Autor Thema: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter  (Gelesen 694 mal)

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Offline Gerrit

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Da ich gerade ChatGPT Plus abonniert habe und Wege suche, die 20€ zu rechtfertigen, habe ich mal versucht ChatGPT ein PDF-Abenteuer für mich leiten zu lassen.
Ich bin sicher nicht der erste, der auf diese Idee gekommen ist, aber hier sind meine Eindrücke:

Ich hatte ChatGPT auf meinem Handy und Bluetooth Kopfhörer auf. So konnte ich frei mich mit der KI beim Arbeiten unterhalten. Ich lud ein Fantasy-Abenteuer als PDF in ChatGPT hoch (das ich schon kannte und das ich demnächst leiten wollte) und bat ChatGPT, es für mich noch einmal zusammenzufassen um zu prüfen, ob der Inhalt "verstanden" (besser: erfasst) wurde.

Dann bat ich die KI darum, das Abenteuer für mich als Spielleiter zu leiten. Es kamen Rückfragen nach Spieleranzahl, Charakterwahl, Spielstil (kampforientiert, taktisch, erzählerisch) und ob ich selbst würfeln würde.
Ich entschied mich für: Ein Charakter aus dem Anhang des Heftes, erzählerischer Spielstil und dass für mich gewürfelt wird.

Dann ging es erstaunlich akkurat los. ChatGPT erzählt einen Teil der Geschichte und gibt mir dann Handlungsmöglichkeiten zur Auswahl, so ähnlich wie in einem Choose-your-your-wo-Abenteuerheft. An die muss man sich aber dann so gar nicht halten, was ja die Stärke dieser Art von KIs ist.
Ich fand sehr organisch einen NPC, ein Zwerg, der als Sidekick an meiner Seite ab da war (die KI arbeitete für mein Gefühl etwas darauf hin). Gemeinsam sind wir nach mehreren NPC-Gesprächen losgezogen, das Quest zu erfüllen.  Die Story wurde insgesamt sehr kompetent vorgetragen.
Auf der Reise zu unserem Zielort wurden zwei von vier optionalen Begegnungen ausgespielt, wie sie im PDF stehen. Allerdings, was wohl am erzählerischen Spielstil liegt, gibt es immer die Möglichkeit, Kämpfe zu umgehen. Diese Lösungsansätze wurden mir hier regelrecht aufgedrängt.

ChatGPT behaupter öfter, dass man eine Probe ablegen muss, ich habe aber nie eine vermasselt (ich habe ja die KI würfeln lassen). Und die Fertigkeiten waren teilweise erfunden, auf die "geprobt" wurde.
Nach einer Pause habe ich dann weitergespielt. Leider hat die KI ab einem gewissen Punkt angefangen, ein wenig zu haluzinieren. So sollten die Höhlen am Ende eigentlich fast leer sein, weil sich alle Bösen irgendwo anders sammeln. Aber da waren ganze Horden von Gegnern und die Motivation der Oberschurken war für die KI leider auch nicht ganz klar. Allerdings, wenn ich das Abenteuer nicht gekannt hätte, hätte ich mir darüber kaum Gedanken gemacht.
Schön war auch, dass ein Encounter, der im PDF als ziemlich mysteriös beschrieben wurde (also die Kreatur), auch genau so im Spiel blieb (also mysteriös). Ein weiteres Highlight war, dass die KI einen Goblinspäher wie einen (Klischee-)Goblin sprechen ließ.

Insgesamt also eine sehr befriedigende Erfahrung. Ich konnte im Grunde ein Gruppenabenteuer mit Abstrichen als Soloabenteuer spielen, ohne dass alles komplett generisch von der KI erfunden wurde.

Ich habe dann gleich ein zweites PDF (für ein anderes System) hochgeladen und erklärt, dass die Startstadt des 2. Abenteuers die Startstadt des ersten Abenteuers ist.  An meiner Seite waren dann sofort der Zwerg und die Frau, die wir im ersten Abenteuer befreit hatten.
Allerdings war dieses zweite Abenteuer schnell enttäuschend: Zwar war die Prämisse richtig, aber von da an wurden keine Handlungspunkte und Verwicklungen mehr wirklich beachtet. Der Drache am Ende lebte auch nicht in einer alten Burg (was Original-Plot mal wichtig war), sondern in einer klassischen Drachenhöhle.

