Autor Thema: Fantasy-Faschismus?  (Gelesen 12172 mal)

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Offline Yerho

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #25 am: 29.10.2004 | 23:41 »
Vergeßt bitte nicht, daß Ganze auch zeitgeschichtlich zu sehen. Wenn man heute "Neger" sagt, wird das bereits als problematisch angesehen; unsere Großelterngeneration gebrauchte das Wort ganz einfach, um einen Menschen dunkler Hautfarbe zu bezeichnen, ohne damit zwingend etwa Negatives auszudrücken. Beispielsweise Tolkien nach den Maßstaben heutiger - gelegentlich hypersensibler - political correctness auf rassistische Motive zu untersuchen, ist eher müßig.

Im Übrigen geht diese Debatte weit am Thema vorbei, denn es geht um faschistoide Tendenzen. "Faschistoid" heißt "dem Faschismus ähnelnd" oder auch "zum Faschismus hinführend". "Faschismus" kennzeichnet ein Gesellschaftssystem mit totalitärer, dem Volkskörper nicht verantwortlicher, aber durch diesen im Großen und Ganzen akzeptierter Führung (im Gegensatz zur Diktatur), welches sich durch ein festgefügtes Feindbild (historisch gesehen Antisemitismus oder noch früher die Betrachtung Außenstehender als Barbaren oder Wilde/Untermenschen) stabilisiert und sich in einer Massenbewegung äußert.

Gesellschaften in der Fantasy sind jedoch in der Regel nicht faschistisch, sondern schlicht und ergreifend feudal und unabhängig von Rasse und Religion generell fremden- und fortschrittsfeindlich. Faschismus ist hingegen in seiner Fremdenfeindlichkeit zweckgebunden selektiv und alles andere als fortschrittsfeindlich - ganz im Gegenteil, der Fortschritt wird als Mittel zum Zusammenhalt hochgradig instrumentalisiert.

Daß dies in der Fantasy vorkommt, wäre mir neu. ;)
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #26 am: 29.10.2004 | 23:49 »
Halten wir kurz fest :

- "Faschismus" und "Rassismus" ist ein Unterschied. Faschismus bezeichnet eine Art, ein Land zu führen, eine Herrschaftsform, so wie .. hm.. Theokratie oder Aristokratie. Darum gehts hier nicht. Faschismus wäre, wenn die Elfen Herrschaftsanspruch über die Orks (und alle anderen Völker nebei natürlich ebenso) erheben würden, weil die Orks per Definition "böse" sind.

- Rassismus bedeutet, die einzelnen Rassen zu werten - die eine ist mehr wert, toller, besser, die andere weniger. Eine solche Feststellung, nämlich daß ein Elf mehr wert ist als ein Ork, wird in keinem mir bekannten Regelbuch getroffen. Es ist eine Sache, des Betrachters, ob ein per Definition schönes, intelligentes, magiebegabtes Volk (elf) mehr "wert" ist als ein starkes, diszipliniertes, waffen- und kriegstechnisch äusserst geschicktes Volk (ork). Damit hängt Rassismus an jedem einzelnen, der diese Werteinschätzung trifft.

- Wie viele vor mir bereits geschrieben haben, dient die Kathegorisierung von Rassen / Völkern in "gut" und "böse" in der Fantasy nicht der Propaganda von Rassismus, sondern der Ermöglichung sofort verständlicher Spannungsbögen - wie in jedem Spielfilm, wie in jedem Krimi, wie in jedem Unterhaltungsgenre auf der ganzen Welt. Es kommt allein auf die Spieler und Spielleiter einer Runde an, wie "platt" man einen Plot halten muss oder will, damit ihn alle verstehen und lösen können und damit er für alle interessant ist. Damit ist das Kathegorisieren von "guten" und "bösen" Kreaturen eine reine Auslegungssache derjenigen, die diese Welt machen - nämlich die Spieler und Spielleiter. Nur, weil Tolkien der erste war, der solch einen Spannungsbogen zwischen zwei real nicht existierenden Rassen aufbaute, heisst das nicht, daß er Rassist ist. Um das nochmal kurz anzureissen : Tolkien hat die Orks niemals als "gross & dumm" beschrieben. Die tatsächlichen Ork waren eher recht intelligente Schleimer, Schleicher und Trickser, eben gebrochene Elfen. Das "gross, dumm und grün"- Klischee trifft eigentlich nur die Uruk-hai - eine Mischung von Orks und Menschen.

- Was zutrifft ist : Die Rassen der klassischen Fantasywelten untereinander haben den jeweils anderen gegenüber Vorurteile. Der Durchschnitt der Elfen wird von dem Durchschnitt der Orks behaupten, böse, hirnlos, fies, usw. zu sein. Der Durchschnitt der Orks wird vom Durchschnitt der Elfen behaupten, grausam und vorurteilsbehaftet zu sein und ihnen keine Chance zu lassen, das Gegenteil zu beweisen. Das ist auch kein Rassismus - das ist ein Stereotyp, denn es *stimmt* ja auf weite Teile des jeweiligen Volkes ! Auch hier wieder ist es rein Sache von SL und Spieler, diesem Stereotyp zu folgen oder nicht zu folgen. Ein Spieler muss diesem Stereotyp nicht folgen, aber er kann (bei einem Paladin z.b. macht es durchaus Sinn - bei einem Barden im Klassischen Sinne wohl eher nicht).

