Autor Thema: Fragen zu PbtA  (Gelesen 664 mal)

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Offline Lobos_World

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Fragen zu PbtA
« am: 17.03.2024 | 10:35 »
Hallo allerseits,

unsere Gruppe hat gestern zum ersten Mal eine Kampagne in einem PbtA System gestartet und ich als "MC" bin extrem positiv angefixt von der Charaktererschaffung und dem Worldbuilding, welches wir zusammen betrieben haben. Wir haben dafür die tolle Starborn PDF genutzt, da wir ein SF Setting bespielen wollen.

Jetzt zu den Fragen :
1) Gibt es eine gute PDF oder Seite in deutsch, auf welcher man sich tiefer in die Spielmechanismen von PbtA einlesen kann ? Bspw auch gerne über gute "Lets Play" Videos ?
2) Gibt es eine Anleitung dafür, wie man seine eigenen Settings am besten in Playbooks und Regeln schmieden kann ?
3) Welche guten PbtA Settings in deutsch gibt es zu kaufen, oder auch als "Free Download" ?

Ich möchte gerne so tief wie möglich in dieses System eintauchen, viele Varianten lesen um dann zukünftige Ideen mit diesem System umsetzen zu können. Ich bedanke mich schon einmal für die Antworten :)

Offline Niniane

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #1 am: 17.03.2024 | 11:26 »
1) Da es nicht DAS pbtA-Spiel gibt, müsstest du explizit nach deinem Spiel suchen. Eine allgemeine Übersicht kenne ich persönlich nicht, aber vielleicht kann ja jemand sonst hier weiterhelfen.

2) Wenn du etwas Eigenes mit pbtA bauen willst, ist wichtig zu beachten, dass du ein Genre hast. PbtA ist eine Genresimulation. Daher wird es schwierig, einfach ein Setting zu nehmen und umzubauen, wie du es vielleicht von anderen Regelsystemen kennst.

3) "Gut" ist ja immer so eine Frage, was du magst und spielen willst. Generell gibt es nicht soviele pbtA-Spiele auf Deutsch, zum freien Download kenne ich nur die Fan-Übersetzung von Monster of the week (gibt es auf der Drachenzwinge, aber hier müsste auch der Link im Forum stehen)

Monster of the week kann ich zum Einstieg sowieso nur empfehlen, da die Playbooks weitestgehend gleich aufgebaut sind und so gut wie jeder das Genre "Monsterjäger" kennt.
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Offline Lobos_World

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #2 am: 17.03.2024 | 12:03 »
Vielen Dank schon mal für die Antwort.

Dass ich die Playbooks für das jeweilige Genre/Setting anpassen muss, wusste ich bereits. Allerdings sind die Bücher, welche ich bisher gelesen habe immer unterschiedlich, vor allem was die Anzahl der Moves und Regeloptionen angeht.

Ich würde einfach gerne ein Gefühl dafür bekommen, wie man am besten Regeln für das jeweilige Genre entwickelt, wie viele Grund Moves man benötigt und wie viele zusätzliche Moves man in den Playbooks mit einbauen sollte.

Auch habe ich noch kein Gefühl dafür, wie viele EP man vergeben sollte. Wenn man bestimmte Regeln betrachtet, können die Spieler an einem Abend ja enorm viele EP sammeln, so dass sie relativ schnell ihr spieltechnisches maximum ausgereizt haben und ohne Entwicklung dastehen ?

Offline Katharina

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #3 am: 17.03.2024 | 12:26 »
Falls du das Podcast-Format magst: Die 4. Staffel des 3W6-Podcasts beschäftigte sich mit PbtA: https://www.3w6-podcast.com/podcast?tag=Season%204

Da solltet du viele Inspirationen erhalten.

Zu Frage 3: Was interessiert dich denn thematisch? System Matters hat z.B. die Spiele Mythos World (kosmischer Horror) oder Ironsworn (Dark Fantasy, auch solo spielbar) auf deutsch übersetzt, die ich beide sehr gut finde. Aber es gibt da mittlerweile (gerade im englischen Raum) für so ziemlich jedes Genre ein passendes Spiel.
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Offline 1of3

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #4 am: 17.03.2024 | 12:39 »
Ich würde einfach gerne ein Gefühl dafür bekommen, wie man am besten Regeln für das jeweilige Genre entwickelt, wie viele Grund Moves man benötigt und wie viele zusätzliche Moves man in den Playbooks mit einbauen sollte.

Das ergibt direkt viel mehr Sinn. Du möchtest also selbst einen Hack entwickeln. Hier gibt es im Grunde zwei Schulen.

1.) Die Simple World / Baker -Schule. Die sagt, dass du ein paar Stats wählst, mit dem einfachsten Move anfängst und dann dran baust. Der besagt Move ist also sowas wie Defy Danger in Dungeon World.

Wenn etwas Gefährliches passiert, wähle einpassendes Attribut und würfle. Bei 10+ meisterst du das. Bei 7-9 gibt dir die SL eine Wahl, eine Nebenwirkung etc. Bei 6- Autschn.

