Vor ein paar Tagen hat der User Vash in
diesem Thread gefragt, wie wir eigentlich vorgehen, wenn wir Abenteuermodule überarbeiten. Es hat mich etwas überrascht, dass ich darauf gar keine Antwort hatte - und das, obwohl ich "Kaufabenteueranpasser" sogar als Forenbeiname führe!
Es hat mich aber auch nachdenklich gemacht, weil ich gerade mal wieder über Paizos Abenteuerpfaden verzweifle. Das läuft bei mir schon seit Jahren nach dem immer gleichen Schema ab:
- Ich begeistere mich für die Beschreibung eines (Pathfinder- oder Starfinder-)Abenteuerpfads, beispielsweise:
- Serpent's Skull - die SC sind in Dschungelgestaden gestrandet und finden die Karte zu einer vergessenen Stadt, um die sie sich dann mit anderen Fraktionen kloppen.
- Iron Gods - ein Raumschiff ist in den Barbarenlanden abgestürzt, und an Bord befinden sich nicht nur coole Gadgets, sondern auch die namensgebenden Eisengötter...
- Extinction Curse - die SC spielen eine Zirkustruppe, die die Insel Kortos davor bewahren soll, von Dinosauriern plattgemacht zu werden.
- Outlaws of Alkenstar - in einer Region, in der Steamtech besser funktioniert als Magie, müssen die SC ihren Namen reinwaschen und sich an denen rächen, die sie ins Unglück gezogen haben.
- Drift Hackers - nachdem die Drift Crisis den interstellaren Verkehr schon seit geraumer Zeit fast zum Erliegen gebracht hat, bekommen die SC die Chance, das Problem zu lösen - aber dazu müssen sie mit den verschiedenen Fraktionen der Triune-Kirche klarkommen und am Ende quasi einen Gott hacken...
Das klingt in meinen Ohren jeweils so cool, dass ich meinen Widerstandswurf verkacke und mir den Abenteuerpfad zulege.
- Ich lese den Abenteuerpfad und kriege früher oder später die Krise. Weite Teile des Materials haben nichts mit dem versprochenen Plot zu tun, sind völlig unlogisch, passen nicht zur Stimmung oder sind unverhohlene XP-Devices. Mal wieder. Natürlich gibt es auch in jedem Band cooles Zeug, aber das Abenteuer ist für mich so überhaupt nicht spielbar.
- Daraufhin schmeiße ich den Abenteuerpfad frustriert in die Ecke - oder verkaufe ihn und rege mich dann (wie bei Serpent's Skull) ein paar Jahre später tierisch auf, welche Sammlerpreise dafür inzwischen aufgerufen werden.
Nun stelle ich mir die Frage, ob das wirklich so laufen muss oder ob ich es nicht auch mal einen Mittelweg hinkriegen könnte - eine Kampagne zu basteln, die zwar inspiriert ist von einem Abenteuerpfad, die aber etwas daraus macht, womit ich glücklich werden könnte (und meine Spieler gleich mit). Denn die Grundideen und Teile des Materials der Paizo-Abenteuerpfade finde ich ja teilweise durchaus Hammer!
Das bringt mich zurück zu Vashs Thread und der Frage, wie man sowas angeht. Bisher habe ich so etwas tatsächlich noch nicht gemacht - ich passe zwar Abenteuer an, die relativ nah dran sind an meinen eigenen Vorstellungen, aber ich arbeite (noch) nicht mit welchen, in die ich noch viel Arbeit stecken müsste.
