Autor Thema: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?  (Gelesen 2292 mal)

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Offline aikar

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Vorweg: Dieses Thema enthält "Spoiler" zur Natur von Hexen und Sturmgeistern. Wer also nur als Spieler:in oberflächlich in den Hintergrund einsteigen will, sollte hier abbrechen.
Ebenso alle, die HeXXen einfach als spaßiges Bier & Bretzel - Pulpsetting spielen wollen und sich das nicht ruinieren wollen. Ihr wurdet gewarnt.




HeXXen hat mich als Setting von Anfang an fasziniert und die Vorstellung pulpiger Hexen- und Monsterjagden in diesem hat mich sehr gereizt, ich habe eigentlich nur auf das für mich passende Regelsystem (und mehr Zeit) gewartet und mich derweil in die Hintergrundbände eingelesen.
Aber je mehr ich letzteres tue, um so schwerer tue ich mir mit einem Sachverhalt: Hexen und andere Kreaturen der Dunkelheit entstehen, wenn Menschen in Zeiten eines schweren Traumas von Sturmgeistern aus der Hölle besessen werden.
Letztendlich läuft das darauf hinaus, dass Menschen, die ohnehin schon auf die schlimmste denkbare Art zu Opfern werden, Vergewaltigungen, Folter und Todesangst durchleben, sich in Folge selbst verdammen und zu den Bösen des Settings werden. Und das, soweit ich es bisher sagen kann, ohne Hoffnung auf Erlösung.
Das gilt z.B. auch für die Voodoo-Anhänger unter den den Sklaven in der Karibik, eine Ausprägung, die bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht hat und irgendwie tue ich mir jetzt echt schwer, HeXXen noch zu genießen.
Es läuft für mich dem Gedanken eines leichtherzigen pulpigen Settings mit klarem gut-böse-Muster einfach komplett zuwider und ich tue mir schwer mit dem Gedanken, meine Spieler:innen eine Hexe unterhaltsam zur Strecke bringen zu lassen, von der ich weiß, das sie höchstwahrscheinlich einfach nur jemand ist, dessen Leben auf die denkbar ekelhafteste Weise ruiniert worden ist.

Wie seht ihr das? Wie geht ihr damit um?

Zusatz: Natürlich könnte ich das in "meinem" HeXXen" problemlos ändern, die Spieler:innen würden es nie mit bekommen. Aber irgendwie schlägt es mir auf den Magen und verleidet mir gerade den Spaß an HeXXen und mich würde eure Meinung dazu interessieren.
« Letzte Änderung: 10.06.2023 | 12:10 von aikar »
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Offline Hereagain

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #1 am: 10.06.2023 | 12:10 »
Vorweg: Dieses Thema enthält "Spoiler" zur Natur von Hexen und Sturmgeistern. Wer also nur als Spieler:in oberflächlich in den Hintergrund einsteigen will, sollte hier abbrechen.
Ebenso alle, die HeXXen einfach als spaßiges Bier & Bretzel - Pulpsetting spielen wollen und sich das nicht ruinieren wollen. Ihr wurdet gewarnt.




