Autor Thema: Cyberpunk tot?  (Gelesen 22263 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #50 am: 25.12.2004 | 12:03 »
Thread-Nekromantie! >;D Für mich persönlich ist Cyberpunk schon lange tot. Mich würde viel mehr interessieren, wie ein neues Genre, ob man es nun Post-Cyberpunk nennen möchte oder wie auch immer, aussehen müsste, das die verbreiteten Ängste von heute verarbeitet. Was sind denn die aktuellen Themen?

Die globale Machtübernahme durch Großkonzerne interessiert wohl nur noch ein paar verbliebene Linksaktivisten. Die vernetzte Welt ist Realität, und zwar für jedermann. In einer aktuellen Zukunftsvision werden die Leute Flatscreens mit Sprachsteuerung in jedem Zimmer haben, über die sie ihren Backofen bedienen, Videotelefonkonferenzen abhalten, sich Musikvideos und Filme nach Wunsch anschauen und ihren Wochenendeinkauf erledigen können. Davor hat keiner mehr Angst, die Leute freuen sich darauf. Die Technologie, vor der die Menschen am ehesten noch Angst haben, ist die Bio-Technologie (Stichwort Prä-Natale Diagnostik, Gen-Nahrung oder Cloning).

Die gesellschaftlichen Ängste werden selbstverständlich durch die globale Entwicklung nach dem 11. September geprägt. Ein allmächtiges Amerika, das zunehmend zum Polizeistaat wird. Polizeistaatliche Tendenzen, gepaart mit Versagen und Stagnation in anderen Bereichen, bei den europäischen Regierungen. Wirtschaftskrise, Standortproblematik, Abwanderung der Unternehmen, Massenarbeitslosigkeit, Überalterung der Gesellschaft, Versagen bei der Intergration von Ausländern, Subkulturen und Parallelwelten, Werteverfall in der Gesellschaft, Versagen des Bildungssystems, Politikverdrossenheit, das Wiedererstarken der Rechtsradikalen. Und natürlich die Gefahr von Terroranschlägen. Das sind die Ängste, die in Deutschland im angehenden 21. Jahrhundert prägend sind. Aus diesen sollte mal jemand eine Zukunftsvision bauen.

P.S.: Frohe Weihnachten!  };)
« Letzte Änderung: 25.12.2004 | 12:07 von Lord Weihminacht »
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Offline max

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #51 am: 25.12.2004 | 12:28 »
Die "Zukunft" von der du sprichst wird in spätestens 10-20 Jahren Realität sein!   :-[
StGB § 328 Absatz 2, Nr.3 :
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine nukleare Explosion verursacht.

Offline Boba Fett

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #52 am: 25.12.2004 | 12:36 »
Thread-Nekromantie! >;D Für mich persönlich ist Cyberpunk schon lange tot. Mich würde viel mehr interessieren, wie ein neues Genre, ob man es nun Post-Cyberpunk nennen möchte oder wie auch immer, aussehen müsste, das die verbreiteten Ängste von heute verarbeitet. Was sind denn die aktuellen Themen?

Ängste:
Terrorismus,
Glaubenskrieg zwischen Islam und der westlichen Welt
generell: Konflikte zwischen 1. und 3. Welt
Kapitalismus - Konzentration der wirtschaftlichen Macht in wenige Hände (siehe "das Kapital")
Umweltzerstörung
Anstieg der Gewalt
organisiertes Verbrechen
Beherrschung der Welt durch die USA - Diktatur der militärischen Überlegenheit

Neue Technologie:
genetische Manipulation
cybernetische Ersetzung
Matrix (noch Internet)
virtual Reality
künstliche Intelligenz

Das sind die neuen (alten) Themen, die heute aktuell sind. Viele sind vom "alten" Cyberpunk noch existent oder sehr ähnlich.
Einige wenige alte Themen sind überholt - die wirtschaftliche Bedrohung Amerikas durch Japan beispielsweise.
Andere Themen (Terrorismus) sind neu.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

NiceGuyEddie

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #53 am: 25.12.2004 | 13:17 »
Wie schön, mein Lieblingsthread ist wieder da!   :D

Zunächst einmal denke ich, dass du recht hast. Die Gegenwart ist gar nicht mal so übel, wie sie einem in den Büchern erscheinen muss; die Zukunftvision Gibsons ist nicht mehr als wirkliche, mögliche Zukunft zu sehen, sie hat zumindest zum Teil ihre Aktualität eingebüßt und einen Teil ihrer Wirkung verloren. Auch Gibson schreibt heute zum Glück keinen Cyberpunk mehr, sein neues Buch spielt in der Gegenwart(und ist nur zu empfehlen: Mustererkennung!). Vielleicht liegt es daran, dass er heute eine ganz andere Version der Zukunft würde anbieten müssen und er sich selbst kopieren müsste, um ein neues Science-Fiction-Buch zu schreiben.