Den Move kann man dann bei Bedarf in Basic Moves ausdefinieren. Und Playbooks sind noch eine Stufe weiter.

2.) Die Alternative ist die Defy-Defy-Danger-Schule. Vincent nennt das auch im Nebensatz. Hier ist das Credo: Fang mit den Basic Moves an. Überlege dir also die typischen Situationen, in denen sich Figuren in dem (Sub-)Genre widerfinden. Nicht notwendiger Weise, was sie tun - auch wenn das häufig ist - sondern allgemein Situationen. Diese Situationen sind die Move-Trigger.

Du willst wahrscheinlich nicht mehr als 10, eher weniger.

  • Moves können dann einen Würfelwurf haben, müssen aber nicht.
  • Wenn sie einen Würfelwurf haben ist, 10+ der best mögliche typische Ausgang abhängig von der Situation in dem (Sub-)Genre. Nicht notwendiger Weise ein Erfolg. 7-9 ist irgendwie weniger als 10+.
  • 6- ist entweder, was immer die SL will (abhängig von ihren Moves und Prinzipien) und das kann auch ein Erfolg sein! Oder es wird ein fester Ausgang definiert. Letzeres bietet sich eher bei selteneren Moves an.
  • Wenn gewürfelt wird, gibt es entweder keinen Bonus (immer +0), oder einen festdefinierten Stat (immer +Wasser), oder der aktive Spieler kann sich einen Stat aussuchen (sperre den Stat danach unter bestimmten Bedingungen), oder wir machen zur Ermittlung des Bonus eine Checkliste (+1 für jedes Ja). Letzteres eher für seltenere, gemächlichere Situationen.
  • Was wir nie tun, ist abhängig von der Situation einen Stat wählen, denn dann hätten wir verschiedene Situationen und somit direkt verschiedene Moves gemacht.
  • Wenn wir Stats hart verdrahten wollen, wählen wir nun Stats, so dass jeder ein bis zwei Moves bekommt.


Full disclosure: Ich bin hart in diesem Camp.

Wenn du Playbooks benutzt, gibts auch ein paar Tricks.

  • Du willst nichts exklusiv in ein Playbook packen, was jeder Charakter tun könnte. Das passiert schneller als man denkt.
  • Playbooks sind keine Jobs. Sie stehen besser für Hintergründe, Motivationen, Beziehungsstrukturen oder Charakterzüge.
  • Es ist möglich ein Thema durch Playbooks durchzudeklinieren. Also jedes Playbook bekommt einen Move für X, nur halt irgendwie anders. Das kann exakt der gleiche Trigger sein, dann ist sowas wie Sex oder Team Moves. Oder eine losere Assoziation.


Es ist durchaus möglich keine Playboks zu benutzen oder halbe und man nimmt zwei oder es gibt zusätzlich oder alternativ Optionen außerhalb von Playbooks.


Offline Haukrinn

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #5 am: 17.03.2024 | 12:49 »
1. Das finde ich schwierig, weil das "Play to find out"-Maxim von pbta auch für das Spielen selbst gilt. Ich hatte meine ganzen Aha-Momente eigentlich immer im Spiel, weil man nur da sieht, wie alles ineinander greift. Urban Shadows (gut, das ist dann wieder englisch) erklärt meiner Meinung nach am besten, wie pbta generell funktioniert, aber das ist halt nur die halbe Miete. Selbiges gilt übrigens auch für LetsPlays. Vom Zuschauen erschließt sich pbta meiner Meinung nach nicht. Das geht nur aktiv "am Tisch".
2. SimpleWorld ist eine generische, recht einfache Variante. Aber kein Universalsystem, sondern halt (Genreemulation, wie Niniane schon sagte) eher ein Baukasten. Apocalypse World als Urgestein widmet dem Thema baue eigene Elemente sehr viel Raum, ist aber nicht unbedingt intuitiv. Und beides gibt es nicht auf deutsch. Da wäre mir auch kein äquivalentes Produkt bekannt.
3. Auf Deutsch gibt es von verschiedenen Verlagen was. Am meisten hat denke ich System Matters gemacht (ua. Ironswon, Mythos Worlds, Monsterhearts, Gegen alle Stürme, So tief die schwere See, Dungeon World). Zu vielen Spielen (Monster of the Week z.B.) gibt es zudem zumindest deutsches (Fan)material.

Zu zwei und drei sei natürlich auch noch angemerkt, dass wir viele PbtA-Aktive (auch mit eigenen Spielen) hier im Forum haben. Sich durch den PbtA-Bereich zu wühlen kann da sehr erhellend und kreativitätsfördernd sein. 
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Offline Niniane

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #6 am: 17.03.2024 | 12:53 »
Auch habe ich noch kein Gefühl dafür, wie viele EP man vergeben sollte. Wenn man bestimmte Regeln betrachtet, können die Spieler an einem Abend ja enorm viele EP sammeln, so dass sie relativ schnell ihr spieltechnisches maximum ausgereizt haben und ohne Entwicklung dastehen ?

