Autor Thema: Vertrauen  (Gelesen 3428 mal)

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Online Weltengeist

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Re: Vertrauen
« Antwort #150 am: 7.03.2025 | 10:10 »
Und das ist im Rollenspiel auch nicht anders. Wenn Du beim Rollenspiel erwischt wirst, dass Du entgegen Absprachen die (Spiel- oder Verhaltens- [Würfel]) Regeln ignorierst, bekommst Du auch eine Konsequenz. Das mag eine Ermahnung ("Kopfschütteln und ein entsprechender Blick"  8]) sein. Und im Wiederholungsfall verschärfen sich auch die Konsequenzen - bis man nicht mehr mit Dir spielt.

Genau genommen hat man dann das Vertrauen, verspielt...

Bei dem, was Boba hier schreibt, war für mich jetzt viel Schönes dabei. Denn so läuft es doch bei den meisten in Wirklichkeit, oder?

Vertrauen bedeutet, dass man zunächst einmal davon ausgeht, dass sich der andere an die (geschriebenen und ungeschriebenen) Gesetze des sozialen Zusammenlebens hält. Dabei gibt es reichlich Raum für Missverständnisse, weil Menschen teilweise verschiedene Vorstellungen gerade von den ungeschriebenen Regeln haben. Vertrauen kann daher absichtlich und unabsichtlich beschädigt werden. Und dieser Schaden kann wiederum unterschiedliche Ausmaße annehmen.

Als ich oben gesagt habe, dass ich eine Runde sofort abbrechen würde, wenn ich jemand mit einem Cheat-Würfel erwischen würde, habe ich bewusst einen Extrempol gewählt - etwas, was für mich ein No-Go ist. Darunter gibt es aber - und das zeigt ja die Diskussion hier auch sehr deutlich - viele, viele Abstufungen von Handlungen, die der eine völlig okay findet und der andere indiskutabel. Ob man dann in die Diskussion geht, um die künftigen Normen zu klären, oder sich sagt "Die Standpunkte sind so weit auseinander, da glaube ich nicht mehr dran", muss dann natürlich jeder für sich entscheiden.

In den meisten realen Situationen (abseits von altklugen Foren-Diskussionen) dominiert nach meiner Erfahrung der "wir klären das"-Ansatz. Manchmal sogar der "wir ignorieren das so gut es geht"-Ansatz. Umso überraschter reagieren teilweise Leute, wenn man doch mal sagt: Okay, Leute, das war's für mich.

Ich hatte beispielsweise mal eine Situation mit einer neuen Online-Gruppe, in der wir uns geeinigt hatten, dass wir auf unterschiedlichen Stufen spielen wollen - primär, weil einer der Spieler unbedingt seinen hochgemaxten Magier spielen wollte. Für mich okay. Bis er dann gleich bei Sitzung 2 damit angefangen hat, hart Player-vs-Player zu gehen und meinem Char durch Magie seinen Willen aufzuzwingen. Hatte er geschummelt? Nö, alles regelkonform. Hatte er meine Vorstellungen von unserem Sozialkontrakt gebrochen? Fuck, yeah. Wir haben kurz diskutiert, dass ich das nicht witzig fand, er hat auf seinem Standpunkt beharrt, dass er einfach besser gewusst habe, was gut für mich ist, und ich habe die Gruppe verlassen. Und guess what - das hat mir in der zugehörigen Online-Community den Ruf eingetragen, unzuverlässig zu sein...

Dies nur mal als Beispiel, dass "Vertrauen" eine sehr komplizierte Sache ist und dass das Brechen sozialer Regeln viel komplizierter sein kann als reines Schummeln (in all seinen Schattierungen).
On Probation.

Offline Eleazar

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Re: Vertrauen
« Antwort #151 am: 7.03.2025 | 10:53 »
Ich würde hier unterscheiden zwischen "Vertrauen" und "gutem Einvernehmen". Beides geht davon aus, dass man einen gemeinsamen Konsens hat. Bei einem Vertrauensbruch wird man aber hintergangen oder enttäuscht. Bei einem Verlust des guten Einvernehmens gehen die Ansichten und eventuell die Wege einfach auseinander.

