da passt im Normalfall einfach gar nix und der meistens sehr präzise und sehr hohe Grad der Verregelung ist wie üblich ein sehr gutes Indiz für Totalausfälle.

Ich kann prima selber festlegen, dass mein Barbar nach der fünften üblen Kneipenschlägerei etwas weiser geworden ist, weil er von der Schlechtigkeit der Welt und der Hinterfotzigkeit der Menschen erfahren hat. Warum muss ich mir dieses Bonbon erst vom Regelwerk und vom Spielleiter servieren lassen? Dafür gibt es keinen Grund.

Ich kann selber entscheiden, ob ich meine +1 WEISHEIT ergrinden will, errollenspielen will, über die zeitliche Achse erreichen will, an Milestones im Plot festmachen will, durch eine Lehr-Lern-Simulation erzeugen will, random erwürfeln will oder ob das einfach in meine Vorstellung von meiner Figur und ihrer Entwicklung passt, weil ich das halt so haben will. Ohne jeden äußeren Trigger.


Und jetzt höre ich euch schon von der guten alten Balancing-Lüge wispern! Wacht endlich auf, ihr Schafe! Soylent Green is people!! Balancing ist eine Illusion!!
« Letzte Änderung: 17.04.2023 | 20:45 von Megavolt »

Online aikar

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Naja, jeder Pathfinder Abenteuerpfad… jedes der 6 Abenteuer besteht aus 3-4 Teilen, die man eigentlich an einem Abend durchspielen kann.
Macht also 24 Teile. Bei 14tätigen Rythmus ist das in etwa ein Jahr.
Tartex sprach aber von D&D (wo ich aktuell von D&D5 ausgehe, was aber natürlich nicht ausdrücklich gesagt wurde) und einem Ingame-Jahr, nicht Spieljahr.
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Offline Weltengeist

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Welche Kampagne bietet denn diese Option?

Die richtige Frage muss ja fast schon lauten: Welche nicht? Okay, die gehen meist nicht bis Level 20, aber von Stufe 1 auf Stufe 10 innerhalb von 2-3 Monaten Spielweltzeit kommen bei D&D5 doch ziemlich viele. Dafür sorgt schon die DMG-Empfehlung, anfangs nach jeder (!) und später alle 2-3 Sitzungen einen Stufenanstieg zu vergeben. Und da bin ich völlig bei Boba: Das ist einfach absurd, wenn man sich ansieht, welchen Kompetenzzuwachs das bedeutet. Um so schnell so viel mächtiger zu werden, muss man sich in anderen Welten schon von einer radioaktiven Spinne beißen lassen.
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Offline Kaskantor

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Ist halt mehr darauf ausgelegt, dass man in der heutigen schnelllebigen Welt auch in kürzerer Zeit was erreichen kann...

Siehe zb. SdDF, jeder Abend eine Stufe...
"Da muss man realistisch sein..."

Offline nobody@home

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Letzten Endes ist es halt auch einfach so, daß Belohnungen und Powerups eine ganz legitime Motivation unter anderen fürs Spielen sind. (Ich glaube, Robin Laws nennt diesen Spielertyp den "Powergamer", ganz ohne das ironisch oder herabsetzend zu meinen -- ist halt einfach ein Etikett für einen seiner Archetypen, die dann in der Praxis eh so gut wie nie in Reinkultur vorkommen.) Daran ändert sich auch dadurch, daß es speziell im Rollenspiel abstrakt von außen betrachtet vielleicht "eigentlich" nicht viel Grund gibt, warum ausgerechnet sie eine primäre Motivation zum Mitmachen darstellen sollten, nicht wirklich etwas; Schach spielen die meisten von uns ja vermutlich auch nicht in erster Linie, um ihre Bauern zu befördern, aber wenn doch mal einer den kompletten Weg zur gegnerischen Seite des Bretts schafft, ist das trotzdem ein besonderer Moment.

Offline AlucartDante

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Wie der Threadersteller schon schreibt, braucht es das ja gar nicht.  Ich persönlich mag auch gerne Traveller, Cthulhu (wo die entscheidende Progression nicht auf Werteverbesserung, sondern auf Senkung der geistigen Stabilität beruht) oder Shadowrun (man startet kompetent und es gibt zwar Karma für das Belohnungssystem, aber kaum Werteprogression).

Belohnungssystem hatten andere schon gesagt.

Drei Punkte, die mir zu kurz gekommen sind:

- Heldenreise: Die Heldenreise hat klare Stationen und basiert darauf, dass wir nach der Begegnung mit dem Mentor oder der Katharsis uns weiter entwickelt haben. Wenn unser Charakter zum Großteil auf Werten auf dem Blatt basiert, verstärkt es die Gefühle, wenn sich diese Werte ändern.

