Autor Thema: Ist Rollenspieltheorie tot?  (Gelesen 2142 mal)

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Online aikar

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #25 am: 31.01.2025 | 10:45 »
Weil D&D für praktisch alles und von Leuten sehr unterschiedlich benutzt. Ich habe eine deutlich bessere Idee, wie eine Gruppe spielt, die Beyond the Wall spielt.
Es verzerrt trotzdem das Bild, es wegzulassen.
Wenn jemand zu 90% D&D spielt und hin und wieder auch Fate oder PbtA ist das etwas gänzlich anderes, als wenn da nur Fate und PbtA steht.
Es lässt auch beiseite, dass viele Spielende, egal was die Kritisierenden behaupten, D&D(5) deshalb spielen, weil es so ist, wie es ist und ihnen genau so Spaß macht und rückt es in die falsche Ecke von "Das spielst du doch nur, weil du nichts anderes kennst".
"Ich spiele gerne ein vielfältiges Rollenspiel ohne offensichtliche stilistische Spezialisierung" (sofern man das überhaupt für irgend ein Rollenspiel sagen kann) IST eine persönliche Spielvorliebe und nicht die Abwesenheit davon.

Natürlich ist jeglicher menschlicher Kontakt umso schöner, je mehr persönliche Sympathie vorhanden ist. Notwendig für spaßiges gemeinsames Rollenspiel ist Sympathie für mich persönlich aber nicht. Sofern der Spielstil hinreichend überlappt, reicht es, wenn Menschen mir nicht (stark) unsympathisch sind. Und das passiert dankenswerterweise sehr selten.
Da sind wir dann sehr unterschiedlich. Zumindest für langdauernde Runden brauche ich eine gewisse Grundsympathie. Genauso spielt (wenn ich nicht selbst SL bin) der persönliche Spiel der SL stark rein.
Aber es ist das, was ich meinte: es gibt viele Zufriedenheitsfaktoren, nicht alle davon sind quantifizierbar oder objektiv. Hochdetailiert verwissenschaftliche Rollenspieltheorie erweckt den Eindruck von Allgemeingültigkeit, der meiner Meinung nach einfach nicht gegeben ist. Es gibt keine "So wirst du garantiert dein perfektes Rollenspiel-Finden"-Anleitung.
Das Wissen um die Konzepte der Rollenspieltheorie kann helfen, die eigenen Bedürfnisse einzuschätzen und abzugrenzen, was man absolut nicht mag. Aber es ist immer eine schwammige Angelegenheit und wenn man es übertreibt hat man wieder nur die Suche nach dem "Perfekten Rollenspiel", nur etwas breiter aufgefächert. Und an diese Suche glaube ich nicht mehr. Es hat schon seinen Grund, warum gewisse Themen der Rollenspieltheorie inzwischen im Mainstream angekommen sind, aber eben nicht mehr. Weil es für die meisten Rollenspielenden einfach keine Bedeutung hat. Sie wollen einfach spielen.
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 10:53 von aikar »
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline flaschengeist

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #26 am: 31.01.2025 | 10:51 »
Ich halte die Unterscheidung nicht für unnötig, sondern im Gegenteil für entscheidend, um sich nicht völlig zu verzetteln, oder aneinander vorbei zu reden.

Dann habe ich dich vielleicht falsch verstanden. Kannst du nochmal mit anderen Worten erklären, was speziell der folgende Satzteil aussagen sollte?

[...] aber ob eine Fragestellung, die für a konzipiert ist, bei b weiterhilft, würd ich eher nicht mit ja beantworten.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Online Isegrim

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #27 am: 31.01.2025 | 10:59 »
Weil D&D für praktisch alles und von Leuten sehr unterschiedlich benutzt. Ich habe eine deutlich bessere Idee, wie eine Gruppe spielt, die Beyond the Wall spielt.

Das gilt auch für andere "große" Systeme; bzw sogar: Das gilt für alle RPG, außer ein paar sehr fokussierten Systeme, die nur von einer kleinen Minderheit gespielt werden.