Falls die Unterscheidung hilfreich ist...

Online Namo

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Re: Vertrauen
« Antwort #152 am: 7.03.2025 | 11:01 »
@Boba und gilborn

 :d Tolle Beiträge. Diese sind ein schöner Rundumschlag zum Thema Vertrauen insgesamt. War der Eingangsbeitrag ja eher in die Richtung Schummeln oder nicht beim würfeln geprägt, greift ihr das Thema umfänglich auf.

Jeder gewichtet Vertrauen aber auch die Wichtigkeit des Hobbys Rollenspiel ja anders. Für mich ist Vertrauen im gesamten Leben relativ relevant. Da geht es aber auch um Erfahrungen die ich als Mensch hinter dem SL und Spieler im Leben gemacht habe. Bin ich da als Mensch gebrandmarkt durch negative Erfahrungen, bin ich da auch am Spieltisch vielleicht etwas sensibler. Für manch einen ist das "nur" ein Spiel um Spaß zu haben. Ich habe auch Menschen im Bekanntenkreis bei denen ich weiß, dass sie sogar bei Brettspielen gerne mal schummeln um zu Gewinnen. Ist für mich halt ein NoGo. Für deren Mitspieler aber kein Problem bzw. Spaß sie dabei zu erwischen. Das sieht dann jeder eben auch ein wenig anders.

Und bei Gisborn fand ich den Satz interssant, dass er seinen Lieblings SL mal gefragt hat ob er Würfel dreht. Da kam mir direkt in den Sinn: Mensch gsiborn, das ist doch wie mit 10 Jahren und Weihnachten. Eigentlich weiß man die Antwort auf die Frage ob es den Weihnachtsmann gibt - aber wenn man sie nicht erst stellt, bekommt man auch keine Antwort und hat seine Illusion weiter.

Online JollyOrc

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Re: Vertrauen
« Antwort #153 am: 7.03.2025 | 11:50 »
Vertrauen bedeutet, dass man zunächst einmal davon ausgeht, dass sich der andere an die (geschriebenen und ungeschriebenen) Gesetze des sozialen Zusammenlebens hält.

Das ist ein wichtiger Punkt. Ich merke bei mir, dass ich (gerade im Rollenspiel) inzwischen sehr viel Vertrauen vorschieße, gleichzeitig aber auch keinen sonderlich detaillierten Maßstab an die "einzuhaltenden Rollenspielgesetze" anlege. Hauptsächlich geht es um "arbeiten die Leute für oder gegen meinen Spielspaß, und wenn dagegen, tun sie es absichtlich?"

(Unabsichtlich in dem Sinne von "die haben halt schlicht anders Spaß als ich" - da bin ich dann nicht böse drüber, komme aber ggfs. zu der Entscheidung, dass ich mit denen halt nicht mehr spielen mag, weil unterschiedliche Spaßvorstellungen)
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Darius der Duellant

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Re: Vertrauen
« Antwort #154 am: Heute um 02:47 »
...und deswegen macht das ja auch niemand, niemals, nirgendwo...
Niemand fährt niemals irgendwo zu schnell, weil man es eilig hat und die Straße frei ist.
Niemand geht niemals zu Fuß rot über die Straße, weil weit und breit kein Auto zu sehen ist und es in Strömen regnet.
Niemand parkt jemals auf einem Ort, wo dies nicht erlaubt ist.
Niemand fährt jemals ein Auto, dessen Hauptuntersuchung auch nur einen Tag abgelaufen ist.
Soll ich bei Steuererklärungen weitermachen?


Abgesehen vom falschparken sind das alles Beispiele die für die Diskussion hier mMn komplett untauglich sind, denn:
Schummeln am Spieltisch ist Schummeln in einer GRUPPENSITUATION. Du fährst nicht auf einer freien Straße zu schnell, sondern tangierst unmittelbar das Spielerlebnis der anderen Spieler.
Imho fahren die Schummelapologeten einen ziemlichen Ego-Trip weil sie ihre PERSÖNLICHE Spaßgenerierung über die der anderen Leute am Spieltisch stellen.
Den Schummler interessiert in der Situation nur sich selbst. Ob er mit seinem Handeln die Handlungen der anderen entwertet oder ihnen den Spielspaß verdirbt, ist ihm egal.
 
