Autor Thema: PbtA und das Gefühl des Versagens  (Gelesen 5934 mal)

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Offline aikar

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PbtA und das Gefühl des Versagens
« am: 28.11.2023 | 08:21 »
Ich liebe PbtA-Spiele, ich finde sie elegant, flott und super in der Art, wie sie die Erzählung unterstützen statt zu unterbrechen.

Aber ich habe jetzt schon mehrfach von Spieler:innen verschiedener PbtA-Systeme die etwas frustrierte Rückmeldung erhalten, dass sie "das Gefühl haben, kaum etwas zu schaffen".

PbtA-Systeme bauen ja auf dem Prinzip Fail Forward auf. Wenn eine Probe kein voller Erfolg ist, geht es trotzdem weiter, aber mit einem Haken.
Der Sinn ist es, die Geschichte interessant und spannend zu halten und ständig neue Aufhänger zu liefern.

Da vollständige Erfolge aber recht selten sind, ergibt sich für viele Spieler:innen aber offenbar ein fast ständiges Gefühl des Versagen.

Natürlich versuche ich das durch Formulierung und Umsetzung in der Szene abzumildern, aber der Kern des Problems steckt schon in der Formulierung der 7-9-Ergebnisse der Spielzüge und der schlichten Tatsache, dass diese eben kein voller Erfolg sind. Das lässt sich leider kaum "wegerzählen"  :(

Das Ergebnis ist, dass ich Spieler:innen zwar ganz gut zu PbtA-Oneshots kriege, aber kaum jemand, geschweige denn eine ganze Gruppe, Lust hat sich das für eine Kampagne "anzutun".

Wie geht ihr damit um? Kann man PbtA wirklich nur mit Storytellern spielen, denen die Geschichte wichtiger ist als der persönliche Erfolg bzw. mit Spieler:innen, die Spaß am Scheitern haben?
« Letzte Änderung: 28.11.2023 | 08:24 von aikar »
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Offline Haukrinn

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #1 am: 28.11.2023 | 08:42 »
Ich habe schon oft Ähnliches gehört. Aber eigentlich ausschließlich von Leuten mit Rollenspielerfahrung, nie von Personen, die neu zum Hobby dazugestossen sind.

Proben schaffen zu müssen ist ein anerzogenes Verhalten. Schlimmer noch, bei pbta gibt es ja eigentlich keine Proben, aber Rollenspieler sehen die Würfe als solche an. Obwohl Moves, die am Zufall hängen, eigentlich eher so etwas wie die Antwort auf eine „was passiert wenn“ (vgl. Sesamstrasse) Frage sind.

Ein weiterer Faktor ist mit Sicherheit, dass viele Rollenspiele bei Proben nur Fail/Pass kennen. Ein Erfolg mit Konsequenzen, das findet sich selten. Bei pbta ist er aber das häufigste Ergebnis. Mechanisch. In anderen Spielen ist das eher vom Spielstil abhängig - ich als SL bläue meinen Mitspielenden auch bei klassischen Systemen immer ein, dass bei mir nix umsonst ist und Entscheidungen natürlich immer auch Konsequenzen haben. Vielleicht haben meine Leute deshalb auch kein Problem, wenn wir mal pbta spielen.
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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #2 am: 28.11.2023 | 09:34 »
Klingt für mich, mit Verlaub gesagt, wie eine hypothetische Gruppe von D&D-Spielern, die unglücklich sind, weil sie nicht am laufenden Meter natürliche 20er würfeln. Mit anderen Worten, der Denkfehler liegt darin, nur das allerbeste überhaupt jemals mögliche Ergebnis als "richtigen" Erfolg zu werten und alles andere mehr oder weniger als Fehlschlag.

Betrachte ich dagegen gleich die 7 bis 9 als mein "normales Erfolgserlebnis", dann kriege ich zwar nicht immer alles perfekt auf einem Silbertablett serviert und muß mich ggf. auf vorhersehbare Nebenwirkungen einstellen, aber die kann ich auf 2W6 (plus eventuelle Boni) auch wesentlich leichter erwürfeln.

