Autor Thema: Konstruktive Kritik zu Rollenspielprodukten - wie sieht sie aus?  (Gelesen 1345 mal)

aikar und 8 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline Arkam

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Die nachfolgende Diskussion ergab sich ursprünglich im Thread: Gedanken: Die nachlassende Lust, etwas beizutragen. schneeland

Hallo zusammen,

zu meinen Paranoia Missionen, siehe https://www.tanelorn.net/index.php/topic,114002.200.html oder direkt https://drive.google.com/drive/folders/1lRD3Vapzj11h-pAoT9r7_wX_0MrK9aJm?ths=true habe ich bisher leider, das Paranoia RPG ist zwar bekannt aber selten gespielt, nur ein Mal ausführliches Feedback bekommen.
Das war kritisch und ich fand die Kritik recht harsch. Aber als ich dann damit begonnen habe die kritisierten Punkte, vor allem im Layout, zu korrigieren habe ich festgestellt dasder Kritiker durchaus recht hatte.
Ich glaube ich hätte mir erst eine kleine Anerkennung "Schön das du etwas gemacht hast und es Anderen zur Verfügung stellst." und dann erst die Kritik gewünscht.

Gruß Jochen
« Letzte Änderung: 14.01.2025 | 19:10 von schneeland »
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Online Mr. Ohnesorge

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Verstehe ich. Das würde ich mir auch wünschen.
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Offline flaschengeist

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+1, auch mir fällt es sehr viel leichter Kritik anzunehmen, wenn sie in wertschätzend bzw. sozial kompetent vorgetragen wird. Und gleichzeitig habe ich wie Arkam in den vielen Jahren der DuoDecem Entwicklung nicht selten harsches Feedback bekommen, das in mir zwar zunächst bis heute Abwehrreflexe auslöst, aber oft eine zweite Betrachtung wert war. Seitdem versuche ich die Haltung einzuüben, dass solche Kritik auch eine Art der Anerkennung sein kann.
Gleichzeitig denke ich, dass ein Übermaß an harscher Kritik die Schaffenslust beschädigen kann. Manch harscher Kritiker tendiert zu einer (unbewussten) Annahme, die in etwa lautet: "Ich bin lieber authentisch/direkt/offen als unauthentisch/überangepasst/konfliktscheu". Daraus resultiert dann häufig eine verletzende Direktheit und es wird nicht gesehen, dass offen und empathisch kommunizieren gar kein Widerspruch ist. Ich kann nämlich sehr wohl erstmal herausstellen, was mir (authentisch!) an einem Werk gefällt, bevor ich auf meine Kritik zu sprechen komme.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Online aikar

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Was für die einen dünnheutig ist, ist für die anderen empathisch und nicht mehr bereit, jeden toxischen Mist zu akzeptieren.

Zu den Like it-Buttons: Ich war da auch immer eher skeptisch, aber ich habe bei der Ankündigung des Myranor-Crowdfundings gemerkt, was das um macht. Die Leute schreiben eher, wenn sie sich beschweren wollen, nur selten, wenn sie zufrieden sind. infolge waren viele Kommentare negativ, was schon sehr unangenehm war. Bis zu dem Zeitpunkt, als mir klar wurde, dass die Masse der Kommentare von der selben Handvoll Leute stammte und deutlich mehr einfach nur mit einem wortlosen Like reagiert hatten.
« Letzte Änderung: 12.01.2025 | 08:33 von aikar »
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Offline Skaeg

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Bei konstruktiver Kritik ist die Reihenfolge:
1.) Das Positive sagen.
2.) Zu den kritikwürdigen Punkten kommen.
3.) Verbesserungs/Änderungsvorschläge einbringen (dabei Ichbezogenheit wie "Ich hätte es so gemacht/mache es immer so" vermeiden).

Lernt man eigentlich in jedem Pädagogikseminar oder in Management/Menschenführungsschulungen.
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Offline Jiba

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Bei konstruktiver Kritik ist die Reihenfolge:
1.) Das Positive sagen.
2.) Zu den kritikwürdigen Punkten kommen.
3.) Verbesserungs/Änderungsvorschläge einbringen (dabei Ichbezogenheit wie "Ich hätte es so gemacht/mache es immer so" vermeiden).

Lernt man eigentlich in jedem Pädagogikseminar oder in Management/Menschenführungsschulungen.

