Dann möchte ich hier mal die weiteren Erfahrungen zu der Wiederbelebung der alten Runde weiter beschreiben. Ich mache bewusst keine Ausführungen in Form eines Abenteuerberichtes, denn dieser gehört ja eigentlich in einen anderen Thread. Sondern die Idee ist nach wie vor einfach mal eigene Eindrücke zu schildern wie ich das Zurückkehren ins Rollenspiel allgemein wahr nehme und was ich dabei empfinde.
Wir haben uns also letzten Freitag zum ersten Abend getroffen. Für mich geplant hatte ich eine Runde von ca. 4 Stunden. Wobei ich mir allerdings nicht ganz sicher war, ob das zeitlich so hinkommt. Allerdings in die Richtung ob das bisher geschriebene Abenteuer lange genug ist für den Abend. Im Kern sah die vorgesehene Handlung so aus, dass die Charaktere mit einer Karawane reisen die als Ziel hat eine Stadt zu erreichen in der ein großes Fest stattfinden würde. Die Karawane wird natürlich angegriffen, ein Priester stirbt dabei. Es ist relativ eindeutig, dass es kein normaler Karawanenüberfall war, sondern das Hauptziel der Priester war und der restliche Angriff das nur vertuschen sollte. Danach sollten die Angreifer in ihren Unterschlupf verfolgt und gestellt werden. Zum Abschluss erreicht die Karawane dann die Stadt und bei einem feucht fröhlichen Ausklang in einem Gasthaus kommt es dann zu einem weitern Priestermord im Gemenge. So der Plan für den ersten Abend. Wir sind nur bis zur Erledigung der bad guys im Unterschlupf gekommen und sind mit der Szene noch nicht ganz durch. Gespielt hatten wir dann bis dahin aber 7 Stunden
Erstaunlich war gleich zu Beginn, wie schnell alle wie selbstverständlich zum Rollenspiel geschaltet haben. War unser erstes Treffen nach 20 Jahren geprägt von Freude und Unglauben und vielen Geschichten - so war unser zweites Treffen eher "Hey, alles klar? Jap, legen wir los!". Und auch relativ schnell war auch die alte Atmosphäre und Stimmung am Tisch da. Als wäre keine Zeit vergangen. Das hätte ich so auch überhaupt nicht erwartet. Dachte wir tun uns da alle schwerer. Allerdings muss ich auch sagen, dass wir einfach das Glück haben, eine extrem homogene Truppe zu sein. Da muss sich keiner irgendwie besonders hervor tun etc. sondern jedem geht es um den Spaß in der Truppe. So unterschiedlich wie wir wirklich alle vier vom Charakter her sind, so sehr haben wir hier einen gemeinsamen Nenner. Das ist vielleicht auch nicht immer so und macht die Sache natürlich deutlich leichter.
Der Karawanenpart war für uns alle zum wieder rein kommen ins Rollenspiel an sich gedacht. Also soziale Interaktion miteinander und den NSC. Das war mir für mich auch wichtig, da eine meiner größten Sorgen im Vorfeld war, ob ich wieder ins NSC Spiel und Beschreibung von Situationen hinein komme. Dieser Teil hat dann schon unerwartet viel Zeit in Anspruch genommen und sämtliche Sorgen waren unberechtigt. Tatsächlich war es so wie mir eigentlich die meisten geschrieben haben - einfach machen, das kommt von alleine. Genauso war es auch. Es hat einfach Spaß gemacht die ganze Palette von skurril bis fröhlich abzubilden und den NSC tatsächlich Charakter zu geben. Hieraus sind auch direkt 3 NSC entstanden die öfters vor kommen werden. Ich muss zugeben, dass mich das mit am Meisten gefreut hat.
Der Kampf gegen Goblins danach war tatsächlich dazu gedacht wieder die Kampfregeln zu üben und Routine zu bekommen. Während das für meine Spiele relativ einfach war und auch inklusive Magieanwendung leicht von der Hand ging, habe ich für mich gemerkt, dass ich hierzu noch Routine benötige. War vielleicht dann auch etwas viel angesetzt. Ich hatte da 15 Goblins und ein paar NSC die auch gekämpft haben im Blick zu halten. Das ist mir nicht ganz so gut gelungen. Davon haben die Spieler aber nichts mitbekommen. Was auch eine sich bewahrheitende Erkenntnis war. Man macht sich als SL oft zu viel Kopf dass etwas blöd rüber kommt oder die Spieler denken könnten man hätte den Laden nicht im Griff. Tatsächlich bleiben viele Dinge hinter dem Spielleiterschirm. Aber schon hier war mir aufgefallen, wie lange Kämpfe doch so dauern. Selbst gegen einfach Crittergegner. Hatte ich auch unterschätzt.
