Autor Thema: Spieler überraschen  (Gelesen 3055 mal)

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Online Ludovico

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Spieler überraschen
« am: 21.02.2024 | 10:08 »
SL möchten gerne ihre Spieler IT überraschen. Das war zumindest früher so, als verdecktes Würfeln noch sehr beliebt war.

Auf Basis des Lügen-Threads gibt es nun diverse Systeme, die sehr transparent mit Würfelwürfen sind und auch stets welche erlauben, so dass z.B. der Verräter oder die Person, welche etwas zu verheimlichen hat, schnell für die Spieler, wohl aber nicht für die SC erkennbar ist.

Wie ist bei solchen Mechaniken es noch möglich, die Spieler zu überraschen? Oder ist dies mittlerweile eh vollkommen außer Mode?
Ist dieser Ansatz konfliktär mit der Idee, gemeinsam eine Geschichte zu erzählen?

Offline Feuersänger

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #1 am: 21.02.2024 | 10:18 »
Ich sag ja immer, "Überraschung" ist überbewertet.
Vor allem, weil die Spieler von heute doch mit allen Wassern gewaschen sind, und tausende von Stories mit allen möglichen und unmöglichen Twists bereits aus Film und Fernsehen, Büchern und Comics, Videospielen und natürlich auch aus RPG-Abenteuern kennen. Da gibt es doch quasi nix, was noch nie da war, und Menschen sind halt ganz gut darin, Muster zu erkennen.
Wenn eine Story einigermaßen logisch ist, ziehen medien-affine Spieler meist ekelhaft schnell korrekte Schlussfolgerungen. Um dies zu verhindern, muss man die Spieler entweder komplett im Dunkeln tappen lassen -- scheisse -- oder eine absolut absurde ("outlandish") Story bauen, die überhaupt nicht nachvollziehbar ist und es heute Donuts regnet und morgen rosa Elefanten auf Bällen balancierend mit Fisch jonglieren.
« Letzte Änderung: 21.02.2024 | 10:25 von Feuersänger »
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Offline Isegrim

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #2 am: 21.02.2024 | 10:22 »
"Aus der Mode" wohl nicht, dazu sind die Stimmen im genannten Thread viel zu divers. Aber offensichtlich gibt es diese Tendenz in manchen Spielstilen.

Ergibt (aus dieser Perspektive) auch Sinn, denn Mit-Autor der Geschichte kann man nur sein, wenn man über die gleichen Informationen verfügt wie die anderen Regiesseure.

Wird ME aber eine Nischen-Sache bleiben. Aber ich mag auch Überraschungen. :)

Da gibt es doch quasi nix, was noch nie da war,

Überraschen tuen einen Dinge, die man nicht erwartet; und das sind nicht nur Dinge, die man noch nicht kennt.
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Offline bolverk

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #3 am: 21.02.2024 | 10:23 »
Es gibt ja unterschiedliche Möglichkeiten jemanden zu überraschen, jenseits von "Haha, gotcha, ihr habt die ganze Zeit für den Bösewicht gearbeitet" oder ähnlichen Späßen.
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Offline DonJohnny

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #4 am: 21.02.2024 | 10:28 »
Ich überrasche meine Spieler indem ich mich selber überrasche. Ich nehme das, was ich mir ausgedacht habe mit dem zusammen, was meine Spieler schon gemacht haben, denke darüber nach, entwickle es weiter und denke mir dann oft, krass, das überrascht mich jetzt, dass da xy drin steckt, da kann man dran weiterbauen. Und die Spieler überraschen mich oft und sich selbst. Wenn man da ein bisschen Dynamik rein kriegt, dann passiert zumindest bei mir und meinem Eindruck nach vieles, was ich so nicht erwartet hätte. Ich mach mir halt für eine Runde eine Rahmenhandlung die ich laufend fortentwickle, also das große Ding ist gesetzt aber was dann letztlich am Schluss passiert, wie es passiert, was der Bösewicht damit am Ende macht, weiß ich selber noch nicht.
SL: "Und damit wäre die Theorie, dass wir an einem Samstagabend weniger albern sind als an einem Freitagabend, widerlegt."
---
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Sorcerer: "Du Idiot! Das sind Berge! Du hälst schon wieder die Karte falsch herum!"

