@Fillus etc.:
Denke schon, dass es grundsätzlich Bedarf für einen behutsameren Umgang miteinander und mit schwierigen Themen aller Art gibt. Und einige dieser schwierigen Themen gehören mehr oder weniger zum Kern einiger beliebter Genres (Gewalt, alle möglichen Arten von Monster, Grausamkeiten, Gefangenschaft, Folter etc.)
Mir geht es z.B. so, dass ich zwar gern lese, weil ich da "notfalls" umblättern oder das Buch weglegen kann. Filme allein sind auch OK, weil ich notfalls ausmachen oder vorspulen kann. Filme in Gesellschaft sehr ungern, weil ich dann eben - aus Rücksicht auf die anderen - nicht einfach vorspulen oder ausmachen kann. Und den Raum schnell genug zu verlassen kann schwierig sein.
Ich habe keine Phobien oder so, weiß aber, dass Dinge mich schnell mitnehmen und dass ich die dann nicht mehr "los werde" und tagelang schlechte Gedanken und manchmal Alpträume habe. Braucht kein Mensch. Ist mir auch nicht unangenehm, kann gern jeder wissen, nimmt mir nichts an Männlichkeit, ich komme zurecht. Glaube schon, dass ich ziemlich gefestigt bin und kann auch im "echten Leben" gut mit allen möglichen schwierigen Situationen umgehen. Nur im Spiel muss ich wirklich keinen Stress dieser Art haben.
Rollenspiel in der Gruppe kann ein bisschen sein wie gemeinsames Filmeschauen, nur, dass die anderen ohne mich dann nicht (oder schlechter) weiterschauen können. Entsprechend finde ich es sehr sinnvoll, vor dem Spiel (kurz - vielleicht fünf Minuten insgesamt) durchzugehen, ob irgendwas Probleme macht und was vielleicht nicht dabei sein sollte. So weit so gut.
Ich habe nicht ganz selten in Runden nicht mitgespielt, weil ich die Leute nicht kannte und nicht sicher war, wie die Aussagen bezüglich des zu erwartenden Inhalts zu bewerten sind. Da ich weiß, dass ich da eher am empfindlichen Ende des Spektrums bin, neige ich dazu, davon auszugehen, dass die Inhalte für mich eher schlimmer sind, als die anderen denken. Entsprechend bin ich vorsichtig und spiele vieles dann lieber nicht mit.
Ich brauche keine X-Karte. Aber die gegenseitige Versicherung, dass man das mal probiert und dass alle einverstanden sind, dass es OK ist, das Spiel zu unterbrechen um Bedenken zu äußern und dass das dann ernst genommen werden soll - das würde schon sehr helfen.
Habe übrigens in einer früheren Diskussion auch gegen die X-Karte argumentiert, damals (meine ich) mit dem Argument, dass man damit den Spielfluss stören kann. Stimmt wahrscheinlich auch,
kann man. Heute würde ich sagen: Ich meine, man braucht die X-Karte nicht, man (besser: ich) braucht aber gute und verlässliche Absprachen. Und wenn es hilft, zu Erinnerung eine X-Karte auf den Tisch zu legen - ja dann meinetwegen.
Würde auch nicht zustimmen, dass ein Veto das letzte Mittel ist, bevor man hektisch den Raum verlässt. Ich würde erheblich früher einhaken wollen. Ca. so: "Pardon, kurze Zwischenfrage: Läuft das auf XYZ hinaus? Wenn ja oder wenn was in der Richtung: Das ist für mich nicht OK, ich möchte da dann nicht dabei sein".
Und übrigens kommen die problematischen Inhalte beileibe nicht immer vom Spielleiter.
Und unabhängig von X-Karte pro/kontra, finde ich dass hier eine sehr gute Zusammenfassung:
Wenn Leute meinen, ihre neu gefundene "Macht" über Nichtigkeiten auszuspielen - dann finden die auch ohne X-Card Möglichkeiten mich zu nerven.