Autor Thema: Kampf, Skills, Diplomatie: Alles gleichartig regeln? Welche Vorteile hat das?  (Gelesen 1197 mal)

Haukrinn, Saftkraftscherge, Thandbar und 8 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline Zed

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Meine Gruppe und ich spielen seit Jahrzehnten DnD, und dort spielen wir die Diplomatie aus (anstatt sie auszuwürfeln), und bei Kämpfen wechseln wir in Zeitlupe: Da bringen wir für 5 Kampfrunden schon mal Stunden an Spielzeit auf, sicher auch mal eine und eine halbe weitere Session. Beide "Extreme" machen uns Freude.

Ich nehme im Tanelorn wahr, dass viele ein anderes Konzept anstreben: Eine Art Angleichung dermeisten Spielaspekte.

Beispiel Würfeln
Diplomatie als Schwerpunkt soll auch Spielenden offen stehen, die sich als reale Personen nicht eloquent fühlen - und daher ihre diplomatischen Vorstöße auswürfeln sollten. Analog zu: Ich bin zwar kein muskelbepackter Barbar, will aber einen (dank Würfel und Regeln) spielen können. Das Argument kann ich nachvollziehen.

Beispiel Skillchallenges
Ich muss zugeben, ich habe die Vorteile von Skillchallenges nie so richtig verstanden. Liege ich richtig, dass Spannung aus einer Kette von Skillwürfen entstehen soll, die zur Lösung eines Problemes führen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Spaß macht. Nehmen wir eine Kletterchallenge: Ich meine, entweder sollte sie einfach zu erledigen sein und mit nur einem kleinen Risiko des Absturzes klappen (vielleicht mit  e i n e m  Kletterprobewurf) - schließlich spielen wir Helden - oder, wenn sie eine Herausforderung sein soll, dann sollte sie ausgespielt werden: Von unten steigt die Säure, nach oben hin werden die Wände glatter - und der Druide versucht Efeuranken wachsen zu lassen, um besser zu klettern, der Magier bemüht sich, kleine Stufen in die Wand zu sprengen, der Hexenmeister überlegt, den Rope Trick einzusetzen, der Schurke klettert schon mal vor, um zu schauen, wie er von oben helfen kann, der Kämpfer kalkuliert, ob er den Kleriker zum nächsten Mauervorsprung schwingen kann, und der Kleriker selbst schaut nach, ob seine Heilkräfte den Säureschaden werden kontern können. Die Szene (wenn mir die Kletterchallenge wichtig wäre) wäre bei uns also wieder eine gespielte Zeitlupenszene.

Beispiel Charakterbau
Wenn ich es nicht völlig falsch verstanden habe, ist für manche hier DnD ein schlechtes System, weil alle Charakterkonzepte eigentlich auf den Kampf ausgerichtet sind. Ihr meint, es sollte auch möglich sein, ein Konzept zu spielen, dass sich im Schwerpunkt auf Diplomatie zB fokussiert. (In meiner DnD-Vorstellung könnte jede Figur, ob Barbar, Druide oder Mönch, ein Charakter sein, der als Selbstbild "Diplomat" hat, auch wenn die Regeln das nicht fördern.)

Hohes Spieltempo
Manche scheinen ein hohes Spieltempo zu bevorzugen: Ich war baff, als @1of3 irgendwo erläuterte, dass sein sehr cooler Abenteuereinstieg vom letzten Jahren  e i n e  Session bei ihm wäre. (Ich finde den Post gerade nicht, das war irgendwie in einem "Tatort"-Zusammenhang.) Auch @JollyOrc und @Megavolt haben nach meiner Erinnerung schon mal durchscheinen lassen, dass sie nicht viel Spielzeit für Kämpfe innerhalb einer Session aufbringen möchten, weil das Risiko groß ist, dass es sie langweilt.

Schätze ich also einige von Euch richtig ein, dass ihr Systeme bevorzugt, die schlank sind und die meisten Aspekte des Rollenspiel gleichartig behandeln, also Kampf, Diplomatie und Skillchallenges gleichartig abhandeln?

In meiner Vorstellung bleibt von meiner Kreativität als Spielender, mit der ich im Bruchteil einer Sekunde für meine Figur das Schicksal noch wenden kann, nicht mehr viel übrig: Wenn ich Euch richtig verstanden habe, nutzte ich als Euer Spieler nicht meine Intuition, um das richtige Argument finden, sondern ich würfle auf Diplomatie. Wenn ich Euch richtig verstanden habe, versuchte ich als Euer Spieler nicht, meine Ressourcen im Geiste hastig durchzublättern und die richtige auszuwählen, um nicht in die Säure zu stürzen, ich würfle eine Skillchallenge. Wenn ich Euch richtig verstanden habe, spürte ich als Euer Spieler nicht den Stress, meine Heiltränke, Spezialattacken und Zauber im Laufe eines stundenlang gespielten Kampfes richtig einsetzen zu müssen, nach ein paar Würfelwürfen wissen wir, wer den Kampf wie gewonnen hat. Meine ketzerische Frage: Wo bleibt da der Spielspaß?

Ich hoffe, Ihr kennt mich gut genug als Rollenspieldiskutant, dass ich auch mir fremde Spielstile spannend finde und dass ich unseren Spielstil nicht für den einzig richtigen halte, und lest keine Abwertung gleichartig regelnder Systeme heraus. Der Baufehler liegt bei mir, wohl, weil ich zu lange auf unsere DnD-Variante geprägt/sozialisiert bin: Es ist  m e i n e  Vorstellungskraft, wie ihr spielt und dabei Spaß habt, die hier begrenzt ist. Helft mir, meinen blinden Fleck zu beseitigen.

Offline Streunendes Monster

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D&D, SpliMo und Co haben für mich immer "das Spiel im Spiel" beinhaltet, sobald es um Kämpfe ging.
Das war einige Jahre für mich, als (A)D&D-sozialisierter Spieler, okay.