Mit dem zweiten Abenteuer (ein Splittermond-Abenteuer) habe ich dann einen zweiten Versuch gestartet.
Diesmal wählte ich den taktischen Ansatz als Spielstil und lies mir einen Charakter generieren. Diesmal schien es zu klappen: Der Anfang wurde absolut korrekt dargestellt und der erste Kampf wurde gleich mit Tickleiste geführt und toll beschrieben (ob das mit den Ticks dann genau so stimmte, weiß ich jetzt nicht, vermutlich nein, da die KI auch immer nur mit einem W10 würfelte.)
Allerdings ist der Kampf im Abenteuer stark gerailroaded und die KI schafft es nicht (auch nicht beim nächsten Versuch), das so umzusetzen, so dass die Voraussetzung für den Rest des Abenteuers gegeben ist (der Gegner sollte mit einem McGuffin fliehen, was er leider nicht tat). Allerdings hatte ich hier endlich auch mal "Würfelpech" und starb sogar im Kampf.


Da ich an mein Limit mit den ChatGPT-Anfragen gekommen bin, war es das dann auch erstmal für mich.

Ich wüsste gerne, wie die KI bei einem sandboxigen Abenteuer funktioniert (das waren bisher zwei Einstiegsabenteuer mit klarer Story). Ich habe den Verdacht, dass es ähnlich abläuft: Der Anfang wird als Prämisse gut umgesetzt und ab einem gewissen Punkt wird es immer mehr zum Freestyle der Spielleiter-KI.

Vielleicht hat jemand Erfahrungen und kann kurz etwas dazu schreiben.

Meine Hoffnung im Moment wäre, dass man in ein paar Jahren so weit ist, dass man eine große Kampagne originalgetreu nachspielen kann und sich das Ganze weniger (wenn auch zunächst im positiven Sinne) nach dem Mythic-Gamemaster-Emulator-Abenteuer anfühlt, der ja ganz bewusst ständig neue Assoziationen und Anknüpfungspunkte generieren will. Allerdings mag ich die Idee, der KI einen Startpunkt zu geben und ein paar Ideen (ich finde Abenteuerideen der KI fast immer furchtbar generisch).
« Letzte Änderung: 29.01.2025 | 22:06 von Gerrit »

Online ghoul

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #1 am: 29.01.2025 | 19:23 »
Zitat
Allerdings ist der Kampf im Abenteuer stark gerailroaded und die KI schafft es nicht (auch nicht beim nächsten Versuch), das so umzusetzen, so dass die Voraussetzung für den Rest des Abenteuers gegeben ist (der Gegner sollte mit einem McGuffin fliehen, was er leider nicht tat). Allerdings hatte ich hier endlich auch mal "Würfelpech" und starb sogar im Kampf.

Das heißt also, die KI war besser als der Autor des SpliMo-Abenteuers.
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Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.

Offline Gerrit

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #2 am: 29.01.2025 | 21:27 »
Das heißt also, die KI war besser als der Autor des SpliMo-Abenteuers.
;) Könnte man jetzt bös so auslegen. Aber das ist ein Abenteuer, das Anfänger voll an die Hand nehmen soll und ist wohl intendiert (hat imho hier auch seine Berechtigung).

Was ich mich aber Frage ist, ob man durch geschicktes Prompting die KI dazu bekommen könnte, solche Plotlinien hinzubiegen oder wenigstens sie dazu bekommt, ein Abenteuer so zu lenken, das gewisse Punkte erreicht werden im Verlauf, so dass eine verwinkelte Geschichte erzählt werden kann.

Offline Megavolt

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #3 am: 29.01.2025 | 21:32 »
Sau cooles Experiment, bitte dranbleiben und uns auf dem Laufenden halten. Magst du verraten, welches SpliMo Abenteuer das war?
afuera!

Offline sma

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #4 am: 30.01.2025 | 00:10 »
Ein paar Random Comments zum OP Beitrag:

* Cool! Mehr davon :)

* Vor sieben Monaten hatte ich mal dies probiert. Ihr seht den minimalen Prompt. Daher mäanderte die Geschichte auch so dahin, dafür waren wir auch mehrere Spieler.

* Neulich sah ich auf HN auch eine Master-Arbeit zu dem Thema. Ich habe mir aber immer noch nicht die Zeit genommen, das zu lesen.