Was die Biotechnologie angeht: Ich habe vor kurzem ein interressantes Buch gelesen('Geklont' hieß es, von Michael Marshall Smith), in dem genau ein solcher Aspekt aufgegriffen wurde: Bei der Geburt eines Menschen wird für viel Geld(können sich dann natürlich nur die Reichen leisten, klar) ein Klon von ihm hergestellt. Wenn jetzt dieser Mensch verletzt wird, ein Körperteil verliert oder ein Spenderorgan braucht, wird es einfach von seinem Duplikat entfernt. In der Zwischenzeit werden diese unter menschenunwürdigen Bedingungen in sogenannten 'Farmen'(allein der Name spricht Bände) zwischengelagert.
Immerhin ein Anfang... ;)

Andererseits würde ich jedoch sagen, dass solche Themen wie die Virtuelle Realität oder der gesellschaftliche Verfall durchaus noch immer nicht ausgereizt sind bzw. jetzt erst richtig interressant werden. William Gibson war seiner Zeit 1983 so weit vorraus, dass vieles aus seinen Büchern nach wie vor zutrifft.

Und Boba und Max waren schneller...






Offline Azzu

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #54 am: 25.12.2004 | 16:01 »
Im Vorwort von Ex Machina bezeichnet der Developer seine Autoren als Neo-Cyberpunks oder Post-Post-Cyberpunks  ;).

Offline Lord Verminaard

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #55 am: 26.12.2004 | 11:46 »
Ängste:
Kapitalismus - Konzentration der wirtschaftlichen Macht in wenige Hände (siehe "das Kapital")
Umweltzerstörung
Anstieg der Gewalt
organisiertes Verbrechen

Neue Technologie:
cybernetische Ersetzung
virtual Reality

Ich glaube eben nicht, dass diese Themen noch so zentral sind wie vor 20 Jahren. Klar gibt es immer noch Umweltprobleme, aber das Ozonloch schrumpft, die Regierungen der Welt sind sich des Problems bewusst, es wird, gerade im Bereich Klimaschutz, viel getan. Natürlich ist Umweltverschmutzung ein Problem, aber es ist nicht mehr so präsent angesichts anderer, drängenderer Themen.

Gleiches gilt für die alte sozialistische Angst vor dem internationalen Kapital. Die Angst vor den Globalisierungsfolgen konzentriert sich heute mehr auf den Terrorismus-Aspekt oder die Zuwanderungs-Problematik. Die klassische Cyberpunk-Vision der totalen Entmachtung der nationalen Regierungen durch internationale Großkonzerne hat sich nicht bewahrheitet. Die katholische Kirche ist immer noch eine wesentlich mächtigere Lobby als Daimler-Chrysler. Die Leute haben mehr Angst vor George W. Bush als vor Bill Gates.

Ebenso Gewalt und organisiertes Verbrechen: Diese Problematiken sind vorhanden, werden jedoch größtenteils von der Integrations-Problematik überlagert. Gewalt also, die von Ausländern und Rechtsextremen ausgeht. Bandenkriminalität, die in den Parallelwelten der türkischen, russischen, albanischen oder ex-jugoslawischen Minderheit wurzelt. Es geht dabei nicht mehr um steinreiche Unterwelt-Paten mit Verbindungen zu den großen Wirtschaftsbossen, wie im klassischen Cyberpunk. Es geht um kleine, gemeine, völlig skrupellose Bandenchefs und ihre Handlanger. Um Diebe, Schieber und Zuhälter.

Kybernetik und Virtual Reality, wie wir sie aus dem Cyberpunk kennen - Körperpanzerung, neurales Interface, die "Matrix" -, sind in meinen Augen überhaupt kein Thema mehr. Jedenfalls nicht mehr als interstellare Raumfahrt oder Laser-Waffen. Reine Science Fiction ohne Bezug zu einer ernst gemeinten Zukunftsvision.
« Letzte Änderung: 26.12.2004 | 11:48 von Lord Weihminacht »
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Offline Azzu

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #56 am: 26.12.2004 | 12:55 »
Die Leute haben mehr Angst vor George W. Bush als vor Bill Gates.

Soweit richtig.

Aber wo liegt letztendlich der Unterschied zwischen einem mächtigen Konzern und einem rein gewinnorientiert denkenden Regierungschef?

Ich denke, dass der Boden für Cyberpunk oder dessen Nachkommen wieder fruchtbarer wird.

Die Sehnsucht nach der Veränderung des eigenen Körpers ist so groß, wie nie. Fitnessprogramme und Schönheitsoperationen boomen. Niemand gibt sich mehr mit weniger als Perfektion zufrieden, dem Dauerbombaredment mit Werbung sei dank. Studien belegen, dass gutes Aussehen die Karriere fördert. Die nationalen Sportverbände jammern, dass sie ohne Doping international nicht konkurrenzfähig sind, da alle anderen ja heimlich dopten.

