Dabei hast du das Kernproblem auf den Punkt gebracht, nämlich, dass Menschen bei reinen Befragungen (z.B. aufgrund sozialer Erwünschtheit oder unbewusster Motive) oft invalide Ergebnisse liefern. Hier wäre vermutlich ein stark verzerrender Faktor, dass eine nicht kleine Gruppe benennen würde, was Leuten beim RPG Spaß machen sollte und nicht, was ihnen selbst wirklich Spaß macht.
Insofern müsste man tatsächlich in der guten Tradition von Gottmann mit Verhaltensbeobachtungen arbeiten und z.B. nonverbale Rückmeldungen systematisch auswerten.
Spätestens an der Stelle wird klar, warum das ein Forschungsprogramm für gelangweilte Multimillionäre ist: Um ein valides Ergebnis zu erzielen, brauchst du geschultes Personal, das über zehntausende Stunden in verschiedensten Rollenspielrunden Daten sammelt. Da sind die zwei-drei Verhaltensforscher, die du natürlich auch bis zum Ende brauchst, fast Peanuts.
So aus dem Bauch würde ich sagen: ganz so schlimm ist es vielleicht nicht, aber ein paar tausend Stunden müssten es vermutlich schon sein, weil man ja selbst im günstigsten Fall ein paar Dutzend Gruppen pro Spieltyp braucht und dann jeweils mindestens mehrere Sitzungen, idealerweise sogar die Verfolgung von ganzen Kampagnen.
Mein Grundgedanke dazu war, dass man mit solchem Material dann eine substantielle Datenbasis für einen
Grounded Theory-Ansatz hätte, und damit das Risiko minimiert, dass es durch die o.g. Faktoren, aber auch durch bekannte Kategorisierungen, zu Verzerrungen kommt (das Risiko sehe ich übrigens sowohl auf der Seite der Befragten als auch auf Seite der Forscher, die ja mutmaßlich Eigeninteresse am Thema mitbringen und z.B. mit Law's Gamer Types, dem Big Model oder sowas wie Six Cultures of Play vertraut sind).
Finanzierung bleibt da natürlich weiterhin schwierig. Abseits von amerikanischen Multimilliardären, die nach dem Geldscheffeln ihre philanthropische Ader entdecken und sich vielleicht erinnern, dass sie in ihrer Jugend gern mal D&D gespielt haben, sehe ich maximal die Chance, dass über die Schiene D&D/Rollenspiele & Mental Health bzw. Rollenspiele als Therapieform mal ein Forschungsprogramm gibt. Aber da wäre die Kategorisierung natürlich wieder nur ein Randaspekt.
Mir würde das langen:
Idealerweise einen möglichst kurzen Fragebogen, der die wesentlichen Präferenzfaktoren im Rollenspiel valide erfasst und mir für jeden dieser Faktoren einen intervallskalierten Score ausspuckt.
Ich würde Dir recht geben, dass ein valide konstruierter Fragebogen schon mal ein deutlicher Schritt nach vorne wäre, aber ich glaube, von dort bis zur echten Nutzbarkeit für Spielleiter (und Spieler) ist es immer noch ein ganzes Stück. Denn wenn ich davon ausgehe, dass sich in der Praxis viele Gruppen aus Mitgliedern formen, deren Präferenzprofile nicht 100% deckungsgleich sind, ergibt sich m.E. unmittelbar die Frage, ob es Unterschiede gibt, was die Spannungen, die sich aus unterschiedlichen Präferenzfaktoren ergeben, angeht. Und darüber hinaus dann auch jene nach möglichen Handlungsanweisungen - "gar nicht miteinander spielen" ist zwar eine mögliche, aber oft vermutlich nicht die bevorzugte Handlungsoption. Insofern wüsste eine Spielgruppe dann vermutlich gern, wie sie mit den Differenzen am besten umgeht. Und Spieldesigner wären wahrscheinlich daran interessiert, ob sich manche Spannungsfelder durch bestimmte Regelgestaltungen einhegen lassen.
In deinem Beispiel ist das tiefere Einarbeiten relativ aufwändig - ich habe für den Schritt von "trust me bro" zu "fundierte Fachinformationen" hohe Opportunitätkosten. Einen Kurzfragebogen als Hilftsmittel zu verwenden hingegen, dauert inklusive Auswertung vielleicht 15 Minuten. Die übliche Session Zero kann auch mal paar Stunden dauern, da finde ich zusätzliche 15 Minuten Aufwand vernachlässigbar - insbesondere in Relation zum Nutzen.
Ja, die zu überbrückende Strecke ist da im Fitness-Beispiel schon größer, aber ich glaube eben nicht (s.o.), dass der Fragebogen allein reicht, sondern es zudem Handlungsempfehlungen und auch ein bisschen Kontext braucht, um Einsicht in die Nützlichkeit eines solchen Vorgehens zu erhalten.