Grad die Möglichkeit, mit dem gleichen System verschiedene Spielvorlieben bedienen zu können, als auch, dass zumindest bei mir, vermutlich aber auch vielen andren Rollenspielern die Frage "welche Art Rollenspiel wollt ihr spielen?" durchaus (auch) tagesform-abhängig ist, müsste von einer Rollenspiel-Theorie, die den Namen wert ist, berücksichtigt werden, was mE nur sehr unvollkommen der Fall ist.

ad flaschengeist:
Eine "wissenschaftliche Rollenspieltheorie", die Rollenspiel quasi von außen so beobachtet und beschreibt, wie andere Wissenschaften das mit ihren Studienobjekten tun, wäre für Rollenspieler, die wissen wollen, ob System X mit ihren Spielvorlieben harmoniert, mE nur wenig hilfreich. Anders herum wäre eine RPG-"Theorie", mit der Rollenspieler ihre Spielvorlieben kommunizieren, mE von einer wissenschaftlichen Theorie sehr weit entfernt.
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #28 am: 31.01.2025 | 11:04 »
Aber es ist das, was ich meinte: es gibt viele Zufriedenheitsfaktoren, nicht alle davon sind quantifizierbar oder objektiv. Hochdetailiert verwissenschaftliche Rollenspieltheorie erweckt den Eindruck von Allgemeingültigkeit, der meiner Meinung nach einfach nicht gegeben ist.

Der Eindruck entsteht zuerst mal in deinem Kopf, in meinen Kopf war der Gedanke nicht. Ich habe eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung und genau deshalb ist mir klar, wo die Möglichkeiten aber auch die Grenzen wissenschaftlicher Methoden liegen. Und die Grenzen sind meiner Meinung nach noch nicht erreicht, weil es z.B. kein fundiertes Instrument gibt, um die quantifizierbaren Faktoren des eigenen Spielstils zu messen. Und als Hilfsmittel wäre das doch schön, oder hast du lieber gar kein Hilfsmittel, bevor du kein perfektes Hilfsmittel bekommst?


[...] und wenn man es übertreibt hat man wieder nur die Suche nach dem "Perfekten Rollenspiel", nur etwas breiter aufgefächert. Und an diese Suche glaube ich nicht mehr.

Hier sind wir uns wieder einig. Die Suche nach dem Perfekten, kann in jedem Lebensbereich Probleme bereiten. Dazu habe ich unlängst einen treffenden Aphorismus gelesen: "Viele Menschen vermasseln etwas gutes, indem sie nach etwas besserem suchen, nur um am Ende etwas schlechteres zu bekommen".
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #29 am: 31.01.2025 | 12:16 »
ad flaschengeist:
Eine "wissenschaftliche Rollenspieltheorie", die Rollenspiel quasi von außen so beobachtet und beschreibt, wie andere Wissenschaften das mit ihren Studienobjekten tun, wäre für Rollenspieler, die wissen wollen, ob System X mit ihren Spielvorlieben harmoniert, mE nur wenig hilfreich. Anders herum wäre eine RPG-"Theorie", mit der Rollenspieler ihre Spielvorlieben kommunizieren, mE von einer wissenschaftlichen Theorie sehr weit entfernt.


Wirklich klar ist mir deine Position leider immer noch nicht. Was für Fragestellungen Wissenschaft behandelt ist unterschiedlich, ebenso welche Methoden zur Bearbeitung einer Fragestellung eingesetzt werden. Aber danke, dass du es noch einmal versucht hast. Vielleicht skizziere ich nochmal konkreter, welche Fragestellung ich mit welchen wissenschaftlichen Methoden bearbeiten will, und was dabei für die Praxis rumkommen soll.

Die Fragestellung lautet: Welche Präferenzfaktoren (aka "Spaßquellen") gibt es im Rollenspiel?

Die Methode (der Verständlichkeit halber verkürzt):
Schritt 1: Eine möglichst große Zufallsstichprobe von Rollenspielern befragen, was für sie Spaßquellen sind.
Schritt 2: Diese Spaßquellen mittels Faktorenanalysen auf die "Kernpunkte" zusammendampfen.
Schritte 3: Aus diesen Kernpunkten einen Fragebogen konstruieren, der selbige misst.

In der Praxis hättest du damit ein Hilfsmittel, um den messbaren Teil (und der ist sicher nicht unwesentlich) der Vorlieben eines Spielers zu erfassen. Das würde Spielern selbst mehr Klarheit geben und dabei helfen, sich mit anderen Spielern verkürzt darüber auszutauschen, welche Art Rollenspiel sie bevorzugen.

« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 12:19 von flaschengeist »
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #30 am: 31.01.2025 | 15:42 »
Die Fragestellung lautet: Welche Präferenzfaktoren (aka "Spaßquellen") gibt es im Rollenspiel?

Die Methode (der Verständlichkeit halber verkürzt):
Schritt 1: Eine möglichst große Zufallsstichprobe von Rollenspielern befragen, was für sie Spaßquellen sind.
...

Möglicherweise ist das der Verkürzung zum Opfer gefallen, aber mein Eindruck ist: man müsste sogar erst nochmal einen Schritt zurück machen und erstmal Einiges an Vorarbeiten leisten, um dann eine Befragung und Faktoranalyse auf die Beine stellen zu können, die nicht wieder auf bereits existierende, eher der Nahbereichsempirie entsprungene Kategorisierungen zurück zu fallen. Falls bereits in (1) eingepreist bitte ignorieren, aber m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt, und dass man evtl. zuerst beobachtende Studien durchführen und entweder den Verlauf protokollieren oder Video aufzeichnen und anschließend analysieren müsste, um sicherzugehen, dass man für die Umfrage dann eine einigermaßen vollständige Frageliste generieren kann.

So ganz generell ist mein Eindruck, dass die Frage nach den Spaßquellen zwar als übergeordnete Leitfrage für Forschung taugt, aber dass man sie erstmal auf verschiedene Teilfragen herunterbrechen müsste, um einen fundierten Eindruck davon zu bekommen, welche Spaßquellen sich in unterschiedlichen Kontexten ergeben, und welche Einflussfaktoren es evtl. gibt*. Ich sehe da durchaus eine Menge spannender Fragen (Online vs. Offline-Spiel, kulturelle Faktoren, Spielerfahrung und/oder bereits bekannter Systeme, Verteilung der Erzählrechte), aber allein wenn ich jetzt so kurz ins Unreine denke, dann habe ich den Eindruck, dass man damit mehr als einen Doktoranden knechten könnte** .

Damit ist man dann ein Stück weit auch wieder bei der Frage, was man eigentlich mit den gewonnenen Informationen anfangen möchte. Jetzt bin ich persönlich jemand, der an wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und insbesondere an empirischer Forschung an sich Spaß hat, aber wenn der Hintergedanke ist, dadurch besseres (i.S.v. spaßmaximierendes) Spieldesign zu erreichen, dann müssen einerseits die Erkenntnisse anschließend auch wieder rückübersetzt werden, so dass sie für nicht-akademische Spieldesigner und Hobbyisten konsumierbar werden, andererseits kommt dann vielleicht auch als relevanter Faktor noch die Marktsituation hinzu sowie die Tatsache, dass ich anstatt Spaß zu maximieren ggf. auch Friktionen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Präferenzprofilen minimieren möchte.

An der Stelle kommt dann auch Isegrims Einwand zum Tragen: es ist schon eine relevante Unterscheidung, ob ich jetzt in diesem Augenblick für meine bestehende D&D-Runde den Spaß bei Bosskämpfen verbessern möchte oder mich frage, wie ich den wenig aktiven Spieler dazu motiviere, sich mehr einzubringen, oder ob ich ganz generell ein besseres Verständnis für Spielerpräferenzen und Spieldesign erlangen möchte. In Fall (1) ist wahrscheinlich das anekdotische Wissen von ein paar Leuten, die schon länger spielen, völlig ausreichend und es ist im Zweifelsfall auch ok, wenn sich einfach nur mal ein paar Leute mit Erfahrungen in einem Raum zusammensetzen und diskutieren und anschließend ein Video dazu machen. In Fall (2) hilft ein wissenschaftliches Fundament m.E. ein ganzes Stück mehr (wir sehen das ja auch im Videospielbereich, wo es mittlerweile eine strukturierte Ausbildung gibt).

Analoges Beispiel aus dem Fitnessbereich: wenn ich einfach Muskeln aufbauen und vielleicht ein Sixpack haben möchte, reicht die Bro-Science typischer Fitnessinfluencer völlig aus - dann mache ich die klassischen Verbundübungen im mittleren Wiederholungsbereich und setze ich 2,5g Protein/kg Körpergewicht an, und wenn ich keine kaputten Nieren oder sonstigen gravierenden Beschwerden habe, dann geht das schon ganz gut aus. Um tieferen Einblick zu gewinnen und auf Basis belastbarer Informationen meinen eigenen Trainingsplan erstellen zu können oder zumindest bewerten zu können, wie gut die Ratschläge meines Trainers sind, grabe ich mich dann tiefer in die Sport- und Ernährungswissenschaft und abonniere vielleicht Examine.com/Stronger by Science, wo ich einen Überblick über aktuelle Studien zur Frage, wie viel Protein der Körper wirklich aufnehmen kann bekomme (Link).