Nach Jahren der Euphorie und Harmonie kommt Katerstimmung auf. Die Demokratie in Russland erweist sich als Illusion, globaler Frieden nach dem Fall des Eisernen Vorhangs bleibt ein nicht erfüllbarer Traum, der größte Vorzeige-Rechtsstaat der Welt tritt das Völkerrecht mit Füßen. Die Regierungen der Welt tanzen immer offensichtlicher nach der Pfeife der Konzerne, werden aber trotzdem von der Mehrheit der Bevölkerung wiedergewählt, weil genügend wirtschaftlich abhängige Medienvertreter hinter ihnen stehen.

Alle Regierungen der Welt schreien einstimmig nach mehr Sicherheit auf Kosten der individuellen Freiheit. Ein großer Teil der Bürger stimmt mit ein. Dabei gibt es gar keinen sichtbaren Feind.

Überall auf der Welt nehmen die Naturkatastrophen an Intensität zu - zumindest lassen uns die Medien das glauben. Die USA gelten als Hauptverursacher, sind gleichzeitig mit am stärksten betroffen, weigern sich aber, etwas zu unternehmen.

Die Wirtschaft der westlichen Welt kränkelt. Zwar gibt es keine Bedrohung durch ein übermächtig scheinendes Japan und die "Tiger" mehr, aber die Zukunftsangst ist überall greifbar. Die Antwort der Mächtigen: Jeder einzelne muss auf Wohlstand und Sicherheit verzichten, damit es den Konzernen besser geht. Auf die Rentenproblematik in Europa gibt es überhaupt keine zufriedenstellende Antwort. Die Zeit für Optimisten ist vorbei. Die Menschen fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Ihre Antwort ist aber keine Auflehnung gegen die Mächtigen, sondern im Gegenteil die totale Anpassung, um nur nicht negativ aufzufallen und den eigenen Arbeitsplatz zu gefährden.

IMHO genügend Anlass, um uns Cyberpunks langsam wieder sympathischer zu machen.

Offline Raphael

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #57 am: 26.12.2004 | 13:48 »
Ich finde es eigentlich sehr spannend, Shadowrun zu spielen, wo früher alles noch Utopie war und langsam über die  vergangenen 5-10 Jahre in greifbare Nähe gerückt ist. Ich würde sogar soweit gehen, dass wir als Shadowrun-Spieler für gewisse Fragen sensibilisiert sind. Mein Bruder hätte das "Schwarzbuch Markenfirmen" ohne SR nie gekauft. Und jedesmal wenn am TV jemand blauäugig verkündet  "Meinen  Fingerabdruck geben macht mir nichts aus, ich habe ja nichts zu verbergen.", dann kommen mir Gedanken, wie ich sie als SL und als CEO eines SR-Megakons hätte - was ich mit den Daten alles anfangen könnte. Und irgendwo dann noch der Gedanke "Was passiert, wenn sich ein Decker die Daten schnappt? Ist es dann auch noch egal?"

Ich finde es faszinierend und lehrreich, zu sehen wie sich die Prophezeiungen des Cyberpunks erfüllen.

Edit: Rechtschreibung
« Letzte Änderung: 26.12.2004 | 13:50 von Douglas Netchurch »
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ElvenRanger

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #58 am: 26.12.2004 | 14:48 »
ich bastel grade an ner CP-welt. obwohl das P für punk eigentlich schon ziemlich am wackeln ist... vielleicht sollte ich jetzt lieber gurpsig TL8-9 welt schreiben.
meine welt ist nicht extrem optimistisch, aber auch nicht extrem pessimistisch. deswegen trifft der begriff punk nur auf bestimmte teile zu. ja, es gibt gangs, rebellen, stil und offensichtliche körpermodifikationen, die in anderen systemen das "punk" ausmachen. aber eben nur als subkultur und nicht als "norm".
die norm sind leute, die einfach nur leben wollen und irgendwie glücklich sein wollen ... trotz der zeit in der sie leben:
"hm, der saure regen ätzt einem heute echt die haut weg. da zieh ich besser meinen schutzanzug an und pack meine gasmaske ein, wenn ich meine soja-burger kaufen gehe"
"Schatz, heute wurde in unserer straße schon wieder jemand erschossen, ich wünsch mir von dir einen kugelsicheren mantel zu weihnachten."
"juhuu, unser baby hat die genetischen test bestanden und wird in die (beliebigen konzernnamen einsetzen)-krabbelgruppe aufgenommen. es wird sein leben lang arbeit haben und vom konzern versorgt werden... laß uns schnell den vertrag unterschreiben."
"mein cyberfuß quietscht... hoffentlich ist da noch garantie drauf... naja, immer noch besser als nach dem unfall damals ohne fuß weiterzuleben und den job zu verlieren."
"Chef zum angestellten: soso.. sie haben immer noch buchhaltung der version 167.20B installiert... SIE sind veraltet. lassen sie sich neue chips einbauen, oder suchen sie sich einen neuen job."
"auf der waage: mist, schon wieder 5 kg zugenommen. SCHAAAATZ, ich geh mal kurz zum med-techniker, um mich absaugen zu lassen... zum essen bin ich wieder da."