- Ebenso benutzen einige Herrschaftsformen und Religionen IN den Fantasywelten (wir reden hier also wohlgemerkt von nicht realen Machtfraktionen) das Stilmittel der Propaganda oder die Überlegenheit ihres Militärs, um diese Vorurteile bei ihren Anhängern zu schüren oder ihre Machtstruktur damit zu festigen. Hier kommen wir das erste Mal überhaupt mit faschistoiden Methoden in Berührung. Propaganda und Herrschaft durch Angst sind aber, wie oben bereits bemerkt, typische Züge fast jeder absolutischtischen Herrschaft und sind beileibe keine nur für faschistoide Herrschaftsformen typische Begleiterscheinungen - die amerikanische Demokratie setzt "Propaganda" in diesem Sinne im eigenen Land seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich ein (ich sage nur "Achse des Bösen"); jedes Kaiser- und Königreich der Vergangenheit stützte sich rein auf seine militärische Macht zur Durchsetzung seiner Ansprüche in bestimmten Gebieten, usw. usw. Nur, weil eine Herrschaftform auf tatsächliche militärische Macht aufbaut, heisst das also noch lange nicht, daß sie per Definition faschistisch ist - es sei denn, man wältzt diesen Begriff so platt, daß man das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (wann war des nochmal), das alte chinesische Kaiserrreich oder auch nur die Herrschaft eines afrikanischen Stammesfürsten als "faschistisch" bezeichnet.

Sorry, wenn ich das so deutlich sagen muss: wer Fantasy-Welten als faschistisch bezeichnet, hat sich in seinem Kopf eine sehr platte Welt gebaut, in der kein Platz ist für die Veränderung oder den Aufbau eines eigenen Wertesystems - und das ist dann wirklich nicht Schuld der Macher von Fantasy. Wie sagten schon die Verleiher des Darwin Awards :  Man kann einen Hund in der Mikrowelle trocknen, aber wir empfehlen es nicht.

lg,
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Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #27 am: 30.10.2004 | 01:06 »
Fantasy kann nicht faschistisch sein, denn:
Zitat
der Faschismus die logische Endstufe des Spätkapitalismus, wenn die innere Widersprüche und wirtschaftlichen Krisen der kapitalischen Ökonomie sich so weit verschärfen, dass nur noch eine offen terroristische Gewaltherrschaft die kapitalistischen Strukturen aufrechterhalten kann, Revolutionen abwürgen und die Profitrate (den Mehrwert, das Wirtschaftswachstum) beibehalten oder steigern kann.
In keinem Fantasy Hintergrund ist die Welt in diesen Stadium ;)

Aber allgemein ist der Vorwurf ja nichts neues. Norman Spinrads "Stählerner Traum" zeigt Paralellen auf, allerdings zur SciFi.
Bei Tolkien oder Howard sind da eigentlich keine zu entdecken.

Ausser man will Aragon mit einem anderen auserwählten Führer vergleichen der gekommen ist sein Volk zu neuer Blüte zu führen, und dabei kein Opfer scheut. ;)
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #28 am: 30.10.2004 | 01:23 »
der Faschismus die logische Endstufe des Spätkapitalismus, wenn die innere Widersprüche und wirtschaftlichen Krisen der kapitalischen Ökonomie sich so weit verschärfen, dass nur noch eine offen terroristische Gewaltherrschaft die kapitalistischen Strukturen aufrechterhalten kann, Revolutionen abwürgen und die Profitrate (den Mehrwert, das Wirtschaftswachstum) beibehalten oder steigern kann.

Ich gebe Dir ja völlig recht, aber wo hast Du denn bitte diese Definition her? So verwerfenswert der Faschismus auch ist, das klingt für mich ehrlich gesagt ziemlich nach kommunistischer Hetzschrift  >:(

Ehrlich gesagt macht mich so ein Unsinn einfach nur wütend. Genauso wie auch diese absolut sinnfreien und haltlosen Unterstellungen, Fantasy wäre in irgendeiner Form faschistisch, rassistisch oder würde Verherrlichungen entsprechender Tendenzen enthalten. SO etas bekommt von mir nur eins:  :q
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Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #29 am: 30.10.2004 | 03:03 »
Ich gebe Dir ja völlig recht, aber wo hast Du denn bitte diese Definition her? So verwerfenswert der Faschismus auch ist, das klingt für mich ehrlich gesagt ziemlich nach kommunistischer Hetzschrift  >:(
Das ist aus einer kommunistischen Hetzschrift, woher denn sonst ?
Ziemlich effektiv um die Faschismus-Keule zu parieren ;)

Zitat
Ehrlich gesagt macht mich so ein Unsinn einfach nur wütend. Genauso wie auch diese absolut sinnfreien und haltlosen Unterstellungen, Fantasy wäre in irgendeiner Form faschistisch, rassistisch oder würde Verherrlichungen entsprechender Tendenzen enthalten. SO etas bekommt von mir nur eins:  :q
Für die Propaganda im dritten Reich wurden Motive verwendet die auch in Fantasy und SciFi zu finden sind. Das macht sie aber nicht automatisch zu Faschistischer Literatur.
Bestimmte Dinge wie Allmachtsfantasien finden sich sowohl in den frühen Sword & Sorcery Storys als auch in der frühen SF des Pulp Zeitalters ( aber auch in den ersten Perry Rhodan Zyklus zur dritten Macht ).
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #30 am: 30.10.2004 | 10:29 »
Vorab - Rassismus ist in der Tat nicht dasselbe wie Faschismus, und ich habe auch bewusst vermieden den Begriff Faschismus zu verwenden.

Zitat von: Dailor
Muss natürlich nicht sein, aber wenn ein Sauron das Böse aus den Elfen zieht und daraus Orcs macht und dann ein Saruman sie noch aggressiver und gefährlicher züchtet dann ist nichts faschistoides an dem Gedanken sie ausrotten zu wollen.

Nunja, das Züchten eines Volkes - das war ja auch eines der Ziele der Nazis. Wir haben hier also bereits die erste Parallele zur Rassenlehre der Nazis. Und zweites das Ausrottenwollen eines Volkes weil es als minderwertig (im Vorliegenden Fall mit "böse" bezeichnet)- auch hier wieder eine Parallele zum sozialdarwinistischen Weltbild. Von keinem Zusammenhang kann hier mitnichten die Rede sein!