Offline Feuersänger

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #5 am: 21.02.2024 | 10:32 »
Überraschen tuen einen Dinge, die man nicht erwartet; und das sind nicht nur Dinge, die man noch nicht kennt.

Ja, aber aufgrund der extremen Vorbildung (im Vergleich zu früheren Generationen) mit zigtausend vorher dagewesenen Stories gleicht der Spieler die erkennbaren Muster ab und wenn er irgendwo ein Match erkennt, wird er zumindest damit rechnen, dass es dann ähnlich wie im erkannten Muster weitergehen könnte, und wird entsprechend nicht überrascht sein wenn es so kommt.

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Offline Issi

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #6 am: 21.02.2024 | 10:35 »
Naja die Information "Der NSC hat deinem Eindruck nach etwas zu verbergen"- sagt ja noch lange nicht "was?!" er zu verbergen hat.
Vielleicht etwas ganz anderes, als die Spieler erwarten.

Man weiß eigentlich nur: "Es gibt eine Information, die der NSC  vor ihnen schützen will."
( Man kann bestimmte Personen schützen, bestimmte Kontakte, Gedanken, Gefühle, seine wahre Identität, seine wahre Absicht, sein wahres Ich, etc.)
Man kann auch versuchen das potentiell offensichtlich Wahrnehmbare (irgendwelche Blutflecken, Verletzungen,  etc.) zu kaschieren, mit einer Scheinerklärung zu verschleiern.

Online Ludovico

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #7 am: 21.02.2024 | 10:36 »
Es gibt ja unterschiedliche Möglichkeiten jemanden zu überraschen, jenseits von "Haha, gotcha, ihr habt die ganze Zeit für den Bösewicht gearbeitet" oder ähnlichen Späßen.

Durch Wendungen im Plot. Diese werden aber oftmals durch soziale Kontakte vorbereitet/durchgeführt.

Oder hast Du andere Ideen?

@Issi
Aber schon weiß der Spieler, woher die Wendung kommen wird.

Offline ghoul

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #8 am: 21.02.2024 | 10:37 »
Das ist aber schade, wenn deine Spieler nie überrascht sind. Durchschauen sie wirklich jeden deiner Plots?
Hast du mal versucht, bei der Abenteuervorbereitung zufällige Plot-Elemente zu generieren? Damit könntest du Standard-Denkmuster brechen.
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Zitat
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Offline Fillus

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #9 am: 21.02.2024 | 10:38 »
Wenn ich als SL nicht mehr überraschen kann, lege ich das leiten nieder. Klar wird es nicht einfacher durch die vielzahl an Medieneindrücken, zumal ja die Logik kein Opfer sein darf und sich in manchen Genres die "Questen" auf Hole 10 dies, töte 10 das, rette 10 Dings, etc zusammenfassen lassen. Dennoch, überraschende Twists sind das Salz in der Suppe, ohne doch recht fad.

Offline felixs

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #10 am: 21.02.2024 | 10:41 »
Kommt sicher auch darauf an, was man unter "überraschen" versteht.
Ich sehe das eher situativ. Groß angelegte Handlungen mit Irrungen und Wirrungen haben bei mir am Spieltisch bisher noch selten (würde fast sagen: nie) funktioniert. Entsprechend auch nicht die große Enttarnung oder das Puzzlestück, mit dem auf einmal alles Sinn ergibt. Aber was es durchaus gibt, ist die Überraschung in der im Spiel erlebten Situation. Ein plötzliches Ereignis, ein Überfall, unerwartete Begegnungen, etc.

Außerdem würde ich die These aufstellen, dass eine gute Geschichte gar nicht unbedingt Überraschungen braucht.

(...)Mit-Autor der Geschichte kann man nur sein, wenn man über die gleichen Informationen verfügt wie die anderen Regiesseure.