HeXXen hat mich als Setting von Anfang an fasziniert und die Vorstellung pulpiger Hexen- und Monsterjagden in diesem hat mich sehr gereizt, ich habe eigentlich nur auf das für mich passende Regelsystem (und mehr Zeit) gewartet und mich derweil in die Hintergrundbände eingelesen.
Aber je mehr ich letzteres tue, um so schwerer tue ich mir mit einem Sachverhalt: Hexen und andere Kreaturen der Dunkelheit entstehen, wenn Menschen in Zeiten eines schweren Traumas von Sturmgeistern aus der Hölle besessen werden.
Letztendlich läuft das darauf hinaus, dass Menschen, die ohnehin schon auf die schlimmste denkbare Art zu Opfern werden, Vergewaltigungen, Folter und Todesangst durchleben, sich in Folge selbst verdammen und zu den Bösen des Settings werden. Und das, soweit ich es bisher sagen kann, ohne Hoffnung auf Erlösung.
Das gilt z.B. auch für die Voodoo-Anhänger unter den den Sklaven in der Karibik, eine Ausprägung, die bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht hat und irgendwie tue ich mir jetzt echt schwer, HeXXen noch zu genießen.
Es läuft für mich dem Gedanken eines leichtherzigen pulpigen Settings mit klarem gut-böse-Muster einfach komplett zuwider und ich tue mir schwer mit dem Gedanken, meine Spieler:innen eine Hexe unterhaltsam zur Strecke bringen zu lassen, von der ich weiß, das sie höchstwahrscheinlich einfach nur jemand ist, dessen Leben auf die denkbar ekelhafteste Weise ruiniert worden ist.

Wie seht ihr das? Wie geht ihr damit um?

Ich habe das gleich Problem. Ich habe die ganze Metaphysik mit Sturmgeistern, Atlantern und Titanen in den Mülleimer geworfen.
Höllenfürsten sind Höllenfürste und die anderen Kreaturen entstammen den Sagen oder haben in irgendeiner Form einen Pakt mit den Höllenfürsten. Das Regelsystem ist cool. Das Setting ist eher meh.

Offline Aedin Madasohn

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #2 am: 10.06.2023 | 12:29 »
Wie seht ihr das?

auch wenn das jetzt ewas arg Meta wird: GENAU aus so welchen (und zwar überall) herumliegenden Stolpersteinen&Fallstricken bin ich nicht mehr von der "Qualität" von "Verlagsware" überzeugt.

ich fahre da eine klare DIY-Schiene.

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Offline Tele

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #3 am: 10.06.2023 | 13:24 »
Ohne das jetzt böse zu meinen, ihr habt Teile des Settings nicht gelesen oder nicht verstanden.

1) ja sowas wie die spontane Aufnahme eines Sturmgeistes kann passieren (wird überall als selten beschrieben), aber zumeist geht dies mit Sturmweihen, Blutpakten, Verzauberungen etc. einher (siehe Hexenzorn, Unter Wölfen, Dinge aus dem Sumpf). Die Leute sind entweder Freiwillige oder Opfer eines miesen Zaubers.
2) Meist nehmen wirklich böse Menschen wie Mörder etc. Sturmgeister auf, was in vielen Abenteuern beschrieben ist.
3) Voodoo ist nicht per se böse in dem Seeting, nur einige Spielarten des Voodoo, wie es übrigens selbst von der Voodoo Gemeinde gesehen wird.

Offline Hereagain

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #4 am: 10.06.2023 | 13:27 »
Ohne das jetzt böse zu meinen, ihr habt Teile des Settings nicht gelesen oder nicht verstanden.

1) ja sowas wie die spontane Aufnahme eines Sturmgeistes kann passieren (wird überall als selten beschrieben), aber zumeist geht dies mit Sturmweihen, Blutpakten, Verzauberungen etc. einher (siehe Hexenzorn, Unter Wölfen, Dinge aus dem Sumpf). Die Leute sind entweder Freiwillige oder Opfer eines miesen Zaubers.
2) Meist nehmen wirklich böse Menschen wie Mörder etc. Sturmgeister auf, was in vielen Abenteuern beschrieben ist.
3) Voodoo ist nicht per se böse in dem Seeting, nur einige Spielarten des Voodoo, wie es übrigens selbst von der Voodoo Gemeinde gesehen wird.

Doch ich habe es verstanden. Ich finde den Mythologischen Unterbau nicht gut und habe sie rausgeworfen. Da waren einige im Ulisses-Discord sehr schockiert darüber. Aber ich habe keinen Bock auf eingesperrte Titanen und Atlanter. Ich möchte Höllenfürsten erlegen, Vampire pfählen und Werwölfe schnetzeln.
« Letzte Änderung: 10.06.2023 | 13:33 von Hereagain »

Offline Tele

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #5 am: 10.06.2023 | 13:38 »
Also ich bin sehr aktiv im Ulisses Discord und da war sicher niemand schockiert, wenn du irgendwas für deinen Tisch anpasst.