Aber ... dann kamen höhere Ansprüche ans Spiel und D&D ist ja auch gar kein echtes RollenspielTM sondern eine Schwundform echten Rollenspiels  ~;D ... also ... aber, dann lernte ich Systeme kennen, die einerseits plausiblere und realistischere Kampfregeln hatten UND diese auch noch eine Narrative mitliefern UND2 noch zusätzlich viel flottere Kämpfe ermöglichen. Krasser Wahnsinn, oder?  >;D

Würfeln abseits des Kampfes haben wir teilweise so abgehandelt, dass man erst würfelt und dann das Ergebnis ausspielen muss. War teilweise witzig. Teilweise taten sich einige Edge Lords total schwer damit, Misserfolge ihrer obertollen Superhelden auszuspielen. Gibtr genug Für und Wider.
Deshalb lasse ich mich gerade von mehreren Systemen inspirieren, weil gerade "sozialer Kampf" total viel Potenzial für ein breiter aufgestelltes System hat. Analog zu den Kampfregeln, aber mit einem offensiven und einem defensiven Wert und einem Pool, gegen den man bestehen muss (analog TPs oder Wundschwellen).

Ich mag Charakterbau ohne einengende Klassen. Jede/r sollte grundsätzlich alles lernen können. Und wer sich breiter aufstellt sollte dafür nicht so in die Tiefe gehen können. so easy.

Bei uns ist es tatsächlich so gewesen, dass D&D/PF Kämpfe sehr lange gedauert haben. Teilweise wegen rulesbloat, wegen Analyseparalyse oder Taktierens. Auch das einer der Gründe, uns zu anderen System(-familien) zu orientieren.
Mich persönlich reißt es auch aus der Immersion. Ich spiele auch im Kampf gern plausibel und nicht so, wie es ein eingebildetes Raster mit Flächen/Bewegungen/etc hergeben würde.
Und ich mag keine Trefferpunkte.
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Online nobody@home

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Erst mal zwei Punkte in versuchter Kurzfassung, weil sie mir gerade so einfallen; vielleicht kommt später noch mehr, aber ich mache lieber keine leeren Versprechungen :):

1.) Einigermaßen einheitliche Regelmechanismen "für alles" haben den Vorteil, daß man nicht zwingend erst X verschiedene Untersysteme für jeweils eine ganz spezielle Situation auswendig lernen muß. Mit deshalb gibt's heutzutage eher grundsätzlich keine Rollenspielsysteme mehr, die für eine Aufgabe W6, für die nächste W20, und dann für eine dritte wieder Prozentwürfel verlangen...zu beispielsweise Alt-(A)D&D-Zeiten war das noch eher üblich, weil das Hobby an sich neu und die Regeln oft etwas arg spontan zusammengestückelt waren.

2.) Na ja, warum wickeln wir Kämpfe überhaupt erst anders ab als Nichtkampfsituationen? Nun, abgesehen von dem historischen Zufall, daß sich das heutige Rollenspiel eben aus dem taktischen Brettspiel entwickelt hat, in dem es von vornherein fast oder komplett nur um den Kampf ging, und "Kampfregeln" also eigentlich älter sind als Rollenspielregeln an sich...werden die meisten Leute (Spieler wie SL) in einer hinreichend spannenden Situation auch mehr Einfluß auf den Ausgang haben wollen, als es ein schneller "Würfel' mal auf Kämpfen, ob du gewinnst"-Ansatz hergäbe. Der Gedanke wiederum läßt sich dann allerdings auch wieder auf andere Situationen übertragen: "Wir wollen drei verfeindete Fraktionen davon überzeugen, sich mit uns gegen einen vierten gemeinsamen Feind zusammenzutun -- das kann doch nicht einfach mit bloß fünf Minuten SL-Belatschern allein getan sein!". Und sobald ich erst mal zu dem Schluß gekommen bin, daß dergleichen vielleicht doch ein bißchen mehr an mechanischer Regelunterstützung braucht, wird es recht schnell zweitrangig, ob ich die entsprechenden Ansätze "nur" hier und da als Einzelfall in irgendein Abenteuer einbaue oder gleich ein generelles System für möglichst alle Fälle entwickle; letzteres braucht vielleicht mehr Anstrengung am Stück, aber ersteres muß ich halt jedesmal, wenn ich's brauche, wieder neu definieren, und wenn ich dabei eh immer auf ähnliche oder gleiche Elemente zurückgreife, dann werden da früher oder später rein organisch doch so was wie etablierte allgemeine Regeln draus.

Offline 1of3

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Du, ich spiel eigentlich jeden Scheiß außer DSA, Shadowrun und Cthulhu. Aktuell spiele ich mit Leuten ausm Forum Beacon und das hat eine so harte Trennung von Kampf und Rest, da gehen die Airbags auf und Schleudertrauma droht. Da macht das Kämpfen aber auch Spaß. Baddelmadde, diverse Kreaturentypen, unterschiedliche SC-Rollen und variable Builds. Das volle Sportprogramm.

Skill Challenges sind super, wenn du im Film eine Montage hättest. Wir wollen eine Stadt befestigen. Wir wollen Informationen über den Kult finden. Wir wollen eine Rakete zum Mond bauen. Es gibt auch einen viel älteren Namen dafür: Extended Check. Machen diverse Spiele seit ewig. Für Action-Szenen funktioniert das mäßig und es ist so erstmal definitiv kein Kampfsystem.

Rundenbasierte Kampfsysteme fallen grob in drei Kategorien:

1. Klopp die HP weg. Jeder hat eigene. Wir wählen die Ziele aus, die wir primär ausschalten wollen. Fast jedes Spiel.
2. Raise & See. Dogs in the Vineyard, With Great Power. Wir spielen bis eine Partei nicht mehr mitbieten will.
3. Was Capes tut. Ist ein bisschen ähnlich wie Extended Checks, nur dass man mehrere Counter auf einmal und zwischendrin neue starten kann.

Du gehst aber in deinen Ausführungen davon aus, dass es im Rollenspiel gilt Probleme zu lösen und das dies die primäre Tätigkeit der Spieler - im Gegensatz zur SL als Problemstellerin - ist. Kann man so machen. Muss aber nicht. Auf letzten :T:reffen haben wir bei Haukrinn Monster Hearts gespielt und demgemäß ("Das wird kein Kuschel-Monsterhearts!") haben die SCs ab der halben Sitzung angefangen sich gegenseitig ans Lebens zu gehen. Meine Masks-Runde hat sich andererseits zuletzt entschuldigt, dass sie das Spiel in ein Dating Sim verwandeln. War fein für mich. Bei Zarkov gabs aufm :T:reffen das RPG Poem Stoke-Birmingham 0:0. Da haben wir uns regelgetreu gezielt 15 Minuten gelangweilt.