Offline Marduk

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #3 am: 28.11.2023 | 09:36 »
Ich sehe die 7-9 auch eher als Erfolg mit Komplikationen, als als Teilerfolg. Die 10+ sind dann schon besonders gut. Kleiner Unterschied, der bei mir aber im Kopf viel ändert.
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Offline bolverk

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #4 am: 28.11.2023 | 09:40 »
Natürlich versuche ich das durch Formulierung und Umsetzung in der Szene abzumildern, aber der Kern des Problems steckt schon in der Formulierung der 7-9-Ergebnisse der Spielzüge und der schlichten Tatsache, dass diese eben kein voller Erfolg sind. Das lässt sich leider kaum "wegerzählen"  :(
Ich habe, nachdem ich das kapiert habe, meinen Spielern in den ersten Spielrunden das Mantra eingeimpft "Success at a cost ist ein ERFOLG". Mittlerweile wird das 10+ Ergebnis bei uns eher als eine kritischer Erfolg gesehen, die 7-9 als Erfolg und die 6- eben als Mißerfolg. Meine Spieler haben mit D&D angefangen, dem binären System schlechthin, haben ihr Mindset aber erfolgreich auf PbtA umgestellt, so dass es da bisher keine Probleme gab. Manchmal, wenn nicht ganz klar ist, wie es mit einem Teilerfolg weitergeht, wiederholt jemand aus der Gruppe das obige Mantra als Aufruf, zunächst den Erfolgsteil der Probe zu betrachten. Die Konsequenz folgt dann erst, nachdem der jeweilige Charakter seinen Moment gehabt hat. Ich glaube, bisher hatte da noch niemand das Gefühl, man könne kaum etwas schaffen.

Das ist bei uns auch nie so wirklich durchdiskutiert worden, sondern hat nach wenigen Runden einfach funktioniert. Vielleicht habe ich da schlicht Glück mit meinen Spielern.
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Offline Marduk

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #5 am: 28.11.2023 | 09:46 »
Je nach PbtA-System und Situation interpretiere ich manchmal auch eine 6- als Erfolg mit GROSSEN Kosten.
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Online 1of3

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #6 am: 28.11.2023 | 10:00 »
Es ist auch einfach falsch alle Moves in eine Skala zwängen zu wollen. 7-9 ist irgendwie weniger wünschenswert als 10+, aber was das nun fiktional bedeutet, steht immer beim einzelnen Move.

Wurde mir klar als ein Spieler kommentierte das man bei Run Away bei Urban Shadows tatsächlich nicht gewinnen kann. Auch nicht bei 10+.

Offline Skasi

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #7 am: 28.11.2023 | 10:22 »
Ich habe bisher eigentlich nur Erfahrungen mit "Forged in the Dark"-Spielen, die spielen wir aber schon länger und auch gern.
Es wurde nie von jemandem das beschriebene Gefühl geäußert, daß man ja kaum was schaffen würde.
Bei einer Spielerin hatte ich ganz am Anfang mal den Eindruck, daß erlittene Konsequenzen nicht ganz in ihren Vorstellungsraum passen würden. Aber das kann natürlich auch an meiner Wahl / Beschreibung gelegen haben.
Ich werde mal fragen, was die Gruppe dazu sagt...

Letztlich versuche ich aber auch, bei Teilerfolgen nicht immer die Keule auszupacken (Schaden erleiden, Wachen oder andere direkte Komplikationen tauchen auf). Ich setze regelmaßig auch auf weniger greifbare Konsequenzen (reduzierter Effekt, die Situation wird prekärer oder es dauert länger).
Ich mache das, damit sich eben nicht unterbewußt festsetzt "Teilerfolg = schlecht", sondern versuche zu vermitteln "Teilerfolg = nicht ganz optimal".

Online schneeland

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #8 am: 28.11.2023 | 10:49 »
Wie geht ihr damit um? Kann man PbtA wirklich nur mit Storytellern spielen, denen die Geschichte wichtiger ist als der persönliche Erfolg bzw. mit Spieler:innen, die Spaß am Scheitern haben?