Vorhin habe ich daher mal eine erste Skizze für ein mögliches Vorgehen gemacht. Das erste, was mir klar geworden ist: Für mich sind Paizo-Abenteuerpfade vermutlich am besten als Baumaterial für
Plot-Point-Kampagnen geeignet (das ist ein Konzept von Savage Worlds, bei dem einige wenige Storyelemente fest eingeplant werden und sich der Rest aus freiem Spiel mit NSCs, Ideen der SC, dem sonstigen Spielmaterial und der einen oder anderen Side Quest ergibt). Mit diesem Ziel könnte ich dann die Abenteuerpfade wie folgt verwursten:
Abenteuerpfad komplett lesenKlingt logisch, aber da scheitert es bei mir ja oft schon, weil ich die meisten davon zu früh (typischerweise nach 2 von 6 Bänden) abgebrochen habe. Also: Durchlesen. Bis zum Ende. Coole Sachen, die ich gerne verwenden will, vielleicht schon mal markieren (Post-Its FTW) oder notieren. Wenn es am Ende genug coole Sachen waren, zum nächsten Schritt weitergehen.
Rahmenbedingungen absteckenNun gilt es, ein klares Gefühl dafür zu kriegen, was ich von der Kampagne will. Da das nicht unbedingt das gleiche ist, wie was Paizo beim Beauftragen des AP wollte, muss ich das (natürlich inspiriert von der Lektüre der Bücher) selbst machen - evtl. sogar schon vor oder während des Lesens. Wichtige Eckpunkte dabei sind:
- Kernthema: Worum geht es in der Kampagne, was sollte das Ziel der SC sein?
- Stimmung: Welches Genre wird hier bedient, welche Stimmung soll herrschen?
- Region: Welche Landstriche, welche Siedlungen, welche Kulturen stehen im Mittelpunkt? Bleiben wir an einem Ort oder reisen wir viel?
- Besonderheiten: Gibt es Besonderheiten in der Kampagne - Dinge, die es sonst nie gibt?
AusschlachtenNun kommt der Moment, an dem die Guten in Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen sortiert werden. Also, welche Elemente aus dem Abenteuerpfad kann ich gebrauchen?
- Vorgeschichte?
- Wichtige NSC (inkl. Motivation, Ziele und Pläne)?
- Neben-NSC
- Schauplätze
- Szenen / Plot Points
- Sonstige Gimmicks
HintergrundIch komme bei meinen Abenteuern eigentlich immer vom Hintergrund her: Was ist in der Vergangenheit passiert? Wer sind wichtige NSC bzw. Fraktionen im Spiel? In welcher Beziehung stehen sie zueinander und zu den SC? Was wollen sie - was haben sie für Motive, was sind ihre Pläne? Gut möglich, dass das oben gesammelte Material hier schon viel Schönes enthält, aber meine Erfahrung gerade mit Paizo-Abenteuerpfaden besagt, dass Ergänzungen und das Schließen logischer Lücken meist noch erforderlich sind.
Plot Points festlegenAls nächstes wäre es an der Zeit, die Plot Points festzulegen. Ergeben die Szenen, die ich im letzten Schritt als "cool" gekennzeichnet habe, bereits ein sinnvolles Ganzes? Oder fehlen hier noch Schlüsselszenen, und falls ja: welche?
ErgänzenAls letzter Schritt müssen nun die noch fehlenden Elemente ergänzt werden - aus Quellenbüchern, anderen Abenteuern, Ideen aus den SC-Hintergründen oder schlicht aus dem eigenen, kranken Spielleiterhirn. Konkret kann es sich bei den fehlenden Elementen um alles handeln, was oben bereits genannt wurde:
- Vorgeschichte?
- Wichtige NSC (inkl. Motivation, Ziele und Pläne)?
- Neben-NSC
- Schauplätze
- Szenen / Plot Points
- Sonstige Gimmicks
SpielenNaja, und dann muss das Ganze "nur" noch gespielt werden. Dabei ergeben sich ja eigentlich immer nochmals Änderungen am geplanten Gerüst, aber weil viele Elemente bei Plot-Point-Kampagnen ohnehin eher lose eingeplant sind, sollte das kein allzu großes Problem sein.
Wie gesagt, das ist jetzt erst einmal ins Unreine gedacht - ausprobiert habe ich das Konzept in dieser Form noch nicht. Aber falls ich irgendwann mal völlig unerwartet die Zeit und die Gruppe finde, um einen ganzen Paizo-Abenteuerpfad zu spielen, wäre ich nicht abgeneigt...