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Offline Arldwulf

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Ich denke man muss dort zwei Sachen unterscheiden. Das Ausspielen der Situation und die Bewertung des Erfolgs.

Auch wenn man ohne Würfel spielt funktioniert Diplomatie ja nach dem Motto "Der Spieler beschreibt eine bestimmte Herangehensweise und spielt diese aus" und "der Spielleiter entscheidet wie gut dies gemacht wurde".

In der (ungeregelten) Grundform ist letzteres eine rein willkürliche Entscheidung.

Regelwerke können nun beide dieser Aspekte betreffen, zum Teil gleichzeitig.

Beispielsweise haben die Spieler oft die Möglichkeit Wissen ihrer Charaktere über Wissenswürfe zu erhalten und dieses dann auszuspielen.

Mhh, kann ich den Herzog irgendwie unserem Vorhaben gegenüber positiv stimmen? Mach mal einen Geschichtswissen wurf. Erfolg? Nun, du weißt das der Großvater des Herzogs einst selbst ein ähnliches Anliegen durchführen wollte.

Es gibt auch die Möglichkeit Willkür heraus zu nehmen und dementsprechend Erfolgswahrscheinlichkeiten zu definieren.

Komplexere Systeme wie z.B. die Skillchallenges der 4e Fächern dies nun noch weiter auf. Dort kann es sein, dass Ausspielen und Würfeln ineinandergreifen. Beispielsweise könntest du durch das Ausspielen einer guten Idee einen Wurf auf eine Fähigkeit geben und bei Erfolg weitere Optionen die darauf aufbauen erhalten. Die dann auch wieder ausgespielt und mit Erfolg oder Misserfolg abgehandelt werden. Dies braucht dann nicht immer einen Wurfelwurf, gute Argumente können auch automatische Erfolge bieten.

Ein klassisches Beispiel dafür wäre es, dass du jemanden hohes überzeugen sollst, aber dafür erst einmal eine Audienz und die Chance angehört zu werden brauchst, und um dies zu bekommen etwas Vorbereitung nötig ist

Der Vorteile solcher komplexerer Herausforderungen ist es mehr Charaktere (und damit auch mehr Spieler) in die Situation einzubinden.

Beispielsweise indem diese ihr Wissen über Geschichte, Religion der dergleichen anbringen, in der Taverne den Hauptmann überzeugen sie seien fähige Leute so dass sie einen Fürsprecher haben oder indem sie per Diebeskunst und Heimlichkeit belastendes Material besorgen.

Die Spielerideen sind dabei immer das entscheidende - aber indem man ein System aufsetzt welches von vornherein davon ausgeht: das ganze braucht mehr als nur einen Schritt, mehr als nur einen Würfelwurf ist es leichter auch neue Ideen einzubringen.

Deine "beschreibende" Variante der Kletterchallenge ist dort schon recht nah dran.
« Letzte Änderung: Gestern um 13:50 von Arldwulf »

Online Weltengeist

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Interessante Frage. Auch weil ich bis heute keine vernünftige Antwort für mich selbst gefunden habe.

Ich bin ja ursprünglich mal so sozialisiert, dass man alles, was nicht körperlich ist, einfach ausspielt. Pläne schmieden, Rätsel lösen, Fallen suchen, Wachen überreden, Schankmaiden verführen, Lieder singen. Für mich war das der Grund, warum es Rollenspiel heißt und auch das, was mir am meisten Spaß gemacht hat.

Als ich ca. 2010 nach längerer Pause ins Hobby zurückkehrte, war ein anderer Wind aufgekommen. Wie Zed schreibt, lautet die Argumentation: Man darf würfeln, wenn man einen Kämpfer spielen will, aber selbst nicht kämpfen kann. Man darf würfeln, wenn man an der Wand hochklettern will, aber selbst immer wie ein nasser Sack am Kletterseil gehangen hat. Warum soll man also nicht würfeln dürfen, wenn man einen Charismatiker spielen will, aber selbst nicht gut reden kann? Oder - hart gesagt - wenn man einen Denker spielen will, aber selbst eher langsam im Oberstübchen ist?

So rein vom Fairness-Gedanken her leuchtet mir das ein. Nach der Logik bräuchte man also tatsächlich gleichwertige Teilsysteme für Soziales und auch fürs Denken. Die müssten aber dann genauso gut beschreiben, was da eigentlich passiert, wie die Kampfsysteme. Und das tun sie zumindest in den meisten Mainstream-Systemen nicht. Soziale Konfliktsysteme beschränken sich auf "Ich überrede ihn" -> würfel, würfel -> "Okay, klappt, er gibt dir was du willst". Und Denkproben sind noch schlimmer. "Wir brauchen einen Plan, ich würfle mal auf Kriegstaktik." -> würfel, würfel -> "Okay, gelungen, ihr kriegt einen Bonus von +2 für den bevorstehenden Kampf". Was aber wirklich im Einzelnen passiert ist, darf sich nun entweder der Spielleiter aus den Fingern saugen, oder es fällt einfach unter den Tisch. Man stelle sich ein Kampfsystem vor, das genaus funktioniert: "Wir greifen die Goblins an." -> würfel, würfel -> "Okay, hier das Endergebnis: Alle Goblins sind tot, der Paladin hat eine Wunde, ein Heiltrank ist weg und die Waffe des Barbaren ist im Eimer." Man merkt schon, dass das so nicht funktioniert.

Zumindest bräuchte man also einen ganz anderen Ansatz, bei dem wirklich alle Teilaspekte des Spiels gleich behandelt würden. Wie der aussehen könnte, ist mir nicht so ganz klar. Vor allem aber bin ich mir überhaupt nicht sicher, dass ich den will. Für mich ist nicht das Würfeln, sondern eben das Ausspielen sozialer Situationen (egal wie schräg) und das selbständige Denken (egal wie komisch die resultierenden Ideen sind) das Salz in der Suppe des Hobbys Rollenspiel. Daher kann ich mit den aktuellen Hybridlösungen - man spielt die Situation aus, und dann würfelt man in Abhängigkeit von dem, was ausgespielt wurde, um die Spielleiterwillkür zumindest ein wenig einzugrenzen (und die Spieler zu zwingen, die zugehörigen Talente auch zu wählen) - ganz gut leben. In einem Spielsystem, wo soziale Situationen gar nicht ausgespielt, sondern nur angesagt ("Ich verführe den jetzt!") und dann nur noch ausgewürfelt werden, sehe ich mich aber definitiv nicht.

