Ich erlebe die Produkte von Donnerhaus so.
Das stimmt. Wobei das eigentlich bei jedem Rollenspiel mit gamistischen Elementen der Fall ist. Ohne Ressourcenmanagement sind gamistische Spielelemente und Spielregeln nur Fassade.
Bei uns im
Icarus Adventure System geht es ganz zentral darum, dass die Spieler und Spielerinnen Entscheidungen treffen müssen. Bzw. sollen. Das ist in unserer Philosophie aber ganz allgemein das, was Rollenspiel als Medium charakterisiert. Wenn die Spieler keine Entscheidungen treffen können, die sich auf den Verlauf und den Inhalt der Geschichte auswirken, ist es "nur" ein Erzählspiel. Wir finden aber gerade die Moderation aus Erzählung, Taktik und Strategie spannend. Nicht so sehr OB die Protagonisten vorankommen, sondern WIE sie vorankommen. Welchen Preis sie für Erfolge zahlen, welche Rückschläge und Verluste sie in Kauf nehmen. Das Management der Ressourcen, von den persönlichen Reserven der Charaktere bis zu ihrer Ausrüstung, formt den Narrativ der Geschichte. Wer den reißenden Strom durchschwimmt und dabei seine Waffe verliert, hat danach vielleicht noch seine Kräfte beisammen, kann sich dafür aber nicht mehr so gut wehren oder jagen. Wer hingegen seine Reserven verbraucht, muss danach womöglich auf die Suche nach Lebensmitteln oder einem Ort zum Ausruhen gehen. Und wenn man Landkarte und Kompass opfert folgt auf die Durchqueerung des reißenden Stroms vermutlich wiederum eine ganz andere Komplikation. Die in
"Im Schatten der Zweiten Sonne" neu eingeführten Zustände erweitern das zusätzlich und stellen die Spielenden vor Fragen, was sie akut erreichen wollen und welche Konsequenzen sie daraus womöglich längerfristig bewältigen möchten.
Dabei haben wir uns ganz bewusst dazu entschieden, Techniken aus Strategie- und Brettspielen für unser User-Interface zu verwenden. Gerade weil wir wollen, dass die Spielenden mit diversen Ressourcen taktieren und den Narrativ über diese prägen, braucht es ein übersichtliches Interface. Das Endergebnis ist ein Kompromiss aus Spielbarkeit und Regelbarkeit und es erfordert eine starke Kondensation von Spezialregeln auf das Wesentliche. Außerdem hat es natürlich einen Preis bezüglich der Produktionskosten, denn Spielkarten und Tokens sind nicht gerade billig in der Herstellung. Dafür müssen die Spieler nicht ständig in irgendwelchen Büchern blättern, weil alles da steht, wo sie es direkt zur Hand haben. Schließlich kann man nur mit den Ressourcen einigermaßen jonglieren, die man auch im Kopf behalten kann. Und da setzt die Neurologie des Menschen uns ja gewisse Grenzen, wieviele Faktoren man überhaupt im Kopf behalten kann. Wenn man dann auch noch sowohl Charakter- als auch Meta-Entscheidungen damit treffen soll, kaskadiert schnell die Komplexität. Da muss man als Spiele-Entwickler vorsichtig sein und deshalb verarbeiten wir auch fortlaufend das Feedback von hunderten von Spielern und zahlloser Testrunden mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Demographie.