Die Begegnung rund um den Unterschlupf (ein verlassener Wachturm) sollte dann etwas ins taktische gehen - also wie gehen wir in dieser Szene vor etc.? Und auch einen etwas schwierigeren Endkampf gegen 4 Garxx (so heißten die D&D Gnolle bei mir) und einen Wachhund bilden. Zur Unterstützung habe ich ihnen noch einen NSC zur Seite gestellt, da ich davon ausgegangen bin, dass der Kampf schwer würde. Hierbei kam zu Tage wie gerne die Spieler offensichtlich solche Situationen planen. Das hat irgendwie enorme Zeit in Anspruch genommen. Wobei ich die Umgebung und den Grundriss der Wachanlage ganz grob schnell auf einen Block zur Visualisierung gemalt und auf den Tisch gelegt hatte. Überraschenderweise hat das den Spielern scheinbar noch mal mehr gebracht, so dass sie zeigen konnten wo sie wie hin gehen. Das habe ich dann für den darauffolgenden Kampf gleich bei behalten und die Gegner und sie mit Würfeln dargestellt. Früher hatten wir eigentlich nur theater of mind Kämpfe. Tatsächlich kam das insgesamt - auch bei mir - ziemlich gut an. Daraus hole ich, dass ich zukünftige, wesentliche, Begegnungen eventuell dann doch auf einer Art battle map spielen werde. Nochmal mehr Arbeit. Aber ich habe mir ja für den Neustart auch vorgenommen so viel wie möglich ausuzuprobieren was mein Spielleiten vielleicht auch nochmal verbessert.
Dann gab es noch als Cliffhanger nach dem Kampf noch eine Begegnung mit einem Garxxmagier die wir dann das nächste Mal ausspielen. Denn an dem Punkt waren wir wirklich durch.
Das Feedback war von allen positiv und jeder hat Spaß gehabt, was das Wichtigste war. Mir selbst hat total gefallen die NSC und auch die Welt die ich da erschaffen habe lebendig werden zu lassen. Auch wenn diese noch überhaupt nicht an dem Punkt ausgearbeitet ist wie ich sie gerne gehabt hätte, war das eine weitere Feststellung: Das muss sie überhaupt nicht. Ich habe mir genug Gedanken um sie gemacht um sie für dieses Abenteuer und allgemeine Weltfragen plastisch zu gestalten. Alles weitere kann ich tatsächlich Abenteuerbezogen machen.
Alleine durch das Lebendigwerden der und der Interaktion der Spieler mit ihnen sind mir schon zig weitere Handlungsideen gekommen. So z.B. der Karawanenführer. Der war ursprünglich einfach als ein alter, abgehalfteter ehemaliger Soldat (Aussehen wie der alte Captain Rex bei Star Wars Rebels) der sich mit Karawanenschutz verdingt angelegt. Daraus geworden ist der ehemalige Anführer der Königsgarde, der den Mord am Vater eines der Spieler angeführt hat und dies bitter bereut. Das wird ein Aufhänger für entsprechende Folgehandlungen.
Da wir vermutlich etwa alle vier Wochen spielen werden ist nämlich ein weiteres Problem aufgetreten, dass sich schon in der Vorbereitung angedeutet hat. Im Kopf habe ich grundsätzlich zwei Handlungsstränge um das Land und eben die drei Hintergrundgeschichten der Spieler um die ich sie explizit gebeten habe, da ich die Spieler hierdurch noch mehr mitnehmen möchte und diese auf aufgreifen mag. Nach den ganzen "Zeitproblemen" die ich alleine durch den ersten Abend festgestellt habe, würden wir wahrscheinlich theoretisch bei dem ursprünglich durch mich angedachten Tempo wohl 10 Jahre brauchen bis wir "durch" sind. Früher haben wir halt fast wöchentlich, aber mindestens alle 2 Wochen gespielt. Da konnte es auch mal Hängerabende geben bzw. hatten alle die Story immer im Blick. Jetzt nur alle 4 Wochen spielen würde dazu führen, dass wir da drei bis vier Monate vor uns hin spielen bis nochmal etwas "besonderes" geschieht bzw. eine der Handlungen voran getrieben wird.
Von daher arbeite ich jetzt im Nachgang daran, hier etwas mehr ins Soap Opera hafte zu gehen und die normalen Abenteuer oft auch mit Hintergrund der Spieler zu verweben. Das Abenteuer also etwas komplexer und facettenreicher zu gestalten. Ich denke das werden meine Spieler sehr mögen. Werde ich auch einfach mal versuchen. Ziel ist in den ersten drei Abenteuern von jedem Charakter auch mal dessen Hintergrund angestoßen zu haben bzw. teilweise miteinander verwoben zu haben. Hierzu hatte ich vor ein paar Wochen mal ein wirklich interessantes yt Tutorial zur Gestaltung einen Kampagnenwebs gesehen und das ansatzweise aufgenommen. Mit dessen Hilfe entstehen in meinem Kopf tatsächlich immer weitere Verzahnungen (siehe Karawanenführer).
Als ich danach heimgefahren bin war ich wirklich tief zufrieden und glücklich. Vor allem hat es sich zu diesem Zeitpunkt "normal" im besten Sinne angefühlt. Die Aufregung ist durch den ersten Abend total weg und wird so auch nicht mehr wiederkehren. Daher ist die wichtigste Erkenntnis tatsächlich die: einfach machen und alles wird sich finden. Ich weiß für mich nun wieder, dass ich spannende und abwechslungsreiche NSC erschaffen kann, die Spieler umgekehrt auch mit relativ einfachen Abenteuer Spaß haben und nicht die ganz große Sache geboten werden muss. Und alle freuen sich auf die Fortsetzung in 4 Wochen.