Autor Thema: Gute & böse Gottheiten/Staat, Gesellschaft & Religionen/Gottheit & Gläubige...  (Gelesen 764 mal)

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Online Zed

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...in welchem Verhältnis stehen die zueinander, und wie funktionieren Religionen in Eurem Setting?

Im Nachbarthread "Fäntelalter vs DnD5" tauchten Fragen wie diese auf:

Wer bezahlt denn den Gott? Was hat der Gott davon das sein oberster Kleriker eine massiv goldene Kloschüssel hat? (Man merkt vieleicht ich bin evangelisch ;)
In einem Phanteon kann ich mir vieleicht irgendwas derartiges vorstellen wie "Meine Tempel sind prächtiger als deine,..."

Also es mag Settingerklärungen geben warum Götter die göttliche Magie überhaupt rausmachen aber ... sagt das Regelwerk etwas dazu?

Nunja, eventuell ist es ja auch so, dass ein Gott gläubige Anhänger braucht, um zu leben. Und wenn der sich dann entscheidet, ich mach jetzt mal einen auf abrahamitisch und keinen Mucks von sich gibt, sowie die Zaubergewährung einstellt, dann könnte er vielleicht schnell feststellen, dass auch keiner mehr zu ihm betet und er einfach aufhört, zu existieren.

Religionen in Fantasysettings sind aber auch so ein Thema bei mir, evtll. schreibe ich da später noch was dazu.
Da komme ich Dir hiermit nun zuvor, Alexandro :-)

Heute schaffe ich nicht mehr, zu skizzieren, wie in unserer Fäntelwelt Aon die Verhältnisse geregelt sind (Spoiler: Ganz "logisch" und lückenlos durchdacht sind die Verhältnisse bei uns auch nicht), aber ich bin gespannt zu lesen, wie bei Euch Religionen funktionieren.
Diesen Sonntag ist Einreichschluss - und viel Schreibarbeit muss es gar nicht sein: Notiere Deinen besten Abenteuer-Einstieg, den Spielgruppen unbedingt weiterspielen wollen und der SLs inspiriert.

Offline Feuersänger

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Präambel: wie im anderen Thread schon gesagt, es ist "schwierig". Götter sind halt irgendwo inhärent unlogisch.

Also zunächst mal ist die Prämisse, dass wir von einer Phantasiewelt reden, in der die Götter real sind, nicht umgekehrt. Das ist meiner Erfahrung nach schonmal ein Punkt, mit dem viele Leute strugglen, was die Diskussionen zum Teil sehr mühselig macht. Schließlich kann man in der realen Welt jederzeit alles Mögliche behaupten, was (ein) Gott angeblich will, und wird seitens der Sphären auf keinen Widerspruch stoßen.

Zweitens müssen wir von Gottheiten reden, die ein Interesse daran haben, die Geschicke der Sterblichen auf der Materiellen Welt zu beeinflussen. Warum auch immer. Es kann sein, dass Götter einfach dadurch an Macht gewinnen, wenn sie verehrt werden, und das gefällt ihnen. Und da es eine Mehrzahl an Göttern gibt, gibt es unter ihnen einen gewissen Konkurrenzkampf, sodass eine Gottheit, die sich den Sterblichen nicht bemerkbar macht, in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

Speziell in einer D&D-Welt haben Götter ja ein (und genau ein) Alignment, also eine Ausrichtung nach kosmischen Prinzipien, Gut/Böse sowie Ordnung/Chaos oder auch Neutralität. Da ist es denkbar, dass sie auch die Sterblichen aus purem Sendungsbewusstsein davon überzeugen wollen, dass ihre bevorzugten Prinzipien besonders erstrebenswert sind. Es kann auch sein, dass eine Gottheit dadurch Macht gewinnt, dass Sterbliche gemäß ihres Alignments handeln.

So oder so gilt: mit Speck fängt man Mäuse. Wie im anderen Thread schon angerissen, ist die Erwählung von Klerikern und Verleihung von Zauberkräften für die Gottheiten eine Investition, die sich für sie rentiert. Kleriker setzt seine Zauberkräfte ein, Sterbliche sind beeindruckt, verehren die Gottheit, ihre Macht wächst.
Dies macht, wie auch schon gesagt, vor allem für Gute Gottheiten Sinn, da es bei den Sterblichen gut ankommt, wenn zB Kranke geheilt werden und Ernten gut ausfallen.
Da ist es für Böse Gottheiten schon kniffliger, auf einen grünen Zweig zu kommen. Ich gehe davon aus, dass die Böse Ideologie auf das Recht des Stärkeren setzt und keine Wohltaten verteilt; sie werden also echte Verehrung hauptsächlich von den Stärkeren erfahren, während die Schwächeren sie maximal fürchten.

--

Noch ein Wort zur Herkunft der Götter: für ein Terra Mystica Setting, das auf irdischer Mythologie aufbaut, stand ich mal vor diesem Dilemma, dass ja IRL die Götterlegenden sich über die Zeit verändern und Akteure ersetzt werden. Z.B. bei den Mesopotamiern war erst lange Zeit Enlil einer der prominentesten Götter, dann wurde er von den Babyloniern gegen ihren eigenen Stadtgott Marduk ausgetauscht und die Geschichten einfach umgeschrieben. Was gilt also im Setting als wahr?
--> hier hatte ich den Ansatz, dass Götter ursprünglich Naturgeister waren. Durch den Animismus erfuhren sie Verehrung, gewannen an Kraft, und manifestierten sich schließlich als Götter. Sie haben also in der Tat die Welt nicht erschaffen. Vielleicht gab es sie schon immer (oder zumindest seit Entstehung der Erde und des Lebens), aber zu Göttern wurden sie erst durch den Menschen. Kurz, auch wenn in diesem Parallelwelt-Setting die Götter real sind, ist nicht jedes Wort der Mythologie buchstäblich wahr.