Zudem transportieren die meisten Fantasysetting den Gedanken der Rassenreinheit - oder wieviele Welten mit Viertelzwergen, Hobbit-Elf-Halbmenschen, Ork-Gobil-HalbElf, Zwelfen etcetera Mischungen gibt es? Oder um das Argument noch etwas zu verfeinern, wieviele Rollenspielwelten wo die Rassen eines Helden nebensächlich ist gibt es? Man sagt ja üblicherweise wenn man einen Helden mit zwergischer Abstammung spielt "Ich spiele einen Zwergen" und nicht ich spiele "Einen Krieger", "Einen Schmied" was auch immer. Im alten DSA3 standen Zwerg/Elf/Novadi etc ja gar explizit auf der gleichen Stufe wie die Berufe der Menschen. Hier haben wir eine deutlich rassistische Weltanschauung - als dass man bei gewissen Rassen nicht mehr auf ihre Berufsbezeichnung oder andere Merkmale eingeht sondern sie anhand ihrer Rasse von den anderen Helden differenziert.

Natürlich ist diese Verhaltensweise selten rassistisch motiviert, die Vampirespieler machen dasselbe ja mit den Clans, aber in ihrer Funktion ist sie unabhängig davon rassistisch und tranportiert Anreize zu rassistischem Denken.

Zitat von: Zu'Me
dient die Kathegorisierung von Rassen / Völkern in "gut" und "böse" in der Fantasy nicht der Propaganda von Rassismus, sondern der Ermöglichung sofort verständlicher Spannungsbögen

Ein Armutszeignis für die Menschenheit, wenn ein Spannungsbogen auf ein vereinfachendes Gut-Böse-Weltbild beruhen muss damit er "sofort verständlich" ist. Aber das scheint wohl leider so zu sein.... "Axis of Evil" oder wie hiess das bei den VS-Amis schon mal wieder? Hmm, ja, scheinbar ist das wirklich so dass man Inhalt auf dieses platte Schema reduzieren muss damit sie verständlich bleiben... seufz.

Zitat
Das ist auch kein Rassismus - das ist ein Stereotyp, denn es *stimmt* ja auf weite Teile des jeweiligen Volkes !

Aus der Sicht des Rassisten stimmt sein Stereotyp auch und trifft wirklich zu! Ich sehe also nicht was das für einen Unterschied machen soll - ganz im Gegenteil.
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 10:33 von Gelasma »

Ludovico

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #31 am: 30.10.2004 | 10:33 »
@Gelasma
Wieso ist es rassistisch, wenn in einer Welt Orks alle böse sind und Elfen alle böse und die Guten halt versuchen, die Orks einzudämmen (sogar bei Tolkien versuchen sie es gar nicht erst, sie auszurotten, da es einfach zu viele von ihnen gibt).

Gast

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #32 am: 30.10.2004 | 10:37 »
Weil dabei Gut und Böse auf Rassen verteilt werden und nicht auf Interessegemeinschaften oder Machtgruppen welche einen anderen Zusammenhalt haben. Man braucht dann nur auf die Rasse des Gegners zu schauen und weiss schon am Aussehen ob er gut und böse ist. Und genau das ist Rassismus, wenn man nach der Rasse urteilt.

Ein nicht rassistischer Ansatz könnte zB sein, dass sowohl in der guten wie in der bösen Machtgruppe beide Rassen vertreten sind - so dass man ein differenziertes Urteil treffen muss um entscheiden zu können ob jmd gut oder böse ist.
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 10:40 von Gelasma »

Ludovico

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #33 am: 30.10.2004 | 10:41 »
Zum Rassismus gehört doch auch, daß man eine Rasse diskriminiert, oder?

Offline Alrik aus Beilunk

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #34 am: 30.10.2004 | 10:51 »
Wird es besser wenn die Orks ( wie in Aventurien ) selber rassistisch sind, sich für ein auserwähltes Volk halten mit dem gottgegebenen Recht andere, schwächere ( egal ob Ork, Mensch, Zwerg oder sonstwas ) zu versklaven ?

Sind im RPG nicht meist die "fremden" Rassen besser als der 0815 Standart Mensch ?

Generell sollte man mit dem Etikett Rassismus / Faschismus vorsichtig sein, sie sind politische Kampfbegriffe wie die "Achse des Bösen". Gerade die Achse des Bösen passt da nicht, da man die Bewohnern der Achse des Bösen eher bemitleidet als hasst.

Auch sollte man bei den "Rassen" in den RPGs bedenken das es sich um Archetypen handelt, im Fall von ODD direkt aus dem Herrn der Ringe geklaut. Die Thorwaler / Zwerge / Novadis / Waldmenschen / Elfen sind also nicht rassistisch, sonder sie sind Archetypen.

Was das auf einen Blick böse erkennen angeht: Wenn es morgen an deiner Tür klinget und ein SA Sturmtrupp steht in voller Uniform davor, und du hast dann Angst, ist das rassistisch ?
Schließlich bewertest du diese Leute nach ihrem Aussehen...
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 11:16 von Alrik aus Beilunk »
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #35 am: 30.10.2004 | 11:19 »
Aber ist Rassismus im Rollenspiel jetzt generell etwas Falsches? Und wenn ja, warum?

Die Gesellschaft der meisten Fantasy-Welten fußt in früheren Zeitaltern der Erde; zu dieser Zeit waren Rassismus und Fremdenhass weit stärker ausgeprägt als heute. Wenn ich also meine Fantasy-Welt mit entsprechendem Material anreichere, warum sollte das dann verwerflich sein?

Man muß hier auch vorsichtig sein mit dem, was man sagt. Vieles in der klassischen Fantasy kategorisiert ein Gut/Böse - Elfchen/Örkchen-Weltbild. Aber ich kenne keine Fantasywelt, in der es keine Ausnahmen von der Regel gibt (Ob es bei Tolkien gute Orks gibt, weiß ich nicht. Es gibt aber im Silmarillion auf jeden Fall Elben, die man getrost als böse ansehen kann). Obwohl ich dieses grobe "SW-Denken mit einzelnen Ausnahmen" der Fantasy heutzutage für ein bisschen überholt halte und selbst nicht anwende (Meine Welt drückt keiner Volksgruppe einen moralischen Stempel auf. Es gibt aber auch keine klassiche Gut/Böse-Verteilung).

