Was mich ja deutlich irritiert, ist dies: Rollenspiel ist mehr als die Anwendung der Regelmechanik. Das wird hier im Forum ja ständig betont. Sonst wäre es im Prinzip nur eine Art Brettspiel.
Es gibt da noch drn Erzählteil. Das was manche als das eigentliche Rollenspiel bezeichnen. Manche sprechen auch von einem Erzählspiel-Teil.
Es ist genau dieser Teil, bei dem das Setting regelnd wirkt. Es schreibt vor, was wir im Spiel erzählen dürfen und was nicht (deswegen: Gestaltungsregeln). Damit wird es zur Spielregel, weil es das Spiel in diesem Bereich regelt. Man könnte jetzt darüber streiten, ob Setting nur EINE Regel ist (halte dich an die Settingvorgaben) oder ganz viele einzelne.
Vielleicht ist genau der Teil es, der es (zumindest für mich) so schwierig macht, Settingbeschreibungen als Regeln im herkömmlichen Sinne zu verstehen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Rollenspiel (als "Gesamtkunsterk") und den allermeisten herkömmlichen Spielen (Brettspiel, Kartenspiel, whatever): Ein herkömmliches Spiel versucht in den allermeisten Fällen, einen Gewinner zu ermitteln. Dafür dienen die Regeln: Wer (hier Bedingung xy einsetzen) erreicht, hat gewonnen, der/die anderen haben verloren. Auch wenn es manchmal Remis endet, oder bei kooperativen Spielen nicht ein Mitspieler, sondern "das Spiel" gewinnt/verliert. Auch wenn man letztendlich nicht spielt, um zu gewinnen, das Spiel ist so angelegt, dass das das Ziel ist.
Rollenspiele (als "Gesamtkunstwerk") wollen das nicht. Grad der "Erzählanteil" macht das mE besonders deutlich. Manche Einzelaspekte haben einen solchen Charakter: Man kann eine Probe schaffen oder nicht schaffen; evtl "mit Haken". Man kann einen Kampf gewinnen oder verlieren (oder unenschieden abbrechen). Man kann versuchen, sich an den Wachen vorbei zu schleichen, mit Erfolg oder Alarm als Ergebnis. Usw.
Regeln/Spielmechaniken dienen vielleicht nicht ausschließlich dazu, genau diese Dinge (Erfolg/Nicht-Erfolg) zu entscheiden, aber in vielen Systemen ist das ein großer Teil davon. Selbst in narrativen RPGs, die mit Erzählrechten oä arbeiten, sagen die Regeln, wie eine Situation oder ein Konflikt aufgelöst wird, indem sie festlegen, wer das entscheidet.
Settingbeschreibungen tun das nicht. Welcher Alk wo gesoffen wird, wer in Minas Trotzburg das sagen hat, wie der Stamm der Hallizunogenen Weihnachten feiert, das sind Setzungen, ja, aber keine Regeln im Sinne eines Brett- oder Kartenspiels, die zB einen Konflik löst.
Ebenso kann ein Setting nicht wirken, wenn es nicht bespielt wird. Dann ist es einfach nur eine Information ohne definierten Nutzen.
Ja, das Setting kann auch Selbstzweck sein. Leute kaufen Settingbeschreibungen, ohne jemals ein Rollenspiel zu spielen: Star Wars Manuals, Die Welt von Eis & Feuer uä finden genug Abnehmer, auch ohne RPG-Nerds. Gut, auch Rollenspielregelwerke werden offensichtlich von Leuten als Selbstzweck gekauft, ohne sie jemals verwenden zu wollen, gibt genug Threads im Forum darüber, aber dann
von RPG-Nerds.
Ansonsten bin ich hier fertig.
Ist dann halt so. Ich hab lang und breit geschrieben, warum ich eine Unterscheidung für sinnvoll halte, und warum ich deine Benennung für nicht hilfreich halte, obwohl ich deine Sichtweise verstehe. Wenn du dazu umgekehrt nicht in der Lage bist, kann ich dir auch nicht helfen.