Und mir ging es um die Behauptung, dass alle Monster traumatisierte Menschen seien. Das ist die absolute Ausnahme. 

Offline Hereagain

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #6 am: 10.06.2023 | 13:42 »
Das stimmt so außer bei den Hexen, da ist es tatsächlich häufiger der Fall. Auch in den publizierten Szenarien.

Offline Tele

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #7 am: 10.06.2023 | 14:02 »
Das stimmt so außer bei den Hexen, da ist es tatsächlich häufiger der Fall. Auch in den publizierten Szenarien.

Auch das ist nicht so einfach: Königreich der Dornen und Kopfloser Reiter sind traumatisierte Frauen Weiße Hexen geworden.

Die Grundprämisse des Threads greift einen Satz aus dem GRW auf, der im weiteren Verlauf des Settings selten Anwendung findet.

Offline aikar

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #8 am: 10.06.2023 | 14:30 »
@Tele: Ich habe aktuell SEHR viel Zeit (Krankenhausaufenthalt) mich detailliert durch die Bücher zu lesen.
Bei Voodoo steht z.B. steht z.B. wörtlich dass ALLE Loas Sturmgeister sind, nicht nur die, die unter Petro fallen. Und jede Besessenheit führt weiter in die Dunkelheit deshalb(Zitat) "existieren 1733 auch weitaus mehr Voodoo-Priester des schwarzen Weges als des weißen".
Ja, manche weiße Hexen oder Voodoo-Priester können dem länger widerstehen und versuchen mit dem Bösen gutes zu tun. Aber letztendlich ist es nur ein Hinauszögern des Verfalls.


Und wie ganz oben geschrieben: Klar kann ich das für meinen Tisch anpassen. Sogar so, dass nie ein Spieler der nicht selber tief in den SL-Teil eintaucht jemals etwas bemerkt. Und mir ist auch klar, dass das für die meisten HeXXen-Spieler:innen oder HeXXenmeister nie ein Thema sein wird.

Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass ich den Sachverhalt an sich ekelhaft und unnötig finde und von Ulisses eigentlich anderes erwartet hätte, gerade nach dem Theater, das sie bei Beasts & Barbarians gemacht haben.
Trauma-Opfer und Sklaven auch noch auf einen Weg in die Verdammnis zu schicken, von dem es praktisch kein zurück, sondern höchstens ein Verzögern gibt, finde ich einfach unnötig.

Aber so wie du sagst, es sind letztendlich nur ein paar wenige Sätze. Deshalb habe ich das mal an Ulisses-Feedback geschickt ob sie nicht darüber nachdenken wollen, die paar Sätze in Neuauflagen und neuen Editionen zu retconnen. Dem Setting würde es wohl keinen Schaden machen.
Und mal schauen ob ich meinen Frieden mit HeXXen machen kann, indem ich diese Punkte für mich einfach streiche. Aktuell regt es mich halt einfach auf.
« Letzte Änderung: 10.06.2023 | 14:44 von aikar »
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Offline Tele

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #9 am: 10.06.2023 | 14:38 »
Ja, okay. Ich klinke mich hier aus. Sei dir alles unbenommen. Ich hoffe sie ändern es keinesfalls.

Schon mal über den offensichtlichen Fingerzeig: Hexenprozesse erschaffen Hexen und Sklaverei entmenschlicht Täter und Opfer und so werden beide Seiten zu Monstern. Beides ziemlich starke und durchdachte Statements.

