Um nicht einen falschen Eindruck zu erwecken: Ich möchte gar nicht für moralische Schwarz-Weiß-Schemata argumentieren, weder in der Realität noch in Phantasiewelten. In zweiteren braucht es auch ein wenig Augenmaß, damit es nicht zu schematisch wird. Aber ich möchte mich schon dafür aussprechen, dass eine relativ klare Orientierung vieles im Spiel erleichtert. Ich möchte außerdem (das ist eine persönliche Präferenz) im Spiel meist keine moralischen Dilemmata haben. Das kann
Mal und in Maßen ganz hilfreich sein, aber ein ständiges Lavieren zwischen Schmutz und Elend möchte ich nicht - dem will ich ja gerade entkommen.
Man kann das ander sehen - über den gewünschten und erträglichen Grad von Fynsterkeit im Rollenspiel gab es ja hier auch schon viele Diskussion.
Speziell bei Robinson Crusoe kann ich mich eigentlich an gar keine rechte Schwarz-Weiß-Zeichnung erinnern. Robinson verbringt Jahre auf seiner Insel komplett allein -- Freitag kommt erst deutlich später dazu --, und daß er als einzelne Person einschlägigen in größerer Anzahl auftretenden "Wilden", denen er als Weißer unter diesen Umständen eh nicht recht traut und mit denen auch Freitag seinerseits verfeindet zu sein scheint, lieber aus dem Weg geht, braucht auch keine Gut/Böse-Kennung.
Was es natürlich immer gerne gibt, ist eine protagonistenzentrierte Moral. Die "Helden" der Geschichte sind klassischerweise die "Guten", egal, was sie anstellen, und Rechtfertigungen für ihr Handeln lassen sich insbesondere aus ihrer Perspektive leicht finden. Aber das ist dann halt nicht wirklich dasselbe wie eine "objektive" Gut-Böse-Schiene, sondern einfach nur wieder die Logik des Hexenjägers aus dem Beispiel.
Ich meine, bei Robinson Crusoe kommen am Ende Schiffbrüchige (und auch Piraten?) vor, die in ihrer moralischen Entwicklung bewertet werden. Und auch die Äußerungen über die "Wilden" sind stark moralisch geprägt. Habe das aber nicht geprüft. Vielleicht ist das Beispiel wirklich nicht gut. Ansonsten nehmen wir als Beispiel für moralische Schwarz-Weiß-Malerei vielleicht lieber die
Schweizer Familie Robinson (wobei das den Nachteil haben könnte, dass es keiner kennt).
Ich würde meinen, dass es einen Unterschied macht, ob es um die Darstellung des Innenlebens der Figuren in postmoderner Relativität geht, oder ob es um ein Lehrstück geht, in dem der Autor auch genau diese Ansicht verbreiten möchte.
Und dann gibt es natürlich die naive Herangehensweise, nämlich die, dass man genretypische Setzungen akzeptiert. Und das bedeutet, dass man, in weiten Teilen, eine vereinfachte, naive Version der moralischen Vorstellungen der eigenen Lebenswelt auf die Spielwelt projeziert. Also so tut, als würde diese Moral funktionieren und die dann überträgt. Das ist das, was - meine ich - für Rollenspiel am besten funktioniert. Die Differenzierung (wenn man so möchte "Aufklärung") hat der Spielbarkeit von Inhalten im Rollenspiel eher nicht gut getan, finde ich.
Ein Beispiel für wirklich recht hart schwarzweiße Moral wären, denke ich, die Chroniken von Narnia...und selbst da ist es mehr ein Fall von "Du bist entweder für Aslan oder gegen ihn, dazwischen gibt's nix!", denn so einiges von dem, was Möchtegern-Jesus-in-Löwenform und seine Anhänger im Lauf der Romane anstellen, ist seinerseits nicht ganz unfragwürdig. Aber das ist halt C.S. Lewis auf seinem schriftstellerischen Kreuzzug.
Ja, ist ein gutes Beispiel.