Baujahr 69...
Ich bin im flachen Norddeutschland auf dem Land groß geworden, wo es keine Berge aber jede Menge Gegenwind gab.
(kein Witz, der unten erwähnte Truppenübungsplatz liegt 18m über Normal Null, und ist die einzige Erhebung um Umkreis von Kilometern. Von da ab, geht es in leichter Absenkung 5 km auf 4m über 0 und diese 4, senken sich dann gleichmäßig dann über 35 km bis zur Nordsee... Dafür willst Du hier nicht Gegenwind haben. Mein Arbeitsweg zum Feierabend geht 15 km gen Westen und das ist der Killer. Morgens radelst Du locker flockig hin und Abends verreckst Du schier auf 1/3 der Strecke. Inzwischen nicht mehr, Pedelec sei dank... [Auto wird demnächst abgeschafft...])
Mit 4 hat mich meine Mutter in den Bus gesetzt und am Markt musste ich umsteigen, in den Bus, in dem meine Tante saß. Das empfand ich als wirklich gruselig - auch retrospektiv heute noch.
Aber es hat zwei Jahre lang geklappt.
2,5 km weg zur Grundschule wurden mit dem Rad bewältigt. Der Schulweg lief an einer Zubringer-Landstraße, auf der 100 (heute 70, zum teil 50) erlaubt waren.
Die musste ich 2x auf dem Schulweg überqueren. Orientierungsstufe waren dann 3,5 km Weg - die selbe Straße auch 2x überqueren.
Straßenbeleuchtung war auf diesem Weg ein Luxus, den sich unsere Stadt nicht leisten wollte (im Gegensatz zu 'heute', wo ich manchmal Angst hab, da könnten Flugzeuge landen, die diese Straße für eine gut ausgeleuchtete Landebahn halten. Man braucht da wirklich kein Licht am Rad.).
In der 4. und 5. Klasse war es für uns ganz normal, ins Kino, in die Stadt oder zum Schwimmbad zu radeln. Strecke = 6 km.
Im Sommer lag der Baggersee näher, der war 3 km weg und way cooler. Vor allem passte keiner auf, was wir da so machten. Ich sage nur "Lagerfeuer"...
Ansonsten waren Wege niemals "zu weit", um sie nicht mit dem Rad zurücklegen zu können. Es war eher der eigene Aktions-Horizont, der sich mehr und mehr erweiterte.
Auf dem Weg zum Baggersee lag ein Truppenübunsplatz. Sylvesterböller musste ich niemals horten - dazu lag da viel zu viel Übungsmunition in blauen Plastikpatronen herum, dessen Pulver wir extrahierten, mit der Eisensäge...
Und auch so haben wir insgesamt im Wald und in der Heide jede Menge Hütten und Baumhäuser zusammengenagelt. Mein Vater hat ganz schön geflucht, weil anddauernd Hämmer, Sägen und Schaufeln fehlten.
Nägel waren Verbrauchsgut...
Wenn man nicht all zu viel Mist baute, und es in der Schule lief, war es einfach so, dass nach Schule und Hausaufgaben es "raus" ging und man eine Uhrzeit mitbekam. Was man machte, war "Vertrauenssache".
Ich kann mich nicht entsinnen, jemals mit dem Auto gebracht worden zu sein oder das gefragt wurde, was ich denn so machen würde oder wo ich gewesen wäre.
Und ich versuche, das bei meinen Kindern ähnlich zu halten. Die Zeiten haben sich geändert, was Verkehrsdichten und Sicherheit angeht und ich habe zwei Töchter, was einem das etwas schwerer macht.
Aber generell kann ich die "Kinder auf Fahrrädern" Jugend durchaus nachvollziehen. Wir hatten Freiheiten, die unglaublich sind, wenn man das "heute" betrachtet. Aber eben auch manche "Härten", weil die Kinder viel "nebenher" liefen und uns viel selbst überlassen wurde, solange keine Katastrophen entstanden.
Und die Fahrräder, die ich in der Zeit hatte, waren wirklich Schrott. Draht hält so gut wie Schrauben - jedenfalls eine Weile.
Normale Fahrradgeschwindigkeit bei Kindern ist übrigens 16-18 km. Wenn man Stoff gibt, kriegt man auch bis zu 25 km hin (eher 20), aber solche Sprints sind von kurzer Dauer.
Wenn man viel zur Spät zur Schule dran ist, kann das natürlich auch sein, dass man mal 5 km im Höchsttempo radelt, je nach Strenge des Rektors, der dann an der Tür steht.
PS: Geiles Thema!!! ach, damals.