Für mich selbst wichtiger ist das Weltbild der NSC und SC, die in dieser Welt leben. Wenn mir als Ottonormal-Fantasyfigur jeder erzählt, Orks sind böse, dann glaube ich das aller Wahrscheinlichkeit auch. Und wenn alle Menschen einer Grafschaft das glauben und ein vollkommen friedlicher Stamm orkischer Bauern in die Nachbarschaft zieht, was meint ihr, wie lange es dauert, bis der Mob zuschlägt?
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #36 am: 30.10.2004 | 11:34 »
Zitat
Nunja, das Züchten eines Volkes - das war ja auch eines der Ziele der Nazis. Wir haben hier also bereits die erste Parallele zur Rassenlehre der Nazis. Und zweites das Ausrottenwollen eines Volkes weil es als minderwertig [...]

Es mag Settings geben, in denen das "Ausrottenwollen" eines Volkes zum Handlungshintergrund gehört. Es gehört damit meist zu einem Spannungs- / Handlungsbogen - daß die Spieler sich an dieser Aktion - womöglich noch erfolgreich - beteiligen, kenne ich aber von keinem Setting. Oder hat jemand von euch schon mal alle Orks im Spine of the World ausgerottet, dann Lady Alustriel abgesetzt und die Herrschaft über die ganzen Silvermarches übernommen ?
Zu dem Argument mit dem Züchten eines Volkes : die meisten Settings gehen davon aus, daß es verschiedene Rassen und Völker auf einer Welt gibt, ja. Dies allein bedingt - menschliche Massstäbe vorausgesetzt - schon, daß man über die jeweils anderen - Fremden - spekuliert und sich von ihnen ein Bild macht. Daß ein Spieler oder ein SL eine Welt baut, in der es gilt, nur Überorks zu erschaffen oder Überelfen die Welt beherrschen zu lassen, ist zwar theoretisch möglich - mir ist aber nicht ein Setting bekannt, in dem es darum geht, tatsächlich irgendeine Art von Rasse rein zu züchen. Da könnte man dieses Argument wohl sehr viel eher auf Warcraft oder Warhammer-Computerspiele auslegen als auf irgendein p&p Rollenspiel, denn dort *verbessert* man seine Orks usw. ja tatsächlich, um ein anderes Volk auszurotten. Aber auch hier wieder gilt : Platt, weil allgemein verständlich, und so platt, wie es den Geschmack der Käufer (bzw. den des amerikanischen Spielemarktes) trifft.

Zitat
Zudem transportieren die meisten Fantasysetting den Gedanken der Rassenreinheit - oder wieviele Welten mit Viertelzwergen, Hobbit-Elf-Halbmenschen, Ork-Gobil-HalbElf, Zwelfen etcetera Mischungen gibt es?


Im Gegenteil. Die meisten Settings machen explizite Angaben zu Mischungen - Halbelfen, Halborks, Genasi, Tieflinge, Halbdrachen, usw. usw., erlauben diese auch ausdrücklich und geben ihnen u.U. sogar ganz explizite Vorteile aus beiden "Rassen".
Auch hier wieder muss man differenziert sehen : In einer Welt ohne moderne Transportmittel bleiben die meisten Volksstämme (unabhängig davon ob orks oder elfen) unter sich. Dies bedingt - wie Dir jedes Kaff in Eifel, Hunsrück und Westerwald gut beweisen kann - daß Leute aus einem Dorf heiraten und sich Verwandtschaften eben über die nähere Region erstrecken, und nicht bis nach Australien oder Hinterindien. Das hat nichts mit Rassenreinheit zu tun oder mit dem rassistischen Ideal eines "Reinblüters". Es ist schlicht die Ausgangssituation einer Welt und auch hier ist der Spieler nicht an den typischen / üblichen Lebenslauf eines NPCs gebunden. Auch kenne ich wirklich keine Spielergruppe, wo 5 "reine" Elfen ausziehen, Tod und Verderben über alle Menschen bringen und die alten Elfenkönigreiche wieder aufbauen - nein, gerade in den Spielergruppen sind es "ein Zwerg, ein Elf, ein Mensch, und ein Halbork" oder jede andere beliebige Kombination dieser Rassen. Gerade in den Leuten, die diese Welten erleben, schlägt sich daher meist eine recht vorurteilsfreie und nicht der üblichen "du grün ich hau dich" entsprechende Denkweise nieder.

Und zuletzt nochmals : diese Welten sind mitnichten real. Sie bauen auf der Fantasy der Macher und Spieler auf und haben darum ganz typische menschliche Logikfehler, sind inkonsequent oder nicht komplett. Die Bücher mit den Errata sind nicht ohne Grund Bestandteil jeglicher Settings. Das heisst in der Konsequenz, daß es vielleicht zu Beginn eines Settings einfach interessanter war und für die Spieler und SLs noch immer ist, sich in Settings mit mehreren Rassen zu bewegen.
Dies ist ja auch ein grosser Anteil an der Faszination von Fantasy, das jeweils andere kennen und verstehen zu lernen. Wieviele längst vergessene Tempel haben wir erforscht und dafür Geschenke von mächtigen Schlangengöttern erhalten, wieviele Avariel vor der Ausrottung gerettet, wieviele Meerjungfrauen wieder in ihre Tümpel zurückgebracht ? Es ist ja nun wirklich nicht so, daß das "andere" grundsätzlich und immer als schlecht dargestellt wird !
Zusätzlich werden hier die Rassen oft nur "benutzt", um bestimmte Vor- und Nachteile zu erklären und zu rechtfertigen. Die Rassen sind also Mittel der Spielbalance. Daß das in der Konsequenz für einen Spieler einen genauso wesentlichen Unterschied macht, ob er nun Zwerg ist oder Elf oder Kämpfer oder Magier, ist - mal wieder - logisch.
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Offline Azzu

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #37 am: 30.10.2004 | 11:36 »
Das Argument, Fantasy sei nicht rassistisch, weil Fantasy-Rassen keine Menschen seien, halte ich für falsch. IMHO sind Fantasy-Rassen sehr wohl Menschen. Denn sie sind vernunftbegagbt, verkörpern bestimmte Archetypen menschlicher Kultur (was sind Elben anderes als künstlerisch begabte, naturverbundene Menschen) und wurden von Menschen erdacht, deren Vorstellungsvermögen auf das Menschliche begrenzt, da menschlich ist. Einzelne körperliche Unterscheidungsmerkmale ändern daran nichts. Selbst, wenn man einer Fantasy-Rasse einen bestialischen, angeborenen Mordinstinkt in die Wiege legt - solche Menschen gibt es auch heute, wir bezeichnen sie als Geisteskranke, sperren sie zur Sicherheit der Allgemeinheit in geschlossene Anstalten, aber sie sind wegen krankhafter Persönlichkeitsstörungen schuldunfähig im Sinne des Strafrechts. Niemand käme in der westlichen Welt auf die Idee, so jemanden wegen seines Verhaltens zu töten (außer vielleicht in Texas).