Was ich aber tatsächlich ganz sinnvoll fände, wären mehrrundige Resolutionssysteme für nicht-körperliche Aktivitäten. Beispiel: Die Spielerin kündigt an, dass sie jetzt mit dem Bürgermeister verhandelt. Sie redet also auf ihn ein, der Bürgermeister (Spielleiter) gibt ein paar Widerworte, es wird gewürfelt, die Probe geht schief. Und todsicher sieht die Spielerin das Duell an der Stelle jetzt nicht als beendet an, sondern macht einfach weiter und eröffnet gewissermaßen eine neue Runde - ganz ähnlich wie im Kampf, der ja auch nicht zu Ende ist, bevor die Gegenseite nicht tot, gefangen oder geflohen ist. Gleichzeitig würde aber völliges Unverständnis herrschen, wenn der Spielleiter das gleiche tun und sagen würde: "Deine Probe ist zwar gelungen, aber dem Bürgermeister sind da gerade noch ein paar neue Argumente eingefallen und der Kanzler mischt sich auch noch ein. Wir würfeln daher einfach weiter." Für solche Situationen fehlen mir tatsächlich in vielen Systemen Mechanismen, die entscheiden, wann nun wirklich Feierabend ist und wann es in eine neue Runde geht.
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Offline 1of3

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Zumindest bräuchte man also einen ganz anderen Ansatz, bei dem wirklich alle Teilaspekte des Spiels gleich behandelt würden. Wie der aussehen könnte, ist mir nicht so ganz klar.

Wenn du wirklich alles gleich behandeln willst, funktionieren z.B. Spiele mit Forgian Stake Resolution, also The Pool, Primetime Adventures usw. Die Spiele haben gemein, dass sie nichts, aber absolut gar nichts über Inhalte wissen. Es gibt keine Liste an Fertigkeiten. Es gibt keine vorgegebenen Aktionen, die zu behandeln sind.

Stattdessen wird jedes mal ad hoc festgelegt, was die Stakes sind und zwar für jeden SC individuell. Also vielleicht ziehen plündernde Truppen heran. Aber das heißt nicht, dass wir das überhaupt bewürfeln. Vielleicht finden wir spannender, ob Simon seine Mutter retten kann. Und Alin versucht das erste mal seine Traveller-Kräfte zu manifestieren. Und Leah möchte nicht offenbaren, dass sie eine hochqualifizierte Travellerin und die Tochter des Königs ist. (Ich hab neulich Traveller's Gate noch mal gelesen.)

Offline Zed

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@Weltengeist
Du holst mich zu 100% ab, und Du formulierst noch viel deutlicher, was ich ausdrücken möchte. Danke!

Du kennst also die "modernen Strömungen" aus eigener Anschauung?
Zitat von: Weltengeist
Und das tun sie zumindest in den meisten Mainstream-Systemen nicht. Soziale Konfliktsysteme beschränken sich auf "Ich überrede ihn" -> würfel, würfel -> "Okay, klappt, er gibt dir was du willst". Und Denkproben sind noch schlimmer. "Wir brauchen einen Plan, ich würfle mal auf Kriegstaktik." -> würfel, würfel -> "Okay, gelungen, ihr kriegt einen Bonus von +2 für den bevorstehenden Kampf". Was aber wirklich im Einzelnen passiert ist, darf sich nun entweder der Spielleiter aus den Fingern saugen, oder es fällt einfach unter den Tisch. Man stelle sich ein Kampfsystem vor, das genaus funktioniert: "Wir greifen die Goblins an." -> würfel, würfel -> "Okay, hier das Endergebnis: Alle Goblins sind tot, der Paladin hat eine Wunde, ein Heiltrank ist weg und die Waffe des Barbaren ist im Eimer." Man merkt schon, dass das so nicht funktioniert.

Wenn das so ist, dann erkenne (auch) ich nicht, wo da der Spielspaß herkommt. Kann das nochmal jemand versuchen, mir zu erklären?
« Letzte Änderung: Gestern um 14:48 von Zed »

Offline Arldwulf

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Wenn das so ist, dann erkenne (auch) ich nicht, wo da der Spielspaß herkommt. Kann das nochmal jemand versuchen, mir zu erklären?

Ich denke in dem genannten Beispiel wäre die Antwort schlicht: ne, das macht keinen Spaß und landet darum auch nur selten im tatsächlichen Spiel.

Aber es gibt auch im Mainstreambereich durchaus komplexere Regeln. Und letztlich kann man auch die einfacheren Varianten durchaus als Ergänzung zum Ausspielen sehen.

Offline 1of3

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Wenn das so ist, dann erkenne (auch) ich nicht, wo da der Spielspaß herkommt. Kann das nochmal jemand versuchen, mir zu erklären?

Nein.

Natürlich können wir das große Verständnis unseres Taktikers so darstellen, dass Verbündete massive Boni bekommen. Aber das ist dann keine "Probe auf Denken". Das ist eine Kolorierung einer Support-Klasse, vermutlich in einem Kontext von Combat As Sport.

Wir können einen Kampf in einem Wurf abhandeln. Aber dann war eben eine detaillierte Kampfszene nie das Ziel. Vermutlich verbringen wir unsere Spielzeit mit irgendwas anderem. Und was das sein könnte, bleibt total offen.

Das Zitat ist ein Zerrbild mit sich bewegenden Torpfosten.


Online Skaeg

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Man stelle sich ein Kampfsystem vor, das genaus funktioniert: "Wir greifen die Goblins an." -> würfel, würfel -> "Okay, hier das Endergebnis: Alle Goblins sind tot, der Paladin hat eine Wunde, ein Heiltrank ist weg und die Waffe des Barbaren ist im Eimer." Man merkt schon, dass das so nicht funktioniert.
Das "Staubwolke, aus der Fäuste und Messer hervorragen"-Kampfsystem von Tunnels & Trolls funktioniert doch im Grunde genommen genau so?
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Offline Zed

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D&D, SpliMo und Co haben für mich immer "das Spiel im Spiel" beinhaltet, sobald es um Kämpfe ging.

(Und auch @nobody@home:) Was ist daran schlimm, dass es "Spiel im Spiel"-Regeln/Untersysteme gibt, oder (wie ich es wahrnehme), Herausforderungen gibt, die in Zeitlupe abgehandelt werden? Warum wirkt ein System auf Dich eleganter, wenn es einheitliche Prinzipien hat?