* So ganz generell ist mein Eindruck, dass die Bereitschaft zur allumfassenden Theorie im Hobbybereich viel größer ist als in der akademischen Welt
** Ich würde vermuten, dass D&D(5) da sogar ein dankbarer Studienbereich sein könnte, eben weil dort auch Menschen mit sehr unterschiedlichen Präferenzen aufeinander treffen.

P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte  ;D
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 17:34 von schneeland »
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #31 am: 31.01.2025 | 16:21 »
P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte  ;D
OT: finde ich nicht. Das ist, wenn Forumsdiskussionen am Besten sind und soziale Medien im Staub hinter sich lassen.  :d
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #32 am: 31.01.2025 | 17:03 »
OT: Ach, spätestens seit Pratchetts Romanen sollten Fußnoten ein auch abseits von Fachseminar-Arbeiten anerkanntes Stilmittel sein...  :d
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #33 am: 31.01.2025 | 17:33 »
P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte  ;D

Finde ich auch große Klasse, mehr zu deinem tollen Input schreibe ich dann die Tage - hätte jeder Beitrag dieses Niveau, würde ich vermutlich noch mehr Zeit im Tanelorn verbringen ;D.
« Letzte Änderung: 31.01.2025 | 17:35 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #34 am: 31.01.2025 | 18:21 »
[...] m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt,
Davon gehe ich auch aus. Es ist halt so, daß man sich unter Umständen über die eigenen Präferenzen gar nicht im Klaren ist, und selbst wenn man sie erahnt, muß man das noch nicht in Worte fassen können. Wenn ein Theorie-Gebäude dazu Worte gibt, kann das helfen. Aber wenn andere dann etwas anderes verstehen, als man gemeint hat, kann der Schuß auch nach hinten losgehen.

Ich sehe da durchaus eine Menge spannender Fragen (Online vs. Offline-Spiel, kulturelle Faktoren, Spielerfahrung und/oder bereits bekannter Systeme, Verteilung der Erzählrechte),
Mir fehlt da der für mich teilweise wichtigste Punkt in der Liste: die Mitspieler.
Wenn der allergrößte Teil des Vergnügens daran hängt, mit den richtigen Leuten zusammen spielen zu können (oder jedenfalls kein * dabeizuhaben), dann hilft einfach keine Optimierung des Rests.

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #35 am: 31.01.2025 | 18:45 »
Mir fehlt da der für mich teilweise wichtigste Punkt in der Liste: die Mitspieler.
Wenn der allergrößte Teil des Vergnügens daran hängt, mit den richtigen Leuten zusammen spielen zu können (oder jedenfalls kein * dabeizuhaben), dann hilft einfach keine Optimierung des Rests.

So grundsätzlich sollte das keine vollständige Aufzählung sein, aber klar: es muss auch zwischenmenschlich passen. Aber das wäre ja auch wieder Teil der wissenschaftlichen Herausforderung, das "nicht zusammen spielen" runterzubrechen auf Frage der Spielpräferenzen, Kommunikationsprobleme, Reibungen anhand unterschiedlicher Sozialisierung oder politischer Einstellung, etc. Die Hoffnung dabei ist natürlich ein bisschen, dass man über die Untersuchung von Spielpräferenzen manche Reibungspunkte besser herausarbeiten und verstehen kann. Und dann vielleicht auch Lösungen im Spieldesign findet, um diese abzumildern, mindestens aber klarer Formulieren kann, welche Konstellationen von Präferenzen besser zusammenpassen und welche schlechter.
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Offline flaschengeist

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #36 am: 1.02.2025 | 13:20 »
Möglicherweise ist das der Verkürzung zum Opfer gefallen, aber mein Eindruck ist: man müsste sogar erst nochmal einen Schritt zurück machen und erstmal Einiges an Vorarbeiten leisten, um dann eine Befragung und Faktoranalyse auf die Beine stellen zu können, die nicht wieder auf bereits existierende, eher der Nahbereichsempirie entsprungene Kategorisierungen zurück zu fallen. Falls bereits in (1) eingepreist bitte ignorieren, aber m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt, und dass man evtl. zuerst beobachtende Studien durchführen und entweder den Verlauf protokollieren oder Video aufzeichnen und anschließend analysieren müsste, um sicherzugehen, dass man für die Umfrage dann eine einigermaßen vollständige Frageliste generieren kann.