Meine Erfahrung war da ähnlich, wobei es in der Beurteilung aber schon auf die konkreten Spielzüge ankam. Wir haben hauptsächlich Dungeon World (ein paar One Shots und eine Kurzkampagne) und Der Sprawl (ein One Shot und eine anschließende Kampagne) gespielt und wenn ich mich richtig erinnere, war vor allem "Handeln unter Druck" ein Spielzug, bei dem sich der "Erfolg mit Einschränkungen" eher nach einem "erfolg mit EINSCHRÄNKUNGEN" anfühlte. Generell lief es schon deutlich besser als ich mal ein Abenteuer mit den World of Dungeons-Regeln geleitet habe (wo die Kosten für einen Teilerfolg nicht so hart verregelt sind).

Generell war es aber so, dass die Gruppe insbesondere beim Sprawl auch nach einer ganzen Weile nicht so richtig warm wurde. Insofern war das Experiment dann nach zweimal jeweils ein paar Monaten vorbei.
Für mich war das Fazit dann in der Tat, dass PbtA eben nicht für jeden ist und man Spaß an der konstanten, durch das Regelsystem auch forcierten Eskalation hat. Das schließt auch mich selber ein, wobei ich für One Shots da deutlich besser mit leben kann als für längere Sachen.
Dem Lesen nach kann ich mir vorstellen, dass Blades in the Dark, The Spire oder Trophy (Gold) hier besser funktionieren - die habe ich nur noch nicht an den Spieltisch gebracht.
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Offline Feuersänger

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #9 am: 28.11.2023 | 11:50 »
Ich habe mit pbta nur sehr begrenzte Erfahrung; einmal ein Oneshot mit Urban Shadows oder wie das hieß, und einmal ein Versuch einer Kampagne mit Dungeon World. Letztere lief die ersten Sitzungen ganz okay, litt allerdings dann zunehmend daran, dass wir halt versucht haben es wie D&D zu zocken. Da hieß halt im Kampf jede "7-9" im Regelfall soviel wie "gegenseitige Treffer", was bei dem geringen Healthpool in DW halt schnell kritisch wird. Nach einiger Zeit hat uns dann jemand ein Licht aufgesteckt, dass man das so nicht spielen sollte, sondern HP-Verlust quasi das letzte Mittel ist wenn einem sonst wirklich nichts anderes mehr einfällt. Zu dem Zeitpunkt war es bereits zum ersten Chartod durch HP-Verlust gekommen.

So oder so finde ich auch, dass bei dem "Ja, aber" des 7-9er-Wurfs der "aber-Teil" im Kampagnenspiel generell sehr milde ausfallen muss, wenn man den Eindruck des Dauerversagens vermeiden will, den der TE beschreibt.

Nebenbei bemerkt hatte ich (surprise!) meinen Char ziemlich optimiert (Playbook bei dem ich ziemlich oft einen Bonus auf meine Würfe bekommen konnte), und habe dementsprechend ziemlich oft 10+ rausgeholt. Da fing dann die SL irgendwann an, mich mit Hard Moves einzudecken, sodass meine ganzen 10+ auch nicht länger mehr wert waren als eine 7-9. Das war dann auch ziemlich unbefriedigend, weil sich so ein "Du kannst nicht gewinnen" Gefühl einstellte. Insbesondere in der letzten gespielten Sitzung hat die SL in der Schlüsselszene Wurf um Wurf um Wurf von mir verlangt, und ich habe 10er um 10er gewürfelt (da war auch etwas Glück dabei), und trotzdem ist nichts passiert außer (sinngemäß) "du vermeidest die komplette Katastrophe eine weitere Runde". Was die anderen da gemacht haben weiß ich nicht mehr, aber wir waren alle ziemlich stumped was wir da noch hätten machen sollen. Dann war irgendwann die Sitzung um, und irgendwie wurde kein weiterer Termin ausgemacht.
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #10 am: 28.11.2023 | 13:14 »
Thema war versehentlich geschlossen (Diagnose: auf Smartphone vertippt) -- sorry dafür, es kann weitergehen!
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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #11 am: 28.11.2023 | 13:43 »
ich kenn das Problem auch überhaupt nicht. Hab als PbtA bislang Apocalypse World, City of Mist, Brindlewood Bay, Action Movie World und Alas for the Awful Sea gespielt oder geleitet und meiner Erfahrung nach, hatten die SC unvergleichlich viele Möglichkeiten die Handlung zu bestimmen.