Zitat
Aber ... dann kamen höhere Ansprüche ans Spiel und D&D ist ja auch gar kein echtes RollenspielTM sondern eine Schwundform echten Rollenspiels  ~;D ... also ... aber, dann lernte ich Systeme kennen, die einerseits plausiblere und realistischere Kampfregeln hatten UND diese auch noch eine Narrative mitliefern UND2 noch zusätzlich viel flottere Kämpfe ermöglichen. Krasser Wahnsinn, oder?  >;D

Welches dieser Systeme hat die beste Chance, mich von dem eleganteren oder besseren Ansatz zu überzeugen?

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Ich weiß, und als Mensch, der nicht in der Schublade stecken möchte "das Fremde kann nur schlecht sein" hoffe, dass Du und Ihr meine Farbenblindheit kuriert.

Ich denke man muss dort zwei Sachen unterscheiden. Das Ausspielen der Situation und die Bewertung des Erfolgs.

Auch wenn man ohne Würfel spielt funktioniert Diplomatie ja nach dem Motto "Der Spieler beschreibt eine bestimmte Herangehensweise und spielt diese aus" und "der Spielleiter entscheidet wie gut dies gemacht wurde".

In der (ungeregelten) Grundform ist letzteres eine rein willkürliche Entscheidung.

Ja, das Risiko besteht, eindeutig. Und nicht immer wäre die rein ausgespielte Diplomatie die beste Lösung.

Aber letztens zB, da hatten wir beim Diplomatieausspielen wieder so einen Flow-Moment: Zwei Spielende in meiner Gruppe brachten meinen NSC so richtig auf den Punkt. Sein Need, Want and Fear war perfekt analysiert und sogleich live im Spiel genutzt. So gesehen und durchschaut hat mein NSC sich in meiner Vorstellung noch nie gefühlt. Das war großartig. Ich denke, das geht nur mit nicht-gewürfelter Diplomatie.

Ansonsten ist DnD ja häufig der klassische Mix aus Ideen, Vorschlägen und Würfeln. Ja, ich als SL nehme mir sehr selten heraus zu sagen: Das geht gegen jede physikalisch mögliche Vorstellung, die ich habe, das wird nicht funktionieren. Aber auch: Dieser Vorschlag ist so genial wie machbar, da brauchst Du nicht zu würfeln, das klappt. Um den SL-Willkürfaktor hier zu minimieren, sage ich oft die Boni und Mali zuvor an, und dann können die Spielenden sich entscheiden, ob sie sich doch noch einen anderen Plan ausdenken. Das mögen manche für immersionsschädigend halten, ich denke, das ist eine Sache der Fairness, denn die Regeln der gespielten Welt kennen wir alle nicht so gut, wie die Regeln der echten Welt.
« Letzte Änderung: Gestern um 14:45 von Zed »

Offline Arldwulf

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Ansonsten ist DnD ja häufig der klassische Mix aus Ideen, Vorschlägen und Würfeln. Ja, ich als SL nehme mir sehr selten heraus zu sagen: Das geht gegen jede physikalisch mögliche Vorstellung, die ich habe, das wird nicht funktionieren. Aber auch: Dieser Vorschlag ist so genial wie machbar, da brauchst Du nicht zu würfeln, das klappt. Um den SL-Willkürfaktor hier zu minimieren, sage ich oft die Boni und Mali zuvor an, und dann können die Spielenden sich entscheiden, ob sie sich doch noch einen anderen Plan ausdenken. Das mögen manche für immersionsschädigend halten, ich denke, das ist eine Sache der Fairness, denn die Regeln der gespielten Welt kennen wir alle nicht so gut, wie die Regeln der echten Welt.

Ich denke das trifft es sehr gut und mir gefällt auch deine oben beschriebene Variante der "Kletterchallenge" sehr gut. Das ist eigentlich genau was D&D 4E mit den Skillchallenges erreichen will, eigentlich fehlt da nur noch die Ergänzung, dass man neuen Ideen immer offen gegenüber sein sollte und es auch automatische Erfolge und Fehlschläge sowie Erfolg mit Nachteilen oder Ressourceneinsatz gibt.

Was Diplomatie angeht kann man genauso vorgehen, es ist nicht der eine Würfelwurf sondern ein Zusammenspiel verschiedener Aktionen welches dort den Erfolg bringt. Sollte es zumindest sein.

Offline Hotzenplot

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Weltengeist hat ein paar entscheidende Punkte genannt, warum viele Systeme an sozialen Konfliktlösungen scheitern.

Ich möchte hier für solche Systeme eintreten, die deshalb alles gleich behandeln, weil sie es sehr regelleicht oder ganz anders tun.

Mir fallen dabei drei Kategorien ein für Spiele, die Kampf, Skills, Diplomatie gleich geregelt haben:
1. Es gibt harte Regeln, die für alles gelten. Betonung liegt auf gleichartig.
PDQ# macht das und es ist dort sogar möglich, zu mischen (wenn du in PDQ# deinen Duelgegner hart beleidigst, bekommt der regelmechanisch den gleichen Schaden wie bei einem zünftigen Hieb mit der Bratpfanne). Die Spiele, die mir dazu einfallen, sind in den Grundmechanismen eher unterkomplex. Turbo FATE fällt mir gerade noch spontan ein.
2. Es gibt für alles harte Regeln, die Kampf, Skills und Diplomatie balancen sollen, die Regeln dafür sind aber unterschiedlich. Betonung liegt also auf gleichartig.
Die Beispiele, die mir dazu einfallen, sind meistens Mogelpackungen aus den von Weltengeist aufgeführten Gründen oder, weil die Gewichtung dann doch nicht gleich ist (z. B. Splittermond, DSA5). Vielleicht kann sich hier jemand zu Burning Wheel äußern, dass ist immer das einzige Beispiel, was mir einfällt, wo es gut gemacht ist (aber ich kenne es nur vom Lesen).
3. Es gibt keine speziellen Regeln und dadurch werden Kampf, Skills und Diplomatie gebalanced.
1of3 hat schon Beispiele genannt. Mir fällt noch Itras By ein, oder Engel mit Arcana-Karten, wenn wir schon bei Karten sind.

Die schwerste Variante aus meiner Sicht ist die 2., an der die komplexen Spiele auch scheitern, Burning Wheel mag da die Ausnahme sein.