Ja, aber das war mein Fehler, weil ich die vorgeschalteten qualitativen Methoden zwar mitgedacht aber nicht mitformuliert habe. Also hier Schritt 1 nochmal neu formuliert:

1. Anhand einer möglichst großen Zufallsstichprobe von Rollenspielern ermitteln, was Spaßquellen sind.

Dabei hast du das Kernproblem auf den Punkt gebracht, nämlich, dass Menschen bei reinen Befragungen (z.B. aufgrund sozialer Erwünschtheit oder unbewusster Motive) oft invalide Ergebnisse liefern. Hier wäre vermutlich ein stark verzerrender Faktor, dass eine nicht kleine Gruppe benennen würde, was Leuten beim RPG Spaß machen sollte und nicht, was ihnen selbst wirklich Spaß macht.
Insofern müsste man tatsächlich in der guten Tradition von Gottmann mit Verhaltensbeobachtungen arbeiten und z.B. nonverbale Rückmeldungen systematisch auswerten.
Spätestens an der Stelle wird klar, warum das ein Forschungsprogramm für gelangweilte Multimillionäre ist: Um ein valides Ergebnis zu erzielen, brauchst du geschultes Personal, das über zehntausende Stunden in verschiedensten Rollenspielrunden Daten sammelt. Da sind die zwei-drei Verhaltensforscher, die du natürlich auch bis zum Ende brauchst, fast Peanuts.


Damit ist man dann ein Stück weit auch wieder bei der Frage, was man eigentlich mit den gewonnenen Informationen anfangen möchte. Jetzt bin ich persönlich jemand, der an wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und insbesondere an empirischer Forschung an sich Spaß hat, aber wenn der Hintergedanke ist, dadurch besseres (i.S.v. spaßmaximierendes) Spieldesign zu erreichen, dann müssen einerseits die Erkenntnisse anschließend auch wieder rückübersetzt werden, so dass sie für nicht-akademische Spieldesigner und Hobbyisten konsumierbar werden, andererseits kommt dann vielleicht auch als relevanter Faktor noch die Marktsituation hinzu sowie die Tatsache, dass ich anstatt Spaß zu maximieren ggf. auch Friktionen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Präferenzprofilen minimieren möchte.

Mir würde das langen:
Idealerweise einen möglichst kurzen Fragebogen, der die wesentlichen Präferenzfaktoren im Rollenspiel valide erfasst und mir für jeden dieser Faktoren einen intervallskalierten Score ausspuckt.


Analoges Beispiel aus dem Fitnessbereich: wenn ich einfach Muskeln aufbauen und vielleicht ein Sixpack haben möchte, reicht die Bro-Science typischer Fitnessinfluencer völlig aus - dann mache ich die klassischen Verbundübungen im mittleren Wiederholungsbereich und setze ich 2,5g Protein/kg Körpergewicht an, und wenn ich keine kaputten Nieren oder sonstigen gravierenden Beschwerden habe, dann geht das schon ganz gut aus. Um tieferen Einblick zu gewinnen und auf Basis belastbarer Informationen meinen eigenen Trainingsplan erstellen zu können oder zumindest bewerten zu können, wie gut die Ratschläge meines Trainers sind, grabe ich mich dann tiefer in die Sport- und Ernährungswissenschaft und abonniere vielleicht Examine.com/Stronger by Science, wo ich einen Überblick über aktuelle Studien zur Frage, wie viel Protein der Körper wirklich aufnehmen kann bekomme (Link).