für mich gehts im CP nicht ausschließlich um extreme charaktäre(die sind lediglich für geschichten oder rollenspieler interessant)... es geht für mich um die frage: was macht mensch bzw. menschlichkeit aus?
allein die vorstellung, sich n paar offensichtliche cybergliedmaßen einbauen zu lassen ist ziemlich heftig. was bewegt mensch, das aus sich zu machen.
oder der verlust von vielem, was früher selbstverständlich war.
du magst spaziergänge an der frischen luft? --> vergiß deine gasmaske und kugelsichre weste nicht!
du magst dephine? --> ausgestorben, du kannst dir aber per simsinn erinnerungen reinziehen, wie es war mit den letzten von ihnen zu schwimmen.
du magst ein gutes steak? --> zum glück schmecken die soja-steaks fast genauso
du findest die frau dahinten attraktiv? --> dann stell dir lieber nicht vor, wie sie vor den operationen aussah.
... was bleibt noch, um das leben lebenswert zu machen? technischer fortschritt bringt viele neue spielzeuge ... aber machen die wirklich glücklich?

darum geht es MIR im cyberpunk... um das was "mensch" ausmacht in einer (größtenteils) unmenschlichen welt

Eulenspiegel

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #59 am: 26.12.2004 | 15:03 »
Die Wirtschaft der westlichen Welt kränkelt. Zwar gibt es keine Bedrohung durch ein übermächtig scheinendes Japan und die "Tiger" mehr, aber die Zukunftsangst ist überall greifbar. [...]
Die Zeit für Optimisten ist vorbei. Die Menschen fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Ihre Antwort ist aber keine Auflehnung gegen die Mächtigen, sondern im Gegenteil die totale Anpassung, um nur nicht negativ aufzufallen und den eigenen Arbeitsplatz zu gefährden.

Ebend. Es gibt immernoch Zukunftsängste. Sie sind aber teilweise anderer Natur.
Im Cyberpunk tragen alle großen Firmen japanische Namen. In heutigen Zukunftsromanen würden dies nicht so extrem sein. Alle Länder hätten große Konzerne und nicht nur die Japaner.
Im klassischen Cyberpunk identifiziert man sich mit einem Outlaw, der gegen die Konzerne vorgeht. In heutigen Zukunftsromanen würde der Protagonist wohl eher ein Konzernangehöriger/Militär sein, der sich gegen die terroristischen Outlaws auflehnt.

Einige Zukunftsvisionen haben sich bewahrheitet:
- So hat das Internet bis auf die 3D doch alle Eigenschaften der Matrix. (OK, und Wächterprogramme sind nicht als kleine Männchen in schwarzen Anzügen erkennbar.)
- Mit dem einhergehend ist es auch viel leichter an Informationen zu gelangen.
- Die Globalisierung hat stattgefunden. (Allerdings ist sie bei weitem nicht so negativ ausgefallen, wie man früher befürchtet hatte.)
- Klimaerwärmung findet statt. (Wer's nicht glaubt, der erinnere sich, wann früher der 1. Schnee fiel und wieviel Schnee im Dezember rumlag.)

Andere Zukunftsvisionen sind kein Thema mehr:
- Künstl. Gliedmaßen und Organe sind nur etwas für kranke Menschen und Unfallopfer. Kein gesunder Mensch würde sich freiwillig eine Prothese einsetzen lassen.
- Es bilden sich keine neuen Subkulturen. (Kulturelle Differenzen - vor allem in Ghettos der USA - bleiben zwar bestehen und lösen sich nicht auf. Es fand aber keine Verschlechterung statt.)
- Früher hatte man Angst vor der Machtübernahme durch Konzerne (und der damit einhergehenden Entmachtung des Staates). Heutzutage, hat man nicht Angst, dass der Staat zu wenig sondern zu viel Macht bekommt.

Aber heutzutage gibt es auch einige Zukunftsängste, die früher keine Rolle spielten:
Terrorismus, Großmacht USA

Ob man heutige Nah-Zukunftsromane noch Cyberpunk nennt, hängt davon ab, was man mit Cyberpunk verbindet:
Ist es die totale Vernetzung und Informationsfreiheit? Dann ist Cyberpunk noch immer aktuell.
Oder ist es die totale Kapitalisierung und Entmachtung des Staates? Dann ist Cyberpunk nicht mehr aktuell.