Ich benutze gerne Systeme, die Kampf, Skills und Diplomatie gleichartig behandeln, aber sehr gerne von der regelleichten Seite.
Die größten Vorteile aus meiner Sicht sind:
1. Alle Charaktere sind gleich stark in entscheidenden Situationen
2. Alle Handlungen sind gleich schnell abgehandelt (diplomatisches Duell vs. Kampfduell), so dass die Kämpfer nicht ständig im Spotlight stehen und der Diplomat einmal in der Session was cooles würfeln darf, um beim Zuckerbäcker Rabatt zu bekommen

Wie manche wissen, habe ich ja den G7-Speedrun gemacht. Bei aller Mogelei und Kürzung: Mit DSA als Regelsatz wäre ich nichtmal mit der Charaktererstellung an einem Abend fertig gewesen. PDQ# ist einfach wesentlich schneller (mit Monsterklasse! gehe ich einen ähnlichen Weg).

Online Weltengeist

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Wenn das so ist, dann erkenne (auch) ich nicht, wo da der Spielspaß herkommt. Kann das nochmal jemand versuchen, mir zu erklären?

Nein, so ist es natürlich nicht, jedenfalls nicht an den allermeisten Spieltischen, an denen ich gesessen habe. Es ist eine Überspitzung, was passieren würde, wenn man das Prinzip "Der Spieler muss gar nichts können oder machen, das macht ja seine Figur" wirklich durchziehen würde. Und das gleiche Prinzip auf das Kampfsystem überträgt.

Die meisten Spieltische leben besagtes Prinzip ja gar nicht. Sie lassen eben sehr wohl die sozialen und intellektuellen Kompetenzen des Spielers in das Ergebnis einfließen, auch wenn regelseitig so getan wird, als sei dem nicht so. Umso kurioser ist es für mich, dass von Seiten des Regeldesigns oft so getan wird, als könne jeder alles spielen, wenn er nur die richtigen Skills wählt.

Ich würde behaupten, dass das in den allermeisten Gruppen und Situationen nicht funktioniert. Okay, wir haben jetzt erfolgreich auf "Guten Plan entwerfen" gewürfelt, obwohl die Spieler selber keinen hatten. Wie sieht der Plan jetzt aus? Wie spielt man damit weiter, wenn ihn keiner kennt? Eben. Man kann noch so schön ins Regelwerk schreiben, dass die Spieler gar nichts können müssen, in der Praxis funktioniert das aber häufig nicht.

P.S.: Zustimmung von mir zu vielen, was Hotze schreibt, insbesondere der Sache mit gleichartigen Regeln. Der Regelkern kann gleich sein, aber die Details der unterschiedlichen Teilsysteme kriegt man wohl nur angeglichen, wenn man sehr stark abstrahiert.
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Offline Zed

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Ich benutze gerne Systeme, die Kampf, Skills und Diplomatie gleichartig behandeln, aber sehr gerne von der regelleichten Seite.
Die größten Vorteile aus meiner Sicht sind:
1. Alle Charaktere sind gleich stark in entscheidenden Situationen
2. Alle Handlungen sind gleich schnell abgehandelt (diplomatisches Duell vs. Kampfduell), so dass die Kämpfer nicht ständig im Spotlight stehen und der Diplomat einmal in der Session was cooles würfeln darf, um beim Zuckerbäcker Rabatt zu bekommen

Ich verstehe die Vorteile des gleichartig Behandelns noch nicht.

Zu 1: Meine Gruppe und ich nutzen etwa vier Teile der Spielzeit für Kämpfe, drei Teile für Diplomatie und zwei Teile der Spielzeit für Planungen und Rätsellösung (im weitesten Sinne). Fertigkeiten werden zwischendurch immer mal wieder angewandt. Alle Spielenden haben die Möglichkeit, bei allem gleich stark beteiligt zu sein.

Zu 2: Wir wollen viele Handlungen gar nicht schnell abhandeln. Wir wollen "in Character" diskutieren (Diplomatie) ausspielen, wir wollen im Kampf unsere Ressourcen optimal einsetzen, wir wollen "das Rätsel selber" lösen. D a s  alles macht für uns Rollenspiel aus. Wo bleibt bei "Alle Handlungen sind gleich schnell abgehandelt " das, was das Rollenspiel ausmacht, oder anders gefragt: Was macht Rollenspiel für Dich aus?

Offline 1of3

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1of3 hat schon Beispiele genannt. Mir fällt noch Itras By ein, oder Engel mit Arcana-Karten, wenn wir schon bei Karten sind.

Ja, stimmt. So Tarot-Systeme machen auch alles gleich. Mit der gleichen Voraussetzung. Keine Fertigkeiten, keine vorgegebenen Aktionen.

Ich würde behaupten, dass das in den allermeisten Gruppen und Situationen nicht funktioniert. Okay, wir haben jetzt erfolgreich auf "Guten Plan entwerfen" gewürfelt, obwohl die Spieler selber keinen hatten. Wie sieht der Plan jetzt aus? Wie spielt man damit weiter, wenn ihn keiner kennt? Eben. Man kann noch so schön ins Regelwerk schreiben, dass die Spieler gar nichts können müssen, in der Praxis funktioniert das aber häufig nicht.

Auch das ist irgendwie schief. Was denn können? Wir tun ja immer was. Irgendwas wird immer also gekonnt sein müssen. Kein Spiel sagt, "du musst nichts können".

Möglicher Weise vermittelt es: Du musst nicht für deinen Charakter clever sein. PbtA-Spiele machen das. Die funktionieren regelmäßig nicht, wenn man sich besonders clever verhalten will. Dein Job ist stattdessen, deinen Charakter nach allen Regeln der Kunst auszuspielen und die Prompts zu verwerten, die das Spiel dir vorwirft. Das sollte dann bitte auch gekonnt wirken.

Ich weiß, und als Mensch, der nicht in der Schublade stecken möchte "das Fremde kann nur schlecht sein" hoffe, dass Du und Ihr meine Farbenblindheit kuriert.

Ob ich das kann, weiß ich nicht. Aber ich erzähle gern von diesen und jenen Rollenspielen.

