Deck I MU/TH/UR„Bei mir ist alles klar!“ sagt Aviles auf Ians Frage hin. Ihr Tonfall ist gemäßigt, sie hat echten Respekt vor dem ehemaligen Colonial Marshall. Jeder hat seine Vorgeschichte und jeder Trägt ein Sack voller Sünden und schlechten Entscheidungen mit sich herum, dass er es zurück geschafft scheint sie zu beeindrucken. Und natürlich die Tatsache, dass er wirklich nur helfen will, ohne Hintergedanken.
„Ich kann es kaum erwarten wieder da draußen zu sein!“ damit meint sie den Weltraum, in einem Mule um die Tanks zu prüfen, der Raffinerie einen Besuch abzustatten oder einfach zum ankommenden Schiff überzusetzen und es an den Tank-Arm heran zu lotsen.
Von der Messe nimmt Ian den Weg nach oben, Aviles Worte immer noch im Ohr. Das Deck I ist jetzt ungewöhnlich Still. Der Geruch nach nasser Dusche hängt in der Luft und im Zugang zu den Duschen hat sich der feine Nebel aus Wasserdampf in Tropfen an den Wänden abgesetzt. In diesem Stadium ist immer wieder ein Knacken und Knistern in der Station zu hören. Durch das beheizen der Räume dehnt sich Material aus, trifft auf die Eiseskälte des Weltalls und irgendwo in der Mitte der Außenwände kommt es zu mechanischen Spannungen die sich langsam abbauen.
„Da sind sie ja.“ Empfängt Weeks Ian mit kühler Distanziertheit. Er kann sehen dass es der Leiterin überhaupt nicht passt, dass sie beide zu MU/TH/UR kommen sollen. Die traute Zweisamkeit von Weeks und der KI mit ihren Nachrichten des Konzerns wird gestört durch einen unwillkommenen Eindringling wie McGarrill. Aber wer widerspricht schon seinem Arbeitgeber.
Mit Codekarte und Pin entriegelt Weeks den Zugang zu der KI und ihr taucht ein in das Gehirn der Station.
Der Raum ist ein Meer aus blinkenden kleinen Lichtern welche aufleuchten und verblassen, ohne das ihr einen Rhythmus darin feststellen könnt. Aber er ist da, die KI schläft nicht, sie wacht über alles auf der Station, aber sie ist auch der verlängerte Arm des Konzerns. Die Vorstellung abhängig zu sein von so einer Maschine ist unangenehm aber ein notwendiges Übel.
Weeks setzt sich in den Sessel, betätigt ein paar Tasten und die Monitore erwachen zum Leben. Eine Buchstabenreihe kündigt eine Nachricht des Konzerns an.
Klackend erscheint der Text auf dem Interaktionsbildschirm und mit jeder Zeile zieht sich Ians Magen mehr zusammen. Selbst Weeks, die äußerlich sonst kaum etwas erschüttert zieht scharf die Luft ein und blickt zu Ian auf, der hinter ihr steht. Noch erschreckender als der Text ist das was McGarrill in ihren Augen sieht.
Echte Hilflosigkeit. Die Arroganz ist einer Schwäche gewichen die er so bei ihr noch nie gesehen hat.
Die Nachricht lautet:
Es tut uns leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass in Ihrer letzten Kälteschlafphase Umstände eingetreten sind, welche es notwendig machen, dass die Einrichtung Nexus Three aus der Bilanz der EXOR Corporation entfernt werden muss. Eine Rückführung der Einrichtung sowie des Personals übersteigt unsere derzeitigen Möglichkeiten und würde den Konsolidierungsbemühungen zuwiderlaufen. Order 011.b.23 wurde eingeleitete. Wir bedanken uns für die von Ihnen geleistete Arbeit und versichern Ihnen, dass die in Ihren Verträgen enthaltene Abfindung für Ihre Hinterbliebenen weiter Bestand hat.
Gez. Tetsuo Kaneda, CEO Deep Space Resort EXOR Corp.
Deck II MesseEs dauert nicht lange nachdem McGarrill nach oben verschwunden ist und die Aufforderung auf den Bildschirmen erlischt. Zurück bleibt nur eine nichtssagende Schwärze.