Kommen wir mal zur Frage aus dem Eingangsbeitrag zurück:
Gibt es Spiele, Spielformen oder Spielinhalte, die mehr oder weniger Vertrauen erfordern?
Meine Antwort lautet erst einmal "nein". Die Menge an notwendigen Vertrauen wird gleich sein.
Was sich unterscheiden kann, ist die Frage, wo man von den Mitspielenden erwartet, dass vertrauensvoll gehandelt wird.
Bei Gamistischen Rollenspielen (Battlemap, Tactics, Battle as Sport, Battle as War, etc. etc.) wird es notwendig sein, dass man erwartet, dass die Leute sich an die Regeln halten, nicht schummeln, Würfelresultate als gegeben hinnehmen - weil in Rollenspielen, wo der Hauptfokus auf "wir spielen mit- und gegeneinander" in der Abwicklung der Taskresolution ("würfeln") als "Was passiert dann" Maschine liegt. Spieler fällen taktische Entscheidungen - es erfolgt Abwicklung und das Resultat stellt Spieler vor die Notwendigkeit neuer Entscheidungen.
Wenn man da die Abwicklung manipuliert, ist das zwangsweise ein grober Eingriff, der nicht tolerierbar ist. Manipulation entwertet hier getroffene Entscheidungen.
Bei narrativen Rollenspielen ("Storytelling") liegt der Fokus anders. Und damit auch die Notwendigkeit, wo man dem Gegenüber Vertrauen entgegenbringen muss.
Die zu fällenden Entscheidungen liegen hier nicht in Taktik und Ressourcenmanagement um einen bestmöglichen Ausgang zu erzeugen, sondern darin, möglichst zu unterhalten - und das kann (bis zu einem NoGo) egal wie geschehen. Dementsprechend liegt das Vertrauen hier darin, dass die Mitspielenden die "NoGo" Grenzen nicht überschreiten und sich bemühen, ein bestmögliches Narrativ zu erzeugen. Erzähl- und Gestaltungsrechte, Fragen nach Spotlight-Time und andere narrative Spielmechanismen haben da viel mehr Gewicht als die Würfelresultate.
Die können vielleicht sogar völlig überflüssig werden oder sich zu groben "wo geht die Story hin" Richtlinien-Interpretationen entwickeln.
Dementsprechend können sich die Extremausprägungen beider Spielweisen vielleicht auch nur ein gewisses Stück mit Unverständnis begegnen. Der Fokus liegt vollkommen anders.
Auf ein "mehr" oder "weniger" an Vertrauen kommt es meiner Auffassung nach nicht an - viel mehr auf die Frage, "in welchen Bereichen" man dem Gegenüber vertrauen können muss.