Offline ghoul

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #10 am: 10.06.2023 | 15:07 »
Randnotiz:
Zombie = Geist eines Sklaven, der nicht einmal im Tod Ruhe findet, er muss ewig weiterschuften. Das ist der wahre Zombie-Horror!
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PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #11 am: 10.06.2023 | 17:26 »
Irgendwie verstehe ich als Nicht-Horror-Spieler die Aufregung gerade nicht.

Für mich ist Horror in nahezu all seinen Facetten geradezu dadurch definiert, dass richtig, richtig fiese Sachen mit Unschuldigen passieren. Und zwar ganz egal, ob jetzt Unschuldige von Vampiren gebissen und dadurch selbst zu Vampiren werden, ob Unschuldige von Zombies gebissen und dadurch selbst zu Zombies werden, ob Unschuldige von Alien-Brut befallen und dadurch Träger der nächsten Alien-Invasion werden oder ob Unschuldige vom Teufel besessen sind und nichts dagegen tun können.

Als bekennendes Sensibelchen kann ich nichts davon ausblenden und einfach nur Vampire, Zombies oder Alien-Überträger klatschen - genau deshalb spiele ich dieses Genre (und auch ähnlich düstere Spiele wie "Shadows of the Demon Lord") nicht und schaue mir auch keine entsprechenden Filme an. Auch wenn es ja mittlerweile so eine Art Konsens zu geben scheint, dass Vampir- oder Zombiethemen FSK12-Material sind (außer es gibt da auch Sex, dann natürlich FSK16+).

Aber vor dem Hintergrund wundere ich mich "von der Seitenlinie" schon, warum es jetzt auf einmal schlimm ist, wenn in einem Horror-Rollenspiel Unschuldige zu Hexen werden statt zu Vampiren, Werwölfen oder Zombies. Mag mich mal jemand erleuchten?
« Letzte Änderung: 10.06.2023 | 17:41 von Weltengeist »
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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #12 am: 10.06.2023 | 17:38 »
Es läuft für mich dem Gedanken eines leichtherzigen pulpigen Settings mit klarem gut-böse-Muster einfach komplett zuwider [...]

Ich weiß nicht -- "das Böse macht seinem Namen alle Unehre und wer einmal in seinen Klauen gelandet ist, ist nicht mehr zu retten, sondern kann nur noch unschädlich gemacht werden" klingt für mich eigentlich erst mal sehr klar und einfach. Sobald wir uns zusätzlich noch um Rettung und Erlösung Sorgen machen müssen, kommen doch schon wieder die ersten Grautöne ins schöne Schwarzweiß... :think:

Natürlich bin ich in HeXXen selbst nicht im Geringsten drin; das muß schon dazugesagt werden. Ein oberflächlicher Blick von außen weckt jedenfalls einen gewissen Eindruck von "John Sinclair zu Zeiten des Barock", wozu dann so ein Weltbild schon einigermaßen gut passen würde -- auch John & Co. fragen meiner dunklen Erinnerung nach außer bei engen persönlichen Bekannten eher selten danach, wer die Monster, die sie plätten, früher vielleicht mal waren.

Offline Banjo the Clown

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #13 am: 10.06.2023 | 17:53 »
Aber vor dem Hintergrund wundere ich mich "von der Seitenlinie" schon, warum es jetzt auf einmal schlimm ist, wenn in einem Horror-Rollenspiel Unschuldige zu Hexen werden statt zu Vampiren, Werwölfen oder Zombies. Mag mich mal jemand erleuchten?

Ich kann mit Horror auch eher nichts anfangen, aber mich wundert es weniger, wenn die Verknüpfung "Trauma führt zum Bösenᵀᴹ" Übel aufstößt. Diese ist nicht unbedingt naheliegend und zeigt auch eher, dass die Autor:innen etwas nicht so ganz verstanden haben. Das wiederum ist in dem Genre keine Seltenheit, wie man bspw. auch diesem Essay über Psychose in TTRPGs entnehmen kann.