Würde ich nicht unbedingt so sehen. Autorschaft ist auf unterschiedlichen Ebenen möglich und erfordert keine völlige Gleichheit, weder an Informationen, noch an Gestaltungsrechten.

Ja, aber aufgrund der extremen Vorbildung (im Vergleich zu früheren Generationen) mit zigtausend vorher dagewesenen Stories gleicht der Spieler die erkennbaren Muster ab und wenn er irgendwo ein Match erkennt, wird er zumindest damit rechnen, dass es dann ähnlich wie im erkannten Muster weitergehen könnte, und wird entsprechend nicht überrascht sein wenn es so kommt.

Bin nicht so sicher, ob die Vorbildung bezüglich von Geschichtenmustern wirklich so anders ist, als bei früheren Generationen. Eigentlich gibt es, abstrakt gesprochen, gar nicht so viele narrativische Muster. Und ich würde fast vermuten, dass das komplette Inventar schon bei den alten Chinesen und Griechen durchexerziert und bekannt war. Das macht aber nichts, weil diese Muster halt immer wieder funktioniertn.

Was nicht funktioniert, ist eine sehr nah an bekannte Stoffe angelegte Geschichte. Das ist leider oft sehr schlecht gemacht und trägt zu oft die Spuren von Fan Fiction. Anders gesagt: Autoren kopieren zu oft Stoffe aus der Nerd-Popkultur-Szene. Orientiert man sich z.B. an klassischen Epen und verfremdet diese ausreichend stark, dürften die Ergebnisse anders sein.
Man liest ja auch oft Wünsche wie "ich möchte so wie Fernsehserie The Lame Thorns spielen", gern noch in halbkompetentem Denglisch. Dass da dann vermutlich etwas herauskommt, was für Autor und Zielgruppe hohen Wiedererkennungswert hat, erstaunt mich nicht.

Man möge die teilweise etwas plakative Sprache verzeihen, sie dient der Verständlichkeit. Möchte niemanden angegriffen haben.
« Letzte Änderung: 21.02.2024 | 10:49 von felixs »
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Offline Issi

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #11 am: 21.02.2024 | 10:44 »
@Issi
Aber schon weiß der Spieler, woher die Wendung kommen wird.
Aber nicht unbedingt in welche Richtung.

Man kann Figuren lange Zeit undurchsichtig halten. Und dann in eine andere Richtung auflösen als erwartet.

Man kann Figuren auch extra vertrauenswürdig spielen, und dann stellt sich heraus: Der Feind war die ganze Zeit nahe! (Allerdings würde ich mit solchen Schocks sparsam umgehen sonst werden die Spieler noch paranoid)

Eine weitere Variante ist natürlich noch dass die SC selbst irgendwann merken, dass sie gegen die eigentlich Guten(oder nicht ganz so bösen )arbeiten.

Überraschung entsteht auch dadurch, dass Gut und Böse nicht so scharf zu trennen sind, wie ursprünglich angenommen.

Auch wenn "der Zweck die Mittel heiligt" kann es zu Momenten kommen, wo sie erkennen: "Selbst wenn das Ziel uns noch so erstrebenswert scheint- wenn uns zum Erreichen jedes Mittel recht ist - geraten wir auf die dunkle Seite."
« Letzte Änderung: 21.02.2024 | 10:51 von Issi »

Offline sma

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #12 am: 21.02.2024 | 10:50 »
Wenn man Rollenspiel als gemeinsames Geschichten erzählen versteht (was ja viele als Selbstverständnis angeben) ist IMHO wichtig, dass auch alle am Tisch das selbe Gefühl für die zu erzählende Geschichte entwickeln, um sie passend lenken zu können und da wären Überraschungen und Plottwists IMHO nachteilig.

Wenn man Lust am Improvisieren hat, macht es IMHO Spaß, sich durch (offene) Würfelergebnisse zufällig lenken zu lassen. Das ist dann eine gewisse Form der Überraschung, die funktioniert. Aber ein "hi, hi, das habt ihr bestimmt nicht kommen sehen" finde ich persönlich nicht erstrebenswert. Aber vielleicht spricht da die "been there, done that" Einstellung von fast 40 Jahren Rollenspielen aus mir und wahrscheinlich hätte ich das zu irgendeinem Zeit total toll gefunden.

