Der Kossacke betrachtete das Päckchen der Sternfahrerin für einen Herzschlag, gleichmütig, stoisch, noch reichte es nicht wirklich, um ihn mehr als oberflächlich zu amüsieren. Ihre Geste verriet alles - ihre Wut, ihre Demütigung, ihre Hilflosigkeit, und das sind Gefühle, die um ihn herum aus dem Boden schossen wie severische Fleischpilze. Wie sie Zeit gewann, wie sie nach ihrer Droge greifen mußte, um den Geist zu beruhigen, die Seele zu verschließen wie eine Kiste mit Vorräten.
Nichts davon zeigte sich in seinem Gesicht, Ras schien es nicht gewohnt zu sein, ein ausdrucksvolles Mienenspiel an den Tag zu legen, obwohl er unter seinem Helm die meiste Zeit sicher sein dürfte. Ihre dann - so verspätet! - einsetzende Gegenwehr lockte zumindest wieder seinen Blick an, der sich schon auf Enkidi zu legen drohte. "Ich würde sie nicht einmal spüren, Mädchen", murmelte er ohne Wut oder Verachtung. "Aber ich würde meinem Herrn die Hand zu Füßen legen, die sich gegen die Mantis hebt. Ich hatte ihm ohnehin ein Souvenir versprochen, eines nach meinem Geschmack, wie er sagte." Was strenggenommen eine Probe sein könnte. Welche Art Souvenir würde ein Kossacke seinem Herrn und Meister schon mitbringen? Offenbar spielte sein Herr ebenfalls seine Spielchen.
Der Kommentar seine Mutter bezüglich tropfte an den schwarzen Platten der Rüstung ab, ein Zucken im Mundwinkel könnte Unwillen ausdrücken, oder Geringschätzung, oder Verachtung. "Ich denke nicht in Blutlinien, Mädchen. Mein Anspruch an Glorie ist ein anderer, mein Einfluß gründet sich nicht auf eine zufällige genetische Struktur, wenngleich diese auch vorhanden ist." Das Zucken war tatsächlich Unwillen, vielleicht hatte er zuviel gesagt, aber er war sichtlich nicht der begabteste Smalltalker. Ganz abgesehen davon hatte er wenig Respekt vor den Gilden - immerhin wurden seine technischen Probleme von Decados-Technikern gelöst, die es nur wagen sollten, Anspruch an Macht und Einfluß zu stellen.
Er entließ das Weibchen daraufhin mit einer sparsamen Geste der behandschuhten Hand, auf deren Rücken wieder das Zeichen der Mantis zu sehen war, als ginge sie nach seinem Willen, nicht dem ihrigen. Damit war sie aus seinen Gedanken verdrängt, und er wendete sich dem jungen Baron zu. Und sein Gesicht wurde wieder völlig leer, eine auffangbereite Matrix, die nur darauf wartete, gefüllt zu werden, ein Spiegel, aus dem einen anblickte, wer hineinsah - verspiegelter Helm oder nicht, es machte keinen Unterschied. Das herbe, grobknochige Gesicht mit leicht slawischem Einschlag, die grünen Augen, das breite Kinn, die narbenlose, glatte Haut ohne sichtliche Bartstoppel - war so leer wieder verspiegelte Helm, wartete nur auf die Botschaft, die Nachricht, den Befehl.
Der Wechsel auf Ekel, aus Kontrolle, dann nackter Wut, dann wieder ausdruckslose Kontrolle in Enkidis Augen, zog für einen Moment die schwarzen Augenbrauen des Kossacken zusammen, während sein leeres Gesicht so etwas wie Ausdruck bekam, als sickerte schwarzes Wasser an die Oberfläche - das innere Wesen dieses Terrorsoldaten. Der Ausdruck mußte einer von einer Handvoll Ausdrücken sein, die er beherrschte. Dienstbeflissenheit, das Äquivalent von Unschuld oder Leutseligkeit unter Kossackenoffizieren. Vielleicht.
"Mein Herr." Fast schien es, als müsse Ras Chandra darüber erst nachdenken. Als gleichte er in Gedanken eine Liste mit Befehlen ab gegen die Realität, der er sich gerade gegenübersah. "Ihr wißt also nicht, daß ein Botschafter der Decados an Bord ist? Ich hätte vermutet, daß ein Baron zu den diversen diplomatischen Anlässen zugegen ist, die solche diplomatische Tätigkeit mit sich bringt. Aber natürlich in der Graf Mandin noch mit seinem Schönheitsschlaf beschäftigt." Ein Hauch Ironie. "Was seine Ehrengarde ..." Die Stimme wurde moduliert und drückte so etwas wie wirklichen Humor aus, als würden weder das Wort "Ehre" noch das Wort"Garde" so recht passen, aber erst gemeinsam entfaltete sich die gesamte humoristische Wirkung, zumindest für ihn "... Zeit läßt, sich nach einem passenden Sovenir umzublicken. Vielleicht ... grob geschmiedetes Schwert das ich bin, würdet Ihr mir die Ehre erweisen, mich in diesen Dingen zu beraten?"