- Ermächtigungsphantasie: Viele, insbesondere Teenager, spielen Rollenspiel, weil sie sich dort mächtig und kompetent fühlen, was im normalen Leben fehlt. Wir alle können Dinge nicht, da macht es Spaß, eine Rolle zu spielen, die es kann. Man gewöhnt sich aber immer schnell an den Status Quo. Deswegen muss man laufend mächtiger werden, um das Hochgefühl aufrecht zu erhalten.

- Verdrängung des Alterns und Todes: Insbesondere ältere Spieler sind schon 30+, die Ressourcen nehmen zu, aber man hat den Höhepunkt der Charakterwerte erreicht oder überschritten. Diese Spieler verfallen langsam und steuern geradewegs auf ihren Tod zu. Die Werte-Progession ihres Charakters erlaubt es ihnen, das eigene Schicksal zu verdrängen.

Offline Skaeg

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Zb. gehören die Cthulhu-Kampagnen wohl zu den Größten der Welt und da gibt es glaube weniger SC-Progression :)
Da geht es einfach ums Erleben der Horrorgeschichten und vielleicht kann man das große Übel am Ende abwenden, aber nicht unbedingt per aufs Maul hauen.
Es gibt bei Cthulhu, würde ich behaupten, netto sogar eine Charakter-Degression.
Klar, du wirst in ein paar Fertigkeiten besser. Aber gleichzeitig tickt die Sanity tendenziell nach unten. Passt ja auch wunderbar: Man spielt gestandene Persönlichkeiten, an denen der Mythos nagt. Halten sie durch? - das ist eher die Frage als: Wie viel besser werden sie?
The Lord does not stand with those who are b*tch-like!

Offline Trollkongen

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Charakterprogression ist ein Belohnungssystem.

Ja. Und nein. Also nicht nur.

Es spiegelt auch wieder, dass ein Charakter sich verändert, vor allem dazulernt und durch die Erfahrungen besser wird, neue Fähigkeiten gewinnt.

Dass das bei vielen Systemen - vor allem D&D - völlig absurd und auch bei aller Großzügigkeit völlig unglaubwürdig ist, heißt ja nicht, dass das an sich Humbug ist. Bei DSA3 beispielsweise (das war meine Rollenspiel-Sozialisation) kriegt man pro Stufe einige Steigerungswürfe und ein paar Lebenspunkte, aber das merkt man nicht direkt. Auch wenn auch da gilt, dass ein Stufe-10-Held weitaus stärker ist als einer der Stufe 1 und der Erfahrungszuwachs auch viel zu flott geht.

Insofern: Langsame, "realistische" Progression muss nicht (nur) etwas für unser Belohnungszentrum sein, sondern soll auch widerspiegeln, dass der Held an seinen Abenteuern wächst. In der Realität wird man mit seinen Erfahrungen ja auch üblicherweise "besser". Man verbessert alte Fertigkeiten oder lernt neue dazu, arbeitet an Makeln und Fehlern, wir ein weiserer Mensch.

Naja, oder das Leben würgt einem eins rein und man entwickelt seltsame Ansichten oder gar Traumata. Aber auch das wird in manchen System ja thematisiert, auch wenn viele eher eine mehr oder minder klassische Heldenerzählung als Basis haben, d. h. vielleicht einige Blessuren davonträgt, am Ende aber triumphiert. Und eben nicht als Wrack endet (was in der Realität dann doch öfters vorkommt).

Ich persönlich mag Systeme mit solch einer langsameren Progression viel lieber, allein schon, weil auch bei mir sonst die Suspension of Disbelief arg leidet. Mein Belohnungszentrum will sicher ein paar Erdnüsse, aber ich würde durchaus auch eine Kampagne "ohne Progression" spielen - bzw. eine, die sich halt plausibel auf das Erlebte bezieht, gern auch im Schlechten.

Online Runenstahl

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Ich kann mich praktisch allen bislang gemachten Aussagen voll anschließen:

1. Steigern macht Spaß - volle Zustimmung
2. Steigern ist für Kampagnen nicht notwendig - auch hier volle Zustimmung

Man kann übrigens jedes System (auch D&D !) ohne Steigern spielen. Man muss sich nur darauf einlassen (und sich wie weiter oben schonmal erwähnt vorher auf ein "Powerlevel" einigen).

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"Reading is for morons who can't understand pictures"
   Gareth (aus der Serie "Galavant")