Das dreifache schrille Piepen eurer, von der Firma gestellten Armbanduhren, verriet euch, dass es Abend geworden war. Auf der weit entfernten Erde welcher ihr vollkommen egal wart, die gleichgültig dessen was auf ihr oder um ihr herum passierte ihre Bahnen um die Sonne drehte, setzte die Abenddämmerung ein.
Ein Service der Nexus Corporation. In einer Welt ohne Horizonte, isoliert im Nichts des Weltalls, ohne Sonnen Auf- und Untergänge ist ein geregelter Tagesrhythmus das dünne Band welches den Unterschied zwischen klarem Verstand und Wahnsinn ausmacht. Das Gehirn sucht nach Mustern, Dingen die ihm sagen das alles in Ordnung ist und die Gesetzmäßigkeiten der Natur gehörten dazu.
So trennt ihr euch und streift alleine oder in kleinen Gruppen durch die fast schon steril wirkenden Eingeweide der Kassandra.
Avilés und McGarrill nehmen den Weg zurück zur Brücke, vorbei an dem Treppenaufgang in der Galerie zurück ins Cockpit. Mit der Zugangskarte des Captains war es ein einfaches die Tür zur Schiffs KI zu öffnen. Leise rauschend glitt die Tür am Ende des schmalen Gangs auf, welcher vom Cockpit abführte. Der Raum dahinter ähnelte sehr dem auf der Nexus Three. Ein Pult zur Interaktion mit der KI in der Mitte, darum herum das Gehirn des Schiffs. Blinkende lichter, klackernde Technik, ein leises Summen das andeutete das die Serverbänke und Elektronik gekühlt wurde. Automatisch gingen eine Reihe von Lichtern an als die beiden den Gang und den Raum der KI betraten. Der bernsteinfarbene Bildschirm des Interfaces erwachte zum Leben und MU/TH/ER erwartete eure Fragen.
Evanko der ehemalige Corpsman des Marine Chors brauchte den Gang nicht wieder zurück gehen. Die Tür zu den Frachträumen lag direkt am Ende der Waffenkammer. Achtern, strategisch positioniert? Keine Waffen in der Nähe der Luftschleusen, aber vor den Frachträumen? Die Tür glitt auf und sofort schoss Rick der beißende Geruch nach verbrannter Farbe und Plastik in die Nase. Hier hatte die Kassandra ein anderes Gesicht, ein hässliches, pockennarbiges Antlitz. Die Rechte Seite des Ganges, dort wo der Frachtraum eins lag war rußgeschwärzt. Teilweise hatte die Verkleidung zum Gang blasen geworfen und war in langen herabtropfenden Plastikformationen wieder erkaltet. Unter der Decke hatte die Hitze am schlimmsten gewütet. Hier war kaum noch zu erkennen was mal in der Zwischendecke war. Das Feuer hatte zusammengebacken was nicht zusammengehörte und aus Dingen eine Einheit geformt welche unnatürlich war. Am Boden war eine schmierige Schicht aus Löschschaum eingetrocknet und bildete grau, schwarze Muster aus grotesken Schlieren. Hier hatte der letzte Kampf zwischen der Kassandra und dem Feuer stattgefunden und die KI hatte das Schiff gerettet.
Die Türen zum Frachtraum eins hatten keinen Strom, Rick konnte sie aber mittels eines Wartungshebers aufstemmen. Dahinter lag ein Blick in die Hölle. Hier waren Ladecontainer gestapelt gewesen, aber das Feuer welches im linken Triebwerksstrang ausgebrochen war hatte sich unerbittlich durch die Wand gefressen und das obere Drittel des Frachtraums in einen Backofen verwandelt. Rußschwarze Schlieren, Kabel welche verbrannt und geschmolzen aus der Decke hingen, Teil der Verkleidung welche abgestürzt waren bildeten ein wirres durcheinander. Auf allem lag ein feiner Hauch dunkler Asche welche erst durch Löschschaum gebunden war und mit dem Austrocknen wieder flüchtig wurde. Es roch ätzend nach verbrannten Plastik, verschmorter Farbe und Chemie.
Die Konstruktion des Ladekrans welcher unter der Decke angebracht war hatte der Hitze nicht standgehalten. Das Gefüge des Metalls hatte sich verändert, seine Steifigkeit und Festigkeit verloren, es war ausgeglüht und der gesamte Kran war in die Container gestürzt. Sein Ladearm hatte dabei ein paar Container komplett gespalten. Aus ein paar waren Maschinenteile herausgefallen, einer jedoch am Boden des Frachtraums, bis auf ein paar Spuren von Löschschaum und ein wenig Ruß unversehrt, fiel Evanko sofort ins Auge. Durch den gezackten Riß welchn der Kran geschlagen hatte konnte er das Innere sehen. Es bestand aus hellen, weißen Kacheln die sofort aus dem düsteren schwarz, braun, grau des restlichen Frachtraums herausstachen.
Edelstahlkonstruktion, irgendwas Medizinisches. Auf jeden Fall keine alte Bergbauausrüstung wie sie sich in den anderen Container die beschädigt worden waren befand.
Fast schon widerwillig zog sich Zavislak den Helm der Mk.50 über und machte sich mit Walgreen auf, den Treppenaufgang hinab in Richtung Lebenserhaltung und Maschinenraum. Je weiter die zwei Mechaniker nach Achtern kamen desto mehr veränderte sich das Bild der Kassandra. Das Feuer hatte überwiegend auf dem Deck I gewütet, aber auch hier waren von der Hitze Kabel geschmolzen, Lampen geplatzt und die Beleuchtung nahm immer weiter ab. Immer wieder gab es Rinnsale von getrocknetem Wasser welches durch Schächte und Lücken von oben hierrunter gelaufen war. Ein paar vertrocknete Pfützen standen im Gang.
Die Tür zur Lebenserhaltung war, wie auch die zum Frachtraum eins, stromlos und musste aufgehebelt werden. Dahinter offenbarte sich den beiden das was die Daten im Cockpit schon angedeutet hatten. Es mit eigenen Augen zu sehen machte es aber nicht besser. Der Brand des Backbordtriebwerks hatte erheblichen Schaden angerichtet, bevor er von der Brandanlage gelöscht werden konnte. Der Lichtkegel der Lampen eurer Mk.50 glitten über zerstörte Luftfilter und verkohlte Infrastruktur. Stahl ist verbogen oder gerissen, alle Kunststoffe haben blasen geworfen oder sind geschmolzen. Die Aufnahme der Filter waren teilweise mit den Filtern zu einer Einheit verschmolzen. Hier war kaum noch etwas zu retten. Die paar Filter welche noch funktionierten waren die letzten welche die Kassandra hatte um das zu reparieren bräuchte man ein Trockendock. Hier konnte man nur Schadensbegrenzung betreiben, am Leben erhalten was das Feuer übriggelassen hatte.
Ein Warnsensor in den Anzügen informierte euch mit einem unmissverständlichen, aber noch leisen Piepen darüber das die Umgebungsstrahlung zunahm. Noch nicht bedrohlich, vielleicht auf dem Niveau einer Röntgenaufnahme, verteilt über ein paar Stunden, aber es war hier schon messbar, dass es dem Herz der Kassandra nicht gut ging. Richtung Achtern lag ein schweres Doppelschott von dem aus es direkt in den Reaktorraum ging. Diverse Warntafeln zeigten jedem unmissverständlich an, dass dahinter auch schon vor der Katastrophe eine für Menschen feindliche Umgebung lag.
Links von euch könnt ihr erkennen das dirt zwei weitere Durchgänge liegen, ohne Türen die zu einem Lagerbereich und einer Werkstatt führten.
Fragend blickt der alte Mechaniker seinen jüngeren Kollegen an.
„Erst der Maschinenraum oder gleich in die Höhle des Löwen?“ ertönte seine Stimme verzerrt über den Sprechfunk im Helm. Mit einem Nicken deutet er auf das Doppelschott welches zum Reaktor führt.
Abseits der intakten, hellen, Kassandra hatten die Räume hier etwas unheimliches. Dunkelheit, schwärze und Zerstörung nur ausgeleuchtet von den Helmleuchten der Kompressionsanzüge. Die anderen waren im Schiff verteilt, auf dem anderen Deck und die beiden Mechaniker standen vor einer Lebensaufgabe, hatten aber nur wenige Tage Zeit die Kassandra wieder soweit flott zu bekommen, dass man den Explosionsradius der Nexus Three hinter sich lassen konnte.
Und da war noch die Frage wer würde die Crew der Kassandra bilden? Diejenigen welche sie reparierten, die Bosse auf der Nexus Three, wer blieb zurück, wer überlebte?