In deinem Beispiel ist das tiefere Einarbeiten relativ aufwändig - ich habe für den Schritt von "trust me bro" zu "fundierte Fachinformationen" hohe Opportunitätkosten. Einen Kurzfragebogen als Hilftsmittel zu verwenden hingegen, dauert inklusive Auswertung vielleicht 15 Minuten. Die übliche Session Zero kann auch mal paar Stunden dauern, da finde ich zusätzliche 15 Minuten Aufwand vernachlässigbar - insbesondere in Relation zum Nutzen.
« Letzte Änderung: 1.02.2025 | 13:22 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Colgrevance

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #37 am: 1.02.2025 | 13:36 »
Es ist zwar keine wissenschaftlich erstellte Liste, aber als für die eigene Reflexion oder auch als Diskussionsgrundlage finde ich ja die Spaßquellen im Rollenspiel, wie sie im Beitrag "Manyfold" von Levi Kornelsen zusammengestellt wurden, schon sehr hilfreich (kostenloses Dokument auf itch.io: https://levikornelsen.itch.io/manyfold).

Ich fürchte, eine wissenschaftlich saubere, empirisch ermittelte, umfassende Aufstellung wird es auch nie geben, da die kommerzielle Relevanz unseres Hobbys einfach zu gering ist.
« Letzte Änderung: 1.02.2025 | 13:42 von Colgrevance »

Offline AndreJarosch

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #38 am: 1.02.2025 | 13:50 »
Es ist zwar keine wissenschaftlich erstellte Liste, aber als für die eigene Reflexion oder auch als Diskussionsgrundlage finde ich ja die Spaßquellen im Rollenspiel, wie sie im Beitrag "Manyfold" von Levi Kornelsen zusammengestellt wurden, schon sehr hilfreich (kostenloses Dokument auf itch.io: https://levikornelsen.itch.io/manyfold).

Ich fürchte, eine wissenschaftlich saubere, empirisch ermittelte, umfassende Aufstellung wird es auch nie geben, da die kommerzielle Relevanz unseres Hobbys einfach zu gering ist.

Wissenschaftlich erstellt würde auch bedeuten, dass nicht nur Spielleiter und Spieler BEFRAGT werden müssten, sondern der Ersteller einer wissenschaftlichen Analyse auch als Beobachter bei Rollespielrunden anwesend sein müsste, denn Aussagen und tatsächliche Aktivitäten können sich unterscheiden.

Offline Colgrevance

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #39 am: 1.02.2025 | 14:01 »
Wissenschaftlich erstellt würde auch bedeuten, dass nicht nur Spielleiter und Spieler BEFRAGT werden müssten, sondern der Ersteller einer wissenschaftlichen Analyse auch als Beobachter bei Rollespielrunden anwesend sein müsste, denn Aussagen und tatsächliche Aktivitäten können sich unterscheiden.

Ja, das haben schneeland und flaschengeist oben ja schon ausführlich dargelegt und ist mir als Psychologen auch kein ganz unbekanntes Thema.  ;)

Tatsächlich merke ich in Diskussionen mit Mitspielern meiner Runden immer wieder, dass ich auf Widersprüche zwischen den Aussagen der Spieler und ihrem Verhalten oder auch Systempräferenzen stoße, die ich auf genau diese Problematik zurückführen würde und die es teilweise sehr schwer machen, sich auf ein bestimmtes Spiel bzw. eine bestimmte Spielweise zu einigen. Aus eigener Erfahrung würde ich also sagen, dass das ein Thema mit großer Praxisrelevanz ist (wobei nicht einheitlich verwendetes/verstandenes Vokabular sicher auch eine Rolle spielt - das Thema klang in diesem Thread ja auch schon einmal an).
« Letzte Änderung: 1.02.2025 | 15:25 von Colgrevance »

Offline ArneBab

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #40 am: 1.02.2025 | 14:47 »
Würde es den Fehler schon reduzieren, wenn Leute einzeln gefragt würden, welche Szene sie bei ihrer letzten Runde am schönsten fanden und welche ihrer eigenen Aktionen ihnen am meisten Spaß gemacht hat?
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Offline flaschengeist

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #41 am: 1.02.2025 | 16:33 »
Würde es den Fehler schon reduzieren, wenn Leute einzeln gefragt würden, welche Szene sie bei ihrer letzten Runde am schönsten fanden und welche ihrer eigenen Aktionen ihnen am meisten Spaß gemacht hat?