Ich habe hier im kompletten Strang auch noch kein einziges Argument gesehen wo jemand darstellen kann warum das Schummeln (also eine einseitige unabgesprochene Abweichung vom ausgemachten) eine NOTWENDIGE Voraussetzung ist um das gewünschte Spielresultat zu erreichen.
Wenn du nicht damit leben kannst dass die Würfel mal Dinge auswerfen die du Kacke findest, sprich das halt vorher an. Es ist ja nicht so als ob mehrere Jahrzehnte Rollenspieltheorie nicht tonnenweise Lösungen für genau solche Probleme hervorgebracht hätten.
« Letzte Änderung: Heute um 02:51 von Darius der Duellant »
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Offline Boba Fett

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Re: Vertrauen
« Antwort #155 am: Heute um 07:52 »
Abgesehen vom falschparken sind das alles Beispiele die für die Diskussion hier mMn komplett untauglich sind, denn:
Schummeln am Spieltisch ist Schummeln in einer GRUPPENSITUATION. Du fährst nicht auf einer freien Straße zu schnell, sondern tangierst unmittelbar das Spielerlebnis der anderen Spieler.

Das sehe ich anders.
Denn im Straßenverkehr meint der Fahrer sich auf freier Bahn zu befinden - übersieht möglicherweise aber jemanden oder etwas - und sei es nur den gut getarnten Blitzapparat...
Im Rollenspiel meint der Würfeldreher auch, dass dies nur ihn betrifft und übersieht den Egoismus, den seine Schummelei auslöst. Und sei es auch nur, dass der Spielleiter (oder der Nachbar) es bemerkt und die Augenbraue anhebt.
Will sagen: Auch am Spieltisch attestiert derjenige der die Spielregeln ignoriert "gute Absichten" oder "betrifft ja nur mich". Ob dem wirklich so ist, kann er aber nicht beurteilen.
Und das Thema Steuerhinterziehung ist definitiv nicht eine "Betrifft ja nur mich" Situation...
Aber lass uns nicht über Beispiele streiten - im Prinzip sehen wir es beide gleich. Würfeldrehen oder Werte-verändern ist nichts, was man nicht ohne Konsens in der Spielrunde machen sollte - weder als Spielleitung noch als Mitspielende(r).

Trotzdem: Dass geschummelt wird, ist menschlich.
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Online nobody@home

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Re: Vertrauen
« Antwort #156 am: Heute um 07:59 »
Trotzdem: Dass geschummelt wird, ist menschlich.

Und daß über Schummler am Spieltisch geurteilt wird, als ob sie vorsätzlich und bewußt das Lieblingshaustier des Urteilenden überfahren hätten, ebenfalls. ;) "Korrekt" ist beides nicht, aber gemacht wird es trotzdem.

Offline Boba Fett

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Re: Vertrauen
« Antwort #157 am: Heute um 08:06 »
Und daß über Schummler am Spieltisch geurteilt wird, als ob sie vorsätzlich und bewußt das Lieblingshaustier des Urteilenden überfahren hätten, ebenfalls. ;)
"Korrekt" ist beides nicht, aber gemacht wird es trotzdem.

Ich finde durchaus, dass man zum Ausdruck bringen kann, dass man "Schummelei" (weil man es ja als solche empfindet) als vollkommen daneben empfindet.
Wie man sich in der Kommunikation verhält, sagt meiner Meinung nach etwas über die Sozialkompetenz beider Seiten aus.
Die Situationshistorie ist zu berücksichtigen.
« Letzte Änderung: Heute um 08:08 von Boba Fett »
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Offline ghoul

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Re: Vertrauen
« Antwort #158 am: Heute um 08:17 »
über Schummler am Spieltisch geurteilt wird, als ob sie vorsätzlich und bewußt das Lieblingshaustier des Urteilenden überfahren hätten
Schöner Vergleich! Den merke ich mir für die nächste Schummel-Diskussion.
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