Neuer ZauberkramAh ja, Kapitel dreizehn. Hierzu habe ich viel zu schreiben, denn es geht um Magie. Neben einigen
neuen Zaubern für alle Bereiche und Stufen kommen auch endlich Fehlschlagstabellen für alle
elementaren Magieschulen. Also kein Wasser mehr in der Lunge bei einem missglückten
Feuerzauber oder Erdgeruch nach einem verpatzten Luftdruckstrahl! Die neuen Tabellen sind dabei
sehr ausführlich ausgefallen und bieten einigen sehr kreativen Kram für alle vier
Elementaristenschulen.
Dann kommen wir mal zu den neuen Regeln zur Modifikation von Zaubersprüchen bzw. sogar der
Schaffung selbiger. Das bekannte Schema der Machtpunkte liegt auch hier wieder vor und ich
nehme mir Blatt sowie Papier und beginne einmal einen Zauber zu modifizieren. Da mir aus einer
Runde vor allem der Luftdruckstrahl eines Luftelementaristen in Erinnerung geblieben war,
entschied ich mich für ihn. Ich änderte die KP-Kosten von zwei auf eins, die Reichweite wurde von
zehn auf 25 Meter erhöht und betraf nun fünf statt einer Person. Mächtige Änderungen dachte ich
mir und zählte die Machtkosten zusammen und staunte erstmal. Aus dem Grad zwei Zauber war
nach meiner straken Verbesserung ein Grad vier Spruch geworden. Hatte ich irgendwas vergessen?
Ahja, den Effekt! Schauen wir doch mal bei den „Nicht-Schadenseffekten“ in der Tabelle nach,
wieviel Machtpunkte das Wegschleudern um 1W10 Meter wert ist. Kein Eintrag. Die Kosten von
Nichtschadenseffekten sollen vom SL festgelegt werden, zur Orientierung sind zehn Beispiele
angegeben. In einem der nächsten Kapitel kommt eine dreiseitige Tabelle, mit welcher ich die
Vorzüge und Nachteile eines Tieres auswürfeln kann. Und für die Nichtschadenseffekte bekomme
ich zehn Beispiele? Das ist gelinde gesagt... eine Frechheit. Die Machtkosten des Luftdruckstrahls
müssen somit von Hand errechnet werden. Ich nehme die Machtkosten des alten Zaubers und
subtrahiere den Grad des Zaubers mal sechs und voila, das Wegschleudern müsste Kosten von 10
haben. Das noch zu meiner Modifikation hinzuaddiert, ist mein neuer Zauber Grad fünf. Aber ich
habe nun Blut geleckt. Wie sehen denn die anderen Zauber aus, wenn ich sie mit dem System
einmal nachrechne? Mein nächstes Opfer war wieder ein Zauber der Luftmagie, nämlich die
Blitzpeitsche, ein Grad fünf Zauber. Etwas Mathematik später komme ich auf Grad drei, armer
Luftmagier. Aber genug der lauen Lüftchen, wie sieht es beim Feuerschwert des
Feuerelementaristen aus? Laut Buch Grad drei, laut Adam Riese Grad sechs. Jackpot! Okay,
verlassen wir mal die Elementaristen und gehen zu den Nekromanten. Das Knochengeschoss,
eigentlich Grad sieben ist... Grad sechs. Das geht ja noch. Ab da habe ich dann aber weitere
Versuche aufgegeben. Leute, ein System zur Erschaffung von Zaubern ist ja gut und schön, aber
wenn die Macher sich selbst nicht daran gehalten haben, ist es müssig es zu benutzen!
Die Regeln für das spontane Modifizieren eines Zauber sind allerdings sehr gut geworden. Wenn
der Zauberer nun Erfolge ansagt, kann er diese benutzen um die KP-Kosten zu senken, die
Reichweite zu erhöhen, etc. Eine sinnvolle Erweiterung, welche die Zaubersprüche sehr viel
flexibler macht als in den meisten anderen Systemen.
Dieses Kapitel hinterlässt damit höchst gespaltene Gefühle bei mir.
KreaturenNeues Viechzeug gibt es dann im Kapitel 14, „Die Kreaturen“. Hier schlägt wieder das Entfernen
der Seekampfregeln zu Buche. Wozu brauche ich die Werte für eine Blitzmuräne, einen Hammerhai
oder eine Riesenkrake? Ansonsten finden sich hier vor allem die Tiere der neuen Druidenzirkel, wie
Ratten, Waschbären und Igel. Einige neue Untote und Dämonen sind auch drin, sowie die riesigen
Elementargiganten und ein Mech der Technikgilde. Damit stellt auch dieses Kapitel eine sinnvolle
Erweiterung des entsprechenden Kapitels des GRWs dar.
So und nun kommen die beiden nutzlosesten Kapitel des Buches. V&S für Tiere sind, naja, speziell.