Kann mir aber vorstellen, dass sich dieses Gefühl einstellt, wenn man viele Kampfmoves runterwürfelt. Wir haben zwar auch viel gekämpft, aber fast nie zweimal nacheinander einen Kampfmove (wie auch immer sie heißen mögen) gemacht.
Allerdings sind die 7-9 Ergebnisse je nach System sehr unterschiedlich ausgestaltet.

Wenn du als SL Freiheiten hast (also die Ergebnisse bei 7-9 nicht ganz starr festgelegt sind), kann man versuchen das so auszulegen, dass es sich für die SC trotzdem erfolgreich anfühlt. "Du haust den Schurken aus den Socken, siehst aber, dass zwei weitere vermummte um die Ecke biegen..." oder vergleichbar.
Erzählerische "Abers" sind immer besser, als "du schaffst das, erleidest aber auch einen Schaden"

Ich finde das frustrierende Gefühl bei den Erfolgen mit Konsequenzen bei Blades in the Dark z.B. viel, viel stärker, wenn man so mir nichts dir nichts nebenbei eine völlig verkrüppelnde Verletzung oder einen empfindlichen Schaden auf deine einzige Ressource Stress bekommen hat.

Inzwischen bin ich geneigt zu glauben, dass an der DnD Satanic Panic in den 80ern was dran war. Allein, es waren nicht die Inhalte. Es waren die Regeln, die aus der Hölle kommen...

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #12 am: 28.11.2023 | 13:49 »
Zitat
Wenn du als SL Freiheiten hast (also die Ergebnisse bei 7-9 nicht ganz starr festgelegt sind)...

Tatsächlich glaube ich eher, dass das die Sache wenn nur schlimmer macht. SL macht vorzugsweise bei 7-9 gar nichts. Das verwischt sonst nur die Grenze zu 6-.

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #13 am: 28.11.2023 | 14:01 »
Tatsächlich glaube ich eher, dass das die Sache wenn nur schlimmer macht. SL macht vorzugsweise bei 7-9 gar nichts. Das verwischt sonst nur die Grenze zu 6-.

naja, es gibt bei einigen Spielen ja schon die Möglichkeit, dass der DM bei 7-9 was macht. Nicht bei allen Moves aber manchmal schon. Man eskaliert natürlich nicht wie bei einem Fehlschlag, sondern versucht eher was interessantes zu machen.... alles besser als "du erhälst auch Schaden".
Aber das ist nur meine Meinung natürlich
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Online Isegrim

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #14 am: 28.11.2023 | 14:09 »
Wenn du als SL Freiheiten hast (also die Ergebnisse bei 7-9 nicht ganz starr festgelegt sind), kann man versuchen das so auszulegen, dass es sich für die SC trotzdem erfolgreich anfühlt. "Du haust den Schurken aus den Socken, siehst aber, dass zwei weitere vermummte um die Ecke biegen..." oder vergleichbar.

Vorteil: Ein Gegner weniger. Nachteil: Zwei Gegner mehr. Ich kann mir nicht helfen, aber wie soll sich das unterm Strich als Erfolg anfühlen? Oder versteh ich was nicht?

Kenn PbtA nicht, hatt aber zT ähnliche Probleme mit den hakenbewehrten Teilerfolgen bei Fate.
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Online Smoothie

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #15 am: 28.11.2023 | 14:17 »
Für die Immersion im Charakter funktioniert das schon. "Ich hab einen umgenietet".
Aus Metagame Sicht werden Dinge natürlich komplizierter, aber das ist ja nicht Schuld des Charakters...

Abgesehen davon hatte ich noch keine einzige PbtA Situation, in der es darum ging, einfach Gegner auf einem begrenzten Schauplatz abzumurksen, bei uns waren Konflikte immer sehr dynamisch und wurde häufig durch andere Moves als die Kampfmoves entschieden.
Aber das ist recht Spiel- und Stilabhängig.
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Offline La Cipolla

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #16 am: 28.11.2023 | 14:26 »
Lustigerweise kenne ich das nur von DungeonWorld, wo es sich manchmal wirklich so angefühlt hat, als würde ein Großteil der Proben die Situation nur schlimmer machen. :D Vielleicht ist es wirklich der direkte D&D-Vergleich? Bei Monsterhearts & Co. ist das niemals auch nur als Thema aufgekommen.