Nur, weil Orks grüne Haut und Hauer haben, sind sie deswegen nicht weniger menschlich. Solche Unterscheidungen unterscheiden sich nicht besonders vom durch die Hautfarbe motivierten Rassismus der realen Welt.

Aber in einer pseudo-mittelalterlichen Fantasy-Welt ist Rassismus ein fester Bestandteil der Kultur. Aufgeklärtes Gedankengut findet sich in einer solchen Welt nur bei Spielercharakteren, deren Spieler ihre moderne Erziehung nicht beiseite lassen können. Man nimmt Angehörige anderer Kulturen (oder eben anderer Fantasy-Rassen) als Feind wahr, gegen den man sich mit Gewalt wehren muss. Ob Orks nun dem absoluten Bösen dienen, angeborene, mörderische Raubtierinstinkte haben, Raubüberfälle einfach Teil ihrer Nomaden-Kultur sind, oder sie sich einfach auf einer Völkerwanderung befinden, weil es in ihrer Heimat zu eng geworden ist - EGAL. Sie sind und bleiben der Feind. Schlag sie tot, sonst töten sie dich. Die Menschen werden sich Schauergeschichten über die Orks erzählen - immerhin sehen sie ja monströs aus und töten Menschen - und diese auch glauben, egal, wie klein das Körnchen Wahrheit dahinter nun ist.

Tatsächlich bevorzuge ich Welten, in denen es das absolute Böse nicht gibt, Konflike menschengemacht sind. Dann kann man mit der Orkarmee auch einen Waffenstillstand schließen - aber sowohl der Orkhäuptling und der menschliche Anführer müssen dazu einen gewaltigen Sprung über ihren Schatten machen: Rassenhass zwischen Orks und Menschen existiert auch in einer solchen Welt.

Fantasy-Charaktere sind Rassisten, weil sie nichts anderes kennen. Ich sehe darin kein Problem, weil eben eine mittelalterliche Welt simuliert werden soll. Aber wir sollten schon dazu stehen. Wenn ihr versucht, einem RPG-Laien den Genozid an Millionen von Orks, der jeden Abend an hunderten Wohnzimmertischen begangen wird, als nicht rassistisch zu verkaufen, wird er nur verständnislos den Kopf schütteln.
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 11:39 von Azzurayelos »

Offline Fat Duck

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #38 am: 30.10.2004 | 11:45 »
Zudem transportieren die meisten Fantasysetting den Gedanken der Rassenreinheit - oder wieviele Welten mit Viertelzwergen, Hobbit-Elf-Halbmenschen, Ork-Gobil-HalbElf, Zwelfen etcetera Mischungen gibt es?

Das liegt im Normalfall daran, dass die meisten Fantasy-Autoren den Unterschied zwischen "Rasse" und "Spezies" nicht kennen, bzw. finden, dass "Spezies" nicht nach Fantasy klingt.
In solchen Welten existiert tatsächlich kein Rassismus, sondern ein ... äh...Speziesismus (?). :)
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Then you see what cannot be, Shadows move were light should be.
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Ludovico

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #39 am: 30.10.2004 | 12:51 »
@Azzu
Also es ist egal, ob etwas existiert oder nicht, man kann es trotzdem diskriminieren?
Wenn also ein Charakter gerne Drachenfleisch isst, kann er zu Recht Ärger mit den Veganern bekommen?

Orks und sonstige Wesen mögen zwar von Menschen erdacht seien, aber es sind keine Menschen. Um Mensch zu sein, muß man existieren. Ich kann nicht jemanden diskriminieren, den es nicht gibt.
Wenn ich mich über alle Menschen mit grün-rot-karierter Haut lustig machen würde, wäre ich dann ein Rassist?
Es ist egal, daß sie nicht existieren. Vielleicht hat ein Autor mal solche Leute in sein Buch eingebaut.
 

Gast

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #40 am: 30.10.2004 | 13:56 »
Zum Rassismus gehört doch auch, daß man eine Rasse diskriminiert, oder?

Gehört dazu, aber es gibt Unterschiede zwischen Rassismus und Rassendiskriminierung. Wenn ich zB eine Gruppe von Menschen vor mir habe und sie dir mit folgenden Worten beschrieb: Der hat mir letzte Woche in Buch ausgeliehen, Der kennt gute Witze, Der ist Schreiner, Der mit dem roten Pullover, Der mit den blonden Haaren, Der mit der krummen Nase, Die Asiatin, Der Schwarze. Dann sind zumindest die letzen Beschreibung zunehmend rassistisch, da hier nach Rassenmerkmalen unterschieden wird.

Wird es besser wenn die Orks ( wie in Aventurien ) selber rassistisch sind, sich für ein auserwähltes Volk halten mit dem gottgegebenen Recht andere, schwächere ( egal ob Ork, Mensch, Zwerg oder sonstwas ) zu versklaven ?

Nein, das verstärkt den Rassimus ja bloss und ist erst noch Sozialdarwinistisch.

Zitat
Auch sollte man bei den "Rassen" in den RPGs bedenken das es sich um Archetypen handelt, im Fall von ODD direkt aus dem Herrn der Ringe geklaut. Die Thorwaler / Zwerge / Novadis / Waldmenschen / Elfen sind also nicht rassistisch, sonder sie sind Archetypen.

