Naja, da hast du aber einen nicht korrekten Begriff von dem, was ne Mythologie ist.
So wie ich das sehe, ist es dir lieber, wenn klipp und klar gesetzt ist, welche Götter es gibt, welche Ränge die einnehmen, was ihr Hintergründe sind, wer stärker als welcher ist usw.
Das ist dann aber auch ne Mythologie, halt ne widerspruchsfreie. Unsere realweltlichen Mythologien sind oft in sich widersprüchlich, weil die aus verschiedenen Erzählsträngen zusammengebastelt worden sind, aber diese Widersprüche sind nicht unbedingt eine Eigenart einer Mythologie.
Mythologie bedeutet schlicht und einfach: alles, was an Sagen und Welterklärungen in einer Kultur da ist und die jeder kennt.
Du magst es nicht, dass in späteren Publikationen Widersprüche zum bestehenden Bild der Götterwelt dazugekommen sind, weil das alles wieder verunklart (z.B.: Ist Praios tatsächlich der oberste Gott, oder ist das angemaßt oder sogar Unsinn, den seine Gläubigen verbreiten?), das verstehe ich doch richtig?
Okay, wenn das der Fall ist, ich kann es durchaus nachvollziehen. Ich würde z.B. im Star Wars Rollenspiel auch gerne wissen, wo organisatorisch die Stormtrooper im Imperialen Militär untergebracht sind, als Spielleiter will ich das gerne wissen. Analog willst du halt, dass die Rollen und Stärken der Götter klar geregelt sind.
Das ist ja durchaus ein akteptabler Ansatz. Allerdings würde ich das selber bei Göttern eben nicht so wollen, weil ich lieber geheimnisvolle göttliche Kräfte habe, deren Stärke und Wirkung der Sterbliche nicht so einfach simpel sich ausrechnen kann, sonst fehlt mir zu sehr der mystische Schauer vor dem geheimnisvollen Göttlichen.
Ist ne andere Geschmacksrichtung als dein Ansatz, aber weder besser noch schlechter, und der wird halt durch sich widersprechende in-game-Texte super erzeugt, weil die ja von aventurischen Gelehrten geschrieben worden sind, die auch nur im Nebel rumstochern, und auch verschiedene Meinungen haben.
Das sind also einfach zwei verschiedene Ansätze, Götter einer Spielwelt darzustellen, und alles Gezanke hier dreht sich einfach nur darum, dass man unbedingt will, dass nur Ansatz A als offiziell gelten soll.
Ich mag am Traveller-Rollenspiel, dass da die Macher von vornherein gesagt haben: was wir publizieren, das ist das OTU (official Traveller Universe). Spielen tut ihr aber im YTU (YOUR Traveller Universe), da könnt ihr Planeten und Fraktionen reinquetschen und rauskicken, wie ihr das wollt.
Und den Ansatz sollte man auch bei Rollenspielen anwenden: "Wie, im neuesten Supplement heisst es jetzt, in Nostria leben zwei Meter große Rastullah verehrende Wanderschildkröten mit 6 Beinen? Nee, lass ich weg.". Muss man sich nur in der Spielrunde drauf einigen. Ich sehe Hintergrundbücher immer nur als Angebote der Produzenten, aus denen man sich seine eigene Rollenspielwelt zusammenzimmert, und da ist es blödsinnig, seinen eigenen maßgeschneiderten Aventurienbau dann als den einzig wahren zu beanspruchen.