Das würde definitiv die Wahrscheinlichkeit für soziale erwünschte Antworten verringern, da das Urteil der Befrager i.d.R. weniger relevant ist als das der Mitspieler. Dem Einfluss unbewusster Motive aufs Antwortverhalten können wir so aber leider nicht beikommen.
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Offline SigmundFloyd

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #42 am: 2.02.2025 | 13:01 »
Dabei hast du das Kernproblem auf den Punkt gebracht, nämlich, dass Menschen bei reinen Befragungen (z.B. aufgrund sozialer Erwünschtheit oder unbewusster Motive) oft invalide Ergebnisse liefern. Hier wäre vermutlich ein stark verzerrender Faktor, dass eine nicht kleine Gruppe benennen würde, was Leuten beim RPG Spaß machen sollte und nicht, was ihnen selbst wirklich Spaß macht.
Insofern müsste man tatsächlich in der guten Tradition von Gottmann mit Verhaltensbeobachtungen arbeiten und z.B. nonverbale Rückmeldungen systematisch auswerten.
Es ist jetzt schon was länger her, dass ich mich mit Fragebogenkonstruktion befasst habe, aber wenn erstmal explorativ eine größere Anzahl Items verwendet und dann mittels Faktorenanalysen reduziert wird, sollten sich doch eigentlich die trennschärfsten Items herauskristallisieren, die durch Mehrdeutigkeit, soziale Erwünschtheit, etc. nicht zu sehr verfälscht werden, oder?

Ein anderes "Problem" ist, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du mit Faktorenanalysen am Ende bei Faktoren landen würdest, die nicht mehr viel mit Rollenspiel zu tun haben, sondern eher grundlegende Persönlichkeitseigenschaften und psychologische Motive repräsentieren. Das muss die Anwendung des Fragebogens nicht zwingend einschränken, heißt aber, dass die Kommunikation über Spielpräferenzen dann einen Grad an Selbsterfahrung und -offenbarung bekommt, der sicher nicht allen recht ist.

Offline ArneBab

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #43 am: 2.02.2025 | 13:11 »
heißt aber, dass die Kommunikation über Spielpräferenzen dann einen Grad an Selbsterfahrung und -offenbarung bekommt, der sicher nicht allen recht ist.
Andererseits ist das etwas, das (wenn wir es ins Spiel verpacken können, so dass es nicht bedrohlich wirkt) allen Beteiligten Mehrwert bringen kann. Ich versuche ein bisschen was in diese Richtung mit meinem Beitrag zum GRT dieses Jahr — ich häng ihn mal an (ist noch Work in Progress).

Geht darum, bei Rollenspielrunden auch die Grundantriebe der Charaktere zu definieren und dadurch die Denkstruktur "verschiedenen Leuten geben unterschiedliche Aktivitäten Kraft" zugänglich zu machen (und über Konflikte zwischen Grundantrieben soziale Fähigkeiten besser zu unterstützen und die Suche nach gemeinsamen Entscheidungen auf ein tieferes und verständlicheres Level zu bringen).

« Letzte Änderung: 2.02.2025 | 13:31 von ArneBab »
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #44 am: 2.02.2025 | 13:46 »
@ArneBab Finde ich spannend. Falls du damit selbst was leitest, gib doch bei Gelegenheit Rückmeldung zu deinen Erfahrungen.


Es ist jetzt schon was länger her, dass ich mich mit Fragebogenkonstruktion befasst habe, aber wenn erstmal explorativ eine größere Anzahl Items verwendet und dann mittels Faktorenanalysen reduziert wird, sollten sich doch eigentlich die trennschärfsten Items herauskristallisieren, die durch Mehrdeutigkeit, soziale Erwünschtheit, etc. nicht zu sehr verfälscht werden, oder?

Ich arbeite auch schon lange nur noch als Praktiker aber dank Promotion und Arbeit als Statistikhiwi in meiner Studienzeit geht auch heute zum Glück noch bissel was  :).
Bei Mehrdeutigkeit hast du Recht aber soziale Erwünschtheit können Faktorenanalysen nicht herausfiltern. Deren Aufgabe ist "nur", Komplexität (also die eingespeiste Itemzahl) soweit wie möglich zu reduzieren und dabei so wenig Information wie möglich zu verlieren. Welche Validität die eingespeisten Informationen haben, ist aber eine Frage der qualitativen Methoden, die der Faktorenanalyse vorgeschaltet sind. Ist letztlich wie bei Metaanalysen - garbage in, garbage out.