Aber mich würde noch mal interessieren, was eigentlich bei dieser Diplomatie zugeht. Was sind das für Situationen, die du Diplomatie nennst? Du hast ein Beispiel von einem NSC gegeben, der mit zwei SCs interagiert hat. Was war das für ein NSC? Was wollten die SCs? Was kam letztendlich dabei heraus? Und dann: Ist das ein typisches Beispiel für "Diplomatie" oder kommen dir noch andere in den Sinn?

Offline Streunendes Monster

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(Und auch @nobody@home:) Was ist daran schlimm, dass es "Spiel im Spiel"-Regeln/Untersysteme gibt, oder (wie ich es wahrnehme), Herausforderungen gibt, die in Zeitlupe abgehandelt werden? Warum wirkt ein System auf Dich eleganter, wenn es einheitliche Prinzipien hat?

Schlimm ist daran gar nichts  :d

Das ist Geschmackssache. Den einen reißt es aus dem spiel heraus (ich), der andere findet es spannend und als einen weiteren, organischen Teil des Regelwerkes und Spielspaßes.

Einheitliche Prinzipien mag ich insbesondere dann, wenn die Resolutions-Mechanik on the fly und ohne Regelbuch-Geblätter (und insbesondere Regeldiskussionen) ablaufen kann.

Zitat
Welches dieser Systeme hat die beste Chance, mich von dem eleganteren oder besseren Ansatz zu überzeugen?

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Ist gar nicht so weit weg von D&D/PF. Zwar W100, aber geschenkt.
Man hat auch TP, diese auch in einzelnen Trefferzonen und Rüstung schützt vor Schaden und nicht vorm Getroffenwerden.
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Etwas reaalistischer, als D&D, aber noch lange nicht bei Würfelorgien oder Tabellenstudium.
Und alles ohne Regelbuch am Tisch spielbar.
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Zitat
Aber letztens zB, da hatten wir beim Diplomatieausspielen wieder so einen Flow-Moment: Zwei Spielende in meiner Gruppe brachten meinen NSC so richtig auf den Punkt. Sein Need, Want and Fear war perfekt analysiert und sogleich live im Spiel genutzt. So gesehen und durchschaut hat mein NSC sich in meiner Vorstellung noch nie gefühlt. Das war großartig. Ich denke, das geht nur mit nicht-gewürfelter Diplomatie.

Toller Moment  :d

Gemeinhin (!) spielt man ein kommunikatives Spiel ja auch, wenn einem sowas liegt.
Sabbeltaschen, Rechthaber, Diskutanten und Mitteilungsbedürftige findet man zuhauf unter uns Rollenspielern.
Da gehe ich d'accord, dass einige Themen und Thesen auch schon ein bisschen konstruiert wirken.

Ich werde das Thema mal bei uns in der Runde platzieren.
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Offline Hotzenplot

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Ich verstehe die Vorteile des gleichartig Behandelns noch nicht.

Zu 1: Meine Gruppe und ich nutzen etwa vier Teile der Spielzeit für Kämpfe, drei Teile für Diplomatie und zwei Teile der Spielzeit für Planungen und Rätsellösung (im weitesten Sinne). Fertigkeiten werden zwischendurch immer mal wieder angewandt. Alle Spielenden haben die Möglichkeit, bei allem gleich stark beteiligt zu sein.

Zu 2: Wir wollen viele Handlungen gar nicht schnell abhandeln. Wir wollen "in Character" diskutieren (Diplomatie) ausspielen, wir wollen im Kampf unsere Ressourcen optimal einsetzen, wir wollen "das Rätsel selber" lösen. D a s  alles macht für uns Rollenspiel aus. Wo bleibt bei "Alle Handlungen sind gleich schnell abgehandelt " das, was das Rollenspiel ausmacht, oder anders gefragt: Was macht Rollenspiel für Dich aus?

Vielleicht mal eben zur Erklärung: Ich bin jemand, der fast allen Spielen und Spielarten was abgewinnen kann, ich spiele also sowohl crunchige Systeme, schubse Figuren und auch Erzählspiele.

1. Dann ist das etwas, was deine Gruppe für euch gut geregelt hat, obwohl es das System nicht tut (PF, richtig?).  ;D

2. Es geht nicht darum, ob die Handlung selbst, also das Rollenspiel darum, meinetwegen das Erzählen, Ausspielen etc., schnell geht, es geht darum, dass die regelseitige Abhandlung dazu sehr kurz ist. Wenn du den Vorteil aber nicht haben möchtest, weil du es gerne im Detail ausspielen willst, dann ist es doch super für dich und deine Gruppe. Der von mir genannte Vorteil gilt ja nicht generell, sondern hängt davon ab, was man möchte.


Offline Zed

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Vielleicht mal eben zur Erklärung: Ich bin jemand, der fast allen Spielen und Spielarten was abgewinnen kann, ich spiele also sowohl crunchige Systeme, schubse Figuren und auch Erzählspiele.

1. Dann ist das etwas, was deine Gruppe für euch gut geregelt hat, obwohl es das System nicht tut (PF, richtig?).  ;D

Nah dran: DnD3.5, aber mit ein paar Änderungen wie "Bedingungsloser Aufstieg nach 7 Spieltagen" (quasi keine XP)

2. Es geht nicht darum, ob die Handlung selbst, also das Rollenspiel darum, meinetwegen das Erzählen, Ausspielen etc., schnell geht, es geht darum, dass die regelseitige Abhandlung dazu sehr kurz ist. Wenn du den Vorteil aber nicht haben möchtest, weil du es gerne im Detail ausspielen willst, dann ist es doch super für dich und deine Gruppe. Der von mir genannte Vorteil gilt ja nicht generell, sondern hängt davon ab, was man möchte.
Ah, okay, das flottere regelseitige Abhandeln, ja, das kann ich nachvollziehen.

Offline Zed

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BRP/RQ.
Ist gar nicht so weit weg von D&D/PF. Zwar W100, aber geschenkt.
Man hat auch TP, diese auch in einzelnen Trefferzonen und Rüstung schützt vor Schaden und nicht vorm Getroffenwerden.
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Ja, RuneQuest hatten wir mal kurz, und es das System, das ich wirklich elegant gebaut finde.

Für unser heldenhaftigeres Spiel aber hatte es sich bald als zu tödlich erwiesen, meine Gruppe traute sich gar nicht mehr raus, und so sind wir zu 3.5 gewechselt.

