Ich habe beruflich oft mit Kritik zu tun, sowohl gebend als auch nehmend. Das ist, in beide Richtungen, nicht immer angenehm.
Oft kommt nützliche Kritik in knapp - und damit auch etwas harsch - formulierter Weise. Man hat was davon, sich die trotzdem anzuschauen.
Aber natürlich nicht immer. Es gibt ja auch die erwähnten Fälle, in denen einfach nur jemand Frust ablassen will, vielleicht sogar völlig am Thema vorbei.
Vieles von dem, was hier (zu Recht!) als Verhaltensweise angemahnt wurde, fällt unter die Rubrik "freundlicher Umgang miteinander". Ich denke, das ist auch Konsens.
Gut finde ich auch den Ansatz, dem Kritiknehmer die Annahme einfacher zu machen, indem man "auch was nettes schreibt".
Gleichzeitig kann man das, meine ich, nicht als zu erwartenden Mindeststandard heranziehen, einfach weil das nicht übliche Praxis ist und Leute vielleicht einfach gar nicht wissen, dass sie auf diese Art schreiben sollen. Entsprechend finde ich es unnötig hart, das vorauszusetzen und einzufordern. Werde das aber für mich zum Anlass nehmen, selbst mehr darauf zu achten und das auch anderen empfehlen.
Was - zumindest für mein Empfinden - sehr viel helfen kann, ist auch, wenn Kritik einerseits betont, dass es sich um einen Eindruck handelt, der auch falsch liegen kann. Und andererseits auch, wenn ein bisschen Kontext geliefert wird, so dass nachvollziehbar wird, wie der Kritikgeber auf seine Schlüsse kommt. Der Kritiknehmer hat ja bereits etwas von sich preisgegeben, da fühlt es sich dann oft "fair" an, wenn der Kritikgeber das auch tut. Anders gesagt: Offener Umgang mit Schwachstellen.
Dem widerspreche ich eben schon. Konkret: Auf ein (möglicherweise noch gar nicht erkanntes) Problem hinzuweisen, ist konstruktiv, auch wenn man selber keine Lösung anbieten kann.
Das sage ich auch aus eigener Erfahrung. Gerade beim Schreiben von Regeln fällt aufgrund einer gewissen Betriebsblindheit oft erst Dritten auf, wenn eine Mechanik einen unerwünschten Nebeneffekt hat, mit einer anderen Mechanik kollidiert oder an gewissen Punkten ins Nichts läuft. Darauf aufmerksam gemacht zu werden, ist wichtig und wertvoll, auch wenn der Kritiker/Spieltester erstmal keine eigene Idee hat, wie das Problem zu beseitigen ist.
Ja, das habe ich beim Mitlesen auch schon ein paar Mal gedacht: Natürlich kann ich ein Problem finden und auch ansprechen, ohne eine Lösung zu haben. Alles andere wäre absurd, zumal es für manche Probleme gar keine (gute) Lösung gibt.
Ich würde sogar so weit gehen, dass Kritik aus einem "Bauchgefühl" heraus nützlich ist. Im Beispielfall also z.B. wenn ich zwar nicht genau sagen kann, was da mathematisch nicht funktioniert, aber den Eindruck habe, dass sich das "nicht richtig" anfühlt.
Würde meinen, das es auch in der Verantwortung desjenigen liegt, der die Kritik bekommt (und haben möchte), diese zu steuern. Z.B. durch Nachfrage. Schließlich ist es meist der Autor, der den Text und die Idee dahinter am besten kennt.