Und irgendwo dann noch der Gedanke "Was passiert, wenn sich ein Decker die Daten schnappt? Ist es dann auch noch egal?"
Ja, was kann passieren, wenn sich ein Hacker meinen Fingerabdruck holt?
Er kann mit sehr viel Aufwand ein Bewegungsprofil von mir erstellen. Das kann er aber leichter, wenn er mich beschatten lässt.
Und was kann er sonst noch mit meinem Fingerabdruck anfangen?

Offline Azzu

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #60 am: 26.12.2004 | 15:52 »
Im Cyberpunk tragen alle großen Firmen japanische Namen. In heutigen Zukunftsromanen würden dies nicht so extrem sein. Alle Länder hätten große Konzerne und nicht nur die Japaner.

Vorsicht: "Klassischen Cyberpunk" auf Neuromancer und dessen RPG-Umsetzung Cyberpunk 2020 zu beschränken, würde vielen Autoren Unrecht tun. Es gibt auch genügend Publikationen aus dem Genre, in denen Japanische Konzerne und Mafiosi gar keine Rolle spielen.

Meinen Bezug auf den Kampf gegen den Terror hast du fehlgedeutet - unmittelbar hat das mit Cyberpunk nichts zu tun. Das Problem, dass die Staatsgewalt und die Öffentlichkeit die Handlungs-, Informations-, Religions- und Meinungsäußerungsfreiheit des Einzelnen beschränken, um vermeintliche Sicherheitslücken zu stopfen, um die Bedrohung durch nicht fassbare Terrorgruppen abzuwehren, könnte aber, wenn man es in einer Zukunftsvision auf die Spitze treibt, die typische Cyberpunk-Frage der Stellung des Individuums in der Gesellschaft durchaus wieder interessant werden lassen. Verstärkt wird das noch dadurch, dass in Zeiten der globalen wirtschaftlichen Flaute die Stellung des Einzelnen gegenüber dem Arbeitgeber wesentlich verschlechtert wird. EDIT: Dass konservative Autoren wie Tom Clancy weiterhin lieber Spannendes aus der allernächsten Zukunft über Anti-Terror Kommandos schreiben werden, ist klar - als Neo-Cyberpunk-Autoren kämen sie nicht in Frage.

Der Begriff "Cyberpunk" ist aber wahrscheinlich wirklich überholt. Für uns Nostalgiker hat er einen bestimmten Inhalt, aber ansonsten haben die Begriffe "cyber" und "punk" sowie deren Kombination deutlich an Magie verloren. "Cyber" ist ein abgenutzer Begriff, der ständig verwendet wird, um einen Sinnzusammenhang zum World Wide Web oder zu Computertechnologie im Allgemeinen herzustellen. "Punk" ist eine völlig verkommerzialisierte Musikrichtung bzw. ein Teenager-Lebensstil, dem man evtl. früher zugeneigt war, um seine Pubertät zu bewältigen.

Was Rollenspiele angeht, war Cyberpunk aber schon immer nur ein Vorwand, um aufgepowerte Charaktere mit dicken Wummen in einer zynischen, brutalen Gesellschaft zu spielen - es geht meist nur um Black Ops in einer Welt, in der es Cybertech gibt, nicht um Cyberpunk. Um das möglich zu machen, reicht bereits ein Update der futuristischen Technologien mit Rücksicht auf den aktuellen Stand der Technik, und eine, aus heutiger Sicht glaubwürdige, fiktive Geschichte der nächsten 20-100 Jahre.
« Letzte Änderung: 26.12.2004 | 16:05 von Azzurayelos »

Offline Lord Verminaard

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #61 am: 26.12.2004 | 16:49 »
Was ich einen interessanten Ausgangspunkt für eine neue, düstere Zukunftsvision fände, wäre die Anknüpfung an die augenblickliche Staatsverschuldungsproblematik und den Reformstau in Deutschland. Was, wenn die Politik versagt und die nötigen Reformen nicht auf den Weg bringt? Was, wenn es in Deutschland eine Entwicklung wie in Argentinien gibt? Bis hin zum Staatsbankrott?

Die Welt des Cyberpunk ist eine Welt, in der es überall Arbeit gibt, aber keinen Arbeitnehmerschutz. In der der Arbeitnehmer das Eigentum der Konzerne ist. Diese Vision mag in den Köpfen einiger Gewerkschaftsfunktionäre immer noch aktuell sein. Wesentlich naheliegender ist jedoch die Vision einer Zukunft, in der es einfach nicht genug Arbeit gibt. Ich sehe ein Deutschland der Rentner und Arbeitlosen vor mir.