Wir haben im FateCast übrigens auch mal eine komplette Doppelfolge zum Thema Scheitern, Failing Forward etc. gemacht. In Teil 2 geht es auch um den Erfolg mit Haken, was uuungefähr das Fate-Equivalent von "7-9" ist.
Was aber spannender ist: Wir sprechen erstmal ausgiebigst über das Scheitern im realen Leben, und ich kann mir gut vorstellen, dass unsere kulturelle und persönliche Konzeption (und Bewertung!) von "Scheitern" ziemlich entscheidend für die Wahrnehmung solcher Mechanismen ist.

Damit will ich selbstverständlich sagen: Selbst die Frage, ob ein Erfolg einen Haken haben kann und wie sich das anfühlen sollte, ist schon ein zutiefst politischer Teil von Rollenspieldesign! ;D
« Letzte Änderung: 28.11.2023 | 14:29 von La Cipolla »

Offline Alexandro

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #17 am: 28.11.2023 | 14:42 »
Ich denke nicht, dass die Situation bei 7-9 schlimmer werden sollte - dafür sind die 6- Ergebnisse da. Dieses "Du hast einen Gegner umgenietet und zwei weitere erscheinen" würde ich auch nicht toll finden, 7-9 sollte schon ein ERFOLG sein. Das haben die meisten PbtA-Spiele (z.B. Monsterhearts, Legacy, Dungeon World...) auch verstanden und machen so etwas nicht.

Allerdings muss nicht immer ein Bezug zwischen Erfolgsgrad und dem was in der Fiktion versucht wird bestehen:
- Bei Dungeon World hatte ich mal eine Situation, wo der Barbar beim Kampf an einer Klippe versucht hat einen Goblin von dieser runter zu stoßen. Dabei hat er eine 6- gewürfelt, also sind beide von der Klippe gestürzt. Technisch gesehen hatte der Charakter "Erfolg" mit seinem Vorhaben (Ausschalten eines Gegners, weil das Stoßen eines schwächlichen Goblins eben nicht so schwierig ist), aber da es eine 6- war konnte ich einen GM-Move anwenden, um den Charakter tiefer reinzureiten.
- Bei Monsterhearts haben die Charaktere gegen einen Golem gekämpft, der "unverwundbar" war (nur bei Angriffen des Wortes auf seiner Stirn nimmt er Schaden): die Spielerin hat ihren Angriff (Schlag gegen das Bein) beschrieben und eine 7-9 gewürfelt. Ich habe ihr daraufhin gesagt, dass der Angriff (entgegen des Moves) keinen Schaden zu machen scheint und das Ergebnis als "Cool Bleiben" interpretiert. Zusätzlich habe ich beschrieben, dass der Golem die Arme hochgerissen hat um den Kopf zu schützen (obwohl der Schlag niedrig kam). Obwohl der Charakter nicht erreicht hat was sie wollte (dem Gegner Schaden zufügen), fühlte sich das nicht wie ein Misserfolg an, weil der Charakter sich nicht angreifbar gemacht hat und zusätzlich noch ein paar Infos über den Gegner mitgenommen hat.

Wo andere Systeme diese Situationen mit ausufernden Sonderfähigkeiten oder Modifikatorwahnsinn "lösen" würden, stellt PbtA die Fiktion an erste Stelle, was ich sehr angenehm finde.
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Offline aikar

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #18 am: 28.11.2023 | 15:26 »
Ich habe schon oft Ähnliches gehört. Aber eigentlich ausschließlich von Leuten mit Rollenspielerfahrung, nie von Personen, die neu zum Hobby dazugestossen sind.
Das ist sicher richtig, merkt man ja auch bei Fate stark.

Klingt für mich, mit Verlaub gesagt, wie eine hypothetische Gruppe von D&D-Spielern, die unglücklich sind, weil sie nicht am laufenden Meter natürliche 20er würfeln.
Mit Verlaub gesagt, das ist Unsinn. Bei D&D gibt es bei einer natürlichen 20 klare Boni (und RAW nur im Kampf) und bei einem normalen Erfolg keine Nachteile. Geschafft ist geschafft.

Ich habe, nachdem ich das kapiert habe, meinen Spielern in den ersten Spielrunden das Mantra eingeimpft "Success at a cost ist ein ERFOLG". Mittlerweile wird das 10+ Ergebnis bei uns eher als eine kritischer Erfolg gesehen, die 7-9 als Erfolg und die 6- eben als Mißerfolg.
Habe ich versucht, hat nicht geklappt. Es gibt einen Haken ("at a cost"), also wird es nicht als echter Erfolg akzeptiert.
Das Problem hier ist ja nicht, dass es einen Success at a cost gibt, das wird in vielen Systemen bei uns ohne Probleme akzeptiert, wenn man z.B. eine Probe nur knapp geschafft hat. Das Problem ist, dass Success at a cost bei PbtA der statistische Normalfall ist und ein "Success without a cost" die Ausnahme.

Ich habe bisher eigentlich nur Erfahrungen mit "Forged in the Dark"-Spielen, die spielen wir aber schon länger und auch gern.
Es wurde nie von jemandem das beschriebene Gefühl geäußert, daß man ja kaum was schaffen würde.
Dem Lesen nach kann ich mir vorstellen, dass Blades in the Dark, The Spire oder Trophy (Gold) hier besser funktionieren - die habe ich nur noch nicht an den Spieltisch gebracht.
Lustigerweise kenne ich das nur von DungeonWorld, wo es sich manchmal wirklich so angefühlt hat, als würde ein Großteil der Proben die Situation nur schlimmer machen.
Interessanterweise hatte ich bei Dungeon World noch am wenigsten negative Rückmeldungen (am meisten bei Der Sprawl und Avatar, bei Mythos World wurde es angemerkt, aber aufgrund des Genres eher hingenommen) und bei "Forge in the Dark" (in unserem Fall Scum & Villainy) war es sogar noch extremter, weil da regeltechnisch immer weiter eskaliert und Abzüge hinzugefügt wurden, die dann zu noch mehr Misserfolgen geführt haben (während bei klassischem PbtA wenigsten jede Probe für sich steht). Das war dann sogar mir als SL zu viel und die Gruppe wusste nicht mehr vor und zurück.

Das haben die meisten PbtA-Spiele (z.B. Monsterhearts, Legacy, Dungeon World...) auch verstanden und machen so etwas nicht.
Alle PbtA-Spiele, die ich bisher getestet habe (Dungeon World, Mythos World, Avatar, Der Sprawl), hatten zumindest ein paar Züge mit 7-9 Du schaffst was du wolltest, aber <du erhältst einen Zustand, musst etwas opfern, der SL lässt dich zwischen zwei Übeln wählen, die Situation wird komplizierter,...>


Das ganze ist wohl ein ähnlicher Fall wie die explodierenden Würfel bei Savage Worlds oder die Varianz eines einzelnen W20: In manchen Gruppen tritt es nicht zutage und dann können die Leute sich nicht vorstellen, dass überhaupt ein Problem existiert. In anderen Gruppen wird es irgendwann auffällig und dann tut man sich schwer, es noch zu ignorieren.
« Letzte Änderung: 28.11.2023 | 15:40 von aikar »
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Offline Alexandro

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #19 am: 28.11.2023 | 15:46 »
Welche Moves waren das? Einige (wie z.B. "Defy Danger" oder auch "Cool Bleiben" bei Monsterhearts) kommen erst ins Spiel, wenn die Situation bereits zu einem gewissen Grad eskaliert ist (d.h. vorher ist schon einiges schief gegangen), und man versucht noch die brennenden Kohlen aus dem Feuer zu holen - entsprechend sind die Ergebnisse bei diesen auch etwas härter (diese Moves wären ungefähr vergleichbar mit der "Wurfwiederholung" (Forcieren) bei der 7. Edition von CoC).
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Offline Marduk

