Eine ganze Reihe relevanter Punkte wurde ja schon erwähnt, aber ein bisschen was mag ich auch noch dazu werfen.
Und ich frage mich: Ist es schlimm, dass sie in ihrer Blase hängen?
Natürlich ist es blöd für die Verlage, die ihre Rollenspiele verkaufen wollen, aber für die Spieler:innen an sich?
Klar würde ich allen, die Rollenspiele spielen, aber mit den Regeln nicht warm werden oder mal ein komplett anderes Spielgefühl anstreben, empfehlen, noch was anderes auszuprobieren. Aber wenn sie zufrieden sind? Warum nicht Kampagne um Kampagne und Setting um Setting mit D&D5 bespielen und damit Spaß haben?
Die Verlage mal außen vor, stimme ich in den bisherigen Tenor ein: wenn die ganze Spielgruppe glücklich ist, besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Und gerade wenn es für ein System so viel Zusatzmaterial gibt wie bei D&D, dann kann man da schon eine ganze Weile glücklich vor sich hinspielen bevor es anfängt, fad zu werden (sicherlich mehrere Jahre).
Es gibt allerdings m.E. mehrere mögliche Haken an der Sache:
1) Wenn sich eine Rollenspielgruppe zusammenfindet, stellt sich - neben der zwischenmenschlichen Kompatibilität - für jeden Teilnehmer die Frage, inwieweit die Kombination aus Regelwerk, Setting und Kampagnenthema passt. Wenn es hier und da ein bisschen knirscht, wird man das üblicherweise hinnehmen - Gruppenaktivitäten erfordern ja immer ein Stück weit Kompromisse. Aber meiner Erfahrung nach ist es dann doch so, dass die "Schmerzen" in Sachen Regelwerk eher ungleich verteilt sind und gerade Spielleiter als typischerweise überdurchschnittlich engagierte Hobbyisten kommen m.M.n. schneller an den Punkt, an dem sie mit dem Status Quo nicht mehr so recht zufrieden sind. Und wenn das passiert, ist ein bisschen Experimentierbereitschaft m.E. eine der besseren Optionen, um diese Situation aufzulösen.
2) Ganz generell ist m.E. eine Entscheidung für etwas nach Kontakt mit zumindest einer Handvoll Alternativen und der Abwägung zwischen diesen anders zu bewerten als das Verharren auf der Position, an der man sich ohnehin schon befindet. Wenn ich sage "Mamas Bolognese ist die beste", dann ist das natürlich erstmal ein nettes Kompliment und vermutlich auch ein Zeichen dafür, dass ich gern Bolognese mag, aber solange ich nicht zumindest mal woanders Bolognese (und vielleicht auch mal Carbonara-Sauce) gegessen habe, ist das erstmal ein sehr subjektives Urteil. Insofern hat Deine Entscheidung für D&D5 nach umfangreichen Erfahrungen mit weiteren Systemen anders zu bewerten als das Verbleiben bei D&D5, wenn es das erste Rollenspielsystem ist. Und man sollte an dieser Stelle vielleicht auch nicht ganz ignorieren, dass es als Gegenteil zu "D&D5-Spieler sollten endlich mal was Anderes spielen" durchaus auch ein "ach, System X braucht man doch überhaupt nicht, das kann man doch alles mit D&D5 machen, und wenn das für Dich nicht funktioniert, dann musst Du einfach ein besserer Spielleiter werden/hast Du D&D5 nicht richtig verstanden". Generell bin ich der Meinung, dass es - selbst bei allgemein konservativer Grundhaltung - von Vorteil ist, sich auch jenseits der Jugendjahre ein bisschen Lust auf Neues zu erhalten (dass man aufpassen muss, dass es nicht ins Gegenteil kippt, wurde hier ja schon mehrfach erwähnt und Weltengeist hat ja das zugrundeliegende Dilemma auch nochmal explizit benannt).
3) Die Diagnose, dass viele Rollenspieler wenig Freude an Regellektüre haben, würde ich so unterschreiben. Wo ich mir weniger sicher bin, ist, dass die Regeln den Spielern dann auch wirklich egal sind - sicher wird es gerade unter den Gelegenheitsspielern Einige geben, für die alles, was nicht grob dysfunktional ist, taugt, und der soziale Aspekt im Vordergrund steht. Aber wenn ich auf die Erfahrungen aus meiner Zeit vor dem
schaue, dann gibt es da auch das Phänomen, dass die Probleme des Regelwerks schon wahrgenommen werden, aber die Erwartungshaltung ist, dass der SL das Ganze irgendwie ausbügelt. Was sicher in manchen Fällen klappt, aber m.E. häufiger mit weniger Schmerzen zu haben wäre, wenn auch mal das Regelwerk gewechselt würde (da sind wir dann aber auch wieder bei dem Problem, dass die Schmerzen nicht gleichverteilt sind).
Ansonsten gäb's noch den Aspekt, dass nicht jedes System überhaupt ein Kampagnensystem sein muss (DCC spiele ich z.B. wirklich gern als Oneshot), und auch die von Orko schon angerissene Frage, wo man Beschäftigung mit Rollenspielen aus Freude am Lesen und/oder Selberbasteln einsortiert. Aber ich glaube, der Beitrag ist jetzt schon lang genug, insofern dazu ggf. später nochmal was.