Autor Thema: Harvard-Kompromissbildung bei unterschiedlicher Position zur Regeltreue der SL  (Gelesen 1930 mal)

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Online chad vader

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Seht gut! Mein Eindruck ist, hier haben wir mal einen sehr gut verarbeitbaren Satz an Interessen, die es jetzt gilt, zusammen zu führen, so das möglichst wenig runterfällt.

Ehrlich gesagt finde ich das jetzt schon sehr viel brauchbarer als prinzipielle Diskussionen übers Fudging, denn selbst beim sonst gegenteiligen Spielstil kann eine Gruppe auf die jeweils anderen Bedürfnisse von Spielenden in der konkreten Situation Rücksicht nehmen. Zumal das ja, wie wir festgestellt haben, nie alle Interessen gleichzeitig sind sondern typischerweise ein kleines Subset.

Typisches Beispiel:
Eine Gruppe enthält
  • Spielende des Typs A, denen Eigenverantwortung, Risiken und Chancen in der eigenen Spielhandlung wichtig sind, und
  • Spielende des Typs B, denen besonders wichtig ist, dass ihre SCs nicht wegen Missverständnissen oder Würfelpech sterben.

Lösungen:
  • Generell vermeidet die Spielenden als Gruppe in ihren Spielentscheidungen Situationen, in welchen Würfelpech tödlich enden kann - zumindest für die B-Spieler.
  • Spieler erhalten per Hausregel die Möglichkeit, Charaktertode mit andern Konsequenzen wie der Opferung besonderer Ausrüstung oder längerfristigen Verletzungen abzuwenden. Kosten für eine Widerbelebung sind ja auch ein bewährtes Mittel.
  • Die SL greift nur dann schützend ein, wenn die SCs der B-Spielenden (mit-)betroffen sind. Lassen sich Auswirkungen von Spielhandlungen klar auf die SCs der A-Fraktion einschränken, wird hart gespielt.
  • Spielende A stört ja v.a., die fehlende Unterscheidbarkeit zwischen eigenem Impact und verdeckten SL-Eingriffen. Die SL könnte das Problem erheblich verkleinern, indem sie mit ihnen ausmacht, dass sie ihnen immer z.B. nach der Session ein Zeichen gibt, wenn ihr Charakter von einem verdeckten SL-Eingriff betroffen war. Dadurch können die Spielenden sicher sein, dass alles "real" ist, solange sie kein Zeichen kriegen.

Als Typ A Spieler / Spieleiter bin ich zuversichtlich, dass wir so mit Freude zusammen spielen könnten :-)
« Letzte Änderung: Gestern um 08:21 von chad vader »

Online Maarzan

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Noch 2 Interessenstypen für Gruppe A:
- Das Spiel wird als Experiment gesehen, wie wäre es in einer solchen Welt zu leben und wie wäre das zu modellieren?
Es ist klar, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Regeln noch angepasst werden müssen - aber nicht während so eines Experiments und wenn mit dem Ziel das ein Stück plausibler zu gestalten als vorher.

- das Spiel wird als Wettbewerb innerhalb der Gruppe um Ruhm und Loot geführt vor dem Hintergrund gemeinsamer Problemlösungen.
Auch hier kann es Wünsche zu Regeländerungen geben oder Vermeidung zu extremer Zufallsereignisse, aber generell ist Systemmastery und Risikomanagement Kernreiz des Spiels.
Wenn sich ein Build als zu klar übermächtig herausstellen sollte, würde das wohl genervt, aber in Aussprache als Hausregel und Anerkenntnis, dass der jeweilige Spieler das Spiel bis dahin "gewonnen" hat und dann mit das Spielfeld wieder anzugleichen, aber auch Extremlösungen zu unterbinden.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Online chad vader

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Noch 2 Interessenstypen für Gruppe A:
- Das Spiel wird als Experiment gesehen, wie wäre es in einer solchen Welt zu leben und wie wäre das zu modellieren?
Es ist klar, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Regeln noch angepasst werden müssen - aber nicht während so eines Experiments und wenn mit dem Ziel das ein Stück plausibler zu gestalten als vorher.
Warum ist das unbedingt nur Typ A? Plausibilität/Schlüssigkeit innerhalb der Spielwelt lässt sich doch auch mit dem B-Spiel erreichen.

Zitat
- das Spiel wird als Wettbewerb innerhalb der Gruppe um Ruhm und Loot geführt vor dem Hintergrund gemeinsamer Problemlösungen.
Das klingt für mich etwas widersprüchlich, aber vielleicht verstehe ich es noch nicht. Meinst du verschiedene SC-Teams gegeneinander - quasi Mannschaftssport?