Nachdem ich hier mitgelesen habe, ist mir jetzt immerhin klarer, wieso Ulisses Hexxen noch nicht auf dem amerikanischen Markt veröffentlicht hat.  ;)
« Letzte Änderung: 10.06.2023 | 17:56 von Banjo the Clown »
Soon, he will be a forgotten god, slumbering away for centuries until dark priests seek to awaken his unholy power.

But when he returns, all will hear his call...

The call...of BANJULHU!

Offline aikar

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #14 am: 10.06.2023 | 17:56 »
Aber vor dem Hintergrund wundere ich mich "von der Seitenlinie" schon, warum es jetzt auf einmal schlimm ist, wenn in einem Horror-Rollenspiel Unschuldige zu Hexen werden statt zu Vampiren, Werwölfen oder Zombies. Mag mich mal jemand erleuchten?
Liegt bei mir wohl vor allem daran, dass ich HeXXen eben NICHT als Horror-Rollenspiel eingestuft hätte. Bei Cthulhu oder auch Warhammer hätten mich die obigen Sachverhalte nicht oder nur weniger gestört. HeXXen hat sich für mich aber eben eher als pulpiges "Monsterklatschen" präsentiert. Und da finde ich sowas dann halt schon unnötig harten Stoff. Aber vielleicht/wahrscheinlich stehe ich da eh nur allein mit meiner Empörung auf weiter Flur weil meine Erwartungen nicht dem Ist-Stand entsprechen. Dann hat sich das Thema eh erledigt.

Ich kann mit Horror auch eher nichts anfangen, aber mich wundert es weniger, wenn die Verknüpfung "Trauma führt zum Bösenᵀᴹ" Übel aufstößt. Diese ist nicht unbedingt naheliegend und zeigt auch eher, dass die Autor:innen etwas nicht so ganz verstanden haben. Das wiederum ist in dem Genre keine Seltenheit, wie man bspw. auch diesem Essay über Psychose in TTRPGs entnehmen kann.

Nachdem ich hier mitgelesen habe, ist mir jetzt immerhin klarer, wieso Ulisses Hexxen noch nicht auf dem amerikanischen Markt veröffentlicht hat.  ;)
Mich wundert es halt auch gerade bei einem Ulisses-Haussystem. Ulisses war in den vergangenen Jahren doch sehr darauf aus, Sachen wie eingeborene Kulturen, Sklaverei etc. sehr vorsichtig zu behandeln (Beasts & Barbarians wurde deswegen sogar eingestampft, bevor es erschienen ist). Egal wie man jetzt zur Notwendigkeit dessen steht, es ist doch ein ziemlicher Bruch.
« Letzte Änderung: 10.06.2023 | 18:02 von aikar »
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Offline Bad_Data

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #15 am: 10.06.2023 | 18:08 »
Aber vielleicht/wahrscheinlich stehe ich da eh nur allein mit meiner Empörung auf weiter Flur weil meine Erwartungen nicht dem Ist-Stand entsprechen. Dann hat sich das Thema eh erledigt.

Nein, da bist du nicht allein (wobei ich es nicht Empörung nennen würde). Ist es denn so, dass das wirklich immer der Fall ist? Oder ist es eher die Ausnahme?
Die Verbindung Opfer mit traumatischen Erfahrungen werden immer und unausweichlich zu Monstern, die man vernichten muss, fände ich jedenfalls auch sehr fragwürdig. Nicht nur, weil da eine schwierige realweltliche Verbindung sehe, sondern auch, weil ich den zu häufigen Gebrauch erzählerisch schwierig und abstumpfend empfinde.

Was die Einstufung als Horror-Spiel angeht: Nur weil ich Horror mag heißt das ja nicht, dass ich jede Form von Horror toll finden muss. Ich hatte auch Runden, die im Horror-Genre unterwegs waren, aber wo explizit gewisse Dinge ausgeschlossen worden sind.
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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #16 am: 10.06.2023 | 18:26 »
@aikar: Ironischerweise hätte ich meinerseits wahrscheinlich meine Probleme eher mit allzu bedenkenlosem "Monsterklatschen", weil sich mir dann im Reflex sofort als erstes die Frage stellt, womit die Monster so eine Behandlung überhaupt verdient haben. ;) Aber das ist dann natürlich wieder ein etwas anderes Thema.