Rassimus ist ja genau eine Sichtweise welche mit Archetypen arbeitet: der faule Jude, der gewalttägtig Jugo, die diebischen Zigeneuer, etc...

Zitat
Was das auf einen Blick böse erkennen angeht: Wenn es morgen an deiner Tür klinget und ein SA Sturmtrupp steht in voller Uniform davor, und du hast dann Angst, ist das rassistisch ?
Schließlich bewertest du diese Leute nach ihrem Aussehen...

Ich sprach von Beurteilung nach der Rasse, als nach angeborenen Kriterien wie Hautfarbe. Dass eine Uniform dieses Kriterium nicht erfüllt ist dir hoffentlich auch bewusst!

Die Gesellschaft der meisten Fantasy-Welten fußt in früheren Zeitaltern der Erde; zu dieser Zeit waren Rassismus und Fremdenhass weit stärker ausgeprägt als heute. Wenn ich also meine Fantasy-Welt mit entsprechendem Material anreichere, warum sollte das dann verwerflich sein?

Das ist nicht ganz korrekt - Fantasy gehört zu Bewegung der Anti-Moderne, basiert also erste Linie in der Ablenung der Werte der Moderne. Man pickt sich verschiedene Details aus der Vergangenheit heraus, mit vorliebe solche welche einer Verklärung der "guten alten Zeit" (siehe Auenland als Idealsierung der vorindustriellen Zeit) und verbindet sie mit Werten welche denen der Moderne entgegengesetzt sind. Dies hat nur äusserst entfernt etwas gemeinsam mit den Werten und Gesellschaften der irdischen Vergangenheit. Ein Fantasysetting ist kein historisches Setting.

Im Gegenteil. Die meisten Settings machen explizite Angaben zu Mischungen - Halbelfen, Halborks, Genasi, Tieflinge, Halbdrachen, usw. usw., erlauben diese auch ausdrücklich und geben ihnen u.U. sogar ganz explizite Vorteile aus beiden "Rassen".
Auch hier wieder muss man differenziert sehen: [...]

Hmm, da du hast mit deinen Ausführungen recht, meine Argumentation zu Reinrassigkeit trifft nicht wirklich zu. Vorallem dass ja in einer Heldenrunde die verschiedenen Rassen gemeinsam zusammenfinden hatte ich völlig ausseracht gelassen.

Zitat
Zusätzlich werden hier die Rassen oft nur "benutzt", um bestimmte Vor- und Nachteile zu erklären und zu rechtfertigen. Die Rassen sind also Mittel der Spielbalance.

Hier hingegen brauche ich deinen Worten ja nicht einmal mehr etwas hinzuzufügen, es gibt jenste Möglichkeiten Nach/Vorteile und Spielbalance umzustetzen und man greift auf Rassen zurück dafür. Das ist ganz offensichtlich rassistisch.

Zitat
Zu dem Argument mit dem Züchten eines Volkes : [..] mir ist aber nicht ein Setting bekannt, in dem es darum geht, tatsächlich irgendeine Art von Rasse rein zu züchen

Hier bist du etwas an meinem Argument vorbeigerannt und einzig mit diesem Satz darauf eingegangen. Als Gegenbeispiel fällt mir schon mal spontan die Insel Erasumu im Myranor-Setting ein, wo das Haus Icemna einen Menschenzucht verfolgt um ihr Ziel einer gewaltlosen Menschheit heranzuzüchten. Weitere Beispiele liessen sich gewiss mühelos finden...
PS: Zudem steht das Beispiel der gezüchteten Orks aus HdR noch immer im Raum, denn "rein" kann ja auch auf eine Kriegerrasse zutreffen.
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 14:12 von Gelasma »

Ludovico

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #41 am: 30.10.2004 | 14:09 »
Gehört dazu klar, aber ist nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium. Wenn ich zB eine Gruppe von Menschen vor mir habe und sie dir mit folgenden Worten beschrieb: Der hat mir letzte Woche in Buch ausgeliehen, Der kennt gute Witze, Der ist Schreiner, Der mit dem roten Pullover, Der mit den blonden Haaren, Der mit der krummen Nase, Die Asiatin, Der Schwarze. Dann sind zumindest die letzen Beschreibung zunehmend rassistisch, da hier nach Rassenmerkmalen unterschieden wird.

Ja, dann ist das ja scheinbar nichts Schlechtes.
Es wäre doch albern, wenn man nach jemanden gefragt wird, von dem man weiß, daß er der einzige Schwarze in der Firma ist und ihn dann so zu beschreiben:
"Er trägt Glatze, hat ein blaukariertes Hemd an, schwarze Schuhe..."

Da fällt mir folgende Frage ein:
Sollte man die Political Correctness wie sie in den 90ern aufgetaucht ist, auch im Rollenspiel umsetzen?

Gast

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #42 am: 30.10.2004 | 14:16 »
Ja, dann ist das ja scheinbar nichts Schlechtes.
Es wäre doch albern, wenn man nach jemanden gefragt wird, von dem man weiß, daß er der einzige Schwarze in der Firma ist und ihn dann so zu beschreiben:
"Er trägt Glatze, hat ein blaukariertes Hemd an, schwarze Schuhe..."

Meist hat so eine Person, selbst wenn sie der einzige Schwarze ist, einen Namen und einen Funktion und ihr Büro hat eine Nummer etc... Und wenn du einem Betriebsfremden den Weg erklärst, würde ich zumindest zB sagen "Herr soundso in Büro soundsoviel" und nicht "der schwarze in Büro soundsoviel". Bei allen anderen käme man ja auch nicht auf die Idee einfach ihren Namen zu unterschlagen.

Zitat
Da fällt mir folgende Frage ein:
Sollte man die Political Correctness wie sie in den 90ern aufgetaucht ist, auch im Rollenspiel umsetzen?