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Zitat von: ErikErikson
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Offline Aedin Madasohn

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...ja IRL die Götterlegenden sich über die Zeit verändern und Akteure ersetzt werden... und die Geschichten einfach umgeschrieben...

hier empfand ich den Gedankengang immer hilfreich:
- "die Götter" sind selbst in der jeweiligen Gesellschaft "eine diffuse Wolke"
- für den jeweiliges Gläubigen ist "ihr Gott" jeweils "Vollprogrammer"
- aufgebrochen wird dies etwas durch göttliche Kinder, heilige, Avatare, Fürbitter-Entenitäten

erst machtpolitisch agierende Eliten "bündeln" das so weit, dass hier ein nicht_durch_Religionskrieg_zerfallender_Stadtstaa t draus wird
die Glaubensgemeinschaften haben untereinander Frieden zu halten. Der mytholgische Überbau dazu wird im "Staatskulttempel" "gelehrt" zusammengschrieben
- im privaten Haushalt ist der eine bei Marduk, der andere bei Ianna, der nächste bei Sin.

durch Handel, Ein- und Auswanderungen migrieren so welche Kulte in die Nachbarstädte. "Wachwechsel in der geschriebenen Mythologie (wer besitzt die Schicksalstäfelchen)" sind real machtpolitische Wechsel der jeweils dominanten Stadt im Zweistromland.

was heißt das für ein Fäntelsetting

wie Feuersänger mit den D&D Aligment schon anfing:
es gibt Gottheiten, die sind halt mehr team- und gesellschaftsfähig als andere.
"Sie erfreuen" sich an der "Verehrung", "haben den Opferrauch als Nahrung" "empfangen den Nayrakis ihrer Gläubigen im Rahmen eines kosmischen Regen-Fluss-Meer-Kreislaufes zurück"
aber neben einem eher allgemeinen Aligment sind sie für ihre Gläubigen potentiell "Vollprogrammer"

natürlich kann jetzt eine eitle Praioskleriker-Oligarchen-Elite auf ihrer goldenen Kloschüssel als Imponiervehikel beharren und Landwirtschaft "für unter ihrer Würde" der "alveranischen Schwester" Peraine zur "Verwaltung" überlassen
(irgenwoher muss ja die Biomasse herkommen, für die der Praioskleriker seine goldene Kloschüssel benötigt  ;) )

andererseits könnte Praios ja auch als Sonnengott für genügend Sonnenschein für eine gute Weinernte angerufen werden  ;)
und wo Angrosch das Brauerhandwerk obliegt, wie passt da Rahja als Göttin des Weines und damit der Kelterei mit rein?
was ist mit dem Weinflaschen-Glaszieher? Ingerimm-only oder Rahja? gar so kosmopolitisch-schitzophren "beides"?
 
wer stumpf beamtig in Ablagen&Schubladen&Karteien denkt, für den sind solche "Kompetenzüberschreitungen&Amtsanmaßungen" ein "total unlogisch Quatsch!eins11!!!"

boah, macht euch mal locker
entdecke die Vielfalt, nicht Einfalt
maraskanisches Sprichwort

Peraine kümmert sich (auch) um Landwirtschaft. Aber ein Gerste für Bier anbauender Erzzwerg wird trotzdem Angrosch anbeten (für jeden Tag, den er unter dem fürchterlich offen Drachenhimmel auf dem Bergtal-Felde arbeitend überlebt hat)
kloppen sich jetzt Rahja und Peraine um die Winzer? oder ist Peraine nur dann für Aktenzeichen Trauben&Reben "zuständig", wenn es um unvergärten Traubensaft (auch) für Kinder geht?

schon den alten Griechen fiel auf, dass überall und nirgends "wesentliche" Aspekte "unter anderen" Namen verehrt wurden. Am Ende hängten sie an verschiedene Athene-Namensvariazonen dann den Stadtstaatennamen an, wo genau diese Kultausprägung beobachtet worden war, bis schließlich ein germanischer Herkules seine Votivsteine von germanischen Söldnern gestiftet bekam.
wieviele der olympischen "Familien"bande der Ilias haben sich übrigens "mitten im Schlachtfeld" dem Ares in sein Aktenzeichen gepfuscht?! so gut wie alle, selbst Aphrodite  ;)


ein DSA 12 Götterpantheon ist also eine Kultausprägung in Wechselwirkung der jeweiligen menschlichen Machtgesellschaft (daher die eitlen "Praioten")
wenn der äußere Druck (durch Borbarad, Erzdämonen, Namenlosen, nichtalveranischer Konkurrenz) steigt, muss ein "Burgfrieden" her.
Praioskaisertum dann mal als Aufkündigung dieses "Burgfriedens"
Praiosgläubige Sonnenlegion vs Rondra

(und diese kleingeistige Denke, dass Rondra nur für Duell das Aktenzeichen hätte und bei Krieg nicht zuständig sei...
Isthar konnte herrschaftlichen Löwe, brutalen Krieg und Liebe unter ihrer Hörnerkröne verwalten, was soll der Geiz?!)

wenn also die Götter jeweils Vollprogrammer für ihre Gläubigen sind, durch (wei auch immer zähneknirschende) Teamfähigkeit ein "alveranisches Bollwerk gegen den Terror" bilden (brüchiger Burgfrieden)
- weil der Terror/Chaos/Namenlose/Dämonen schlussendlich auch die Götter bedrohen
dann wird auch so manche "menschengemachte" Kult/Kirchen-Absonderlichkeit toleriert (für das höhere Wohl! ich denke ihr kennt das Setting, wo ich das geklaut habe) vielleicht seufzt da der Praios auch regelmäßig über die ganzen goldenen Kloschüsseln, wo er sich mehr anpackende Dämonenexorzisten wünschte...)

im Rahmen der Borbelkriege hatten "plötzlich" auch die Boronkirche einen bewaffneten Arm. Dann gab es die Rahja-Ritter in Aranien, Gänseritter in der Traviamark, Draconiter für die Hesindekirche...
und die myranischen Wikingeräquvialente haben eine ziemlich wehrhafte Haus&Heim-Beschützerin in der Travia gefunden.

da kann man schon stimmungsvoll mit spielen - man muss nur über den Tellerrand gucken wollen und einen Götterhimmel nicht als kleinkarierte Schubladenwand verkommen lassen  ;)

aber genug des rantes

 :btt:







Offline Zanji123

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im Standard Setting von Schatten des Dämonenfürsten ist das relativ einfach.