Online Weltengeist

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #17 am: 10.06.2023 | 19:49 »
Liegt bei mir wohl vor allem daran, dass ich HeXXen eben NICHT als Horror-Rollenspiel eingestuft hätte.

Wenn ich da mal aus dem Beschreibungstext zum GRW zitieren dürfte:

Zitat
Das in Kunstleder gebundene Buch der Regeln enthält alles, was du für das actiongeladene Horror-Rollenspiel in einer alternativen Fassung unseres europäischen Barocks benötigst.
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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #18 am: 10.06.2023 | 20:00 »
Pulp ist auch korrumpierende Finsternis, das könnte passen
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Hacos

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #19 am: 14.06.2023 | 18:21 »
@Tele: Ich habe aktuell SEHR viel Zeit (Krankenhausaufenthalt) mich detailliert durch die Bücher zu lesen.
Bei Voodoo steht z.B. steht z.B. wörtlich dass ALLE Loas Sturmgeister sind, nicht nur die, die unter Petro fallen. Und jede Besessenheit führt weiter in die Dunkelheit deshalb(Zitat) "existieren 1733 auch weitaus mehr Voodoo-Priester des schwarzen Weges als des weißen".
Ja, manche weiße Hexen oder Voodoo-Priester können dem länger widerstehen und versuchen mit dem Bösen gutes zu tun. Aber letztendlich ist es nur ein Hinauszögern des Verfalls.


Und wie ganz oben geschrieben: Klar kann ich das für meinen Tisch anpassen. Sogar so, dass nie ein Spieler der nicht selber tief in den SL-Teil eintaucht jemals etwas bemerkt. Und mir ist auch klar, dass das für die meisten HeXXen-Spieler:innen oder HeXXenmeister nie ein Thema sein wird.

Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass ich den Sachverhalt an sich ekelhaft und unnötig finde und von Ulisses eigentlich anderes erwartet hätte, gerade nach dem Theater, das sie bei Beasts & Barbarians gemacht haben.
Trauma-Opfer und Sklaven auch noch auf einen Weg in die Verdammnis zu schicken, von dem es praktisch kein zurück, sondern höchstens ein Verzögern gibt, finde ich einfach unnötig.

Aber so wie du sagst, es sind letztendlich nur ein paar wenige Sätze. Deshalb habe ich das mal an Ulisses-Feedback geschickt ob sie nicht darüber nachdenken wollen, die paar Sätze in Neuauflagen und neuen Editionen zu retconnen. Dem Setting würde es wohl keinen Schaden machen.
Und mal schauen ob ich meinen Frieden mit HeXXen machen kann, indem ich diese Punkte für mich einfach streiche. Aktuell regt es mich halt einfach auf.

Dann muss ich aber leider trotzdem sagen, dass Tele recht hat und du da Sachen nicht richtig gelesen hast bzw. falsch reininterpretierst.

1. Nein es ist kein "Hinauszögern des Verfalls". Weiße Hexen und auch Beschreiter des weißen Wegs des Voodoos verfallen nicht zwangsläufig dem Bösen, wie auch Jäger, die Verderbnis ansammeln nicht zwangsläufig dem Bösen verfallen. Oder auch Teufelspaktierer nicht, wie man im Band "Teufelsbann" lesen kann mit dem Orden der Geläuterten. Es gibt ja auch regeltechnische Möglichkeiten Verderbnis abzubauen, genauso wie bei Dämonen (was was anders als Sturmgeister sind) ein Exorzismus vorgenommen werden kann und auch so die Person gerettet werden kann.
Aber natürlich ist das alles halt eine Gratwanderung. SOLL es auch sein. Man verwendet hier nun mal die Macht des Bösen um das Böse selbst zu besiegen. Klar SOLL das gefährlich sein. Alles andere wäre unsinnig.

