Autor Thema: Kampfbegriff "Schummeln" oder Eine Verteidigung der Bandbreite des Rollenspiels  (Gelesen 2108 mal)

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Online 1of3

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Andererseits erscheint mir das Manipulieren der Würfel bei Dungeon World (um ein anderes Beispiel zu wählen) auch nicht als Schummelei, sondern als ... naja, als schlichte Verletzung eines Leitprinzips:Play to find out.
Wenn man das tut, antwortet es sofort in mir: It defeats the purpose of the game.

Ich stimme dir in allen Punkten zu. Aber was Dungeonworld angeht, wie genau soll da Würfel drehen? SL würfelt. SL hat auch keinen Einfluss auf die Schwierigkeiten und auch ob gewürfelt, ist relativ stringend festgelegt. (OK, Defy Danger ist grind.)

Online Fillus

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Ich stimme dir in allen Punkten zu. Aber was Dungeonworld angeht, wie genau soll da Würfel drehen? SL würfelt. SL hat auch keinen Einfluss auf die Schwierigkeiten und auch ob gewürfelt, ist relativ stringend festgelegt. (OK, Defy Danger ist grind.)

Du hast ein nicht vergessen. Die SL würfelt nicht. :)



Aber das ist der Punkt. Es mag auf viele Willkürlich wirken, aber bei PbtA Spielen ist als SL ziemlich klar was du wann machen darfst. Man würfeln nicht, man legt keine Schwierigkeiten fest. Man beurteilt nur ob ein Spielzug ausgelöst wird und ob es Sinn macht da zu würfeln. Wenn nichts schlimmes oder spannendes passieren kann, wird nicht gewürfelt. Je nach Würfelergebnis der Spielenden darf die SL dann einen weichen oder harten Spielzug machen. Hier hat man etwas Spielraum, aber nur in dem Bereich wo weich und hart definiert sind.

Um man anders auszudrücken. Ich kaum einem anderen Spielsystem ist es für mich so wichtig das die SL sich an die (SL)Regeln hält. Sonst kann man das System auch weglassen und sich eine Geschichte frei erzählen. Der Glaube das es Willkürlich ist, rührt vielleicht auch daher, weil die Spielenden die SL Regeln normal nicht zu Gesicht bekommen und sie sich halt völlig von den Spielerregeln unterscheiden.

Offline Thandbar

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Aber was Dungeonworld angeht, wie genau soll da Würfel drehen?

Ich selber mache es zwar nicht, aber ich hab von verschiedenen DW-DMs gehört, dass sie den Schaden selber auswürfeln, vor allem, wenn es etwas komplizierter wird (bester von zwei Würfeln, 2 Punkte durchdringen Rüstung usw.).
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

Online Zed

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Das Kriterium „heimlich“ hat sich aus den Diskussionen hier ergeben: Eingriffe, die mit der Gruppe abgesprochen sind, sind kein „Schummeln“.

Im Vertrauensthread tauchten weitere Bedingungen fürs „Schummeln“ auf:

• Es muss Schaden entstehen.
• Die Spielleitung muss einen unlauteren Vorteil erlangen

und, damit man es nicht genereller als SL-Willkür bezeichnen kann

• Es muss einen angemessenen Grund für den Eingriff geben.

Beispiel aus dem real life: Ein Pottwal verkleidet sich als Weihnachtsmann, um Kids die Rolle vorzuspielen.

Online Maarzan

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Ich finde nicht  dass es sinnvoll ist, einen Begriff zum Kampfbegriff zu erklären, nur weil er uneinheitlich verwendet wird.

Doppelt, wenn diejenigen, welche den Begriff "uneinheitlich sehen" wollen auch diejenigen sind, die ih zum Kampfbegriff erklärt haben und damit den möglichen Opfern ihres Verhaltens den kommunikativen Fokuspunkt entziehen.


Dazu wird haufenweise exotische Situationen herangezogen um zu zeigen, dass Schummeln angemessen sein könnte (um dann auf das chmale Brett zu kommen, wenn es einen solchen Punkt geben sollte, der besteht, wäre der gesamte Schummelvorwurf hinfällig), aber auch die Fälle, welche bereits als außerhalb des Schummelns eingestuft wurden trotzdem immer wieder auf den Tisch zu legen.
Und statt sich an dem Schummeltatbestand argumentativ zu arbeiten, wird das Ganze auf eine extremst zweifelhafte moralische Ebene gehoben und versucht den Vorwurf des Schummelns selbst als verwerflich zu propagieren - und damit Schumlern freie bahn zu schaffen.

Eine wesentliche Ursache dieser Diskussion sehe ich aber darin, dass zu viele hier nicht auf dem Schirm haben, dass es eben zahlreiche Arten Rollenspiel mit unterschiedlichen, teilweise inkompatiblen Quellen von Spaß gibt, bzw. ein paar möglicherweise diese Unterschiede kennen, aber glauben, sie wären berechtigt eine Runde nach ihren persönlichen Vorstellungen in eine andere Richtung zu drehen - am häufigsten hier in der einen oder anderen Form angedeutet: die "bessere" Geschichte.

Und während dem SL abseits der fixen Regeln auch noch ein gewisser weiterer Bereich mit erheblichen Gestaltungsmöglichkeiten gegeben ist, hängt das "Bescheißen" dort daran, ob er mit seinen Setzungen vorsätzlich gegen die erklärte Leitidee des Spiels verstößt.

Kommen wir zu einem denke ich recht wesentlichen Nebenaspekt der Sache: Eine Gruppe hat oft genug keine homogene Vorstellung davon, was dann am Spieltisch Priorität haben soll. Da sind die Wahl des Regelsystems und des erklärten Spielstils oft genug ein Kompromiss, wo jeder irgendwo ein paar Kröten schlucken muss. Aber kompromissfähig und damit spieltischtauglich kann man nur sein, wenn man auch bereit ist dann zu der Verabredung zu stehen, wenn die einem weniger schmeckenden Bereiche auf den Tisch kommen. Die anderen werden dann an anderen Stellen schlucken müssen oder haben es schon.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...