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #20 am: 28.11.2023 | 15:58 »
Welche Moves waren das? Einige (wie z.B. "Defy Danger" oder auch "Cool Bleiben" bei Monsterhearts) kommen erst ins Spiel, wenn die Situation bereits zu einem gewissen Grad eskaliert ist (d.h. vorher ist schon einiges schief gegangen), und man versucht noch die brennenden Kohlen aus dem Feuer zu holen - entsprechend sind die Ergebnisse bei diesen auch etwas härter (diese Moves wären ungefähr vergleichbar mit der "Wurfwiederholung" (Forcieren) bei der 7. Edition von CoC).
Leider werden gerade diese Moves sehr gerne inflationär benutzt, wenn die SL entscheidet, dass jetzt eine Probe her muss, aber kein Move aktiviert wird.
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Offline Alexandro

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #21 am: 28.11.2023 | 17:10 »
Ja, das ist aber ein Problem der Sozialisierung durch "klassische" Rollenspiele, kein Problem von PbtA an sich.
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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #22 am: 28.11.2023 | 17:15 »
Mit Verlaub gesagt, das ist Unsinn. Bei D&D gibt es bei einer natürlichen 20 klare Boni (und RAW nur im Kampf) und bei einem normalen Erfolg keine Nachteile. Geschafft ist geschafft.

Mit Verlaub gesagt, du schreibst hier gerade Blech. Bei D&D hast du bei einer gewürfelten 19 eben den "Nachteil", daß du die Nat-20-Boni nicht kriegst. Die Situation ist also direkt vergleichbar, nur die Erwartungshaltung eine andere -- und genau darauf wollte ich hinaus. (Aus welchen Gründen genau die Ansprüche bei D&D plötzlich anders ausfallen, darum mögen sich meinethalben die Psychologen und Verhaltensforscher kloppen. Vermutlich läuft's gerade auf das weitgehende Unter-den-Tisch-Kehren von Risiken und Nebenwirkungen hinaus, was dann zu so etwas führt, was ich als Laie vielleicht als "Normalisierung von Perfektion" bezeichnen würde.)

@La Cipolla: Ironischerweise kennt Fate auch ganz ohne Gleichstände und Erfolge mit Haken seit spätestens Core ja zwei verschiedene Arten von Erfolg: den "normalen" (Widerstand um 1-2 Punkte überboten) und den "vollen" bzw. "success with style" (Widerstand um 3 oder mehr geschlagen). :) Das läßt sich mMn zumindest sinngemäß auch auf pbtA übertragen; die 7-9 ist der "normale" Erfolg, also das, was man in der Situation, die den Move überhaupt erst auslöst (beispielsweise ist bei Monster of the Week nicht jeder Versuch, jemand anderem Schaden zuzufügen, gleich ein Fall für "Kick Some Ass"), eigentlich so erwarten darf, und die 10+ dann der "Erfolg mit Sahnehäubchen".

Offline boeseMuh

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #23 am: 28.11.2023 | 17:18 »
Meiner Erfahrung nach kann man den Erfolgsgrad als SL auch damit steuern, wie häufig man würfeln lässt.

Die Moves geben natürlich ihre Auslöser vor, aber in weniger heiklen Situationen bzw. Situationen, in denen die narrative Situation so eindeutig ist, dass die Charaktere eigentlich nicht fehlschlagen können, kann man mMn auch gut auf Spielzüge verzichten.

Nicht jeder Sprung über einen Gartenzaun muss Defy Danger oder ähnliches auslösen.

Des Weiteren hilft es, die Kosten des Teilerfolgs von der narrativen Ausgangssituation abhängig zu machen. Wenn die Spieler sich in eine gute Ausgangssituation manövriert haben, kann man die Kosten dementsprechend anpassen bzw. abschwächen

Online Gunthar

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Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
« Antwort #24 am: 28.11.2023 | 17:21 »
Apropos D&D. Da gibts bei einigen Abenteuern bei gewissen Proben verschiedene Informationslevel aufgelistet, was du beim Erreichen eines bestimmten Schwierigkeitgrades erhältst. Wenn du nur SG 10 schaffst, kriegst weniger Infos als wenn du SG 20 schaffst.
« Letzte Änderung: 28.11.2023 | 18:10 von Gunthar »
Spieler in D&D 5e: "8 + viel, trifft das?"

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I propose that we rename the game "The One Ring" to become "The Eleven Ring" ;)
Three Rings for the Elven-kings under the sky,
Seven for the Dwarf-lords in their halls of stone,
Nine for Mortal Men doomed to die,
Eleven Rings to roleplay the one...