Ich sehe ja ein, das auch Tiermeister und Druiden ihre Vertrauten individueller gestalten wollen,
aber... zwanzig Seiten dafür? Die Regeln für das antrainieren von besonderen Tricks ist sinnvoll,
das gebe ich ohne weiteres zu. Die dreiseitige Tabelle zum zufälligen Auswürfeln von V&S für
Tiere, modifiziert durch deren Qualität? Also nein Leute, nicht nach nur zehn Beispielen für
Nichtschadenseffekte bei Zaubern.
Kapitel 16 setzt leider da an, wo 15 aufgehört hat. Die Erschaffung eigener Kreaturen funktioniert
im Prinzip auch einfach und wird wieder über Machtpunkte geregelt. Hier vergeht man sich aber in
einer Weise in Details, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Braucht man tatsächlich eine
Tabelle, welche den Schaden bei einem Stärkebonus von +129 aufzeigt? Wir reden hier von einem
Bereich der Treffer ebenso sicher macht wie den Tod des Getroffenen. Wozu solche Kreaturen? In
der gleichen Tabelle hat man auch sehr viel Platz vergeben, indem man nicht nur den Stärkebonus,
sondern auch die Stufe des Schadens in einer eigenen Spalte untergebracht hat. Danke, ich kann auf
einen Wert fünf addieren. Apropos Platzverschwendung durch Tabellen: Wenn jede mindere
Dämonenkraft Machtkosten von zehn hat, so reicht doch einmal der Hinweis und eine komplette
Auflistung ist doch nicht nötig, oder? Ebenso wie die zwanzig Punkte für Fähigkeiten von
Vampiren. Der größte Witz sind für mich aber die „besonderen Fähigkeiten der Kreaturen“. Kann
jemand ein solches Kapitel ernst nehmen, das mit „Auf dem Waffer treibend schlafen“ beginnt? Ich
hatte gedacht das sei ein lustiger Ausrutscher, aber als ich beim „Staudamm bauen“ ankam und den
tödlichen Hinweis „Die Fähigkeit Staudamm bauen besitzt Machtkosten von drei und beinhaltet die
Wartung von Staudämmen.“ war es vorbei für mich. So etwas braucht man schlicht nicht. Wenn ich
ein Rollenspiel über Biber spielen will ja, aber hier hat so etwas nichts zu suchen! Der größte Witz
ist aber dann, wenn man die Machtkosten zusammenrechnet. Denn dieser Wert steht für die
Gefährlichkeit einer Kreatur. Der spielerische Wert beläuft sich dabei für mich gegen null. Arcane
Codex vergibt keine Erfahrung für das Erschlagen von Monstern, so wie bei Dungeons & Dragons,
also wozu das ganze Rechnen? Wird eine Kreatur gefährlicher wenn ich ihr die spezielle Fähigkeit
Staudämme bauen verpasse? Hier gilt für mich wieder klar der Faktor „Regeln über
Menschenverstand“, den ich vorher in dem Buch schon einmal kritisierte. Und diesmal waren es
knapp 50 Seiten die eigentlich nur eines tun: Einen Wert auszurechnen den man nicht benötigt.
Epische(s) SchlachtenUnd wir kommen so langsam zum Ende des Buchs. Kapitel 17 gibt einen Überblick über die
Armeen Kreijors, deren Truppenstärke sowie den bekanntesten und größten Söldnereinheiten. Hah,
doch noch etwas gefunden das nichts mit Regeln zu tun hat
. Mit den Regeln für Kriegsfürsten ist
es dann auch möglich Gefechte mit großen Truppenverbänden zu spielen. Damit das ganze nicht nur
zu einer tumben Würfelei ausarten, haben die SCs die Gelegenheit Heldentaten zu vollbringen.
Diese werden entweder ausgewürfelt oder vom SL bestimmt und reichen von der Eroberung der
feindlichen Standarte bis zur Eskorte des Anführers. Dazu gibt es dann noch Regeln für bestimmte
Formationen die jeweils nur Eliteeinheiten eines Landes ausführen können, so etwa die Verunische
Schildkröte.
Mit den gegebenen Regeln kann man nun das Szenario der Schlacht im Rabental nachspielen,
worauf die ganzen Kurzgeschichten des Buches hingearbeitet haben. Tja... was soll ich sagen? Der
Ausgang einer Schlacht liegt weitestgehend im Wohlwollen des Spielleiters. Da man Boni auf sein
Schlachtenglück-Würfe erhält wenn man die mächtigeren Helden hat, die höhere Moral oder
Ausbildung der Truppen, diese Dinge aber rein vom SL entschieden werden, kann der SL beinahe
schon die Schlacht selber schildern statt würfeln zu lassen.
Alles was übrig istUnd nun zum letzten Kapitel des Mammutwerkes. Es nennt sich Anhang und hier hat eigentlich
alles seinen Platz gefunden, was irgendwo anders nicht gepasst hat. Zwei Seiten Tabellen zur
Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Beispiel... Egal, hier gibt es Regeln für Erfrieren, Verdursten und
Hitzschlag. Brauchen tue ich sie nicht, ganz ehrlich. Wenn ich auswürfeln möchte ob ein Charakter
einen Hitzschlag in der Wüste erleidet, dann spiele ich DSA4. AC ist ein episches Rollenspiel und
wie viele epische Helden sind schon in der Wüste verdurstet oder im Schnee erfroren? Wenn ich als
SL der Meinung bin das einer der SCs einen Hitzeschlag erleidet, dann, weil es das Abenteuer
interessanter macht oder zum Plot gehört. Aber wer detailierte Regeln braucht, hier sind sie.