Der "Alte Glauben" beruht auf die Verehrung von Feenwesen und die Menschen in ihrer Verehrung wiesen ihnen dann die "Rolle" zu.

Von Oceanus (Gott des Wassers / Meeres / Flüsse), die Mondmaid, die Königin des Sommers die jedes Jahr mit dem Alten Winter streitet, dass er sich doch gefälligst wieder in den kalten Süden zurückziehen soll,  zu Vater Tod.... die Feenwesen bemerkten dann, dass diese Verehrung sie mächtiger machte und die Gläubigen erhielten durch die Verehrung die Fähigkeit "Wunder" aka Magie zu wirken. Die Feenwesen bemerkten also -> Mehr Anhänger -> Mehr Macht.

richtig "böse" Götter gibt’s da nicht. Auch der Teufel Diabolus (auch "nur" ein Feenwesen) hat seinen Job da er nun mal dafür sorgt das die Seelen welche zuviel Verderbnis haben in seiner Hölle gereinigt werden. Er hat es allerdings geschafft, durch Beeinflussung einen neuen Glauben zu festigen (Glaube des Neuen Gottes) welche die "Alten Götter" als Rückständig empfinden (da diese nie ihren Gläubigen von der Wiedergeburt der Seelen von Nicht Feen erzählen...das sollte ein Geheimnis unter den Feenwesen sein) und alles "Böse" in der Welt ausrotten wollen...um dabei selbst ordentlich Verderbnis dabei zu bekommen was Diabolus ja freut :)



Womit ich persönlich weniger Anfangen kann sind "Böse" Götter wie Loth bei den Drow in den FR oder Innoruuk in Everquest welcher der Gott des Hasses ist und die Dunkelelfen erschaffen hat.
Beide Völker sind halt durch diesen Glauben für mich absolut unlogisch und null überlebensfähig

9 von 10 Stimmen in meinem Kopf sagen ich bin nicht verrückt.... die zehnte sitzt in der Ecke und summt die Pokécenter Melodie

Online nobody@home

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Persönlich bin ich da halbwegs flexibel und kann das vom einen Setting zum nächsten anders halten. Schließlich kann's sehr gut Religionen ohne greifbare Götter und zumindest im Prinzip auch das Gegenteil "Götter sind so real, daß sich um sie herum erst gar kein religiöses Brimborium entwickelt" geben...vermutlich nicht in derselben Welt, aber schon in zwei verschiedenen, die dann vielleicht sogar irgendwann mal in Kontakt treten. :)

Per persönlicher Voreinstellung neige ich ansonsten dazu, in einer bestimmten Welt real existierende Götter im klassisch-mythologischen Sinn zu sehen: ja, die gibt's, sie sind auch tatsächlich für bestimmte Dinge in der Welt zuständig (wenn's gewittert, ist das tatsächlich Thor oder Zeus, die Sonne ist ggf. wirklich der Wagen oder das Boot von Helios bzw. Ra), und sie haben zu den verschiedensten Dingen tatsächlich ihre eigene Meinung und auch keine Hemmungen, die bei Bedarf per Omen oder gar direkter Ansprache an zumindest einzelne Sterbliche bekanntzugeben. Und soweit es eine Gut-/Böse-Einteilung überhaupt gibt, ist die so subjektiv wie sonst auch; dieser oder jene Gott mag aus seiner Sicht ja einen guten Grund haben, beispielsweise seinen Bruder ermorden oder die Welt untergehen lassen zu wollen, aber bei spätestens letzterem werden auch die meisten Sterblichen wohl abwinken und "ne, lieber nicht" sagen. Der wird dann ggf. halt weniger direkt "verehrt" und mehr "beschwichtigt", was sich in Sachen Respekt und Opfergaben aber letztendlich oft ähnlich niederschlagen dürfte.

In einem Setting dagegen, wo es reale Götter nicht gibt (oder sie sich zumindest so gut wie nicht bemerkbar machen), kann die Religion natürlich frei von irgendwelchen göttlichen Einmischungen alle Kapriolen schlagen, die ihren Anhängern so einfallen. Kennen wir ja. ;)

Und dazwischen liegen ggf. noch Spielwelten mit "exotischen" Göttern, die sich aus welchem Grund auch immer völlig anders verhalten, als sie es mMn "sollten", oder anderen Wesenheiten, die schlicht mit Göttern verwechselt werden. Für ersteres habe ich dann ganz gerne doch ein paar definitive Erklärungen und Regeln, damit mir mein eigenes "intuitives" Götterkonzept nicht in die Quere kommt, mit letzterem kann ich dagegen schon von mir aus ganz gut arbeiten.

Offline Feuersänger

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Paar weitere Gedanken:

Speziell bei Settings mit D&D-Kosmologie hat man auch noch so bissl das Manko, dass - zumindest kenne ich da keine Ausnahme - die Gottheiten immer eine absolute Gesinnung haben, und somit viele irdische Gottheiten mit eingebautem Dualismus kaum abzubilden sind. Also wenn zB eine Gottheit gleichzeitig für Liebe und Rache zuständig ist, oder für Schöpfung und Zerstörung, was weiss ich.
Würde man sowas abbilden wollen, müsste man entweder den Mittelwert bilden und das irreführend "Neutral" nennen, oder mit Schrägstrichen arbeiten ("CG/LE"), was ich auch nicht so toll finde. Es ist da wohl einfacher, man bestimmt das so, dass sich verschiedene Aspekte als individuelle Gottheiten verselbständigt haben.

--

Bei meinem Heartbreaker-Fantasysetting (für Pathfinder) habe ich den Pantheon so aufgebaut:
Es gibt erstmal grundsätzlich für jede Gesinnung eine "Greater Power". Diese stellt sich aber je nach Kulturkreis unter Umständen etwas anders dar, hat unterschiedliche Namen und leicht unterschiedliche Aspekte.
Bei den einzelnen "Instanzen" verwende ich zumindest derzeit schamlos Götternamen aus der irdischen Mythologie, zB Tyr, Morrigan, Inanna, Perun, usw. Ob ich das einmal durch selbst ausgedachte oder zumindest obskurere Namen ersetzen werde, weiss ich noch nicht. Copyright dürfte ja abgelaufen sein.