Die Frage war ja nicht kommt in Fantasy verwerflicher Rassismus vor, sondern kommt Rassismus vor. Bis zu welcher Schwelle Rassimus verwerflich ist wäre wohl eine andere Diskussion.
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 14:23 von Gelasma »

Offline Yerho

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #43 am: 30.10.2004 | 14:17 »
Schade, daß dieser sehr berechtigte Einwurf von Fat Duck bisher ignoriert wurde:

Das liegt im Normalfall daran, dass die meisten Fantasy-Autoren den Unterschied zwischen "Rasse" und "Spezies" nicht kennen

Wenn sich Menschen über andere Spezies erheben, gibt es zwar durchaus Gruppen, die das anprangern, aber im Großen und Ganzen ist das auch in unserer Kultur akzeptiert und wird getragen. Wenn ich sage, ich als Mensch bin Hunden kulturell überlegen, wird niemand Einspruch erheben.

Sage ich hingegen, ich bin als Europide einem Negriden (der zu meiner Spezies, aber zu einer anderen Rasse gehört) überlegen, wird das Protest, ja sogar Sanktionen hervorrufen.

Fantasy nimmt diese Unterscheidung tatsächlich nicht (oder sagen wir: in der Regel nicht) vor. Hier geht es um das Fremde an sich, weniger um eine spezifische Rassenmotivation. Zwerge verachten Elfen, Elfen verachten Zwerge, Zwerge und Elfen verachten Menschen, Menschen verachten Elfen und Zwerge, alle verachten Orks und Orks verachten alle. Soll eine Rassismuserkennung greifen, muß man Position beziehen - zum Beispiel: "Die armen Orks werden von Allen gedisst!" oder "Die fiesen Menschen wollen sich über alle Anderen erheben!".

Zum Vergleich: Wie oft wird in unserer realen Welt der Rassimus von Asiaten gegenüber einem Afrikaner (und vice versa) thematisiert? Und wenn Schwarze in ihren Milieus die Weißen ausschließen, wie nennt man dann dieses?
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #44 am: 30.10.2004 | 14:22 »
Meist hat so eine Person, selbst wenn sie der einzige Schwarze ist, einen Namen und einen Funktion und ihre Büro hat eine Nummer etc... Und wenn du einem Betriebsfremden den Weg erklärst, würde ich zumindest zB sagen "Herr soundso in Büro soundsoviel" und nicht "der schwarze in Büro soundsoviel". Bei allen anderen käme man ja auch nicht auf die Idee einfach ihren Namen zu unterschlagen.

Wenn man mich fragt, wo die Person sitzt und in einem Büro nun mal die wenigsten Leute mit Namensschildern rumlaufen, dann ist es meiner Meinung nach Blödsinn nicht das Merkmal zu erwähnen, nach dem er am Ehesten erkannt wird. Okay, man könnte natürlich auch sagen: "Ja, sie erkennen Herr Schneider daran, daß er der einzige Extrempigmentierte im Haus ist." (aber irgendwie klingt das albern).
Das klingt für mich irgendwie nach: "Er ist schwarz. Aber das darf man nicht sagen. Am Besten nicht mal hinschauen."
Irgendwie kommt mir das wie eine Tabuisierung der Hautfarbe vor.

Zitat
Die Frage war ja nicht kommt in Fantasy verwerflicher Rassismus vor, sondern kommt Rassismus vor.

Ist Rassismus nicht immer verwerflich?

Zurück zum Thema:
Also, wie kann ich gegenüber etwas rassistisch sein, was es nicht gibt? Ich versteh das noch immer nicht.
Es gibt keine Orks, aber ich kann ihnen gegenüber rassistisch sein.
Demnach wäre es also auch verwerflich aus Sicht der Tierschützer, wenn ein SC eine Vorliebe für Drachenschuppenrüstungen hat, da Drachen ja selten sind.
Ist doch so, oder?

Offline Fat Duck

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #45 am: 30.10.2004 | 14:24 »
Ein weiterer Einwurf:
Beim Menschen spricht man biologisch nicht von Rassen, da die Unterschiede in unserer DNA zugering sind (d.h. andere Hautfarbe und anders geformte Nase reichen biologisch nicht aus, um eine neue Rasse zu definieren).
Trotzdem danke Yerho. :)
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #46 am: 30.10.2004 | 14:29 »
dann ist es meiner Meinung nach Blödsinn nicht das Merkmal zu erwähnen, nach dem er am Ehesten erkannt wird.

Dann sagt du bei einer Frau also auch "Die mit den grossen Möpsen"?  >:D

Zitat
Ist Rassismus nicht immer verwerflich?

Ich finde nein - ein gewisser Rassismus kann manchmal druchaus angebracht sein. Ich gehe zB im Ausgang viel lieber an einen Ort gehe wo es vorallem Schweizer/Weisse hat als an einen Ort wo es viele Ausländer/Farbige hat. Einfach weil ich damit schlechte Erfahrungen gemacht habe und daher unter meinesgleichen wohler bin.

Zitat
Also, wie kann ich gegenüber etwas rassistisch sein, was es nicht gibt?

Darauf bin ich schon eingegangen, Metaphern können ein Gedankengut ebenso gut wenn nicht noch besser transportieren als die Realität. Ein gutes Beispiel dafür sind Fabeln, wo die Tiere für bestimmte Archetypen der Menschen stehen.

« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 14:34 von Gelasma »

Offline Andreas

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #47 am: 30.10.2004 | 14:30 »
Meist hat so eine Person, selbst wenn sie der einzige Schwarze ist, einen Namen und einen Funktion und ihre Büro hat eine Nummer etc... Und wenn du einem Betriebsfremden den Weg erklärst, würde ich zumindest zB sagen "Herr soundso in Büro soundsoviel" und nicht "der schwarze in Büro soundsoviel". Bei allen anderen käme man ja auch nicht auf die Idee einfach ihren Namen zu unterschlagen.

Wenn man mich fragt, wo die Person sitzt und in einem Büro nun mal die wenigsten Leute mit Namensschildern rumlaufen, dann ist es meiner Meinung nach Blödsinn nicht das Merkmal zu erwähnen, nach dem er am Ehesten erkannt wird. Okay, man könnte natürlich auch sagen: "Ja, sie erkennen Herr Schneider daran, daß er der einzige Extrempigmentierte im Haus ist." (aber irgendwie klingt das albern).
Das klingt für mich irgendwie nach: "Er ist schwarz. Aber das darf man nicht sagen. Am Besten nicht mal hinschauen."
Irgendwie kommt mir das wie eine Tabuisierung der Hautfarbe vor.