2. Die Rettung von Hexen oder Werwesen, also Menschen, die von einem Sturmgeist in eine neue Spezies verwandelt wurden, wird auch mehrfach in verschiedenen Bänden genauso klar beschrieben, wie die Degeneration der Unholde. Und hier ist keine Rettung möglich, weil sie eben nicht bloß besessene Menschen sind, wie durch einen Dämon, sondern sie verwandeln sich in etwas anders, etwas meist monströses. Und vor allem über Zeit bleibt halt auch nichts mehr von der Person übrig, die sie früher war, weil der Sturmgeist auch die Persönlichkeit auslöscht und nur noch das übrig lässt, wovon er zehren kann, also eben alles Dunkle in der Seele einer Person.
Daher da ist nichts was man retten kann.

3. Du machst den Fehler das zu sehr mit irgendeiner Moral und viel zu sehr aus der Sicht "Was sagt das über das Opfer aus" betrachtest. Das Statement ist aber klar "Was sagt das über die Täter aus?". Denn das ist nun mal hier in dem System die klare Botschaft. Die Täter sind die Mistsäcke. Sklaven, die zu Zombies gemacht werden um über den Tod hinaus noch Sklaven zu sein zeigt klar die absolute Gier und Unmenschlichkeit des Täters und gibt nicht dem Trauma des Opfers die Schuld.
Genauso wie das Statement "Hass schafft mehr Hass" ebenfalls in dem Setting klar zu finden ist.
Vor allem in einer Welt, wo eben diese Moralperspektive nicht funktioniert. Denn man bekämpft hier nichts Geringeres als das mystische reine Böse. Natürlich verhält es sich dann eben auch genau so. Rein böse.

4. Und ja man verdammt sich selbst, denn es wird eben in mehreren Bänden betont, dass ein Sturmgeist freiwillig aufgenommen werden muss. Anders findet er keinen Halt. Aber das ist eben der Horrorteil bzw. auch der Märchenteil dieses Settings, der min. genauso häufig als integral für Hexxen 1733 beschrieben wird. Das Böse kommt in Verkleidung und ist mit vermeintlichen Nettigkeiten bewaffnet. Wie Hänsel und Gretel von einer Hexe ein Dach über den Kopf und etwas zu essen bekommen, nur um diese in Wahrheit dann zu mästen und zu essen. Oder wie eine Schwangere mit Rapunzelsalat gefüttert wird um zu überleben, weil die böse Frau sie damit von ihr abhängig machen will und dadurch zwingen kann ihr ihr Kind zu überlassen. Oder wie Rumpelstilzchen der Müllers Tochter zwar Stroh zu Gold spinnt und ihr damit das Leben rettet, aber am Ende nur aus egoistischen Motiven und eigentlich nur ihre missliche Situation ausnutzt.
So ist es auch bei Hexxen. Ein Vergewaltigungsopfer wird eine Pistole angeboten, damit sie "Gerechtigkeit" schaffen kann. Hat sie das gemacht, werden andere Ziele, die es "genauso verdient haben" angeboten. Das sind eben die Methoden der Sturmgeister. Sie bieten Macht an und verschweigen den Preis dafür. Weil sie Instrumente des reinen infernalen Bösen sind.

5. Weiß ich nicht wieso du Hexxen als was anders als z.B. Warhammer Fantasy wahrnimmst. Denn nein, eigentlich will es kein "Bier und Brezl" Spiel sein. Kein Band, ja nicht einmal ein Abenteuer suggeriert das. Daher keine Ahnung wie du auf das kommst.
Hexxen 1733 will ein Action-Horror Spiel sein. Ja es ist pulpig, was aber halt schnelle Gefechte und eine Chance für die Menschen zu gewinnen bedeutet, aber nicht, dass hier Friede, Freude, Eierkuchen herrschen würde. Es präsentiert unsere Welt in der jeder, der keine Skrupel hat, die Macht des mystischen reinen Bösen für seine Zwecke anzapfen kann. Natürlich enstehen dann Sachen, die eben rein böse sind.