Zitat
generell ist Systemmastery und Risikomanagement Kernreiz des Spiels
Vielleicht sowas wie:
"Als Spielender möchte ich durch meine Systemexpertise und kluge, taktische Entscheidungen mir und meiner Gruppe einen Vorteil verschaffen können?"

- Wobei ich auch da aus eigener Erfahrung sagen würde, dass das im Spiel im Typ B teilweise sogar leichter geht, weil da tendenziell weniger schnell genervt wird.

Online Zed

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Ja. Worauf ich hinaus will: ich denke, dass so eine Diskussion wie zwischen ghoul und Zed auch deswegen Schieflage hat, weil sie gar nicht über das gleiche Spiel sprechen. Es ist z B. hinfällig darüber zu streiten, was "SL" tun, weil das, was SL tun, für die jeweiligen Spiele verschieden sein MUSS..

Das denke ich auch. Irgendjemand hat die Begriffe "Kompetitive SL", "Narrative SL" und "Effektive SL" wie in RuneQuest 3 schonmal in den Diskussionen genannt, und hier ist diese Vorstellung nochmal auf den Punkt gebracht.

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Online chad vader

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Bitte führt die Diskussion, was aus eurer Sicht nicht geht und trennt, auch genau da weiter und lasst diesen Thread damit in Ruhe, der sich EXPLIZIT seit Post 1 dem Verbindenden widmet.

@Zed
Mach bitte was aus der Grundlage vom Freitag und beteilige dich, oder lass es einfach insgesamt.
« Letzte Änderung: 24.03.2025 | 16:10 von chad vader »

Online chad vader

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Zurück zum Thema. Ich habe hier mal eine Matrix angefangen, die die bislang gesammelten Interessen generisch gegenüber stellt:
https://docs.google.com/spreadsheets/d/16GGybXh3Xv64pCrUXEKeEbqQqOPH2WAoLPcSyDemH6c/edit?usp=sharing

In den kreuzenden Zellen farblich markiert und im Text die Situation bzw. Lösungsansätze angefangen.

Grüne Zelle bedeutet, die Interessen sind synergetisch zu einander.
Gelbe Zelle bedeutet, die Interessen können interagieren und benötigen einen Ausgelichsmechanismus.
Rote Zellen bedeuten, die Interessen sind im direkten Widerspruch und es ist wahrscheinlich nur ein Kompromiss über Mengenanteile möglich.

Was meint ihr? Passt das? Mag wer ergänzen?


Wir können alternativ aber auch als nächstes einfach mal ein Lösungsansatz für ein konkretes Szenario mit typischen A- und B-Interessen bauen, ähnlich, wie ich es hier schonmal gemacht habe.

Online Maarzan

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A) Warum ist das unbedingt nur Typ A? Plausibilität/Schlüssigkeit innerhalb der Spielwelt lässt sich doch auch mit dem B-Spiel erreichen.

B) Das klingt für mich etwas widersprüchlich, aber vielleicht verstehe ich es noch nicht. Meinst du verschiedene SC-Teams gegeneinander - quasi Mannschaftssport?
Vielleicht sowas wie:
"Als Spielender möchte ich durch meine Systemexpertise und kluge, taktische Entscheidungen mir und meiner Gruppe einen Vorteil verschaffen können?"

- Wobei ich auch da aus eigener Erfahrung sagen würde, dass das im Spiel im Typ B teilweise sogar leichter geht, weil da tendenziell weniger schnell genervt wird.

A) Weil man nicht in eine laufendes Experiment hineinpfuscht, erst recht nicht heimlich.
Es soll ja geschaut werden, ob es wie angedacht klappt und nicht ob man das jetzt heimlich so hinbiegen kann, dass es so aussieht.

B) Nein, die SCs der Gruppe haben - während man demselben übergeordneten Ziel folgt - innere Rivalitäten. Es wird "(resonably) high risk, high reward" gespielt. 
Und dazu braucht es verlässliche, unparteiische Regeln.

Ich weiß jetzt nicht, was du mit "schnell genervt" meinst.
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Offline Alexandro

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Muss man sich nur mal D&D als weitverbreitetstes Rollenspiel anschauen. Das spiel praktisch NIEMAND nach rules-as-written.
Da hat jede Gruppe ihr eigenes Homebrew, bei dem bestimmte Regeln verändert oder ganze Aspekte einfach komplett ignoriert werden (Traglast, physische Komponenten für Zauber und Proviant/Wasser bzw. alles was mit Survival zu tun hat sind dabei besonders beliebt).