Endlich findet man auch Regeln zu der Herstellung und Qualität von Gegenständen. Ausserdem
werden neue Qualitätsstufen eingeführt um Gegenstände nun noch schlechter oder besser zu
machen als im GRW. Okay, ich weiss nun, das ich einen MW von 20 habe um eine Ritterrüstung
herzustellen und für jede fünf angesagten Erfolge einen Gegenstand erschaffe, dessen Qualität um
eine Stufe besser als „normal“ ist. Soweit so gut. Aber... wie lange brauche ich um diese Rüstung zu
erschaffen? Muss ich nur eine Probe ablegen oder mehrere? Vielleicht an jedem Abend eine, oder
jede Woche? Das ist etwas, was mir unbedingt bei diesen Regeln noch fehlt und sie sind deswegen
schlicht nicht komplett.
Es folgen noch 17 sehr gut gezeichnete Archetypen, basierend auf den neuen Techniken im
Kompendium. Diese sind sehr gelungen und ich habe beim lesen so richtig Lust bekommen z.B. den
Halbling-Feldarzt zu spielen. Hey, was gibt es besseres als einen Feldarzt mit dem Nachteil
„Schwarzer Humor“?
Auf 19 Seiten wird dann die gesamte Charaktererschaffung zusammengefasst. Sicherlich eine gute
Sache, denn wer des öfteren Charaktere erstellt, wird merken wie viel man im GRW dafür blättern
muss. Bei der Zusammenfassung fiel mir dann aber auf, das Feen plötzlich zwei Punkte weniger auf
Attribute verteilen dürfen als andere Rassen. Das ist effektiv schon seit dem GRW so, da Feen mehr
Attributsmali als -boni haben um ihre speziellen Fähigkeiten auszugleichen. Wir blättern weiter und
sehen die Auflistung der Fertigkeiten, V&S, Kampfschulen, göttlicher und arkaner Magieschulen
und der neuen Lektionen. Hier wurde leider wieder Potenzial verschwendet. Zwar stehen bei den
V&S ob sie im GRW oder Kompendium zu finden sind, nicht aber auf welcher Seite. Die restlichen
Angaben kommen sogar ganz ohne Hilfe aus. Hier hätte man auf einen Blick sehr viel mehr
Ordnung schaffen können. Gerade bei den nicht alphabetisch sortierten Kampfschulen im GRW
sucht man sich so immer noch einen Wolf.
Und, um das Buch nun wirklich abzuschließen, kommt der Luxus-Charakterbogen auf sechs Seiten.
Der sieht zwar nicht mehr so luxuriös aus, weil für den Druck die druckerfreundliche Variante
genommen wurde, aber dafür ist immerhin der Kreaturenbogen am Ende im augengefälligen Layout
verblieben. Oder wurde so einfach übersehen, was ich eher annehme. Auf den letzten paar Seiten
geleitet uns dann noch ein Index-Kombo für das GRW und das Kompendium zusammen.
FazitPuh... so klappe ich 600 Seiten Rollenspielregelwerk für Arcane Codex zusammen. Und jetzt
kommt der schwierigste Teil, das Fazit. Ich habe wirklich mehr als eine Nacht wach gelegen um zu
einem Fazit zu gelangen. Das hier ist nicht nur die längste und ausführlichste Rezi die ich je
geschrieben habe, sondern auch eine der schwierigsten. Allgemein kann man sagen das mich das
Kompendium inhaltlich etwas enttäuscht hat. Die fehlenden Seekampfregeln kann ich
verschmerzen, die hätte ich wahrscheinlich eh niemals angewendet. Lesebändchen wären auch nicht
schlecht gewesen. Aber etwa die Hälfte des Buches hat Kram, dessen Nutzen sich mir nicht wirklich
erschließt. Ja, ich kann wirklich nur knapp mit 300 Seiten etwas anfangen. Moment mal, 300 Seiten
sind dann also brauchbar. Und es sind dann immer noch 300 Seiten im Hardcover mit einem SLSchirm
für 35 Euro. Und genau das ist mein Dilemma. Das Buch bietet, selbst wenn ich all das
hinauskürze, was mir nicht gefällt ein gutes Preis/Leistungsverhältnis. Eine feste Note vermag ich
deshalb nicht wirklich zu geben. In Schulnoten wäre das Kompendium für mich bei einem
„befriedigend +“, aber Leute die gerne für alles eine Regel haben, ziehen sicher mehr Nutzen aus
dem Buch. Ich würde sogar fast ein „gut“ vergeben, aber dafür fehlen mir einfach einige Regeln,
wie die Erschaffung von magischen Gegenständen.
Das AC-Kompendium ist kein schlechtes Buch. Nur leider hätte es noch viel besser werden können.