Offline Hotzenplot

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Mit fällt noch ein anderer sehr subjektiver Vorteil jener Spiele ein, die alles auf niedrigem Komplexitätsniveau gleichartig regeln: Ich muss nicht so viel lesen.

Ganz ehrlich, ich habe keine Zeit mehr und hatte noch nie Lust, 200-Seiten-Regelwälzer zu lesen, um zu kapieren, dass du den Superschlach (ja, mit ch) + achtunddrölfzig nur mit dem Halbwulf-Barbaren machen kannt, wenn der +7 auf Körper genommen hat und die Waffenmeisterschaft "nach hinten hauen" gekauft hat von seinen 1300 Generösitätspunkten, von denen nur 385 auf die dritte Gesellenebene angehoben werden dürfen. 

Offline unicum

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Wenn man wirklich alles gleich regeln würde müsste man - wenn man etwa vom Kampf als Basis und da von D&D ausgehend - alles sowas wie TP geben und jedem Skillwurf einen Schadenswurf folgen lassen.

Um auf den Berg hochzuklettern musst den Berg "besiegen" der hat 100 TP, wenn du verlierst stürzt du ab...
(und ja der Berg wehrt sich mit Lawinen aus Eis, Schnee und Geröl oder einem Schneesturm (ob von Saruman gerufen oder auch nicht))

Um den Bürgermeister zu überzeugen .... musst du ihn "besigen".... etc pp.
Man könnte dann eben dem Bürgermeister, neben den 10 TP die er für den Kampf hat eben auch 20 SP (Social Points) geben die man abbauen muss um ihn zu überzeugen,...

Also ja man kann sicherlich irgendwie so ein System basteln alleine,... ich kenn keins und ich hab da auch etwas meine Bedenken. Irgendwie sind es dann doch oft 3 verschiedene Systeme die da aufeinander treffen. Die meisten Systeme haben eben beim überzeugen einen Würfelwurf und dann klappts,...

Offline gunware

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In Dračí doupě II ist es grundsätzlich egal, was gerade probiert wird. Ob es im Kampf, während eines Verhörs, eines Diplomatiebesäufnisses, einer Spurensuche oder Magieanwendung stattfindet, werden die Regel gleichartig benutzt. Klar, es gibt unterschiedliche Attribute und unterschiedliche Fertigkeiten dafür, aber die Handhabung ist gleich.

Die Handelnde in der Initiative beschreibt, wie sie etwas erreichen möchte (z.B. ich schlage hart gegen sein Schwert, damit er es fallen lässt; ich gieße ihm immer mehr Met ein, damit er zugänglicher ist für meine Argumente; ich zaubere eine Illusion von einem bösartigen Hund, damit er abgelenkt wird, u.ä.). Dann sagt der Gegner, ob er sich dagegen wehren möchte (seine Reaktion opfern möchte). Wenn er es nicht möchte, ist es „nur“ eine Prüfung (Probe) für die Handelnde, wenn er seine Reaktion dafür opfern möchte, beschreibt er, wie er sich dagegen wehrt und es wird zur Vergleichenden Probe. Der Gewinner würde seine Beschreibung wahr machen (die Handelnde wenn sie die Prüfung oder die Vergleichende Probe gewinnt, der Gegner wenn er die Vergleichende Probe gewinnt), falls der Verlierer sich nicht Erschöpft. Dann kann der Verlierer beschreiben, warum die vorgegebene Aktion nicht so perfekt geklappt hat - „der Schlag gegen mein Schwert war zwar hart, aber ich war trotzdem stark genug (bezahlt Punkte Spielercharakter Körper, NPC Schicksal ), um es zu halten, aber ich wurde dadurch auf die Knie gezwungen“ – damit steigt seine Bedrohung. Wenn die Bedrohung eine bestimmte Grenze erreicht oder das Opfer nicht „bezahlen“ kann, kann sich das Opfer halt nicht wehren und der andere kann im Grunde genommen beschreiben, was er möchte (selbstverständlich mit bestimmten Regel-Einschränkungen).

Man kann z.B. einen König nicht davon überzeugen, dass er sein Krone abgeben soll, das wäre eine Unmögliche Aktion. Den König aber davon zu überzeugen, dass er seine alte unverheiratete Tochter dem Charakter zur Frau geben soll, könnte wiederum eine Anstrengende Aktion sein, dann müsste der Charakter in dem Diplomatieduell jedesmal, wenn er den König dazu bringen möchte nachzugeben, bereits in dem Konflikt Punkte (SC Einfluss, NPC Schicksal ausgeben, damit er überhaupt dazu kommt, seine Aktionen „starten“ zu können. Und wem früher die Punkte ausgehen würden, der würde verlieren.

Im Kampf ist es entsprechend. Einen Riesen den Kopf abzuschlagen, wenn man ein Zwerg ist und unten steht, ist eine Unmögliche Aktion (dh. die scheitert automatisch), dem Riesen in den Bauch zu schlagen, wäre eine Anstrengende Aktion (muss Punkte zahlen), ihn die Knöchel zu zertrümmern eine Gewöhnliche Aktion (keine Punkte fürs Ausführen).

Und so wird eigentlich alles gleichartig geregelt. Wobei dabei gilt, falls du nicht beschreiben kannst, was und wie passieren soll, wird es auch nicht passieren. Ohne Beschreibung keine Änderung der Geschichte.
Ich bin der letzte Schrei der Evolution, als sie mich erschaffen hatte, schrie sie: "Oh Gott, was habe ich denn gemacht?!"

Offline Streunendes Monster

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Ganz ehrlich, ich habe keine Zeit mehr und hatte noch nie Lust, 200-Seiten-Regelwälzer zu lesen, um zu kapieren, dass du den Superschlach (ja, mit ch) + achtunddrölfzig nur mit dem Halbwulf-Barbaren machen kannt, wenn der +7 auf Körper genommen hat und die Waffenmeisterschaft "nach hinten hauen" gekauft hat von seinen 1300 Generösitätspunkten, von denen nur 385 auf die dritte Gesellenebene angehoben werden dürfen.

Es ist die vierte (4.!) Gesellenebene.
Kannst du nachlesen im 34 Errata des 2. Kompendiums der Halbwurf-Barbaren-Meisterschaften auf Seite 2.794 ff. unter "Spezialmanöver VII" Absatz 19:
"... von denen nur 385 auf die vierte Gesellenebene angehoben werden dürfen."
Also wenn Du hier schon zitierst, dann bitte korrekt.
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