* Kann man auch als Bezahlkunde an ein Limit kommen? Das habe ich bislang noch nie geschafft. Ich nutze das offenbar noch nicht intensiv genug :)

* Das einzige Gedächtnis, das eine ChatGPT-Session hat, ist das sogenannte Kontextfenster, das ca. 100.000 Token (100k) umfasst, was so ungefähr 66.000 Wörtern entspricht. Davon geht dann der Inhalt des PDFs ab und der Rest ist dann die Diskussion. Damit die Diskussion nicht abbricht, vergisst ChatGPT dann die ältesten Punkte, meine ich.

Das wird sich auch in Zukunft nicht groß ändern, da LLM um so teurer zu betreiben sind, je größer das Kontextfenster ist.

Aktuell wäre eine Alternative, Claude 3.5 zu benutzen, dessen Kontextfenster bis zu 200k beträgt, allerdings bekommt man auch als zahlender Kunde immer nur so viel, wie sie bei aktueller Server-Auslastung anbieten wollen und wenn man das Ende erreicht, stoppt die Diskussion einfach. Sehr frustrierend.

Google gibt damit an, für sehr viel Geld auch eine Gemini-Version mit 1M Kontextfenster anzubieten, aber da kann eine Antwort dann schon mal 1-2 Minuten dauern und man kann das weniger als Diskussion sehen. Die akzeptable Zeit, die eine Antwort dauert beschränkt also auch die Größe.

* Dedizierte Systeme könnten sich selbst Zusammenfassungen der Gesprächshistorie merken und so nur partiell vergessen, und dann wieder selektiv erinnern, indem man mit so einem Erinnerungsfetzen als Schlüssel in einer externen Datenbank die Details nachschlägt und wieder in das Gespräch einfließen lässt, aber das müsste man bauen und läuft natürlich allen Komfort-Funktionen der etablierten Tools hinterher.

* Zu beachten ist, dass ChatGPT meines Wissen keinen echten Zufall kann. Manchmal kann man beobachten (wenn man Code Interpreter aktiviert hat) dass sich die KI ein kleines Python-Programm schreibt um damit etwas Zufälliges zu tun. Anthrophic (die Macher von Claude) haben ein Protokoll erdacht, mit dem man (auch lokal) die KI um Agenten erweitern kann, die dann im Antwortprozess aufgerufen werden können, z.B. um zu würfeln.

* Was Sandboxes angeht, würde ich vorschlagen, entweder Zufallstabellen bereitzustellen oder erst explzit erstellen zu lassen, idealerweise mit echtem Zufall von extern. Man muss auch bedenken, dass LLMs nicht planen oder im Voraus denken können, sondern aus dem Augenblick heraus Sätze bilden. O1 von openAI oder R1 von Deepseek können nachdenken. Diese könnte man zunächst einmal einen Plan für die Sandbox und jeden interessanten Schauplatz machen lassen und dann im zweiten Schritt verbindungen herstellen lassen und die Konsistenz prüfen und dann ggf. nochmal alles anpassen lassen. Das passiert aber natürlich sichtbar im Chat. Auch hier würde ein dediziertes Tool helfen, was hier den Spieler nicht mitlesen lässt. Und wenn man das hat, kann man natürlich wieder den Ansatz fahren, das die KI nur grob Bescheid weiß und Details zu einem Schauplatz nur bei Bedarf nachschaut. Statt einer langen Diskussion hat man damit quasi immer nur einzelne Anfragen, für die dann extern ein Gedächtnis mitgeführt wird – ein bisschen so, wie aktuell die Agenten für die Software-Entwicklung funktionieren, die sich auch heraus suchen, welche Dateien eines Projekts sie sich anschauen müssen, um gerade genug informiert zu sein, um die gewünschte Aufgabe zu lösen (was so gefühlt in 50% der Fälle klappt).

* Ich würde sagen, mit ChatGPT (oder dem Chat eines anderen LLMs) wird es auch in Zukunft nicht möglich sein, eine Kampagne (und dann auch noch eine große, sprich eine, die viel Erinnerung braucht) nachzuspielen. Ich denke, ein Dungeon-Crawl ist da realistischer, einfach weil der Kontext stärker eingeschränkt ist.