Offline felixs

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #13 am: 21.02.2024 | 10:55 »
Wenn man Rollenspiel als gemeinsames Geschichten erzählen versteht (was ja viele als Selbstverständnis angeben) ist IMHO wichtig, dass auch alle am Tisch das selbe Gefühl für die zu erzählende Geschichte entwickeln, um sie passend lenken zu können und da wären Überraschungen und Plottwists IMHO nachteilig.

Ja, gemeinsamer Horizont ist ganz wichtig, finde ich auch.
Andererseits kann das dann durchaus Überraschungen enthalten, wenn alle sich darüber einig sind, oder?

Ich habe das beim (spielleiterlosen) Erzählspiel immer so gehandhabt, dass ich, wenn ich Ideen für Wendungen hatte, die vorgeschlagen habe: "wie fändest Du es, wenn....".  Mal kam die Idee gut an, mal nicht.

Aber ein "hi, hi, das habt ihr bestimmt nicht kommen sehen" finde ich persönlich nicht erstrebenswert.

Vielleicht hat das auch was mit der Gruppe zu tun. Allgemein würde ich sagen, dass es Leute gibt, denen Intrigen und soziale Verwirrspiele Spaß machen (im Spiel, will nichts über den Charakter der Spieler sagen). Und es gibt auch Leute, die das eher nicht brauchen, oder keine Lust darauf haben.
Ich setze sowas sehr sparsam ein, auch deshalb, weil mir das nicht so gut gefällt. Habe auch noch nicht erlebt, dass jemand das als SL wirklich gut rübergebracht hätte. Aber vielleicht bin ich da auch einfach nicht die Zielgruppe.

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Online Ludovico

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #14 am: 21.02.2024 | 10:58 »
Aber nicht unbedingt in welche Richtung.

Man kann Figuren lange Zeit undurchsichtig halten. Und dann in eine andere Richtung auflösen als erwartet.

Inhaltlich mag es zwar unklar sein, was passiert. Aber dadurch, dass Spieler bereits wissen, woher die Wendung kommt und dann in Verbindung mit der medialen Vorbildung (wie Feuersänger sie beschreibt) wird das Überraschungselement sehr schnell negiert.

Zitat
Man kann Figuren auch extra vertrauenswürdig spielen, und dann stellt sich heraus: Der Feind war die ganze Zeit nahe! (Allerdings würde ich mit solchen Schocks sparsam umgehen sonst werden die Spieler noch paranoid)

Hier sind die Mechaniken für Lügen und Lügen durchschauen ausschlaggebend.

Zitat
Eine weitere Variante ist natürlich noch dass die SC selbst irgendwann merken, dass sie gegen die eigentlich Guten(oder nicht ganz so bösen )arbeiten.

Ist leider durch die Medien auch schwer. Diese Erkenntnis baut sich durch Misstrauen auf, was auf den Aufgaben und Interaktionen, die für die Bösen erledigt werden, entsteht.

Zitat
Überraschung entsteht auch dadurch, dass Gut und Böse nicht so scharf zu trennen sind, wie ursprünglich angenommen.

Da fällt mir Warhammer 40k ein. Und gerade da wird es schwer. Wenn der Chef dann doch einem Chaos-Kult angehört, wird das kaum einen Spieler überraschen.

Offline bolverk

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #15 am: 21.02.2024 | 11:00 »
Durch Wendungen im Plot. Diese werden aber oftmals durch soziale Kontakte vorbereitet/durchgeführt.

Oder hast Du andere Ideen?
Man spielt mit der Erwartung der Spieler (und Charaktere) und grätscht dann aus einer Richtung rein, die sie nicht haben kommen sehen. Bonuspunkte, wenn man vorher schon dezent Hinweise getreut hat, damit die Überraschung nicht völlig aus dem Nichts kommt. Da gibt es doch diverse Möglichkeiten, ohne sich die Sache von einem "Motiv Erkennen"-Wurf ruinieren zu lassen. Natürlich besteht trotzdem immer die Gefahr, dass jemand den Twist kommen sieht, aber das ist ja nichts neues.