Wenn man es denn lernen will. Arguably kommt man ja als Führungsperson, die all das nicht beherzigt, in unserer Welt relativ weit. Wenn nicht sogar weiter.  ;)

Und im Online-Diskurs wird das Gegenteil (ob algorithmengetrieben oder nicht) auch eher strukturell gefördert als die konstruktive Kritik.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Runenstahl

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Ich würde noch einen Punkt 4 hinzufügen: Am Ende nochmals das Positive hervorheben. Wirkt einfach schöner wenn man mit einem Lob endet als mit Gemaule. Das wirkt dann leicht wie "fand ich sehr gut ABER..." und Leute haben gelernt alles vor dem "Aber" zu ignorieren.
"Reading is for morons who can't understand pictures"
   Gareth (aus der Serie "Galavant")

Online aikar

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Ich würde gerne bei so vielen Texten hier einfach Daumen hoch geben  ;D
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Offline Galatea

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Bei konstruktiver Kritik ist die Reihenfolge:
1.) Das Positive sagen.
2.) Zu den kritikwürdigen Punkten kommen.
3.) Verbesserungs/Änderungsvorschläge einbringen (dabei Ichbezogenheit wie "Ich hätte es so gemacht/mache es immer so" vermeiden).

Lernt man eigentlich in jedem Pädagogikseminar oder in Management/Menschenführungsschulungen.
Vor allem auch Kritik logisch und nachvollziehbar strukturieren.

Das ist das Problem -> Deshalb ist es ein Problem -> Mögliche Lösungen (mit Vor- und Nachteilen der jeweiligen Optionen).

Es ist erstaunlich wie viele Menschen nicht in der Lage sind ihre Probleme und Ideen klar auszudrücken.
We should respect all forms of consciousness. The body is just a vessel, a mere hull.

Offline flaschengeist

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Vor allem auch Kritik logisch und nachvollziehbar strukturieren.

Das ist das Problem -> Deshalb ist es ein Problem -> Mögliche Lösungen (mit Vor- und Nachteilen der jeweiligen Optionen).

Es ist erstaunlich wie viele Menschen nicht in der Lage sind ihre Probleme und Ideen klar auszudrücken.

Die Hürde, nicht nur zu kritisieren, dass eine Lösung Schwächen hat, sondern auch eine besser Alternative vorzuschlagen, würde viel Kritik verstummen lassen. Denn perfekte Lösungen gibt es an vielen Stellen gar nicht (z.B., weil oft verschiedene Güter wie Einfachheit und Optionsvielfalt abgewogen werden müssen).
Andererseits kann, gerade bei komplexen Problemen, der Kritiker durchaus auf einen "Mangel" hinweisen, denn aber nur der Entwickler aufgrund seiner größeren Expertise sinnvoll beseitigen kann. Insofern halte ich persönlich Kritik schon dann für ok, wenn sie nur die Punkte 1+2 aus Skaegs Aufzählung berücksichtigt. Wenn dann noch Punkt 3 mit Substanz hinzukommt, ist es natürlich ein Träumchen.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Skaeg

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Vor allem auch Kritik logisch und nachvollziehbar strukturieren.

Das ist das Problem -> Deshalb ist es ein Problem -> Mögliche Lösungen (mit Vor- und Nachteilen der jeweiligen Optionen).

Es ist erstaunlich wie viele Menschen nicht in der Lage sind ihre Probleme und Ideen klar auszudrücken.
Das ist natürlich auch absolut korrekt und wichtig. Kritik muss begründet und vor allem nachvollziehbar sein, damit sie konstruktiv ist.
Aber auch gut durchdachte und klar strukturierte Kritik sollte in der Ansprache erst nach dem Lob kommen.
Aus psychologischer Sicht ist es in mEn jedem Fall zu vermeiden, gleich mit dem Negativen anzufangen, da es demotiviert und Konfrontation erzeugt.
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Offline Weltengeist

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Die Hürde, nicht nur zu kritisieren, dass eine Lösung Schwächen hat, sondern auch eine besser Alternative vorzuschlagen, würde viel Kritik verstummen lassen.

Daran glaube ich nicht. Die meisten Nörgler wissen ganz genau, was sie anders haben wollen. Was sie nicht wissen (und was daher in ihrer "konstruktiven Kritik" auch keinen Niederschlag finden würde) sind die Tradeoffs, die der schöpferisch Tätige bei seinem Werk eingehen musste.