Ich würde aber auch sagen, dass wir dedizierte Tools bekommen werden, die in diese Richtung gehen. Wenn es mich nicht eh schon verwundern würde, wie schwer sich WotC damit tut, endlich ihren Deluxe-VTT fertig zu stellen, würde ich sagen, der KI-DM kommt als nächstes. Wahrscheinlicher kommt das aber von Roll20 – wenn die mit einer Idee und einem Prototypen einige Millionen VC-Geld auftreiben – oder von Foundry, denn beide Plattformen würden massiv von einem KI-DM profitieren.

Offline Gerrit

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #5 am: 30.01.2025 | 12:23 »
Danke für die Kommentare und die vielen Infos.

* Vor sieben Monaten hatte ich mal dies probiert. Ihr seht den minimalen Prompt. Daher mäanderte die Geschichte auch so dahin, dafür waren wir auch mehrere Spieler.

Ja, so antwortet die KI auch bei mir in etwa. Ich habe aber immer nur einen Charakter gespielt. Im ersten Abenteuer hat die KI den zweiten Charakter (der sehr passiv war) selbst "gesteuert".

* Neulich sah ich auf HN auch eine Master-Arbeit zu dem Thema. Ich habe mir aber immer noch nicht die Zeit genommen, das zu lesen.
Habe ich jetzt nicht gelesen, mir aber eine kurze Zusammenfassung geben lassen.    Schade, dass nicht mehr Stichproben gemacht wurden auch mit anderen Settings (wobei ja jede Stichprobe mit jeweils einer Rollenspielrunde extrem aufwendig ist).
Wäre spannend gewesen, den Prompt zu verändern und z.B. nach mehr Spannung zu fragen. Als etwas random Vergleich: Beim Mythic Gamemaster Emulator kann man, wenn ich mich recht erinnere, die Tabellen vertauschen, um mehr Horror zu haben (z.B.).


* Kann man auch als Bezahlkunde an ein Limit kommen? Das habe ich bislang noch nie geschafft. Ich nutze das offenbar noch nicht intensiv genug :)
Scheinbar. Man hat wohl nur eine bestimmte Anzahl von Anfragen innerhalb eines 3-Stunden-Fensters.

* Das einzige Gedächtnis, das eine ChatGPT-Session hat, ist das sogenannte Kontextfenster, das ca. 100.000 Token (100k) umfasst, was so ungefähr 66.000 Wörtern entspricht. Davon geht dann der Inhalt des PDFs ab und der Rest ist dann die Diskussion. Damit die Diskussion nicht abbricht, vergisst ChatGPT dann die ältesten Punkte, meine ich.
Ja, das ist wohl wirklich der Punkt, warum die Session dann irgendwann abreißt und unzusammenhängend wird. Aber die Technik und die Speicherkapazität wächst ja im Moment fast exponentiell. Von daher bleibe ich hier mal optimistisch (zumindest was KI-Spiele angeht).
Und danke für die Tipps mit den anderen Dialogmodellen.

Offline Gerrit

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #6 am: 30.01.2025 | 12:31 »
Ich habe jetzt nochmal drei Versuche gemacht mit verschiedenen Spielarten von Abenteuern. Ein Solospiel, ein klassischer Hexcrawl und eine Sandbox. Die Abenteuer-PDFs waren teilweise auf Englisch, aber ich konnte alles so spielen, als wäre es auf Deutsch geschrieben.
Ich versuche meine Erfahrungen kurz zu beschreiben:

Das Solospiel:

Es ist ein kleines, klassisches "Choose-your-own-Adventure"- Abenteuer mit unter 50 Abschnitten. Ich habe die KI gebeten, das Spiel für mich zu leiten, und es hat erstaunlich gut funktioniert.
Was auffiel, war, dass die KI die Abschnitte sinhaft wiedergab und mich korrekt die nächsten Abschnitte wählen lies, aber die Texte immer etwas umformulierte. Aber wir gingen ganz souverän durch die Abschnitte, wie es vorgesehen war. Die KI übernahm das Inventarmanagemt und das Mitschreiben der Lebens- und Manapunkte.
Ich habe dann (in alter Textadventure-Manier) angefangen auch alternative, unvorhergesehene Aktionen einzugeben: Einmal spielte die KI das in einem Abschnitt aus, verwies dann aber wieder auf die vorherigen Entscheidungen. Ein zweites Mal sprang sie irgendwie an eine Stelle zurück, an der ich schonmal war.
Als ich völligen Unsinn eingab ("Springe auf den Mond"), reagierte sie wie ein genervter Spielleiter und beschrieb, wie mich eine magische Kraft nach oben zieht, wie ich den Kontinent von oben sehe und endete mit "Ob er dort ankommt? Ob er jemals zurückkehrt? Niemand wird es je erfahren. Ende."