Ganz konkret habe ich meine Spieler letztens damit überrascht, dass sie ein Exemplar der szenario-eigenen Precursorspezies entdeckt haben. Die Spezies ist vor tausenden von Jahren verschwunden und weder spieler noch Charaktere weissen warum und wie. Man findet noch ihre Ruinen und gelegentlich mal ein Artefakt unbekannten Zwecks, aber in dem Moment als ich das Wesen beschrieben habe, habe ich von meinen Spielern lauter runde O-Münder gesehen. In der Nachbesprehung wurde da noch eine ganze Weile drüber geredet und gemutmaßt.

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #16 am: 21.02.2024 | 11:22 »
Ich würde sagen: die Grenze zwischen "Spielerüberraschung" und "Spielerbesch..." ist dummerweise fließend, und entsprechend würde ich mir normalerweise nicht die Mühe machen, gar zu viel Aufwand in die Planung und Vorbereitung eines angedachten "Überraschungseffekts" zu stecken. Insbesondere ganz groß angelegte "bait and switch"-Tricks können nämlich leicht auch mal nach hinten losgehen, wenn man die Bereitschaft seiner Spieler, das überhaupt mitzumachen, falsch eingeschätzt hat und entsprechend selbst derjenige ist, der dann am Ende (unliebsam) überrascht wird.

Daß sich im Lauf des Spiels ganz organisch immer mal wieder Situationen ergeben können, mit denen keiner (möglicherweise nicht mal die SL selbst -- ein bißchen Spannung muß ja auch für die sein :)) so gerechnet hat, steht auf einem anderen Blatt und gehört für mich zum normalen Spiel einfach dazu, ist aber eben nicht dasselbe.

Offline Issi

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #17 am: 21.02.2024 | 11:28 »
Inhaltlich mag es zwar unklar sein, was passiert. Aber dadurch, dass Spieler bereits wissen, woher die Wendung kommt und dann in Verbindung mit der medialen Vorbildung (wie Feuersänger sie beschreibt) wird das Überraschungselement sehr schnell negiert.
Wenn Du Spieler ohne jede Vorwarnung (quasi aus heiterem Himmel)überraschen willst, kann das schnell in Unverständnis oder Ohnmacht umschlagen.

Klassisch wäre "Deus Ex Machina".
Oder etwas Vergleichbares.

Ich finde Andeutungen und Hinweise deshalb wichtig

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #18 am: 21.02.2024 | 12:10 »
Man spielt mit der Erwartung der Spieler (und Charaktere) und grätscht dann aus einer Richtung rein, die sie nicht haben kommen sehen. Bonuspunkte, wenn man vorher schon dezent Hinweise getreut hat, damit die Überraschung nicht völlig aus dem Nichts kommt. Da gibt es doch diverse Möglichkeiten, ohne sich die Sache von einem "Motiv Erkennen"-Wurf ruinieren zu lassen. Natürlich besteht trotzdem immer die Gefahr, dass jemand den Twist kommen sieht, aber das ist ja nichts neues.

Ganz konkret habe ich meine Spieler letztens damit überrascht, dass sie ein Exemplar der szenario-eigenen Precursorspezies entdeckt haben. Die Spezies ist vor tausenden von Jahren verschwunden und weder spieler noch Charaktere weissen warum und wie. Man findet noch ihre Ruinen und gelegentlich mal ein Artefakt unbekannten Zwecks, aber in dem Moment als ich das Wesen beschrieben habe, habe ich von meinen Spielern lauter runde O-Münder gesehen. In der Nachbesprehung wurde da noch eine ganze Weile drüber geredet und gemutmaßt.

Das finde ich ein gutes Beispiel für eine richtig spannende Szene die lange vorbereitet ist. Quasi wie in einer guten Mystery Serie bei der das Mysterium teilaufgeklärt wird nur um zu einem weitern Mysterium zu führen. Finde ich absolut genial. Da muss man dann nicht krampfhaft an Shyamalan Twists arbeiten. Diese haben auch ihren Reiz, aber es stimmt schon, wenn die zu oft vorkommen verlieren sie auch ihre Wirkung.