Offline felixs

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #20 am: 14.06.2023 | 18:39 »
Nach dem, was ich bisher gesehen habe, scheint es mir so zu sehen: Man kann Hexxen pulpig spielen und all die ethischen Dilemmata ausblenden, die hier angeführt worden sind (und die sich übrigens in ähnlicher Weise in vielen Welten zeigen, wenn man genau hinschaut und die Dinge zuende denkt). Oder man kann diese Dinge in aller Konsequenz aufnehmen, im Spiel wichtigen Raum dafür geben; ja, man kann sie auch geradezu zelebrieren.

Bzw.: Viel Potential für Tragik, die man nicht in aller Konsequenz ausmalen muss. Aber kann.
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Online Runenstahl

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #21 am: 14.06.2023 | 18:45 »
Ohne das System zu kennen mal so von aussen reingegrätscht:

Vielleicht liegt das "Problem" eher darin das Aikar ein anderes Setting bzw eine andere Atmosphäre bekommen hat als er erwartet hatte. Vielleicht liegt der Fehler hier im Marketing oder es wurde von Aikar schlicht anders wahrgenommen als es gedacht war.

So oder so scheint mir das du, Aikar, mit einem anderen Setting besser bedient bist wenn die Beschreibung dir unbehagen verursacht.
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Fluffy

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #22 am: 14.06.2023 | 19:02 »
Ist diese besessenheit, durch die menschen zu Hexen werden, nun eine freiwillige oder unfreiwillige Besessenheit? Das ist doch der Punkt der entscheidet, ob die Hexen ihren Status selbst wählen oder nicht.

Offline felixs

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Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #23 am: 14.06.2023 | 19:11 »
Ist diese besessenheit, durch die menschen zu Hexen werden, nun eine freiwillige oder unfreiwillige Besessenheit? Das ist doch der Punkt der entscheidet, ob die Hexen ihren Status selbst wählen oder nicht.

So einfach ist es, denke ich, nicht.

Es gibt überhaupt fast keine freiwillige Wahl. Wer sich für "böses" entscheidet, tut das meist aus einem guten Grund oder aufgrund von Drohungen. Es gibt fast immer einen plausiblen Grund für das, was getan wird. Auch rutscht man ja meist allmählich in den Sumpf. Auf den Punkt gebracht: Die Wahl ist eher nicht: "Gutes Leben oder ein Leben voller Mordlust und Gewalt", sondern eher: "Jetzt sofort und viel Leid und Qual, oder füge (auch) anderen etwas zu".

Es ist also verfahren und dramatisch, tragisch.

Wenn man das nicht will, muss man (bewusst oder nicht) einen radikalen distanzierten Standpunkt einnehmen und "pulpig" unter Ausblendung der elenden Ursachen und Konsequenzen spielen. Das hört sich vielleicht falsch an - für mich ist das in den meisten Spielwelten die einzige Art von Spiel, welche ich spielen möchte. Nicht in Reinform, aber auf dem Spektrum näher an dieser beschönigenden, Konsequenzen zensierenden Spielweise. Leid, Elend und Ambivalenz habe ich genug im echten Leben, möchte ich nicht im Spiel haben.
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Fluffy

  • Gast
Re: HeXXen - Ein fatalistisches und deprimierendes Setting?
« Antwort #24 am: 14.06.2023 | 19:35 »
Ok, dann kann man es sehen wie will. Wenn einer sie retten will, hat er dafür genauso Gründe, wie wenn einer sie als Schwertfutter sieht. Und wer die Ambivalenz nicht verkraftet, spielt was anderes.