Also hier im Grunde ein voller Erfolg.

Der Hexcrawl:

Es handelte sich um ein altes Abenteuer in einem SciFi-Setting. Die KI las das PDF und fragte, nach welchen Regeln ich es spielen möchte (es gibt mittlerweile mehrere Editionen des zugehörigen Rollenspiels).
Des Weiteren wollte die KI wissen, ob ich direkt starte oder erst eine Einführung liefern soll, die mich in die im Heft beschriebene Situation bringt. Und es kam wieder die Frage ob ich das Spiel erzählerisch spielen will oder mit Würfeln und allem.

Zuerst wollte ich es nach Regeln spielen. Aber jeder Absatz endete mit Entscheidungen wie: "Du kannst jetzt versuchen ...: Dazu machst du eine Probe auf Navigation gegen 7."
Daher bat ich die KI später, auf einen erzählenden Spielstil zu wechseln.

Das Spiel hielt sich genau an die Geschichte, soweit ich es gespielt habe. Ich musste mein Raumschiff reparieren lassen und dazu drei Orte auf dem Planeten untersuchen. Im Spielheft gibt es hier Hexkarten.
Das Spiel lies mich entscheiden, welchen Ort und ich zuerst anpeilen sollte und spielte dann auch ganz korrekt eines der Zufallsereignisse, die im Buch durch die Hexe definiert sind, in jedem Detail aus.

Als wir am ersten Ort ankamen, war auch alles genau so, wie im PDF beschrieben.

Auch hier ein echter Erfolg (bis zu diesem Punkt).


Die Sandbox:

Ich habe ein altes Sandbox-Heft genommen in einem Fantasy-Setting. Es beschreibt die Gegend der Spielwelt, die Kulturen, Fraktionen, Probleme,... und gibt am Ende noch ein paar Abenteuer-Hooks.
Es dauerte etwas, bis ich die KI dazu brachte ein Abenteuer in dieser Umgebung zu leiten (der Prompt war dann: "Kannst du als Spielleiter für mich ein Abenteuer aus dem Buch leiten, mit dem Hintergrund des Heftes?").
Die KI fragte mich, welchen Charakter ich spielen wolle oder ob sie mir drei Vorschläge machen solle.
 Ich bat um Vorschläge: Sie gab mir drei Abenteurer mit ihrer hervorstechendsten Eigenschaft, ihrem Background und ihrer Motivation. Alle drei waren völlig unterschiedlich, ergaben aber vor dem Hintergrund des Szenarios absolut Sinn. Ich entschied mich für eine "Wissenshüterin", die folgend beschrieben wurde (um einen Eindruck zu geben):

Eine Magierin, die alte Schriften und Legenden über das den Minhas-Kult studiert.
Sie ist in die Hauptstadt Maleren gereist, um Hinweise auf eine verschwundene Schriftrolle zu finden, die angeblich die verbotenen Rituale von Malu beschreibt.
Doch kaum angekommen, merkt sie, dass sie beobachtet wird...

 
Ich starte vor der Bibliothek und erfahre, dass sie geschlossen ist, da gestern eingebrochen wurde. Ich finde einen Weg hinein und suche nach Hinweisen auf die Tat.
Hier ist die Passage, die sich daraus entwickelte (um ein Beispiel für den Stil der KI zu geben):

Der Tatort

Das Skriptorium, ein langer Saal mit steinernen Lesetischen und alten Buchrollen, ist unheimlich leer. Du siehst dunkle Flecken auf dem Boden – das Blut des Opfers.
Auf einer der Steinplatten entdeckst du eine eingeritzte Inschrift:
„Malu erhebt sich. Der Nebel ruft.“
Neben der Inschrift liegt eine zerrissene Notiz. Du bückst dich und liest:
"Der Tempel unter Maleren… die dunkle Kammer... sie suchen das... (der Rest ist unleserlich)."

