Ohne es je gemacht zu haben, ich verstehe den Reiz dabei auch gar nicht. Einige der abgefahrensten und geilsten RPG-Situationen, die ich erlebt habe, kamen durch grauenhafte Versagerwürfe zustande. Das muss das Boot abkönnen, was für Memmen wollen denn niemals ein Scheitern ertragen müssen?
Ich kenne so Situationen, wie Boba es im Spoiler beschrieben hat, auch noch zur Genüge. Ich kann mir vorstellen, dass der Grad des Verständnisses für Würfeldrehen abhängig ist von der ursprünglichen Motivation und Prägung. Die Wargaming-Tradition ist ja nur
eine Strömung, die ins Rollenspiel führt. Von dort aus gesehen ist es tendenziell zweitrangig, was genau schiefgeht und wie das in der Spielwelt wirkt: Entscheidend ist, was man ggf. an Ressource verloren hat und wie man die daraus entstehende Situation zum Vorteil drehen kann.
Nun kann man aber auch über das Sich-in-eine-phantatische-Welt-versetzen ins Hobby finden, wo die Identifikation mit dem
Charakter sehr viel stärker ist und dieser mehr zum Avatar in der Welt wird, denn zur reinen Spielfigur. Als solcher empfindet man Niederlagen als sehr viel persönlicher, als über den taktischen Außenblick. Wenn da SL und Gruppe nicht abseits schlechter Würfelergebnisse das im Auge behalten, was sie in der Welt darstellen wollen, kann das durch allzu negative Interpretation der Aktion in Slapstick abgleiten... was wiederum eine Eigendynamik annehmen kann, wo dann aus der Eigenvorstellung des "Begabten Magiernovizen Xenan, der Gelehrig" schnell die Fremdzuschreibung "Xenan, der Unfähige" wird. Ziemlich so ist das einem Mitspieler in einer alten Runde mal passiert. Und guess what? Der Spieler kam dann plötzlich mit von neuen, von "Fans im Internet" erstellten Charakterschablonen an.. die in
allen Werten natürlich besser waren! Das hat er nicht gemacht, weil er alle dominieren wollte: Sondern weil er sich vor dem Lächerlichmachen seines SC schützen wollte. Aktion => Reaktion.
Um solche Situationen zu vermeiden ist imho ein gewisses, soziales Fingerspitzengefühl und Softskills (insb. auf seiten der SL) deutlich hilfreicher, als die Verurteilung als Schummler in Verbindung mit prinzipiellen Pochen auf Regeleinhaltung und vermeintlich
ironisch gemeinte Herabwürdigung durch Begriff wie "Memme" und "Waschlappen".
Denn es kann auch implizite Forderungen nach einer Regel geben wie "ich will, dass mein SC in der Welt ernst genommen wird, auch wenn die Würfe mal daneben gehen". Und wenn Spielende dieser Regel nur manchmal folgen und beispielsweise bei bestimmten Charakteren Fehlschläge öfter als Werkzeug nutzen, um diese ins Lächerliche zu ziehen - dann kann das
ebenso ein Verstoß gegen die Regeln sein: Nämlich gegen die sozialen Regeln.
Um das zu erkennen, ist aber eben das genannte Fingerspitzengefühl notwendig.