Zitat
Die Frage war ja nicht kommt in Fantasy verwerflicher Rassismus vor, sondern kommt Rassismus vor.

Ist Rassismus nicht immer verwerflich?

Zurück zum Thema:
Also, wie kann ich gegenüber etwas rassistisch sein, was es nicht gibt? Ich versteh das noch immer nicht.
Es gibt keine Orks, aber ich kann ihnen gegenüber rassistisch sein.
Demnach wäre es also auch verwerflich aus Sicht der Tierschützer, wenn ein SC eine Vorliebe für Drachenschuppenrüstungen hat, da Drachen ja selten sind.
Ist doch so, oder?

Dazu möchte ich Eddie Murphy aus seine Zeit als Stand up Comedian zitieren (Sinngemäss, versteht sich):

Zitat
Warum nennt ihr uns immer "Farbige"? Wir sind schwarz, einfach nur schwarz.
Wenn ihr friert, werdet ihr Blau, wenn ihr neidisch seid, werdet ihr grün, wenn ihr auch aufregt werdet ihr rot und wenn ihr Angst habt weiss.
Wir sind immer schwarz.
Stellt sich die Frage: wer ist eigentlich farbig?

Was ich damit sagen will: die meisten schwarzen die ich kenne, empfinden es nicht als Beschimpfung, wenn man sie schwarz nennt.
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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #48 am: 30.10.2004 | 14:34 »
Zitat
Auch sollte man bei den "Rassen" in den RPGs bedenken das es sich um Archetypen handelt, im Fall von ODD direkt aus dem Herrn der Ringe geklaut. Die Thorwaler / Zwerge / Novadis / Waldmenschen / Elfen sind also nicht rassistisch, sonder sie sind Archetypen.

Rassimus ist ja genau eine Sichtweise welche mit Archetypen arbeitet: der faule Jude, der gewalttägtig Jugo, die diebischen Zigeneuer, etc...
Jepp, Märchen und Fantasy arbeiten auch damit.
Sind übrigens Archetypen wie: die/der böse(r) Hexe(r) / Stiefmutter(Vater) / Zauber(In), das tapfere Schneiderlein, der starke Held, der wilde Barbar, der weise Priester, der flinke Dieb, der stolze Wüstennomade, der edle Wilde, der böse Kapitalist, der unterdrückte Arbeiter, der ausgebeutete dritte Welt Ausländer auch rassistisch ?

Zitat
Zitat
Was das auf einen Blick böse erkennen angeht: Wenn es morgen an deiner Tür klinget und ein SA Sturmtrupp steht in voller Uniform davor, und du hast dann Angst, ist das rassistisch ?
Schließlich bewertest du diese Leute nach ihrem Aussehen...

Ich sprach von Beurteilung nach der Rasse, als nach angeborenen Kriterien wie Hautfarbe. Dass eine Uniform dieses Kriterium nicht erfüllt ist dir hoffentlich auch bewusst!
Zitat
Nein, ist es nicht.
Gerade im Rassistische Systemen ist die Hautfarbe egal.
Wer in Südafrika eine schwarze Mutter oder Schwarzen Vater hatte war Nigger und mußte im Twonship leben- egal wie weiß seine Hautfarbe war.
Und um Himmler zu zitieren: "Wer Jude ist, bestimme ich !"
Das Kriterium ist nicht angeboren, sondern wird wilkürlich von denjenigen gesetzt der diskriminiert. Er folgt dabei zwar gewissen regeln, aber diese sind rein subjektiv.
Deswegen gibt es auch Rassismus in gegenden wo die gehasste Gruppe gar nicht existiert oder kaum präsent ist. Z.B: in der ExDDR

Ein Typ in Bomberjacke mit Doc Martens und Bomberjacke ist ja für viele auch erst mal ein NaziSkin, auch wenn er nur Haarausfall hat und praktische Kleidung mag.

Das ist nicht ganz korrekt - Fantasy gehört zu Bewegung der Anti-Moderne, basiert also erste Linie in der Ablenung der Werte der Moderne. Man pickt sich verschiedene Details aus der Vergangenheit heraus, mit vorliebe solche welche einer Verklärung der "guten alten Zeit" (siehe Auenland als Idealsierung der vorindustriellen Zeit) und verbindet sie mit Werten welche denen der Moderne entgegengesetzt sind. Dies hat nur äusserst entfernt etwas gemeinsam mit den Werten und Gesellschaften der irdischen Vergangenheit. Ein Fantasysetting ist kein historisches Setting.
Fantasy und SciFi sind schon längst Postmodern. die Helden sind gebrochen, der idyllische Hintergrund durch einen ersetzt der sich an historischen Vorbildern orientiert.

Herr der Ringe und Conan sind näher am Märchen, Kane, Elric und Druss näher am jetzt.
« Letzte Änderung: 30.10.2004 | 14:39 von Alrik aus Beilunk »
Quote: Ambrose Bierce  
Cynic, n: a blackguard whose faulty vision sees things as they are, not as they ought to be.

Ludovico

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Re: Fantasy-Faschismus?
« Antwort #49 am: 30.10.2004 | 14:36 »
Dann sagt du bei einer Frau also auch "Die mit den grossen Möpsen"?  >:D

Kein Witz: Ich sag eher "die mit dem dicken Hintern" oder "die Mollige" (wenn ich gut drauf bin).

Zitat
Darauf bin ich schon eingegangen, Metaphern können ein Gedankengut ebenso gut wenn nicht noch besser transportieren als die Realität. Ein gutes Beispiel dafür sind Fabeln, wo die Tiere für bestimmte Archetypen der Menschen stehen.

Ich hab das Fabeln noch nie so gesehen, daß die Tiere für bestimmte Archetypen der Menschen stehen.
Und wofür sollen die Orks herhalten?
Für Schwarze? Die sind nicht grün.