@Bitpicker
Der SL ist vom Belang, da er in "normalen" Rollenspiel das tut was bei DAG die Spieler auch machen sollen. Er gestaltet die Story, was die Spieler in "normalen" Rollenspiel übrigens auch tun, und spielt Rollen. Er tut also beides, wieso kann man denn jetzt sagen:"In dem Moment wo die Spieler dies tun, ist das kein Rollenspiel mehr!"
Wenn ich von der Warte des Spielers aus spreche: ich spiele ein Rollenspiel, weil ich mich in einen Charakter hineindenken will. Wenn ich Aristides den mittelalterlichen Nosferatu spielen will, dann ist es mein Ziel, eine vom SL präsentierte Welt mit diesem Charakter zu erkunden. Ich lasse ihn das tun, von dem ich denke, dass er es tun würde. Ich entscheide aber nicht, was andere Charaktere tun (oder wie das Wetter ist, oder ob die Straße glitschig ist, oder ob eine Taverne neben der Jauchegrube aufmacht, in der ich wohne), weil mich das massiv von der Einfühlung in meinen Charakter ablenkt. Ich habe keineswegs das Ziel, die spannendst-mögliche Geschichte des Lebens von Aristides zu erzählen, sondern ich will Aristides in meiner Fantasie für eine Weile sein.
Als SL biete ich den Spielern die Spielfläche, auf der sie sich ausleben können, den Realitätsspiegel, in dem sich ihre Charaktere darstellen. Ich ermögliche ihnen die Immersion in den Charakter, wodurch sie Spaß haben (was, denke ich, für uns alle das übergeordnete Ziel ist).
In einem reinen Erzählspiel sind Charaktere als persönlicher Besitz eigentlich nicht notwendig. Man könnte genau so gut eine Ausgangssituation nehmen und reihum erzählen, wie es weitergeht. Bei jedem Erzählerwechsel geht die Kontrolle über alle Elemente auf den nächsten Erzähler über. Es findet dabei aber keine Immersion statt, oder genauer: man identifiziert sich vielleicht mit einem Plotelement (weil man z. B. die Erzählung in die Krimiecke drückt, während andere eher Richtung Fantasy drängen), aber nicht mit einem bestimmten Charakter.
Als reiner Rollenspieler, der ich bin, lehne ich jegliche Einflussnahme in meinen Charakter, die durch Übernahme seitens anderer Spieler oder des Spielleiters geschieht, ab. Der Spielleiter hat das Sonderrecht, genau jene Elemente einzubringen, die in der Realität auch von außen kommen - er kann also z. B. erklären, dass mein Charakter krank geworden ist, aber er kann nicht bestimmen, dass er zum Arzt geht. Die anderen Spieler haben überhaupt keine solchen Rechte, und jegliche Einflussnahme auf meinen Charakter darf ausschließlich von Handlungen ihrer Charaktere ausgehen. Dabei haben sie nicht einmal das Recht, wenn sie mir den Wein vergiften, zu erklären, mein Charakter sei tot. Das darf wiederum nur der SL, auch wenn es noch so unausweichlich ist.
Robin