Mal ne Frage, wie kompatibel mit der uralten deutschen Pendragon-Übersetzung […] sind die neuesten Zusatzbände denn noch? Ich will ja seit den 80ern mal mit dem damals gekauften Band was machen, da kommt mir nix Neues in die Tüte.
Die Frage hat Feuersänger weiter oben ja auch schon gestellt, und seitdem überlege ich.
Gibts denn da eine Übersicht, was sich alles geändert hat, und ob sich ein Update überhaupt lohnt? (Also jetzt mal für den hypothetischen Tatsächlich-Pendragon-Spieler)
Man weiß es halt nicht, aber ich kann mal die Kristallkugel anwerfen. Wenn ich mir die Einsteigerkiste (neudeutsch:
quick starter boxed set) so betrachte, und mir ins Gedächtnis rufe, was in den betreffenden Foren und Tummelplätzen die Leute umtrieb, und das mit dem neuen Runequest vergleiche, das im Format doch sehr ähnlich aussieht wie das, was für Pendragon angekündigt wurde …
(Mystischer Nebel, Zoom auf die Glaskugel, unweltliche Tonkulisse, murmelnde Morgana im Hintergrund)… dann wäre
meine kühne Prognose:a) Am Regelkern ändert sich wenig, es wird nur an Feinheiten geschraubt und Unscharfes festgenagelt: Eingedampfte Skill-Liste, Korrekturen bei Kindertabellen, entschärfte Kritische Treffer, klare Definition, wann ein Ritter siech oder fit ist, und so weiter. Das Grundgerüst des Spiels hat sich seit der Erstausgabe ja sehr wenig verändert.
b) Aber: Wie bei Glorantha gibt es einfach
mehr von allem. Mehr Details, mehr Feudalismussimulator, mehr historische Faktenverliebtheit, mehr Verwaltung, mehr Einzelheiten über das Setting mit seinen zig Personen und Orten und Kulturen und Artefakten, mehr spezialisierte Regelsysteme, mehr Winterphase, mehr Verwaltung, kurz, mehr Kleinkram, wo immer Luft dafür ist. Oder auch nicht.
c) Damit einhergehend, siehe Glorantha und Schnellstarter, befürchte ich neben schnieker Aufmachung allerdings auch ein sehr mittelmäßiges Lektorat und einen aufgeblähten, unübersichtlichen Textwust voller Unklarheiten,
cut & paste, im Fließtext versteckter Regeldetails und, zumindest in der ersten Auflage, reichlich Druckfehlern.
Ich habe ein bißchen den Eindruck, daß alles, was seit der Arthaus/WW-Ausgabe von 2005 so in Zusatzbänden erschienen und an historischem Detailgefrickel dazugewachsen ist, jetzt unbedingt dazugehören muß, um die Begierde der eingefleischten Fans nach MEHR, MEHR, MEHR zu befriedigen. Nur daß ich halt die Erfahrung gemacht habe, daß kein einziger dieser Zusatzbände für mich das Spiel irgendwie besser gemacht hätte; im Gegenteil, es tat dem Kernspiel Abbruch, weil es Reibung erzeugt und den Schwerpunkt weggelenkt hat. (Das letzte Dings,
Book of Feasts, wär da vielleicht eine Ausnahme, aber da hatte ich schon die Bremse gezogen, das müßte ich mir erst besorgen.)
Andererseits sind alle alten Versionen durchaus mit ihren zahlreichen Schwachstellen und Lücken geschlagen, an denen jeder Pendragon-Spielleiter fluchend rumflickt.
Fuck you,
child birth/survival tables. Echt jetzt.
80% Kindersterblichkeit am Arsch, das hat man in keinem modernen Katastrophen- oder Kriegsgebiet.
Ich denke darüber gerade so, also
mein Fazit:Ich werde mir die neue Ausgabe also auf jeden Fall zulegen und durchforsten. Wenn sie halbwegs schlank und brauchbar ist, nehm ich die; wenn nicht, werde ich alles klauen und übernehmen, was mir taugt und sinnvoll scheint, und das mit der 5. oder 3. Ausgabe nutzen.
Dann bliebe es halt beim status quo: Ein einzelnes abgeschubbertes Regelwerk, das konstant und tatsächlich genutzt wird, mit einem Haufen Zettel, Ausdrucken, Notizen, Errata-Bäppern und Randglossen; dazu ein, zwei Stück Quelliteratur sowie ein Figurenlexikon. Der Rest kann mir dann gestohlen bleiben.
Wie gesagt, am Kern des Spiels wird sich, denke ich, nicht viel ändern; ich tät auch sofort in einer Runde mit der 1. Ausgabe mitspielen. (Hint, hint.
) Nur das Drumherum und Zwischendrin wird vermutlich stark zunehmen.
Der entscheidende Faktor wird wohl in Zukunft sein, daß man KAP 3 oder 1 mühsam auf Ebay erjagen muß und dann noch viel, viel Glück braucht, weil das Softcover oder die Schachtel so unglaublich empfindlich sind, während man das neue Pendragon 6 nach Belieben als ordentliches Hardcover zu kaufen kriegt.
(Also, wer kein PDF mag oder auch keine Raubdrucke selbst fabrizieren mag, mein ich.)
Mit Titelillustrationen von Mark Smylie vorne drauf.
Und wem die neuen Dinger nicht gefallen, der kann sie dann immer noch an die Wand hängen.