Ich erinnere mich noch genau an den 13. Mai 2021. Das war der Tag, an dem die Europäische Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland die Kredite kündigte. Es lief rund um die Uhr in den Nachrichten. Selbst die vielen Leute, die sich kein Stück mehr für Politik interessierten, weil sie vom Staat ohnehin keine Hilfe erwarteten, erkannten, dass etwas Ungeheuerliches geschehen war. Deutschland war pleite.
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Offline Raphael

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #62 am: 26.12.2004 | 19:23 »
Ja, was kann passieren, wenn sich ein Hacker meinen Fingerabdruck holt?
Er kann mit sehr viel Aufwand ein Bewegungsprofil von mir erstellen. Das kann er aber leichter, wenn er mich beschatten lässt.
Und was kann er sonst noch mit meinem Fingerabdruck anfangen?

Reicht es nicht, dass er ihn nicht haben sollte?  ::) Aber naja, wem es egal ist, dass die USA seinen Fingerabdruck haben, dem ist es wohl auch egal, wenn ihn Hacker oder Terroristen oder Serienmörder oder korrupte Polizisten haben.  :-\
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Offline Boba Fett

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #63 am: 27.12.2004 | 10:31 »
Wenn ein Hacker einen Fingerabdruck hat, könnte er diesen als Beweismaterial in einen laufenden Prozess einschleusen.
Und plötzlich stammen die Fingerabdrücke des Mörders von einer ganz anderen Person.
Oder er weist die Fingerabdrücke eines Mörders den erfassten Stammdaten einer falschen Person zu.
Oder gar keiner erfassten Person, so dass eine Leiche plötzlich nicht mehr identifiziert werden kann und der vermissten Person keine Leiche zugeordnet werden kann.
Je mehr sich die Beweislast auf digitalisierte Daten verlässt, desto mehr ist sie von der Unverfälschlichkeit dieser Daten abhängig.
Und es gibt keine "Unverfälschlichkeit" von Daten.

@Lord Verminaard:
Der Verlust von Macht und Einfluss (auch wirtschaftlicher) ist auch ein Aspekt des Cyberpunks, auch des alten...
Konzerne gewinnen Macht, Staaten verlieren Macht. Darum geht es ja (auch).
Der Konkurs von Deutschland (oder einer anderen Nation) wäre sicherlich ein interessanter Aspekt.
Aber kein wirklich neuer..
Warum heisst die Währung bei Cyberpunk 2020 denn Euro - weil Amerika pleite ist.
Und bei Shadowrun heisst er NuYen - weil Amerika pleite ist.
« Letzte Änderung: 27.12.2004 | 10:37 von Boba Fett »
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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #64 am: 27.12.2004 | 11:31 »
*kurz im gedächtnis diverser CP-regelwerke kram, was man alles mit fingerabdruck machen kann*

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NiceGuyEddie

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #65 am: 27.12.2004 | 13:14 »
Zitat
So hat das Internet bis auf die 3D doch alle Eigenschaften der Matrix.

Das glaube ich nicht. Die Matrix unterscheidet sich doch wirklich in fast allen Eigenschaften vom heutigen Internet, angefangen von der realgeographischen Grundstruktur(dort wo die Daten in der wirklichen Welt lagern, sind sie auch in der Matrix abgebildet), bis zur Navigation(man bewegt sich wie in einem Realraum auf Feldern -völlig undenkbar) oder dem Vorgang des Hackings. Nee nee, man merkt schon, dass Gibson die Matrix erfunden hat, ohne je selbst einen Computer bedient zu haben. Und in seiner zweiten Trilogie ist von der Matrix auch nichts mehr zu lesen. So faszinierend sie auch ist - realistisch ist die Matrix unmöglich.

Zitat
Der Konkurs von Deutschland (oder einer anderen Nation) wäre sicherlich ein interessanter Aspekt.
Aber kein wirklich neuer.

Ich denke aber, dass heute die Folge daraus anders gezogen werden müsste. Anstatt einem Staat, der langsam vor sich hin stirbt und das Feld den Konzernen und dem organisiertem Verbrechen überlässt, einen Staat, der mit aller Macht erbittert um siene Macht kämpft. Neben dem wirtschaftlichem Zusammenbruch ist die heutige Angst wie schon gesagt kein schwacher, sondern ein zu starker Staat, mit Überwachung, Unterdrückung und allem drum und dran. Vor allem im Zusammenhang mit neuen Technologien(wie z.B. RTF-Chips, die TCPA-Technologie, usw.).