Man kann z.B. leicht sagen "Die Illus sind scheiße, schau doch mal bei XY, wie die das machen" - wenn ich nicht das Budget von XY habe (oder XY das mit KI macht und ich das nicht nutzen will oder darf), dann nützt dieser "Tipp" halt nichts. Oder der Weltengeist nörgelt rum, dass schon wieder Elfen, Zwerge und Orks im Setting rumlaufen, aber er weiß natürlich nicht, welche Vorgaben der Autor vom Verlag bekommen hat. Und überhaupt finden ja alle, dass sich der Autor mehr Mühe mit allem Möglichen geben sollte, wenn man doch üppige 19,99 € für die popeligen 64 Seiten bezahlt hat - und sind sich meist nicht bewusst, dass der Autor da zwar einen halben Mannmonat dran gesessen hat, von dem Geld aber wenig bis nichts zu Gesicht bekommt, weil Rollenspielautoren ja (zumindest in Deutschland) eher eine Art Ehrenamtliche sind.

Klar gibt es auch mal Leute, die wirklich einen Durchblick haben und konstruktives Input liefern können. Aber bei den meisten basiert die geäußerte Kritik doch eher auf "ich hätte aber gerne", und die ist dann meist nicht sonderlich hilfreich.
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Offline nobody@home

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Das ist natürlich auch absolut korrekt und wichtig. Kritik muss begründet und vor allem nachvollziehbar sein, damit sie konstruktiv ist.
Aber auch gut durchdachte und klar strukturierte Kritik sollte in der Ansprache erst nach dem Lob kommen.
Aus psychologischer Sicht ist es in mEn jedem Fall zu vermeiden, gleich mit dem Negativen anzufangen, da es demotiviert und Konfrontation erzeugt.

Am besten paßt wahrscheinlich eine Art von Sandwichstruktur: fang positiv an und hör so auf, und pack das Negative in die Mitte. Ist natürlich erst mal auch "nur" ein "billiger" Kunstgriff, aber wenn's der besseren Kommunikation dienlich ist...
« Letzte Änderung: 12.01.2025 | 14:14 von nobody@home »

Offline Weltengeist

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Am besten paßt wahrscheinlich eine Art von Sandwichstruktur: fang positiv an und hör so auf, und pack das Negative in die Mitte. Ist natürlich erst mal auch nur ein "billiger" Kunstgriff, aber wenn's der besseren Kommunikation dienlich ist...

Das lernt man ja immer in Kommunikationskursen, ich bin aber nicht überzeugt, dass das wirklich stimmt. Die Psychologie sagt nämlich auch, dass die meisten Menschen aus einem Gespräch nur EINE Information mitnehmen - tendenziell die ganz vom Anfang oder die ganz vom Ende. Und wenn ich dann die Sandwich-Struktur verwende, dann bleibt primär hängen: "Der fand das toll, was ich mache"... :think:
« Letzte Änderung: 12.01.2025 | 14:33 von Weltengeist »
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Offline KhornedBeef

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Das lernt man ja immer in Kommunikationskursen, ich bin aber nicht überzeugt, dass das wirklich stimmt. Die Psychologie sagt nämlich auch, dass die meisten Menschen aus einem Gespräch nämlich nur EINE Information mitnehmen - tendenziell die ganz vom Anfang oder die ganz vom Ende. Und wenn ich dann die Sandwich-Struktur verwende, dann bleibt primär hängen: "Der fand das toll, was ich mache"... :think:
Ja gut, im ersten Moment. Aber wenn jemand tatsächlich gezielt Kritik durchwatet, um weiter an seinem Projekt zu feilen, liest die Person das ja zweckorientierter, oder ein zweites Mal. Vorausgesetzt er/ sie hat noch Bock danach ;)
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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Paßwächter

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Bis zu dem Zeitpunkt, als mir klar wurde, dass die Masse der Kommentare von der selben Handvoll Leute stammte und deutlich mehr einfach nur mit einem wortlosen Like reagiert hatten.
Likes gibt es hier nicht - aber zumindest bei den Spielberichten würde ich sagen, tausende Aufrufe dürften nicht alle beim Schreiben zusammenkommen. Die könnte man also schon auch als indirektes Kompliment werten  :).

Online aikar

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Was sie nicht wissen (und was daher in ihrer "konstruktiven Kritik" auch keinen Niederschlag finden würde) sind die Tradeoffs, die der schöpferisch Tätige bei seinem Werk eingehen musste.
Jup. Ich erlaube mir hierzu mal ein Selbstzitat  ;) https://uhrwerk-verlag.de/myranor-werkstattbericht-2-november-2024/

Runterscrollen bis zu Myranor - Der große Kompromiss.
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Offline Weltengeist

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Jau - genau das :d
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Offline HEXer

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Daran glaube ich nicht. Die meisten Nörgler wissen ganz genau, was sie anders haben wollen. Was sie nicht wissen (und was daher in ihrer "konstruktiven Kritik" auch keinen Niederschlag finden würde) sind die Tradeoffs, die der schöpferisch Tätige bei seinem Werk eingehen musste.

Man kann z.B. leicht sagen "Die Illus sind scheiße, schau doch mal bei XY, wie die das machen" - wenn ich nicht das Budget von XY habe (oder XY das mit KI macht und ich das nicht nutzen will oder darf), dann nützt dieser "Tipp" halt nichts. Oder der Weltengeist nörgelt rum, dass schon wieder Elfen, Zwerge und Orks im Setting rumlaufen, aber er weiß natürlich nicht, welche Vorgaben der Autor vom Verlag bekommen hat. Und überhaupt finden ja alle, dass sich der Autor mehr Mühe mit allem Möglichen geben sollte, wenn man doch üppige 19,99 € für die popeligen 64 Seiten bezahlt hat - und sind sich meist nicht bewusst, dass der Autor da zwar einen halben Mannmonat dran gesessen hat, von dem Geld aber wenig bis nichts zu Gesicht bekommt, weil Rollenspielautoren ja (zumindest in Deutschland) eher eine Art Ehrenamtliche sind.

Klar gibt es auch mal Leute, die wirklich einen Durchblick haben und konstruktives Input liefern können. Aber bei den meisten basiert die geäußerte Kritik doch eher auf "ich hätte aber gerne", und die ist dann meist nicht sonderlich hilfreich.

Ich bin kein Freund des Dogmas Kritik müsse immer konstruktiv sein. Höflich, freundlich und hilfreich? Asolut! Gerne! Aber hilfreich ist nicht gleich konstruktiv. Wenn jemanden etwas an einem Produkt oder einer Dienstleistung stört, dann finde ich darf man das auch sagen. Auch wenn man selbst gerade keine kluge Idee hat, wie es besser sein könnte. Wenn mir ein Wein zu einem Essen nicht schmeckt, darf ich dem Kellner das höflich sagen. Wenn etwas bei einem Handwerkerauftrag nicht gut läuft oder fehlerhaft ist, dann darf ich das auch sagen. Auch wenn ich nicht den blassesten Schimmer von deren Job habe. Das sind dann die Profis, die ich für eine Lösung bezahle. Bei Rollenspielen sehe ich das ähnlich. Und selbst bei kostenlosen Fan Publikationen "bezahlt" man ja irgendwie auch mit Aufmerksamkeit und Lob. Wer etwas veröffentlicht, bekommt dafür ja immer etwas zurück, auch wenn es nicht monetär ist.

Ist es besser, wenn die Kritik auch konstruktiv ist? Häufig ja (aber auch eben nicht immer). Darf man sie trotzdem auch unkonstruktiv loswerden? Ich finde, ja.
"There's a HUGE difference between green ooze and yellow goo..."
- Dr. K. Righte, xenobiologist, on asteroid Y-14 (Mothership)

Offline Weltengeist

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Wer etwas veröffentlicht, bekommt dafür ja immer etwas zurück, auch wenn es nicht monetär ist.

Und da sind wir bei meiner ursprünglichen Aussage zu diesem Thread: Nein, das ist nach meiner Erfahrung leider häufig nicht so. Da gilt ganz oft das Prinzip: "Nicht gemeckert ist genug gelobt". Die Wahrscheinlichkeit (und die Drastik), mit der sich die Unzufriedenen melden, ist leider eine andere als die Wahrscheinlichkeit (und Deutlichkeit), mit der sich die Zufriedenen in die Diskussion einbringen. Und nein, "ich hab's ja runtergeladen, das muss doch als Feedback reichen" ist eben nicht sonderlich befriedigend.
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Offline HEXer

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Ich sehe das nicht ganz so wie du, aber ich kann gut nachvollziehen, was du meinst. Wichtiger war mir aber der Punkt, dass Kritik nicht konstruktiv sein muss, um positiv zu sein. Natürlich macht der Ton die Musik.
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Offline Fulko

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Und da sind wir bei meiner ursprünglichen Aussage zu diesem Thread: Nein, das ist nach meiner Erfahrung leider häufig nicht so. Da gilt ganz oft das Prinzip: "Nicht gemeckert ist genug gelobt". Die Wahrscheinlichkeit (und die Drastik), mit der sich die Unzufriedenen melden, ist leider eine andere als die Wahrscheinlichkeit (und Deutlichkeit), mit der sich die Zufriedenen in die Diskussion einbringen. Und nein, "ich hab's ja runtergeladen, das muss doch als Feedback reichen" ist eben nicht sonderlich befriedigend.

Ich bin seit ca 1993 Fanziner und 1995 aktiver Musiker und muss dem Weltengeist beipflichten: Positives Feedback ist ein arg seltenes Tier, dass sich zumeist unter dem Tisch oder dem Bett versteckt. Man muss es schon rufen und dann hoffen, dass es erscheint...
"Der Mensch ist ein Wesen, dessen Schöpfung nur ein halber Erfolg war. Er ist nur ein Entwurf von etwas." (Gottfried Benn)

Offline Fulko

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Natürlich macht der Ton die Musik.

Das wird immer viel zu selten angewandt... :(
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Offline Yney

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Ich finde sowohl HEXer als auch Weltengeist haben hier nicht unrecht: Kritik kann oft vielleicht auch gar nicht positiv sein, wenn da nunmal etwas schief hängt / unglücklich formulirt /umständlich dargestellt ist. Das„ich hab es doch runtergeladen“ wird den eigenen inneren Motor, weiter zu machen nur wenig anwerfen, wenn es mit evtl. scharf formulierter Kritik kombiniert ist. Man muss sich nicht in Lobhymnen ergehen, aber den Schaffenden zurückspiegeln, dass man den Einsatz schätzt, hilft auch ungemein, es verdaulich zu verpacken.

Eine Sache, die ich in letzter Zeit im entsprechenden thread für mich persönlich festgestellt habe ist auch die inhaltliche Art der Kritik. Ich denke da gibt es zwei verschiedene Varianten (vielleicht auch mehr):
  • Kritik der Art: „Ich will das aber anders haben“ oder „Das macht XYZ aber besser, mach es so“ ist persönliche Vorliebe und Meinung (die jedem gestattet ist). Als sehr hilfreich empfinde ich das nicht, denn da kommt schnell jede Art von Vorliebe auf den Tisch. Ich persönlich tue mich dann da ausgesprochen schwer, in so einem Gemisch das zu erkennen, was mir weiter hilft. Das soll kein Vorwurf sein, nur eine Feststellung. Denn obwohl das dann schwer fällt hat sich da ja jemand Zeit genommen und darüber nachgedacht – auch eine Art von Wertschätzung.
  • Begründete und eher sachliche Kritik: „Ich denke, das könnte man besser erkennen, wenn …“, die es schafft, sich von den eigenen Vorlieben ein wenig zu lösen bzw. diese als eigene Ansicht klar darstellt.

Vielleicht verbirgt sich hinter diesen beiden Punkten ein wenig die Motivation der Kritik übenden Person: Im einen Fall will man etwas für sich, im anderen eher für das Produkt. Aber das ist vermutlich auch etwas vereinfacht betrachtet.

Ich bitte ja auch immer wieder um Meinungen bei meinem Gebastel und bekomme da sehr hilfreiche Rückmeldungen. Dabei merke ich auch immer wieder, wie man sich selbst überwinden muss, das nicht persönlich zu nehmen (denn in den seltensten Fällen ist es so gemeint). Schaffe ich das (man bekommt Übung), dann ist es oft ein echter Gewinn. Und das eine oder andere Lob nebenbei tut natürlich besonders gut ;)

Offline Skaeg

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Und selbst bei kostenlosen Fan Publikationen "bezahlt" man ja irgendwie auch mit Aufmerksamkeit und Lob. Wer etwas veröffentlicht, bekommt dafür ja immer etwas zurück, auch wenn es nicht monetär ist.
Aufmerksamkeit? Selten. Lob? Oft springen dir die Leute eher mit dem nackten Arsch ins Gesicht.

Man kann jetzt darüber diskutieren, ob Kritik immer konstruktiv sein sollte oder nicht. Ich denke schon - selbst bei einer bezahlten Dienstleistung möchte ich doch zumindest, dass der Kritisierte seine Leistungen verbessert. Die Alternative ist halt, einfach Frust abzulassen und sich besser zu fühlen, indem man andere sich schlechter fühlen lässt. Das ist effektiv Kritik als Bestrafung. Lässt man sich, wenn man sich um seine sauer verdienten Kröten betrogen fühlt, zu hinreissen, okay.

Aber bei Gratis-Fanmaterial stellt sich die Frage meiner Meinung nach überhaupt nicht. Wenn ich da nichts Konstruktives sagen kann, sollte ich gar nichts sagen. Destruktive Kritik nach oben erläutertem Muster "Bestrafung" heißt, dass ich jemanden dafür bestrafe, dass er mir gratis etwas zur Verfügung stellt, von dem glaubt, dass es einen kreativen Wert hat. Und das ist halt... naja. Diverse Adjektive.
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