Witzigerweise habe ich gerade die letzten Tage drei Abenteuer gelesen, die quasi immer eher einen Stortwist hatten (D&D the standing stone bei dem ein armes Dorf von Elfen und einem Geisterreiter angegriffen wird - die am Ende aber nicht die "Bösen" sind und zwei freie Abenteuer. Bei dem einen auch Twist - Mord im Dorf, Hexenjäger tauchen auf machen Rabatz suchen Hexen die angeblich dafür verantwortlich sind, ein alter Dorfkrieger wird wegen eines verdächtigen Mals von als Hexer ausgemacht, Tribunal um ihn zu richten, Freunde wenden sich mit Aussagen gegen ihn, er wird verurteilt - alles sieht danach aus, dass hier ein Unschuldiger verurteilt wird, dann plötzlich unerklärlicher Angriff von Untoten, am Ende kommt heraus, dass er es doch war - nur dass er eben ein Nekromant ist.) Alles ganz nette Ideen, die mir auch Spaß machen würden. Da man hier schon mit den Vorstellungen der Spieler spielt. Und oft sind ja Rollenspielabenteuer imho auch nichts anderes wie Soap Opera. Hier funktionieren ja die oftmals unrealistischen oder überzogenen Ansätze viel "plausibler. Ich mag daher Storytwists auch extrem gerne.

Aber allzu oft darf man die tatsächlich nicht nutzen. Sonst nutzen sie sich wirklich ab bzw. die Spieler glauben nicht, dass es das jetzt war, wenn einfach mal nur ein normales, klar definiertes Abenteuer stattfindet. Das ist dann auch unbefriedigend.

Deswegen mag ich tatsächlich wirklich am liebsten die Kampagnenspezifischen Überraschungen die sich einfach aus der Geschichte und den Handlungen der Spieler selbst ergeben. Waren bei uns auch immer die besten Momente.

Offline Isegrim

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #19 am: 21.02.2024 | 12:30 »
Wenn man Rollenspiel als gemeinsames Geschichten erzählen versteht (was ja viele als Selbstverständnis angeben) ist IMHO wichtig, dass auch alle am Tisch das selbe Gefühl für die zu erzählende Geschichte entwickeln, um sie passend lenken zu können und da wären Überraschungen und Plottwists IMHO nachteilig.

Hmm, ich seh auch das "klassische" Rollenspiel mit klarer Trennung zwischen SL & Spielern als "gemeinsames Geschichtenerzählen"; halt mit unterschiedlicher Perspektive. Aber gut, um Begriffe muss man sich nicht streiten.

Aber ein "hi, hi, das habt ihr bestimmt nicht kommen sehen" finde ich persönlich nicht erstrebenswert. Aber vielleicht spricht da die "been there, done that" Einstellung von fast 40 Jahren Rollenspielen aus mir und wahrscheinlich hätte ich das zu irgendeinem Zeit total toll gefunden.

Nach 35 Jahren RPG & LARP: Das waren immer wieder mit die eindrucksvollsten Momente. Sicher wird das mit der Zeit schwieriger zu erreichen. Aber hey, es wird immer schwierig sein, Spannung zu erzeugen, egal mit welchen Mitteln, wann man alles schon mal erlebt hat.
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Offline Issi

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #20 am: 21.02.2024 | 12:59 »
Es gibt auch angenehme Formen der Überraschung.
Zum Beispiel wenn die Spielleitung sich mit dem Hintergrund einer Figur beschäftigt, und dann mal die ein oder andere Bezugsperson spontan auftauchen lässt.
(Verwandte, Freunde, Feinde, Vorgesetzte, Liebhaber, Verehrer, Verfolger etc.)

Oder sich Begegnungen und Szenen einfallen lässt, von denen sie hofft, die SPL  wissen sie zu schätzen.
(Neue, persönliche Kontakte, (Tier) Gefährten, Geschenke oder Aufgaben die zur Figur passen etc.)

