Schönes Thema! Und zwar ein Stück erwartbar, aber trotzdem interessant die Spannbreite der Antworten zu sehen.
Wenn ich bei mir persönlich zurückschaue:
Hat sich das Rollenspiel bei euch persönlich (in/mit eurer Runde, die ihr vorher schon hattet) verändert?Vor der Pandemie habe ich noch ab und zu mit Freunden aus Studienzeiten gespielt. Die Runde zeigte aber auch schon vorher Auflösungserscheinungen - sowohl aufgrund von Zeitbudgets als auch räumlicher Entfernung - insofern hat die Pandemie lediglich dafür gesorgt, dass Wiederbelebungsversuche ausblieben.
Habt ihr weniger oder mehr Rollenspiel betrieben?Anfangs wurde es deutlich mehr. Einerseits, weil ich das Glück hatte, dass sich hier im Tanelorn-Umfeld zwei neue Gruppen ergeben haben, andererseits weil es mehr Online-Cons und Gelegenheit zu One-Shots gab. Damit war ich zwischenzeitlich bei 2-3 Spielsitzungen pro Woche. Das hat sich allerdings relativ schnell normalisiert und auf ungefähr 1 Spielsitzung / Woche eingependelt - was zwar immer noch deutlich mehr ist als mein Spielpensum direkt vor der Pandemie, aber ungefähr dem entspricht, wie häufig ich während Schulzeit und Studium gespielt habe (wenn auch bei kürzeren Sitzungen).
Haben sich Rahmenbedingungen (z. B. der Einsatz von Technik wie im Online-Rollenspiel üblich) bei euch verändert, mehr oder weniger durchgesetzt?Wir hatten mit obiger Gruppe aus Studienzeiten schon vorher mal Gehversuche zum Online-Spiel per Skype unternommen - wenn ich das richtig in Erinnerung habe, so etwa 2016 - aber das war insgesamt eher unbefriedigend. Da haben dann 5 Jahre technische Entwicklung und der Schub, den quasi sämtliche Lösungen im Bereich "Dinge remote zusammen tun" während der Pandemie erhalten haben, schon für einen merklichen Unterschied gesorgt.
Mein Eindruck war auch (wie ja auch von einigen Leuten hier bereits geäußert), dass durch die erzwungene Beschäftigung mit dem Thema und den Wegfall alternativer Freizeitgestaltungsmöglichkeiten die kritische Masse erreicht wurde, ab der das Thema Online-Spiel zum Selbstläufer wird - nicht als Lösung für alle, aber eben als gleichberechtigte Spielart neben dem traditionellen Zusammentreffen am Tisch.
Persönlich bin ich ungefähr seit Pandemiebeginn (wenn ich mich richtig erinnere, März 2020 als der

-Discord seinen offiziellen Status erhalten hat) regelmäßig auf Discord aktiv, und Discord hat sich in diesem Rahmen auch als Basislösung für Online-Runden etabliert. Mitunter kamen auch noch Owlbear Rodeo oder Foundry hinzu (die ja auch eine ordentliche Entwicklung hingelegt haben), allerdings spielen wir in meinen beiden regelmäßigen Runden aktuell ohne VTT (allerdings mit Würfel- und Kartenkamera) bzw. mit sehr wenig VTT-Einsatz (ab und zu Owlbear fürs Teilen von Karten). Und in beiden Fällen würfele ich hier lokal am Tisch. Es bleibt also technisch relativ bodenständig.
Hat sich euer Bedürfnis nach Rollenspiel innerhalb oder nach der Pandemie verändert?Nachdem ich ja vor der Pandemie eine ganze Weile Spielpause hatte, war anfangs der Spielbedarf ziemlich groß, aber es hat sich dann wieder eingependelt (s.o.). Wobei ich theoretisch immer noch Lust auf mehr Rollenspiel hätte, aber es eine Reihe von Faktoren gibt, die sich limitierend auswirken (andere Hobbies, Außenwelt ist auch wieder hochgefahren, Gesundheit braucht mehr Aufmerksamkeit), so dass am Ende 1 - 1.5 Spieltermine / Woche wohl mittelfristig das Maximum darstellen.
Hat sich die Rollenspielcommunity eurer Meinung nach durch die Pandemie und ihre Folgen verändert und wenn ja, wie?Ich habe den Eindruck, dass sich die gesellschaftlichen Fronten insgesamt verhärtet haben und es weniger Differenzierung, weniger Nachsicht und weniger Bereitschaft zum Kompromiss gibt, dafür mehr Lagerbildung und klare Feindbilder. Das macht dann auch vor der Rollenspiel-Community nicht halt und ich habe den Eindruck, dass die Polarisierung zugenommen hat. Gleichzeitig ist es aber m.E. immer noch so, dass es wesentlich schlimmere Ecken im Internet gibt als das

, insofern relativiert sich das auch etwas.
Und als Kehrseite der positiven Entwicklung von Discord als Werkzeug für das eigene Online-Rollenspiel haben wir dann auch noch den Trend weg von Foren und dem "offenen"/per Suchmaschine durchforstbaren Internet zu Verlags-Discords als (halb-)geschlossenen Lösungen. Das zahlt sicher auch nochmal auf die stärkere Fragmentierung der Community ein, wobei ich den Eindruck habe, dass die grundsätzliche Segmentierung auch ohne diesen Schritt eingetreten wäre.