Offline Lord Verminaard

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #66 am: 27.12.2004 | 13:22 »
Man müsste mal ein bisschen recherchieren, wie der Staatsbankrott in Argentinien vonstatten gegangen ist und welche Folgen das dort ausgelöst hat. In Deutschland kommt natürlich hinzu, dass wir Teil der EU und des Euro-Stabilitätspaktes sind. Wie würden unsere Partnerstaaten wohl reagieren, wenn wir finanziell immer weiter abschmieren?
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Eulenspiegel

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #67 am: 27.12.2004 | 13:24 »
*kurz im gedächtnis diverser CP-regelwerke kram, was man alles mit fingerabdruck machen kann*

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Wenn ich mich online identifizieren will, gibt es sichere Wege als meinen Fingerabdruck zu scannen und zu versenden. Und was die Zugangskontrollen sonstwo angeht: Ist man schon so weit, dass man künstl. Fingerkuppen mit Abdruck herstellen kann? Wenn ja, sollte man sich da eine andere biometrische Überprüfung überlegen.
Zugangskontrollen zu Türen, Autos und meinem Arbeitsplatz funktionieren noch immer mit einem analogen Schlüssel bzw. einem Lichtbildausweis. Und ich kenne nicht viele, die ihre Türen mit Fingerabdruck verschließen. (Es gab mal 'ne Zeitlang Handys, wo man keinen PIN-Code sondern seinen Fingerabdruck abgeben musste, damit man Zugriff hatte. - Die sind mittlerweile aber auch wieder aus der Mode.)
Für Mails, Websites, Webarchive habe ich einen digitalen Fingerabdruck. Das ist aber im Prinzip ein Zertifikat und hat nichts mit meinem richtigen Fingerabdruck zu tun.

Der einzige Punkt, den es zu beherzigen gilt ist der von Boba Fett angesprochene Fall, dass mein Fingerabdruck angeblich auf 'ner Leiche war.
Aber: 1) Wenn man jemanden umbringt, dann sollte es auch kein Problem sein, sich aus der Nähe einen Fingerabdruck zu beschaffen. - Notfalls in ein Restaurant oder an die Bushaltestelle gehen, da findet man genügend Fingerabdrücke.
2) In Deutschland werden die Daten zwar digital gespeichert. Aber um als Beweis zugelassen zu werden, muss der analoge Fingerabdruck auch vorliegen. - Ebend damit man den Abdruck nicht fälscht.

Alles in allem ist es sicherlich ein Nachteil, wenn Hacker meinen Fingerabdruck haben. Es ist aber nicht der Weltuntergang als der es häufig dargestellt wird. Wenn der Hacker meine Adresse kennen würde und mir 'nen Schlägertrupp vorbeischickt, wäre mir viel unwohler. - Upps, er hat ja das Telefonbuch.
Ich weiß jetzt nicht, wie hilfreich präventive Abnahme von Fingerabdrücken zur Verbrechensbekämpfung ist, aber ich denke schon, dass es hilfreich ist (sonst würden sie es nicht tun).
Und wenn ich die Vorteile (Terrorist könnte geschnappt) mit den Nachteilen (Hacker könnte meine Fingerabdrücke bekommen) vergleiche, dann überwiegt in meinen Augen der Vorteil.

Offline Lord Verminaard

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #68 am: 27.12.2004 | 13:28 »
Das Problem ist nicht, dass ein Hacker deinen Fingerabdruck hat. Wenn jedermanns Fingerabdruck irgendwo gespeichert wird, gerät jeder unter Generalverdacht. Du fasst im Supermarkt eine Weinflasche an und stellst sie wieder zurück. Nach dir kauft sie ein Typ, der wenig später ermordet wird. Die Polizei findet deine Fingerabdrücke auf der Weinflasche und kommt erstmal bei dir vorbei, um dich zu befragen, was du in der Wohnung zu suchen hattest.
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Offline Boba Fett

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #69 am: 27.12.2004 | 16:05 »
@Eulenspiegel:
Natürlich muss der Fingerabdruck vorliegen. Aber wenn man sich mal anschaut, was passiert, dann ist da eine Menge möglich.
Die Spurensicherung nimmt den Fingerabdruck und scannt ihn ein. Dann wird er mit der Kartei im PC verglichen.
Da sind schon mal 3 Ansatzpunkte. Zwischen Nehmen und Scannen könnte er ausgetauscht werden.
Nach dem Scannen könnte man die Datei tauschen und zu guter letzt könnte man den entsprechenen Abdruck in der Kartei tauschen.
Schon heute geht niemand mehr hin und schaut sich das an, was da rauskommt.
Das machen Programme.
Und dann steht halt im Gutachten, dass der genommene Fingerabdruck zu 99,9% der von XYZ ist, obwohl das gar nicht stimmt.
Natürlich ist so eine Fälschung für Außenstehende schwierig...
Aber was ist mit Insidern? Oder was ist mit einem Staat, bei dem der Staat selbst die Tatsachen verdrehen will?
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