Zum Thema Verknüfung von Religion mit "Staat" und Gesellschaft:

In der Tat gibt es (neben anderen Reichen) ein Imperium, welches so in Richtung Theokratie geht. Es ist dadurch entstanden, dass sich drei Gottheiten (später verstärkt durch eine vierte) zusammengetan und den Sterblichen einen Bund angeboten haben. (Wer im anderen Thread gut aufgepasst hat: dies geschah im Zuge des oder unmittelbar nach dem Exodus aus der Alten Welt). Sie nehmen daher in ihrer zwar nicht unendlichen, aber doch recht beträchtlichen Weisheit Einfluss auf die Geschicke zumindest dieses Imperiums.

Bei diesen vier Hauptgottheiten wiederum habe ich mich schamlos an der Struktur der Indogermanischen Religion (nach Dumézil) bedient, welche die Kerngottheiten in vier Funktionen einteilt:

- Hell-Juridisch - Tyr, "Gott des Klaren Himmels" (LG)
- Dunkel-Magisch - Morrigan, "Göttin des Todes und der Magie" (LN)
- Stärke - Perun, "Der Donnerer" (CG)
- Fruchtbarkeit - Inanna, "Die Mondin" (NG)

wobei wie gesagt die Namen und Aspekte regional variieren.
Hinzu kommen dann noch einerseits Hauptgottheiten für die restlichen Gesinnungen, sowie eine nahezu beliebige Menge an Unter- und Regionalgottheiten. Wenn ein Spieler sich von keiner der Hauptgötter angesprochen fühlt, denkt er sich einfach selbst einen aus, zB einen "Gott des Feuers" oder "Herrin der Meere" oder was auch immer.

So ziemlich jedem Sterblichen ist klar, dass es all diese Götter wirklich _gibt_, man muss also nicht an sie "glauben", und erst recht nicht "glaubt" man nur an einen davon. Aber es hat ebenfalls fantasytypisch jeder Sterbliche eine Schutzgottheit (Patron Deity), mit deren Werten er sich besonders identifiziert.

Das Imperium hat immer vier gleichberechtigte weltliche Herrscher, die Tetrarchen. Idealerweise je einen für jeden der vier Herrschergötter, aber da kann es Abweichungen geben und das ist auch nicht tragisch. (Es wäre nämlich im Rahmen einer ausreichend langen Kampagne absolut möglich, dass die SC zu Tetrarchen aufsteigen, und dann soll es nicht daran scheitern dass einer auf Level 1 die "falsche" Schutzgottheit auf den Charakterbogen geschrieben hat.)
Kirche/n und Staat sind hier also ziemlich verquickt; etliche Kircheninstitutionen übernehmen staatliche Aufgaben.

Die Verehrung der 4 Herrschergötter wird also in diesem Reich als selbstverständlich angesehen, auch die Verehrung aller anderen Nicht-Bösen Gottheiten wird toleriert, nicht jedoch die der Bösen Gottheiten. Es gibt aber auch andere Reiche, die dann entsprechend andere Regeln haben.

Die drei Bösen Hauptgottheiten habe ich mir ehrlich gesagt noch nicht so genau überlegt bzw schwanke noch. Es gibt zum einen eine Art Bane/Sauron, der ganz Lawful-Evil mit eiserner Faust herrschen will und Unterwerfung verlangt, und eine Chaotic-Evil "Mother of Monsters", die die Zivilisation auslöschen will.
Beim Neutral-Evil Posten bin ich mir noch nicht sicher wie sich das darstellen soll; vllt im Gegensatz zu CE nicht nur die Auslöschung der Zivilisation, sondern allen Lebens?

Hier zeichnet sich dann schon etwas das Problem mit dem "Götter erhalten Macht durch Verehrung" ab. Der LE-Gott könnte aktiv von bösen Herrschern verehrt werden, die ihre Untertanen zwingen ihm ebenfalls Opfer darzubringen. Bei der CE sind es vermutlich vor allem nicht-zivilisierte Spezies, aus denen sie ihre Kraft zieht. Aber wie baue ich den NE als Drohkulisse auf, wenn doch nur maximal komplette Psychopathen so einen Allvernichter aktiv verehren dürften.
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Ruinenbaumeister

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Du kannst auch Kulte böser Götter aufbauen, die versuchen, diese zu besänftigen. Man stelle es sich so vor, dass jeder böse Gott für bestimmte Arten von Übel steht, die über die Welt hereinbrechen, wenn nicht regelmäßig Opfergaben dargebracht werden. Zerstörerische Naturgewalten bieten sich als Domänen dieser Götter an: Stürme, Überschwemmungen, Dürren und Seuchen hat jeder Mensch zu fürchten.

Die wenigsten Leute in der Spielwelt werden diese Götter mögen aber sie werden trotzdem zu den Gottesdiensten erscheinen, Opfergaben darbringen und die heiligen Texte rezitieren in der Hoffnung, dass die bösen Götter sie verschonen. Einige wenige werden vielleicht von der zerstörerischen Gewalt begeistert sein und fanatische Kultisten sein. Vielleicht schreiben sie den bösen Göttern eine reinigende Wirkung zu, indem sie z.B. die Sünder vom Antlitz der Welt tilgen. Man lässt sie gewähren, denn wer möchte schon den Zorn der bösen Götter erregen?
Und wenn ich mich im Zusammenhang
des Multiversums betrachte, wie oft bin ich?

Offline Aedin Madasohn

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Hier zeichnet sich dann schon etwas das Problem mit dem "Götter erhalten Macht durch Verehrung" ab.

- aufrichtige Verehrung der jeweiligen Patron deity als die "sauberste und nachhaltigste" Art der "Macht fließt zurück an die Gottheit"
- konform zu einem "Gleichgewicht/Harmonien/Mysterim_von_Kha/Weltenbauplan" wie_auch_immer
- "nur" darauf zu setzen ist jetzt auch ein Zeichen, zum Team "gut" zu gehören

im Gegensatz dazu

- Raub von "(Lebens)kräften/Macht" aka göttlicher/kultischer Vampirismus/Blutmagie/Opferkult. Aussaugen des ganzen Landes bis zur Wüste.
- "Angst" als dunkler Zwilling der hellen "Macht durch Verehrung", davon leben dann die "bösen Götter"
- "böse" Götter wollen Menschen vernichten, weil sie "dann" ja auch nicht mehr die guten Götter verehren können  ;) . quasi verbrannte Erde hinterlassen
- "böse" Götter unterstützen "böse Menschen" nur als Werkzeuge zur Schwächung der "guten Ordnung". Wegwerfagenten quasi, die bedenkenlos geopfert werden, um einzig "Angst" unter den anderen Menschen zu verbreiten.