Ein plötzlicher Windhauch fährt durch den Raum, obwohl es keine Fenster gibt. Die Kerzen beginnen zu flackern, und aus den dunklen Regalen hörst du ein leises, schabendes Geräusch – als ob etwas zwischen den Büchern kriecht.
Dann ein Flüstern – direkt hinter dir.
"Warum bist du hier?"

Deine Optionen:
    Drehe dich sofort um und konfrontiere die Präsenz.
    Bleibe ruhig und untersuche weiter die Umgebung.
    Greife nach einer magischen Schutzformel aus deinem Gedächtnis.
Was tust du?

(meine Eingabe)-> Ich sage, ich suche die Wahrheit.


Szene 4: Das Flüstern der Schatten

Deine Stimme hallt leise durch das Skriptorium. „Ich suche die Wahrheit.“
Für einen Moment ist es still. Dann, aus den Schatten zwischen den Regalen, kommt das Flüstern zurück – dieses Mal klarer, fast… amüsiert.
"Die Wahrheit... sie liegt unter deinen Füßen. Doch wirst du sie ertragen?"
Ein Windhauch fährt durch den Raum, und vor dir fallen plötzlich mehrere alte Bücher aus einem der Regale. Sie schlagen schwer auf dem Boden auf. Einer der Bände bleibt offen liegen – sein vergilbtes Pergament zeigt eine alte Karte von Maleren.
Darauf ist ein Bereich markiert, tief unter der Stadt: „Der Versiegelte Tempel“

Du spürst, wie sich die Luft um dich herum verändert – kühler, schwerer, als ob sich unsichtbare Augen auf dich richten.
"Sie suchen ihn... und du folgst ihnen. Sei gewarnt, Sucherin."
Dann bricht die Stille. Ein Schrei hallt aus der Ferne durch die Bibliothek – von der Eingangshalle!
Meister Rahven!

Deine Optionen:
    Eile sofort zurück zur Eingangshalle, um Rahven zu helfen.
    Untersuche das Buch und die Karte noch genauer, bevor du gehst.
    Nutze einen magischen Zauber, um dich vor möglichen Angriffen zu schützen.
Was tust du?

(meine Eingabe)-> Schnapp dir das Buch und renn' zu Meister Rahven, um ihm zu helfen.


Szene 5: Der Angriff in der Bibliothek

Du schnappst dir das aufgeschlagene Buch mit der Karte und rennst los. Deine Schritte hallen über den kalten Steinboden, während du durch die dunklen Gänge der Bibliothek stürmst.
Als du die Eingangshalle erreichst, siehst du Meister Rahven auf den Knien – sein Stab liegt zerbrochen neben ihm. Vor ihm steht eine dunkle Gestalt in einem langen Umhang. Ihr Gesicht ist in der Kapuze verborgen, aber du siehst, wie ihre Hand über Rahvens Kopf ausgestreckt ist – dunkle Schatten winden sich um seine Schultern, als würden sie ihm das Leben entziehen.
Rahven keucht, seine Augen weiten sich, als er dich sieht. „Tessara… lauf…!“
Die Gestalt hebt den Kopf.
"Zu spät."
Mit einer ruckartigen Bewegung schleudert sie Rahven zur Seite, während sich die Schatten um sie verdichten. Du spürst, dass das kein gewöhnlicher Mensch ist. Die Luft wird schwer, und ein Gefühl von drohender Gefahr durchströmt deinen Körper.


Ich muss zugeben, dass das PDF, das ich verwendete, auf meinem Pile of Shame liegt und ich bisher nur kurz hineingelesen habe. Aber die Stimmung der Welt scheint mir gut eingefangen, die Charaktere und Orte fügen sich bisher gut in das beschriebene Szenerio ein. Und nicht alles, was da erzählt wurde, ist jetzt, soweit ich nachgeschaut habe, direkt irgendwo aus dem PDF entnommen, aber recht passend erfunden
Ich habe aber nicht weit genug gespielt, um zu sehen, wann das vielleicht bricht und die KI anfängt, immer mehr zu haluzinieren.

Soweit meine Spielberichte in der Welt von ChatGPT.



