Die Fragestellung lautet: Welche Präferenzfaktoren (aka "Spaßquellen") gibt es im Rollenspiel?
Die Methode (der Verständlichkeit halber verkürzt):
Schritt 1: Eine möglichst große Zufallsstichprobe von Rollenspielern befragen, was für sie Spaßquellen sind.
...
Möglicherweise ist das der Verkürzung zum Opfer gefallen, aber mein Eindruck ist: man müsste sogar erst nochmal einen Schritt zurück machen und erstmal Einiges an Vorarbeiten leisten, um dann eine Befragung und Faktoranalyse auf die Beine stellen zu können, die nicht wieder auf bereits existierende, eher der Nahbereichsempirie entsprungene Kategorisierungen zurück zu fallen. Falls bereits in (1) eingepreist bitte ignorieren, aber m.E. sind Menschen nicht durchgängig gut darin zu formulieren, was ihnen gefällt oder was sie sich wünschen (und es fällt ihnen deutlich leichter, zu formulieren, was sie stört). Ich befürchte daher, dass man auf eine die relativ breit angelegte Frage nach Spaßquellen wahrscheinlich keine gut verwertbaren Antworten bekommt, und dass man evtl. zuerst beobachtende Studien durchführen und entweder den Verlauf protokollieren oder Video aufzeichnen und anschließend analysieren müsste, um sicherzugehen, dass man für die Umfrage dann eine einigermaßen vollständige Frageliste generieren kann.
So ganz generell ist mein Eindruck, dass die Frage nach den Spaßquellen zwar als übergeordnete Leitfrage für Forschung taugt, aber dass man sie erstmal auf verschiedene Teilfragen herunterbrechen müsste, um einen fundierten Eindruck davon zu bekommen, welche Spaßquellen sich in unterschiedlichen Kontexten ergeben, und welche Einflussfaktoren es evtl. gibt*. Ich sehe da durchaus eine Menge spannender Fragen (Online vs. Offline-Spiel, kulturelle Faktoren, Spielerfahrung und/oder bereits bekannter Systeme, Verteilung der Erzählrechte), aber allein wenn ich jetzt so kurz ins Unreine denke, dann habe ich den Eindruck, dass man damit mehr als einen Doktoranden knechten könnte** .
Damit ist man dann ein Stück weit auch wieder bei der Frage, was man eigentlich mit den gewonnenen Informationen anfangen möchte. Jetzt bin ich persönlich jemand, der an wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und insbesondere an empirischer Forschung an sich Spaß hat, aber wenn der Hintergedanke ist, dadurch besseres (i.S.v. spaßmaximierendes) Spieldesign zu erreichen, dann müssen einerseits die Erkenntnisse anschließend auch wieder rückübersetzt werden, so dass sie für nicht-akademische Spieldesigner und Hobbyisten konsumierbar werden, andererseits kommt dann vielleicht auch als relevanter Faktor noch die Marktsituation hinzu sowie die Tatsache, dass ich anstatt Spaß zu maximieren ggf. auch Friktionen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Präferenzprofilen minimieren möchte.
An der Stelle kommt dann auch Isegrims Einwand zum Tragen: es ist schon eine relevante Unterscheidung, ob ich jetzt in diesem Augenblick für meine bestehende D&D-Runde den Spaß bei Bosskämpfen verbessern möchte oder mich frage, wie ich den wenig aktiven Spieler dazu motiviere, sich mehr einzubringen, oder ob ich ganz generell ein besseres Verständnis für Spielerpräferenzen und Spieldesign erlangen möchte. In Fall (1) ist wahrscheinlich das anekdotische Wissen von ein paar Leuten, die schon länger spielen, völlig ausreichend und es ist im Zweifelsfall auch ok, wenn sich einfach nur mal ein paar Leute mit Erfahrungen in einem Raum zusammensetzen und diskutieren und anschließend ein Video dazu machen. In Fall (2) hilft ein wissenschaftliches Fundament m.E. ein ganzes Stück mehr (wir sehen das ja auch im Videospielbereich, wo es mittlerweile eine strukturierte Ausbildung gibt).
Analoges Beispiel aus dem Fitnessbereich: wenn ich einfach Muskeln aufbauen und vielleicht ein Sixpack haben möchte, reicht die Bro-Science typischer Fitnessinfluencer völlig aus - dann mache ich die klassischen Verbundübungen im mittleren Wiederholungsbereich und setze ich 2,5g Protein/kg Körpergewicht an, und wenn ich keine kaputten Nieren oder sonstigen gravierenden Beschwerden habe, dann geht das schon ganz gut aus. Um tieferen Einblick zu gewinnen und auf Basis belastbarer Informationen meinen eigenen Trainingsplan erstellen zu können oder zumindest bewerten zu können, wie gut die Ratschläge meines Trainers sind, grabe ich mich dann tiefer in die Sport- und Ernährungswissenschaft und abonniere vielleicht Examine.com/Stronger by Science, wo ich einen Überblick über aktuelle Studien zur Frage, wie viel Protein der Körper wirklich aufnehmen kann bekomme (
Link).
* So ganz generell ist mein Eindruck, dass die Bereitschaft zur allumfassenden Theorie im Hobbybereich viel größer ist als in der akademischen Welt
** Ich würde vermuten, dass D&D(5) da sogar ein dankbarer Studienbereich sein könnte, eben weil dort auch Menschen mit sehr unterschiedlichen Präferenzen aufeinander treffen.
P.S.: Ja, möglicherweise ist es ein bisschen fragwürdig, wenn man feststellt, dass man für Forenbeiträge gern Fußnoten hätte