Offline Eismann

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Ich meine mich daran zu erinnern, dass die Azteken ihren Göttern so massiv geopfert haben, um sie zu ernähren, da sie sonst schlecht gelaunt sind und die Übel der Welt (Dürre, Überflutungen, Ernteausfall) über die Menschen bringen.

Ich würde im Umgang mit "bösen" Göttern daher erwarten, dass entweder
a) man für sie opfert und ihnen in den göttlichen Arsch kriecht, um sie zu besänftigen
oder
b) man ihnen zur Ablenkung Sündenböcke zuführt, an denen sie ihren Zorn ausleben können. Wird beispielsweise ein Kind geboren, stellt man den Göttern stattdessen ein Huhn als "Kind" vor, das man dann irgendwo "entsorgt". Wenn das im alten Testament funktioniert, sollte das auch in Fantasysettings klappen.

Bei a) sind die Götter quasi korrupt und lassen sich besänftigen/bezahlen, bei b) kann man sie austricksen. Ist halt die Frage, ob einem das bei etwas Göttlichem so ins Bild passt.

Vielleicht ginge auch noch c), indem man sich einfach vor den Göttern versteckt, ihre Namen nicht nennt, um keine Aufmerksamkeit zu erwecken etc.

Offline Feuersänger

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Ich meine mich daran zu erinnern, dass die Azteken ihren Göttern so massiv geopfert haben, um sie zu ernähren, da sie sonst schlecht gelaunt sind und die Übel der Welt (Dürre, Überflutungen, Ernteausfall) über die Menschen bringen.

Wie ich schon oben in meinem ersten Beitrag schrob: solche Vergleiche sind mE eine Sackgasse, da du hier reale Götter in der Phantasiewelt mit Phantasiegöttern in der realen Welt vergleichst. Was die Azteken getan oder gelassen haben spielt KEINE Rolle, da es die Götter denen sie aus welchen Gründen auch immer geopfert haben NICHT GIBT.

Am ehesten könnte ich mir das in Fantasyland vorstellen, wenn es dort _nur_ solche Psychopathengötter gibt. Aber wenn eine eine Auswahl aus diversen Guten und Bösen Göttern habe, dann würde ich - so rein intuitiv - doch lieber dem Guten Gott opfern, damit er mich vor dem Bösen beschützt. Dann weiss ich auch, dass die Energie die ich ihm zuführe, nicht verwendet wird um noch mehr Unheil über die Welt zu bringen.
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Offline Eismann

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Es ist für mich eher eine Mindsetfrage. Für die Azteken waren sie ja subjektiv real.

Und wenn es gute wie böse gibt: Wenn die nicht gerade in offener und aktiver Feindschaft gegeneinander stehen, warum dann nicht auf beiden Partys tanzen? Für die gute Ernte bei der guten Fruchtbarkeitsgöttin opfern und zum Schutz vor Ungeziefer, Überflutung oder Dürre bei dem fiesen Krampengott.
Am Ende ist es halt auch die Frage, wie die Götter jeweils zueinander stehen. Bilden Gut und Böse eine Einheit, oder sind sie sich spinnefeind und wenn man mit dem einen handelt, ist man beim anderen unten durch?

Offline Doc-Byte

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Mein letztes (und bisher auch einziges) DIY Fantasysetting ist Jahre her, aber soweit ich mich erinnere, hab ich das da ziemlich offen gelassen bzw. keine real existierenden Götter gesetzt. Die übernatürlichen Kräfte der Priesterschaft war schlichtweg eine andere Form von Magieanwendung als die der Magier, basierte aber letztlich auf der selben Grundlage. - Wobei es in diesem Setting allerdings auch ein gut gehütetes Geheimnis war, dass potentiell jeder zum Magieanwender ausgebildet werden konnte, auch wenn natürlich manche mehr Begabung mitbekommen haben, als die meisten anderen. Aber grundsätzlich war es eine reine Frage des Wissens um die magischen Techniken... Zumindestens war das mal zu irgendeinem Zeitpunkt der Setting-Entwicklung so gesetzt, ob ich das später noch mal verändert habe, müsste ich nachlesen, aber das spielt ja auch keine Rolle in Bezug auf die Frage nach den Göttern in diesem Setting. -> Die gab es einfach nicht. (Dafür allerdings "Dämonen", aber anderes Thema.)
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"Zauberpriester" sind eh noch mal ein Stichwort für sich. Den D&D-Kleriker, der sich seine Zaubersprüche einfach täglich aus dem göttlichen Automaten zieht, sehe ich tatsächlich bestenfalls mit einem lachenden und einem weinenden Auge; da stelle ich persönlich die Beziehung zwischen Priester (oder gelegentlich auch sonstigem Anbeter) und seiner Lieblingsgottheit doch lieber auf eine etwas "normalere" Grundlage und lasse statt dessen solche Geistliche, die das wollen und mit ihrem jeweiligen Dogma vereinen können, einfach selber passende "weltliche" Magie erlernen. Wofür insbesondere größere Tempel, Klöster und dergleichen sowieso halbwegs passende Orte sind, denn meistens sammelt sich in denen im Lauf der Zeit schon auf ganz natürliche Weise so einiges an Wissen und Traditionen.

Offline Feuersänger

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Am Ende ist es halt auch die Frage, wie die Götter jeweils zueinander stehen. Bilden Gut und Böse eine Einheit, oder sind sie sich spinnefeind und wenn man mit dem einen handelt, ist man beim anderen unten durch?

Das ist jetzt insofern eine interessante Perspektive, als es für mich mit meiner Fantasy-Sozialisierung erstmal ganz selbstverständlich ist, dass Gute und Böse Götter sich meistens spinnefeind sind und ein Großteil ihres Engagements zum Ziel hat, der anderen Seite ans Bein zu pinkeln. Auch wenn nicht jeder mit jedem verbündet oder verfeindet ist.
Liest man zB ein Who-is-who der Götter von Faerun oder Golarion, stehen da in der Regel Einträge zu Verbündeten und Feinden, und wenn es da überhaupt Fälle von Freundschaften zwischen einer Guten und einer Bösen Gottheit geben sollte (mir fällt aus dem Stand keine ein), sind sie zumindest sehr selten. Selbst Geschwister sind da bittere Feinde, wenn sie in gegenüberliegenden Enden des Alignment-Pools stehen (zB Tymora und Beshaba).

Klar, es ist mitnichten ein Naturgesetz dass das in jedem Setting so sein _muss_. Aber gerade bei der absoluten Moralität der D&D-Kosmologie wäre es schon sehr strange, wenn das anders wäre. Ich sag mal so, wenn zwei Gottheiten gegeneinander Schach spielen mit Sterblichen als Figuren, aber dabei eigentlich befreundet sind und das wirklich nur als Spiel sehen -- dann ist keine dieser Gottheiten "Gut".

Mag was anderes sein, wenn man Gut und Böse als reine Team-Marker betrachtet, als wären es grüne und lila Schärpen. Aber das ist halt schon sehr platt und war auch nach meinem Verständnis niemals so gedacht, zumindest seit es das zweiachsige Gesinnungssystem gibt.
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Sie könnten auch einfach zwei Seiten eines Prinzips sein. Werden und Vergehen, Wachstum und Verfall, Hitze und Kälte, Wetter und Unwetter etc. Teile, die sich vielleicht auch mal in den Haaren liegen, aber am Ende nicht ohne einander können.
Oder sie rangeln zwar miteinander, aber man wohnt halt trotzdem zusammen im Olymp.

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Und wenn es gute wie böse gibt: Wenn die nicht gerade in offener und aktiver Feindschaft gegeneinander stehen, warum dann nicht auf beiden Partys tanzen? Für die gute Ernte bei der guten Fruchtbarkeitsgöttin opfern und zum Schutz vor Ungeziefer, Überflutung oder Dürre bei dem fiesen Krampengott.
Am Ende ist es halt auch die Frage, wie die Götter jeweils zueinander stehen. Bilden Gut und Böse eine Einheit, oder sind sie sich spinnefeind und wenn man mit dem einen handelt, ist man beim anderen unten durch?

Ironischerweise kann ich mich gerade nicht an wirklich so viele Beispiele einer "klaren" Gut/Böse-Einteilung von Göttern aus den polytheistischen Mythenwelten, die mir so untergekommen sind, erinnern. Die sind meist recht einfach "Leute wie du und ich", komplett mit Freundschaften, Rivalitäten und so weiter, aber anders als beispielsweise bei Zoroaster sieht man einfach gar keinen dahinterliegenden großen kosmischen Dualismus -- und ein und dieselbe Gottheit kann absolut heute in dieser Situation großzügig und morgen in einer anderen ein komplettes Arschloch sein (fast wie im richtigen Leben ;)).

Insofern, und auch noch ein paar anderer Kritikpunkte an dem Konzept insgesamt halber, gebe ich meinen Göttern lieber halbwegs ausgearbeitete Persönlichkeiten, als mich mit so was wie "Gesinnungen" überhaupt groß herumzuschlagen. Selbst wenn's unter den Göttern eines bestimmten Settings ausdrücklich verfeindete Camps geben sollte, bringt es mir mehr, konkret zu wissen, warum die existieren und welche Ziele ihre Mitglieder jeweils verfolgen, als ihnen jeweils nur mit schwarzer oder weißer Farbe auf die Stirn zu tippen.

Offline Ruinenbaumeister

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Eine weitere Möglichkeit, böse Götter zu erklären: Sie haben eigentlich ältere Rechte als die Menschen und ihre Absichten sind den Interessen der Menschheit entgegengesetzt, aber sie lassen sich vorübergehend durch Opfergaben besänftigen.

Vor tausend Jahren war dies die heilige Aue der Elfengöttin Baumliebiel. Uralte Baumriesen säumten den Fluss, Einhörner grasten am Ufer und die Luft war von uralter Magie erfüllt. Alles lebte in der ewigen Harmonie von Werden und Vergehen. Dann kamen die Menschen. Sie schnitten in die Rinde der Bäume und töteten sie so, um Weideland für ihre Tiere zu gewinnen. Aus dem Holz bauten sie sich Häuser. Sie verjagten die Einhörner und trieben ihre Schweine durch den Wald, damit sie Eicheln fräßen. Die Magie erlosch und der Zorn der Elfengöttin wuchs mit jedem Jahr. Einst, es war gerade der Frühling angebrochen, ließ sie den Fluss über alle Maßen anschwellen. Da wurden Häuser, Tiere und Menschen fortgerissen und wer nicht auf einem Hügel geflohen war, der starb elendig. An jenem Tage wurden die letzten der uralten Baumriesen entwurzelt und von der Flut mitgerissen. Die heilige Aue war tot und der Geruch der Verwesung erfüllte noch wochenlang das Land. Da reute die Elfengöttin, was sie getan hatte, doch zürnte sie den Menschen noch immer und schwor sich, jeden Menschen zu vernichten, der es wagen sollte, ihr heiliges Land zu betreten.

Bald kehrten die Menschen zurück. Sie bauten sich armselige Hütten auf den Hängen. Bald trieben sie wieder ihre Tiere durch die Aue, wenngleich es weit weniger waren als vorher. Als es Frühjahr wurde, wollte die Elfengöttin erneut den Fluss anschwellen lassen, doch da stieg ihr ein strenger Geruch in die metaphysische Nase: Ein Mensch hatte ihr ein Brandopfer dargebracht. Ein Geruch, der ihre Nase beleidigte und in ihr erneut die Wut wachsen ließ - doch dann erinnerte sie sich daran, was das letzte Mal geschehen war. So fasste sie einen neuen Plan: Sie sandte dem Menschen, der ihr geopfert hatte, einen Traum. Bald wusste dieser, was er zu tun hatte.

Heute ist die Reiche Aue, wie die Menschen sie nennen, die Kornkammer eines blühenden Imperiums. Der Fluss ist bezähmt, er führt stets genug Wasser für die Schifffahrt und die Fischer machen reichen Fang. In ihrer Mitte jedoch liegt der heilige Hain, den die Menschen nur einmal im Jahr betreten dürfen, um der Göttin Baumliebiel ein Opfer darzubringen, das ihr gefällig ist - meist einen Menschen. Wer jedoch den Hain zu einem anderen Zeitpunkt betritt, gar ein Tier dort weiden lässt oder sich an einem Baum vergreift, und sei es nur, um sich einen Wanderstecken zu schnitzen, der bringt Unglück über das gesamte Reich.
« Letzte Änderung: 23.07.2024 | 22:42 von Ruinenbaumeister »
Und wenn ich mich im Zusammenhang
des Multiversums betrachte, wie oft bin ich?

Offline Feuersänger

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Sie könnten auch einfach zwei Seiten eines Prinzips sein. Werden und Vergehen, Wachstum und Verfall, Hitze und Kälte, Wetter und Unwetter etc. Teile, die sich vielleicht auch mal in den Haaren liegen, aber am Ende nicht ohne einander können.

Hmmmh, da wäre für D&D-Zwecke vielleicht sinnvoll, sie als zwei getrennte und gleichberechtigte Aspekte darzustellen, die dann auch auf unterschiedliche Namen hören, aber zur selben Entität gehören. Der Gedanke an sich gefällt mir ganz gut, gerade weil es die ganze Sache noch etwas komplexer und weniger Abziehbildhaft macht, und es kann ja an sich nicht schaden wenn die Götter für uns Sterbliche etwas schwerer zu durchschauen sind.
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"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Offline Tudor the Traveller

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Speziell bei Settings mit D&D-Kosmologie hat aufsteigen, und dann soll es nicht daran
Die drei Bösen Hauptgottheiten habe ich mir ehrlich gesagt noch nicht so genau überlegt bzw schwanke noch. Es gibt zum einen eine Art Bane/Sauron, der ganz Lawful-Evil mit eiserner Faust herrschen will und Unterwerfung verlangt, und eine Chaotic-Evil "Mother of Monsters", die die Zivilisation auslöschen will.
Beim Neutral-Evil Posten bin ich mir noch nicht sicher wie sich das darstellen soll; vllt im Gegensatz zu CE nicht nur die Auslöschung der Zivilisation, sondern allen Lebens?

Hier zeichnet sich dann schon etwas das Problem mit dem "Götter erhalten Macht durch Verehrung" ab. Der LE-Gott könnte aktiv von bösen Herrschern verehrt werden, die ihre Untertanen zwingen ihm ebenfalls Opfer darzubringen. Bei der CE sind es vermutlich vor allem nicht-zivilisierte Spezies, aus denen sie ihre Kraft zieht. Aber wie baue ich den NE als Drohkulisse auf, wenn doch nur maximal komplette Psychopathen so einen Allvernichter aktiv verehren dürften.

Naja, da wäre doch klassisch die Gottheit der Untoten noch frei. Anhängern wird in Aussicht gestellt zu höheren Untoten gemscht zu werden und somit unsterblich und potentiell mächtig zu sein. Das ist dann üblicherweise ein Sammelbecken der Verzweifelten und Todgeweihten. Und eventuell von Leuten, die sich auf der Verliererseite sehen und es der etablierten Ordnung heimzahlen wollen. Dazu ein paar exzentrische Intellektuelle, die Untod abfeiern... so ungefähr ist die böse Göttin in meinem Setting drauf.
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Offline Eismann

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Hmmmh, da wäre für D&D-Zwecke vielleicht sinnvoll, sie als zwei getrennte und gleichberechtigte Aspekte darzustellen, die dann auch auf unterschiedliche Namen hören, aber zur selben Entität gehören. Der Gedanke an sich gefällt mir ganz gut, gerade weil es die ganze Sache noch etwas komplexer und weniger Abziehbildhaft macht, und es kann ja an sich nicht schaden wenn die Götter für uns Sterbliche etwas schwerer zu durchschauen sind.

Menschen haben meist ein paar typische Themen, die für sie in Religionen wichtig sind, von daher kommt da meist eben ein gewisses Klischee bei rum.

Online Zed

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So ist's in unserer DnD-artigen Kampagne

Vor den Gottheiten war das Universum
Als das Feste sich vom Gasförmigen trennte und das Helle vom Dunklen war das Universum geformt. Die Kräfte hatten noch kein Bewusstsein, denn es gab noch keine Gottheiten, die die Kräfte repräsentierten.

Vor den Gottheiten war das Leben
Eine noch verhüllte Schöpfungsmacht brachte den „Funken des Lebens“ in die Welt Aon. Nun traten Geburt, Schlaf und Tod zu Licht und Dunkelheit, Stein und Luft hinzu. Die Lebewesen begannen sich weiter zu entwickeln, und mit Humanoiden hielt zum ersten Mal „Bewusstsein“ Einzug ins Universum.

Die Humanoiden, wie die Elben, Zwerge und Menschen, liebten manche Kräfte und fürchteten andere. Sie personifizierten die Kräfte als Gottheiten, und Gottheiten wurden real. Ja, die Sterblichen waren vor den Gottheiten in der Welt. Die Sterblichen sind der Ursprung der Gottheiten.

Gefühle der Sterblichen formen die Gottheiten
Liebe, Ehrfurcht und Angst der Menschen sind wichtigsten Gefühle, die diese göttlichen Personifikationen „am Leben“ halten. Mit der Weiterentwicklung der Kulturen wurden nach und nach weitere Themen („Kräfte“) verehrt oder gefürchtet, wie Schönheit, Krankheiten, die Jagd, die Fruchtbarkeit, die Gemeinschaft, der Zorn. Durch diese Anbetung/Befürchtungen formten sich weitere Gottheiten.

Die Gottheiten geben Magie zurück
Die Personifikation alleine machte die Wesenheiten noch nicht zu Gottheiten, sondern ihre Fähigkeit, ihre Priester:innen mit Magie auszustatten. Magische Geschenke wie Heilungen verstärken die Liebe der Gläubigen zu einigen Gottheiten, ebenso wie die Angst vor manchen Kräften, die wiederum durch bedrohliche Magie weiter geschürt wird, die zerstörerischen Gottheiten stärkt. Dies ist ein sich selbst erhaltener Kreislauf von Macht.

Alle Gläubigen wissen, dass es viele Gottheiten gibt. Für keine Gottheit ist es ein Problem, wenn ein Schäfchen mal zeitweise eine „befreundete“ Gottheit verehrt.

Wie präsent sind Gottheiten?
Seit dem Kataklysmus vor 27.000 Jahren sind die Gottheiten entrückt. Sie wirken nie direkt auf Aon, sondern durch hohe Klerikale oder rätselhafte, halbphysische Avatare (meist Tiere). Nur wenige Gläubige kennen wirkliche Teile ihres Willens.

Die Gottheiten untereinander
Die Gottheiten wissen, dass sie ihre opponierenden Gottheiten nie ganz vernichten können – denn die Kräfte, die sie repräsentieren, sind ja auch nicht zu vernichten – und darum streben sie das auch nicht an. Die Göttin der Geburt und die Göttin des Todes haben nur wenig Konfliktpunkte, sie anerkennen, dass sie beide existieren müssen, und existieren so schlicht nebeneinander. Der Einfluss einiger Gottheiten fluktuiert – in Pestzeiten ist der Gott der Krankheiten dominant, doch irgendwann wird die Göttin der Heilung wieder die Oberhand gewinnen.

"Böse" Gottheiten – und die Gläubigen können ihre Gottheit zu einem Teil selbst interpretieren
Wirklich „böse“ Gottheiten gibt es eigentlich nicht. Die Göttin des Todes zB hat kein genuines Interesse qualvollem Sterben. Der Berserker- und Sturmgott wird manchmal angefleht, ein Land oder ein Schiff im Orkan zu verschonen, aber er wird ein anderes Mal auf um wütende Kraft gebeten, Feinde zu besiegen. Hiltor ist als Sonnengott in den gemäßigten Zonen der Gott des Lichtes und der Gerechtigkeit, aber äquatorialen Gegenden wird seine sengende Sonne und ihre Unerbittlichkeit, mit der sie in kürzester Zeit Lebewesen verdorren lassen kann, gefürchtet.

Nur eine Gottheit erfordert theologische Gedankenakrobatik, um ihre Existenz zu rechtfertigen: Hexantor, der Gott der Seuchen, des Siechens, des Verderbens. Warum sollten Hexantors Klerikale durch die Welt ziehen, um Krankheit und Schrecken zu verbreiten?

Zum einen kann man Hexantor anbetteln, dass er das eigene Haus vor der Pest verschont. Das stärkt ihn auch, und manchmal gibt er vielleicht nach. Zum anderen – so wurde sich in theologischen Fakultäten geeinigt – ist sein Zweck, die Sterblichen daran zu erinnern, dass es immer schlimmer kommen kann, und dadurch die Sterblichen „zu trainieren“, sich auf schlimme Situationen vorzubereiten und sie zu überwinden.

„Befreundete“ Gottheiten
Um zu wissen, wo unterschiedliche Gottheiten an einem Strang ziehen, kann man sich anschauen, welche der vier Eigenschaften Emotion, Natur, Zivilisation, und Krieg ihnen zugeordnet sind. So teilen die Götter Bamork (Sturm & Berserker), Hiltor (Licht, Gerechtigkeit und Ritter) und Hexantor (Siechtum, Krankheit) die Weltanschauung „Krieg“. Dadurch kann es sein, dass in einer Armee Klerikale aller drei Götter zusammenarbeiten.

Hiltor wird zusätzlich die Weltanschauung „Zivilisation“ zugeschrieben (Gerechtigkeit), während Bamork zusätzlich für „Emotion“ (Wut) steht. In Auseinandersetzungen, in denen sich „Zivilisation“ und „Emotion“ gegenüberstehen, sind Klerikale dieser beiden Gottheiten dann auf entgegengesetzten Seiten zu finden.

Spezialfälle und die Integration der Kirchen in die Gesellschaften lasse ich jetzt beiseite.
« Letzte Änderung: 24.07.2024 | 00:56 von Zed »
Diesen Sonntag ist Einreichschluss - und viel Schreibarbeit muss es gar nicht sein: Notiere Deinen besten Abenteuer-Einstieg, den Spielgruppen unbedingt weiterspielen wollen und der SLs inspiriert.

Offline Feuersänger

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Achja noch ein Nachtrag bezüglich "Wird es (von den Guten Göttern und ihren Kirchen) toleriert, wenn normale Leute Böse Götter anbeten, um von deren Zorn verschont zu bleiben?":
--> Denke mal, wenn Team Gut die Leute nicht vor besagtem Zorn schützen kann, wird ihnen gar nichts anderes übrig bleiben als das zu tolerieren. Das wäre ja, als würde man nochmal durch das Gesetz bestraft, wenn man sich erpressen oder ausrauben lässt, anstatt dass die Polizei sich schämt einen nicht vor den Kriminellen beschützt zu haben.

Naja, da wäre doch klassisch die Gottheit der Untoten noch frei. Anhängern wird in Aussicht gestellt zu höheren Untoten gemscht zu werden und somit unsterblich und potentiell mächtig zu sein. Das ist dann üblicherweise ein Sammelbecken der Verzweifelten und Todgeweihten. Und eventuell von Leuten, die sich auf der Verliererseite sehen und es der etablierten Ordnung heimzahlen wollen. Dazu ein paar exzentrische Intellektuelle, die Untod abfeiern... so ungefähr ist die böse Göttin in meinem Setting drauf.

Ja, das wäre in der Tat eine Idee, ist notiert.

Der Aufstieg einer solchen Gottheit könnte dann in meinem Setting für die Guten Götter den Ausschlag gegeben haben, sich mit der düsteren Morrigan (entspricht Wee Jas, also Tod & Magie) zu verbünden - immerhin ist die sehr humorlos was die Störung der Totenruhe und Erschaffung von Untoten anbelangt. Gut, sie ist auch sonst sehr humorlos, aber nobody's perfect.  ;D
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