Sma hat es ja oben ausgeführt, warum die Sitzungen irgendwann vermutlich brechen werden (also die KI komplett anfängt zu haluzinieren). Allerdings, wäre der Speicher und die Rechenpower kein Problem (um mal rumzuspinnen), gibt einem die KI schon das Gefühl, dass es theoretisch möglich wäre, eine komplette Welt samt Abenteuern einzuspeisen und dann darin zu spielen. Nach dem Motto: Ich reise im Gespräch mit der KI durch Aventurien und sie hält mir die Welt und den Hintergrund konsistent und Metaplot-konform.
So unterhalte ich mich mit Stoerrebrandt oder komme nach Brig-Lo und stelle fest, dass die Jugendlichen verschwunden sind.  :) Und im nächsten Schritt erstellt die KI aus den Texten eine 3D-Welt, die in sich konsistent bleibt.
Dann würden voll ausgestaltete Spielwelten in der IP evtl. nochmal richtig wertvoll werden. (ok, das ist jetzt SciFi von heute aus gesehen). Ich bin gespannt, was sich hier entwickelt und ob die Verlage da Potenzial heben können, was sma ja schon angedeutet hat.

« Letzte Änderung: 30.01.2025 | 14:27 von Gerrit »

Offline sma

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #7 am: 30.01.2025 | 16:02 »
Ich finde super, dass es für dich gut klappt.

Aber die Technik und die Speicherkapazität wächst ja im Moment fast exponentiell. Von daher bleibe ich hier mal optimistisch (zumindest was KI-Spiele angeht).
Bei obiger Aussage bin ich aber skeptisch. Der Rechenaufwand wächst überproportional zur Kontextfenstergröße und auch die Antwortzeiten wachsen überproportional (ob quadratisch oder noch schlechter weiß ich gerade nicht). Daher werden wir uns asymptotisch einem Plateau nähern. Nix exponentielles Wachstum. Und auch bei den AI-GPUs (NPUs genannt) sagt relativ schnell die Physik, dass sie nicht mehr mitspielen will und dich dann mit Tunneleffekten von Elektronen dafür bestraft, dass die Leiterbahnen zu eng nebeneinander stehen.

Skalieren können wir das nur, wenn wir ein externes Gedächtnis (also eine Datenbank) ins Spiel bringen.

Online Paßwächter

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #8 am: 30.01.2025 | 18:09 »
Ich habe auch schon länger (also ungefähr, seit OpenAI seinen Coup gelandet hat) darüber nachgedacht, wie man eine KI als Spielleiter "installieren" könnte.

Mein derzeitiger Gedankenansatz ist, die KI als "text_i/o" einzusetzen, d.h. ihr hauptsächlich das Entgegennehmen von Texteingaben und die Ausgabe von Text zuzuweisen. Für die Stringenz würde ich ihr einen "Unterbau" verordnen, der z.B. eine Übersicht über die beteiligten Charaktere (SC wie NSC) enthält, einen Überblick über die Handlung (im Sinne einer Log-Datei für das bisher geschehene, den "roten Faden" und einer Liste für die weiteren Möglichkeiten), und einen Zufallsgenerator für simulierte Würfel-Würfe. Der Unterbau würde das Problem der Token-Begrenzungen zumindest ein Stück weit ausgleichen können und hoffentlich auch dazu führen, daß der Fortgang der Handlung sich flüssiger gestaltet.

Zwei Probleme müsste man dann noch angehen: der gespeicherte Informationsumfang darf nicht explodieren, es muß also ausgewählt werden, was "wichtig" ist. Ein "reasoning" könnte dazu helfen, verlängert aber natürlich die Zeit bis zur nächsten Reaktion. Und es braucht, wenn ich die Erfahrungsberichte richtig interpretiere, eine "Funktion", anhand derer die KI bestimmen kann, wann ein Würfelwurf sich sinnvoll einsetzen läßt, welche der Möglichkeiten auch plausibel ist und wie das Ergebnis zu interpretieren ist.

Wenn man Spieler hat, die ohnehin gerne mitdenken, müsste man in jedem Fall auch noch einen Weg finden, deren Vorschläge möglichst sinnvoll einzubeziehen. Man könnte etwa den Spielern die Initiative bei der Entscheidung, ob eine Probe sinnvoll ist und welche, überlassen.

Nichts, was sich nicht machen ließe... wenn bloß die Zeit dafür wäre  :-[.

Offline Gerrit

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Re: Ein PDF-Gruppenabenteuer mit ChatGPT als Spielleiter
« Antwort #9 am: 2.02.2025 | 13:23 »
Ich finde super, dass es für dich gut klappt.
Klar, das ist alles absolut subjektiv und auf gar keinen Fall allgemeingültig. Das muss für andere so gar nicht funktionieren. Plus: Ich neige dazu, schnell euphorisch zu werden. :-) Aber ich bin auch wirklich recht beeindruckt, was da (zumindest in Grundzügen) möglich ist.