Ich weiß jetzt nicht, was ihr spielt, aber die EP-Vergabe ist ja nun klar geregelt, dass es welche für Felhlschläge beim Würfeln gibt. Es kann sein, dass an einem Abend gar nicht gewürfelt wird oder ein Charakter sich in Situationen bringt, die nur durch einen Move und damit Würfeln aufgelöst werden können.
Das kann natürlich dazu führen, dass manche Charaktere früher eine Steigerung bekommen, aber es ist jetzt nicht so wie in DnD oder anderen Spielen, dass dadurch ein Machtgefälle in der Gruppe entsteht
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Offline 1of3

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #7 am: 17.03.2024 | 13:15 »
Ich weiß jetzt nicht, was ihr spielt, aber die EP-Vergabe ist ja nun klar geregelt, dass es welche für Felhlschläge beim Würfeln gibt.

Das ist eine typische Regel und wahrscheinlich Mittel der Wahl, wenn man sonst keine Idee hat und XP will.

Als nächstes, dann so Fragen nach der Mission und ein XP für jedes Ja.

Urban Shadows gibt ein Level Up, wenn man einmal mit jedem Kreis (Meta-Fraktion) interagiert hat.

Offline rockston

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Re: Fragen zu PbtA
« Antwort #8 am: 17.09.2024 | 17:14 »
Würde die von 1of3 erwähnten Sachen ebenfalls als erste Anlaufstellen betrachten. Daneben gibt es einen coole Twitter-Thread von Brandon Leon-Gambetta (Autor von Pasión de las Pasiones): Archive.org-Link. Er bricht Spielzüge / Moves auf sehr grundlegende Formen herunter, und macht sie damit quasi zu befüllbaren Templates. Ein Beispiel dafür ist:

Zitat
When you [fictional trigger], [interact with mechanics]. On a hit [you more or less get what you want]. On a 7-9, choose 1. On a 10+, choose 2.
-[You get more of what you wanted]
-[You get something else you want]
-[You avoid paying a price]

Einige davon werden etwas sehr abstrakt, aber grundsätzlich halte ich den Thread für eine nützliche Ressource. Natürlich ist es bei dieser Art von »Template« (genau wie bei Simple-World) so, dass es automatisch aus etwas Generischem entsteht. Stattdessen kann man auch, wie 1o3 ebenfalls erwähnt, den Weg dieser Defy-Danger-Schule gehen. Ich zitiere hier mal einen Kommentar aus einem Reddit-Thread.

Zitat
John Harper once told the story about creating Bootleggers, from scratch. The idea is as follows:

To start with an "act under fire" move: 10+ you do it, 7-9; it's hard; 6-, you don't.
Any time you do something risky, roll that. Any time you would roll that but, don't feel like it's enough, stop and figure out what that move should look like.
Iterate, introducing stats and moves, until you have basic moves for your genre.
As characters specialize, give them custom moves for those customizations. Soon you'll have playbooks.
I've always wanted to run the experiment, but never had the opportunity.

Du fängst mit nur einem Move an, und erfährst im Laufe des Spiels, was du weiterhin brauchst. Das kann zu kreativeren Ergebnissen führen, die nah an der Realität des Spielens und am gewünschten Genre sind. Darauf muss man natürlich Lust haben, denn einfach ist es nicht, und es setzt auch einen hohen Grad an Vertrautheit mit PbtA-Spielen voraus.

Aber ob man seine Moves dann a) auf so eine Weise während des Spieltestens »auftauchen« lässt, oder sie b) nach Vorlagen wie Simple-World konstruiert, oder sie c) in harter Design-Arbeit selbst erdenkt, oder sie d) einfach aus anderen Spielen klaut und anpasst (mein Favorit), am Ende des Tages muss man trotzdem irgendwann einfach ein paar Moves auf's Papier bringen, und dafür können Templates immer nützlich sein.

Ich würde aber – sowohl was Basic Moves als auch Playbooks angeht – immer versuchen, simpel anzufangen. Das ist immer viel leichter gesagt als getan (das Tüfteln und Schreiben und Entwickeln an sich macht ja Spaß) aber wenn du drei bis vier Basic Moves hast, und die Playbooks nur aus wenig mehr bestehen, kannst du trotzdem loslegen, und du wirst schnell merken, was du brauchst. Wenn du erst testest, sobald du schon richtig viel dastehen hast, kann es schwer werden zu erkennen, was du davon brauchst und was nicht. Dazu gehören auch XP/EP – die sind insbesondere in der Playtest-Phase gar nicht so wichtig (generell denke ich auch, dass Anreiz-Mechanismen in Rollenspielen etwas zu hoch gehandelt werden).

Wir haben dafür die tolle Starborn PDF genutzt, da wir ein SF Setting bespielen wollen.

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