ElvenRanger

  • Gast
Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #70 am: 27.12.2004 | 16:32 »
@eulenspiegel
das war auf cyberpunkwelten bezogen, nicht auf das hier & jetzt ;-)

biometrische schlüssel haben vorteile: man kann sie nicht verlieren bzw vergessen. sie können nicht so leicht gestohlen werden ... zumindest nicht UNBEMERKT!
allerdings werden auch die nicht fälschungssicher sein. aber man braucht immer noch eine sehr genaue vorlage, um eine brauchbare kopie herzustellen. wenigstens haben biometrische schlösser den vorteil, daß die nicht mit mechanischen mitteln zu öffnen sind (heute schlösser stellen für nen schlosser mit geeignetem werkzeug kein großes hindernis dar)

Ein

  • Gast
Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #71 am: 30.12.2004 | 15:44 »
Wenn man sich mal dem Volk zuwendet und ihren Nöten lauscht (und nicht denen einer Elite von hochtechnologisierten, Pseudo-Anarchisten), kommt man zu ganz anderen Ängsten als diese die der (tote) Cyberpunk postuliert hat:

- Angst vor Überfremdung: Die Wiedervereinigung, die "zunehmende" Zuwanderung von Ausländern, die Einbürgerung von Kindern ausländischer Mitbürger und die fortschreitende EU-Erweiterung lässt die Menschen, um die ureigensten Strukturen ihrer Kulturen fürchten. Kein Wunder, dass man da Angst vor dem Russen oder Wessi hat und rechtslastig wählt.

- Angst vor Reformen: Seit 30 Jahren wird in Deutschland meist erfolglos reformiert. Und zunehmenst wird klar, dass die Reformen alles ändern werden, wenn sie erfolgreich sind, und wenn sie nicht erfolgreich sind, wird alles den Bach runtergehen.

- Angst vor Massenarbeitslosigkeit: Wir sind gerade in einer Zeit enormer Umbrüche. Sicherlich, die Globalisierung war nicht so schlimm, wie befürchtet, aber dennoch spürt man, dass Deutschland zunehmenst zurückfällt. Reformen müssen her um wettbewerbsfähig zu bleiben, doch niemand weiß, was der Preis dieser Reformen sein wird. Werden wir es schaffen unsere Gesellschaft an das 21. Jahrhundert anzupassen oder werden wir bald zu den Verlierern mit 50% Arbeitslosigkeit gehören?

- Angst vor den Politikern: Für mich weniger in der Form des "starken" Staaten, sondern vielmehr in Form des Staates, der sich nicht mehr um die Bedürfnisse des Bürgers schert. Für den Kleinen Mann werden überall nur Gelder veruntreut, geben sich Politiker immer größere Diäten und überhaupt, wer denkt denkt denn noch an uns, wenn die Politiker sich nur noch um ihren Machterhalt kümmern?

- Angst vor Medienkontrolle: Schon ein alter Hut, eine wahrgewordene Fiktion. Big Brother, Super Nanny, reißerische Berichterstattung auf allen Kanälen, die Frage ist: Wo endet das ganze?

Offline Managarmr

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #72 am: 30.12.2004 | 18:48 »
Aber was ist mit Insidern? Oder was ist mit einem Staat, bei dem der Staat selbst die Tatsachen verdrehen will?

Tun sie doch schon. Schau Dir mal an, was die Mehrheit der Amerikaner zum 11.September glaubt - Anschlag auf die Werte der Freiheit    :(
Oder z.B. die Estonia. Schaut Euch das mal genau an, von wegen verschwundener Ueberlebender(!) und gefälschter Frachtlisten.
Und auch bei manchen Strafprozessen fuer Individuen habe ich erhebliche Zweifel.
(Und nur fuer die Nachfrage: ich bin nicht uebermaessig paranoid  ;))
"Livet kan bara förstås baklänges, men måste levas framlänges" Søren Kierkegaard         
"Meine angenehmsten Ratgeber sind Bücher; denn weder Furcht noch Hoffnung hindern sie daran mir zu sagen, was ich tun soll"
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Offline ZuuN

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #73 am: 12.01.2005 | 16:16 »
naja es kommt drauf an was man als cyberpunk definiert. wen man die definition der 80er nimmt stimmt es das CP zumindest so gut wie tot ist, aber die definition scheint sich gewandelt zu haben und wenn man mal nachschaut was für sachen hier als CP definiert werden, z.b. der anime "Ghost in the Shell", ist das genre doch noch lange nicht tot.
« Letzte Änderung: 12.01.2005 | 16:18 von ZuuN »
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Ein

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Re: Cyberpunk tot?
« Antwort #74 am: 12.01.2005 | 16:55 »
Naja, aber auch der Original-GitS ist alt.. und die Nachfolger.. Marketing?