Bei obiger Aussage bin ich aber skeptisch. [...] Und auch bei den AI-GPUs (NPUs genannt) sagt relativ schnell die Physik, dass sie nicht mehr mitspielen will und dich dann mit Tunneleffekten von Elektronen dafür bestraft, dass die Leiterbahnen zu eng nebeneinander stehen.
Ja, bei der physikalisch-technischen Seite kenne ich mich zu wenig aus.

[...]ob quadratisch oder noch schlechter weiß ich gerade nicht [...]
Das müsste quadratisch sein, aber immerhin besser als beim Constraint Satisfaction Problem, das mir als Ansatz für so eine Aufgabe, etwas konsistent zu halten, als erstes in den Sinn käme. ;-)
Aber ich stimme da zu, dass sich vermutlich mehr Gedanken machen, als nur zu sagen: "AI, go for it!" Aber Gott, auch wenn sie in diesem Zusammenhang natürlich grundlegend sind, wollte ich keine Diskussion über Aufwandsklassen und physikalische Limitierungen aufmachen.


Für die Stringenz würde ich ihr einen "Unterbau" verordnen, der z.B. eine Übersicht über die beteiligten Charaktere (SC wie NSC) enthält, einen Überblick über die Handlung (im Sinne einer Log-Datei für das bisher geschehene, den "roten Faden" und einer Liste für die weiteren Möglichkeiten), [...]
Ja, das klingt sinnvoll, wäre aber auch wieder Verwaltungsarbeit. Aber andersherum: Die kann die KI (oder halt besser das statistische Sprachmodell) am Ende der Sitzung ja erstellen und als Datei ausgeben. Zusammenfassungen gelingen ja recht gut.
Da wäre ich, falls etwas dazu gelänge, mehr als gespannt über Erfahrungen.


Und am Ende ist immer die Frage, wie gut man auch gepromptet hat und das Erlebnis von der KI zu bekommen, das man möchte. Ich denke, da steckt auch viel Potenzial drin. Ich hatte auch jetzt mehrmals ein ganz unterschiedliches Pacing:
Einmal spielte die KI Ereignisse minutiös bis in das letzte Detail aus, ein anderes mal war es so schnell, wie ich es z.B. bei dem alten DSA-Solo-Abenteuer "Das Geheimnis der Zyklopeninsel" in Erinnerung habe (meine Erinngerung kann aber auch trügen).

Meine Erfahrung ist aber jetzt: Die Art taugt, um eine Prämisse und vielleicht einen Grundton zu setzen. Nach einem gewissen Punkt setzt aber immer dann Freestyle ein (was ja auch nicht schlecht sein muss. Der Mythic Gamemaster Emulator macht ja eigentlich ähnliches, wobei man da der Natur nach sehr viel mehr Kontrolle hat). Und man muss echt offen sein für alles, was da kommt.
Auch das Hexcrawl, das ich beschrieben hatte, entwickelte sich, nachdem ich da etwas weiter gemacht hatte, zunehmend weg von dem Ursprungsabenteuer.
Aber die Idee Paßwächters mit der Zusammenfassung, ist vermutlich wirklich ein Lösungsansatz, immer wieder den Faden in Erinnerung zu rufen.

Ich bin heute zufällig bei einem großen Anbieter von Rollenspiel-PDFs auf eine PDF gestoßen (ich habe jetzt nur in das Sample geschaut) namens GPRPG. Im Grunde stellt der Autor das vor, was man erwarten würde:
Er stellt Prompteingaben vor, die genau dreierlei machen:
- die KI dazu bringen, als Spielleiter zu fungieren in einem 1:1-Spiel,
- ihr ein rudimentäres Rollenspielsystem beibringen und
- ihr ein Setting zu beschreiben.

Als Review folgte dann an gleicher Stelle gleich genau das Argument, dass die KI halt nach einer gewissen Anzahl von Tokens zu vergessen anfängt und dass sie die Regeln nicht korrekt umsetzen wird (neben weiteren Kritikpunkten spezifisch zu dem Produkt).
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« Letzte Änderung: 2.02.2025 | 13:27 von Gerrit »