Eigentlich ist vieles, was von den SPL als auf ihre Figur zugeschnitten wahrgenommen wird, eine positive Überraschung.
Selbst wenn es sich um einen persönlichen Gegner oder Konkurrenz handelt.

("Luke, ich bin dein Vater!"  Muss es ja nicht zwingend sein  ~;D)

Edit.
Wer es besonders dramatisch mag: Ein ursprünglicher Gegner kann sich spontan als Freund entpuppen oder die Seiten wechseln.
Ein Gegner kann sich als die Person entpuppen, die ein SC schon sehr lange sucht.etc.
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« Letzte Änderung: 21.02.2024 | 13:17 von Issi »

Offline Flamebeard

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #21 am: 21.02.2024 | 13:02 »
Ich habe es bisher tatsächlich einmal geschafft, meine Spieler und mich selbst zu überraschen. Den aufgebauten Plot habe ich so gestaltet, dass jeder Einzelne von einem halben Dutzend NPCs Motiv, Mittel und Gelegenheiten hatte, selbst oder über Schergen so zu agieren, dass er/sie der BBEG sein konnte (natürlich eher in grob gezeichneten Zügen - bei genauerem Hinsehen musste ich ein paar Logik-Löcher mit "Schergen!" und "Hörensagen!" wegargumentieren...). Auf der Basis habe ich geleitet und die Struktur der bösen Organisation mit den Spielern langsam aus dem Plot geschnitzt.

Klar, das ist Einiges an Arbeit (und Improvisation), aber so kann man auch unerwartete Aktionen der Spieler mit einbeziehen. UND sie haben das Gefühl, wirklich was entdeckt zu haben. Und ja, ich habe meinen Spielern vorher nicht gesagt, dass der Bösewicht noch nicht feststeht.

===

Inspiration dazu war der Film "Clue" // "Alle Mörder sind schon da!" mit seinen verschiedenen Enden.
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Offline Olibino

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #22 am: 21.02.2024 | 15:34 »
Klar ist Überraschung wichtig. Aber es kann doch alle möglichen Formen von Überraschung geben. Vielleicht hat ein NSC eine überraschende Stimme. Oder ein SC bekommt überraschend ein Geschenk.

Ich glaube die Frage muß deutlich präziser gestellt werden, damit überhaupt klar wird, was das Problem sein soll.

Offline Flamebeard

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #23 am: 22.02.2024 | 16:58 »
Klar ist Überraschung wichtig. Aber es kann doch alle möglichen Formen von Überraschung geben. Vielleicht hat ein NSC eine überraschende Stimme. Oder ein SC bekommt überraschend ein Geschenk.

Ich glaube die Frage muß deutlich präziser gestellt werden, damit überhaupt klar wird, was das Problem sein soll.

Eigentlich ist Ludovicos Einleitung hinreichend präzise - es geht auch und vor allem um spielmechanische Abläufe, die Spielern durch den Vorgang an sich Wissen an die Hand geben, dass die Charaktere nicht haben können. Neben der Tatsache, dass damit auch für die Spieler die Überraschung an einem großen Reveal verloren geht, ist ein weiteres Problem die weitgehende Unfähigkeit von Spielern, zwischen Spieler- und Charakter-Wissen zu trennen.
« Letzte Änderung: 22.02.2024 | 17:26 von Flamebeard »
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Offline Olibino

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Re: Spieler überraschen
« Antwort #24 am: 22.02.2024 | 19:53 »
Eigentlich ist Ludovicos Einleitung hinreichend präzise - es geht auch und vor allem um spielmechanische Abläufe, die Spielern durch den Vorgang an sich Wissen an die Hand geben, dass die Charaktere nicht haben können. Neben der Tatsache, dass damit auch für die Spieler die Überraschung an einem großen Reveal verloren geht, ist ein weiteres Problem die weitgehende Unfähigkeit von Spielern, zwischen Spieler- und Charakter-Wissen zu trennen.
OK, dann habe ich das nicht verstanden. Vielleicht weil ich solche Systeme nicht kenne.