Ich lasse auf Lügen oder Bluffen grundsätzlich nicht würfeln, selbst wenn es die besagten Talente im System gibt. Die Spieler müssen selbst herausfinden, ob die Wahrheit gesagt wird oder nicht. Gibt im echten Leben ja auch keine Autorität, die dir sagt, was wahr ist oder nicht. Ich gebe Indikatoren in der Art, wie ich die NSCs spiele - sind sie nervös, korrigieren sie sich oder stottern sie hier und da, verstricken sie sich in Widersprüche, overexplainen sie (das, was Runenstahl hier so nett mit der Keksanalogie beschrieben hat
) etc. pp. Aber ein geübter Lügner, der sich gut im Griff hat ist in seiner Lüge de facto nicht zu überführen, zumindest nicht ohne weitere Quellen hinzuziehen. Ob die Spieler jemandem vertrauen oder nicht, und in der Folge dann auch seinen/ihren Aussagen glauben oder nicht, das ist den Spielern überlassen. So wie in der Realität eben auch. Natürlich gebe ich hier und da Tipps, dass das nicht ganz koscher zu sein scheint, was der/die NSC da redet, vor allem, wenn es um Hinweise geht, die am realen Spieltisch vielleicht untergehen.
Damit habe ich als SL natürlich eine Verantwortung, meine Spieler nicht ständig zu belügen und aufs Glatteis zu führen, sondern eine gute Mischung aus Vertrauen und Verrat zu bieten. (Ein Problem, dass ich in Shadowrun sehr oft hatte - alle lügen und betrügen, jeder Johnson hält mit Infos zurück, etc. pp. - warum also noch irgendwas glauben, was die SL von sich gibt?).
Das hat bis dato immer sehr gut funktioniert und ist tausend mal immersiver als mittels Würfelproben irgendwelche Wahrheiten aus dem Ärmel zu schütteln. Zumal ich direkte Lügen tatsächlich relativ selten spiele, da ich die gar nicht so aufregend finde (und sie in realen Kommunikationssituationen tatsächlich relativ selten vorkommen). Viel öfter treffen meine Spieler auf Wesen, die der Meinung sind, dass das was sie sagen stimmt - es aber eben der nicht der Tatsachen entspricht. Auch NSCs haben nicht immer alle Infos, sie glauben an etwas bestimmtes, sie sind vielleicht manchmal auch einfach etwas doof. Bauern, die Geschichten über Geister im angrenzenden Wald erzählen, weil sie furchtbar abergläubisch und nicht sehr helle sind, Schieber, denen der eigentliche Auftraggeber auch nicht alles gesagt hat, oder NSCs, die den Spieler alles erzählen, was sie hören wollen, weil sie von der Gruppe total eingeschüchtert sind, machen die Gespräche und auch die Ausgänge im Abenteuer viel interessanter und lebendiger für alle.
Ein Paradebeispiel für dieses System haben wir leider gerade in der Realität: Donald Trump. Der Mann erzählt Blödsinn von morgens bis abends, aber er selbst (davon bin ich fest überzeugt und es lässt sich bis zu einem gewissen Maße auch belegen) steckt so tief in seinem klinischen Narzissmus, dass er selbst jedes Wort glaubt, das er sagt. Trump ist für Trump kein Lügner. Er glaubt die Wahrheit zu sagen - aber deswegen muss man ihm noch lange nicht glauben.