Und gerade die Frage, wie man mit Hausregeln umgeht spaltet da auch extrem die Spielendenschaft.
Einige sind der Meinung, die SL nimmt schon die Rulings welche sie für richtig hält (gerne auch spontan), hauptsache der Spielfluss ist nicht gestört, andere meinen jede Abweichung vom Regelwerk (worunter bisweilen auch schonmal die Nutzung von Supplements fällt) muss von der ganzen Gruppe abgenickt werden (selbst diejenigen, deren Charaktere von der Regel gar nicht betroffen sind), sonst darf es nicht verwendet werden.

Und dann gibt es auch unterschiedliche Ansichten darüber, was eigentlich eine Hausregel ist. Ich hatte mal einen sehr erbosten Spieler, welcher sich daran störte, dass ich in einer Szene beschrieb, dass sein Warforged keine Geruchsorgane hatte ("Vom Gesichtsausdruck seiner Kameraden her ist X möglichweise erleichtert darüber, dass sein Erbauer ihn nicht mit einer Nase ausgestattet hat, und er diesen Gestank nicht ertragen muss") - das stünde nirgendwo in der Beschreibung der Spezies. Mir wäre das egal gewesen (dann wäre er eben ein Warforged mitb Olfaktorik gewesen, mir egal - hat in 99,99% der Fälle ohnehin keine Auswirkung auf die Regeln), fand nur dieses seltsame Pochen auf die "kanonische" Beschreibung (wo ohnehin nichts pro oder Kontra Nase steht, aber der Spieler war der Meinung "Wenn es nicht dasteht, dann gilt die menschliche Baseline") etwas befremdlich (später wollte der Spieler dann meine Erlaubnis, dass sein Drachengeborener Hörner hat... sure, why not... whatever floats your boat).
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Online chad vader

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A) Weil man nicht in eine laufendes Experiment hineinpfuscht, erst recht nicht heimlich.
Es soll ja geschaut werden, ob es wie angedacht klappt und nicht ob man das jetzt heimlich so hinbiegen kann, dass es so aussieht.
Ah, der Systemtest steht im Vordergrund, nicht unbedingt die Weltsimulation.

Das lässt sich ja auch auf andere Design-Ziele übertragen: Wenn ich testen möchte, ob das Regelsystem die gewünschten Ergebnisse produziert, hindert mich Spieltyp B.

Zitat
B) Nein, die SCs der Gruppe haben - während man demselben übergeordneten Ziel folgt - innere Rivalitäten. Es wird "(resonably) high risk, high reward" gespielt. 
Und dazu braucht es verlässliche, unparteiische Regeln.
Gibt es das tatsächlich?

Ich hab Minmaxer-Gruppen erlebt, in welchen jeder versucht hat, in seiner Nische für die Gruppe zu brillieren.
Ich habe God-Wizard-Minmaxer erlebt, die ihre System Mastery einsetzen, um ihren weniger versierten Gefährten die optimale Bühne zu bieten.
Ich hab Assi-Minmaxer erlebt, die nicht kapieren wollten, dass ihr "Mit meinem Alleskönner-Super Charakter spiel ich über alle drüber." - Spielstil den Rest der Gruppe ankekst.

Aber eine durchoptimierte SC-Gruppe, deren Spielende tatsächlich intern konkurrieren - also nicht nur so ein rollenspielerisch ausgeführtes Gimli/Legolas Ding, sondern andauernder sportlicher Wettbewerb zwischen den Spielenden - das würde ich in einem Film als völlig unrealistische Darstellung von Rollenspiel abtun.

Ich meine selbst wenn das jemand wollte, stellen sich mir ganz praktische Fragen für die Umsetzung, wie z.B.
Wie realisiert eine in sich konkurrierende Gruppe Loot-Verteilung?
Wie vergleicht man einen Tank mit einem Damage Dealer oder einem Healer hinsichtlich Spielerfolg?

Kein Plan 🤷

Also selbst wenn es sowas gibt, verstehe ich es (noch) zu wenig, um da eine Brücke zu bauen. Wahrscheinlich bräuchte es auch eine völlig eigene Brücke, die mit der Kompromissbildung Fudging DM / Non-Fudging DM höchstens Berührungspunkte hat.

Zitat
Ich weiß jetzt nicht, was du mit "schnell genervt" meinst.
Schreibfehler - ich meinte gehausregelte Abschwächung zugunsten des Balancings.
« Letzte Änderung: Gestern um 08:16 von chad vader »