Die Big 5 finde ich ein dankbares Beispiel. Du wirst das schon kennen und hast meinen Punkt wahrscheinlich ohnehin schon verstanden aber ich bringe das mal für weniger fachlich versierte, interessierte Mitleser.
Ohne Faktorenanalyse gäbe es keine Big 5. Aber vor der Faktorenanalyse musste ja zunächst überlegt werden, wie ich Persönlichkeit valide (treffend) erfassen kann. Und da war es eine geniale Idee, auf die Gesamtheit* der Eigenschaftswörter einer Sprache abzustellen - hier kann gar keine soziale Erwünschtheit wirken, weil der Duden nicht sozial erwünscht antwortet ;D.
Hätte man stattdessen repräsentative Befragungen darüber unternommen, was Persönlichkeit ausmacht, und die Ergebnisse dann einer Faktorenanalyse unterzogen, wäre etwas deutlich weniger valides rausgekommen.

*Bereinigt um Aspekte, die man aus theoretischen Gründen nicht drin haben wollte - z.B. "Moralwörter" (gut/böse) und Wörter, die äußere Merkmale beschreiben.


Ein anderes "Problem" ist, dass ich mir gut vorstellen kann, dass du mit Faktorenanalysen am Ende bei Faktoren landen würdest, die nicht mehr viel mit Rollenspiel zu tun haben, sondern eher grundlegende Persönlichkeitseigenschaften und psychologische Motive repräsentieren. Das muss die Anwendung des Fragebogens nicht zwingend einschränken, heißt aber, dass die Kommunikation über Spielpräferenzen dann einen Grad an Selbsterfahrung und -offenbarung bekommt, der sicher nicht allen recht ist.

Deswegen würde ich im wesentlichen theoriebasierte Ableitung der Items durch Verhaltensbeobachtung vorziehen.



« Letzte Änderung: 2.02.2025 | 14:00 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline ArneBab

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #45 am: 2.02.2025 | 17:05 »
@ArneBab Finde ich spannend. Falls du damit selbst was leitest, gib doch bei Gelegenheit Rückmeldung zu deinen Erfahrungen.
Habe ich vor ☺

Wenn nichts großes dazwischenkommt, sollten außerdem in jedem GRT-Paket mindestens 10 davon liegen. Dann haben sehr viele Leute die Chance, das zu nutzen. Ich muss v.a. noch die Rückseite fertigbekommen und dann ein kleines Crowdfunding machen um zu entscheiden, welche Anzahl und Papierqualität ich mir leisten kann. Zum Glück sind Flyer heutzutage gut bezahlbar: 2000 Flyer, inklusive Testexemplar und mehreren Zieladressen, gibt es schon für 50€.
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #46 am: 2.02.2025 | 17:41 »
Habe ich vor ☺

Wenn nichts großes dazwischenkommt, sollten außerdem in jedem GRT-Paket mindestens 10 davon liegen. Dann haben sehr viele Leute die Chance, das zu nutzen. Ich muss v.a. noch die Rückseite fertigbekommen und dann ein kleines Crowdfunding machen um zu entscheiden, welche Anzahl und Papierqualität ich mir leisten kann. Zum Glück sind Flyer heutzutage gut bezahlbar: 2000 Flyer, inklusive Testexemplar und mehreren Zieladressen, gibt es schon für 50€.

 :d. Da ich plane, beim GRT im Rahmen der Traumjäger-Veranstaltung das DuoDecem Einführungsabenteuer anzubieten, bekomme ich deine Flyer dann wahrscheinlich auch in die Hände :).
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #47 am: 2.02.2025 | 18:17 »
Mir ist "Rollenspieltheorie" als großer brennender Mülleimer in Erinnerung geblieben, der für Flamewars, Grüppchenbildung und pseudo-wissenschaftliches Blabla gesorgt hat. :think:  ;)

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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #48 am: 2.02.2025 | 18:22 »
Mir ist "Rollenspieltheorie" als großer brennender Mülleimer in Erinnerung geblieben, der für Flamewars, Grüppchenbildung und pseudo-wissenschaftliches Blabla gesorgt hat. :think:  ;)

Dann will ich mal sehr hoffen, dass dieser Faden dir gefällt - ist er doch gerade zuletzt alles andere als pseudowissenschaftlich ;).
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Re: Ist Rollenspieltheorie tot?
« Antwort #49 am: 2.02.2025 | 18:37 »
Ja, weswegen ich mich frage, ob ich das richtig in Erinnerung habe, oder ob das irgendeine Abspaltung war oder ... :think: