Ich würde die These in den Raum werfen, das normales (in den vergessenen Reichen spielendes) D&D bereits die Anforderung erfüllt, modern zu sein. Die Gesellschaft und die Charaktere haben die Werte des 21ten Jahrhunderts, es herrscht Gleichberechtigung, persönliche Freiheit wird groß geschrieben. Die Staatsform ist irgendwie diffus, aber nicht weiter wichtig. Irgendwer anders hält alles am Laufen, keine Ahnung, aber er macht es sehr wahrscheinlich nicht gut.
Tatsächlich herrscht IMHO bereits Transhumanismus, wo die Grenzen des eigenen Körpers aufgehoben sind und (dank Wiederbelebungsmagie und der Existenz von Seelen) auch der Tod kein Ende sein muss. Jeder kann sich seinen Körper frei aussuchen, es herrscht in der Welt ein bunter vorurteilsfreier Mix wobei jeder (theoretisch) zaubern kann, jeder kann gleich stark, gleich geschickt, gleich intelligent und gleich brilliant im Auftreten sein wie alle anderen. Jede Form von Gebrechen ließe sich dank Magie eigentlich beseitigen und wird wenn gewünscht und von der Gesellschaft akzeptiert als Teil der eigenen Persönlichkeit gefeiert.
Moderne Abenteurer müssen sich nicht mit langen Reisen, gefährlichen Zufallsbegegnungen oder alltäglichen Problemen herumschlagen, sondern können sich auf die persönliche Entfaltung der eigenen Superkräfte in schaffbaren Kämpfen fokussieren und müssen sich auch eigentlich nie Sorgen um Geld oder andere mondäne Probleme machen. Stattdessen können sie in Eckkaffees einen Coffee-to-go oder im Schnellrestaurant einen Burger mitbringen und ansonsten auf ein gut ausgebautes Netzwerk von Gaststätten hoffen, in denen auch immer Auftraggeber zu finden sind. Auch Zeitungen und Buchdruck hat man bereits gesehen.
Und es gibt ein funktionierendes Sozialsystem, das für jeden erreichbaren Reichtum in Dungeons bereitstellt. Tatsächlich spielt Geld meist gar keine Rolle, weil immer genug davon da ist. Ähnliches gilt für anderen Besitz und immer häufiger gibt es Rucksäcke, in denen immer das benötigte Teil vorhanden ist.
Wie es den anderen Bewohnern der Welt geht, verschwimmt im Schatten der auf die Abenteurer gerichteten Scheinwerfer, aber vermutlich geht es denen auch gut. Jedenfalls beklagt sich keiner, leidet nicht, wird nicht unterdrückt (außer er wohnt weit weg wie z.B. in Thay) oder ist für das eigene Abenteurerleben wichtig, denn die nahen Verwandten sind tragischerweise alle tot. Orks, sagt man, aber die sind eigentlich auch gar nicht so übel, sondern meist nur missverstanden.
Technologie (oder die Abwesenheit von Magie) ist IMHO das schwächste Indiz für die Moderne. Die eigene Einstellung ist entscheidend und da sind wir in den letzten Jahren mit dem Trend, den Spielspaß aus einem Gefühl von Freiheit und Macht zu ziehen und nicht, aus dem Eintauchen in eine (pseudo)historische Welt mit ungewohnten Anschauungen, entscheidend in die Moderne gewandert, weil einfacher und leichter zugänglich. Ich will das auch gar nicht werten, sondern einfach nur bemerken.
Ich behaupte, es würde sich quasi nichts ändern, wenn die Charaktere statt mit einem Pferd mit einem SUV zum Dungeon fahren würden. Wenn sie einen Colt 38 Automatik mit 2W6 Schaden benutzen würden statt einer Armbrust mit 2W6 Schaden oder einen Spruch mit 2W6 Zauberschaden, wenn man das jeweils 1x pro Runde nutzen kann. Wenn im Dungeon ein Fernsprecher hängen würde statt ein Magic Mouth zusammen mit einem Zauber, um auch das Gegenüber zu hören. Wenn es einen Dämon (der im Handschuhfach des SUV lebt) gibt, der einem sagen kann, wo man langfahren muss. Wenn ein Magier ein Schiff einfach in den Himmel hebt, unter dem Wasser fahren lässt oder in eine weitere Dimension eintreten lässt, statt das ich Flugzeuge, Uboote oder Raumschiffe brauche.