Autor Thema: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story  (Gelesen 15296 mal)

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #25 am: 2.02.2005 | 11:26 »
Meine Güte, etwas Humor hätte ich dir (und auch haukrinn) schon zugetraut... ::) Es war ein SCHERZ! Hallo? Scherz. Lustig, lustig. Haha. Verstanden? Ich bin mir (beyond reasonable doubt) sicher, dass wir Nar gespielt haben. Mann, ich kann einfach keine Witze erzählen...
Oki. :)
Weiss das Vermi auch? ;)
Zitat
Und jetzt zu dem interessanten Punkt: kann evtl. ein Spieler Sim und der andere Nar spielen? Also gleichzeitg? Tja, genau das wird im Moment heiß diskutiert (zwar mit SL vs. Spieler aber auch gut). Und wie ich immer betont habe, entwickelt sich die Theorie ständig (was ja bei einer guten, lebendigen Theorie auch so sein sollte). Mal schauen, was dabei raus kommt. :)
Genau darum geht es mir. Wenn diese Diskussion als Ergebnis hat: "Ja, es geht." dann hat die Theorie plötzlich ihre Berechtigung in Bezug auf die Erklärung Dysfunktionale Gruppen verloren.
btw. ich behaupte immer noch, dass Nar und Sim gleichzeitig auch Spieler "vs." Spieler funktioniert.
Zitat
Und ich weiß, was für ein Argument jetzt wieder kommt. "Die wissen ja selber nicht mal wovon sie reden".
Nur als Klarstellung: Dieses Argument habe ich Dir nicht an den Kopf geworfen.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #26 am: 2.02.2005 | 11:39 »
Weiss das Vermi auch? ;)
Muss er nicht. Sich selbst falsch in eine GNS-Klasse einzuordnen ist häufig. Und man muss nicht wissen, dass man Nar spielt um es doch zu tun.

Zitat
Zitat
Und jetzt zu dem interessanten Punkt: kann evtl. ein Spieler Sim und der andere Nar spielen? Also gleichzeitg?
Genau darum geht es mir. Wenn diese Diskussion als Ergebnis hat: "Ja, es geht." dann hat die Theorie plötzlich ihre Berechtigung in Bezug auf die Erklärung Dysfunktionale Gruppen verloren.
Hat sie nicht. Nur weil es ein paar Ausnahmen gibt, bei denen das klappt (und es geht hier nicht um die Regel sondern um Ausnahmen!), kann die Theorie doch trotzdem stimmen. Sie besagt ja nur, dass wenn ein Sim- und ein Nar-Spieler zusammen spielen, es dann wahrscheinlich zu Problemen kommt (oder einer nachgibt). Demnächst erzählst du mir wohl auch noch, Quantenmechanik hätte keine Berechtigung, nur weil nicht jedes Teilchen sich gleich verhält oder sein genauer Weg vorhersehbar ist... Goodness, Wahrscheinlichkeitsaussagen sind durchaus ein Mittel der modernen Wissenschaft. Und eine Theorie, die besagt, dass Spieler zweier Klassen sich zu 80% nicht vertragen ist doch auch was, oder? :)

Zitat
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... Den Satz habe ich nicht verstanden...
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Offline Haukrinn

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #27 am: 2.02.2005 | 11:57 »
Hat sie nicht. Nur weil es ein paar Ausnahmen gibt, bei denen das klappt (und es geht hier nicht um die Regel sondern um Ausnahmen!), kann die Theorie doch trotzdem stimmen. Sie besagt ja nur, dass wenn ein Sim- und ein Nar-Spieler zusammen spielen, es dann wahrscheinlich zu Problemen kommt (oder einer nachgibt). Demnächst erzählst du mir wohl auch noch, Quantenmechanik hätte keine Berechtigung, nur weil nicht jedes Teilchen sich gleich verhält oder sein genauer Weg vorhersehbar ist... Goodness, Wahrscheinlichkeitsaussagen sind durchaus ein Mittel der modernen Wissenschaft. Und eine Theorie, die besagt, dass Spieler zweier Klassen sich zu 80% nicht vertragen ist doch auch was, oder? :)

Was hier aber ganz klar fehlt, ist eine gute Argumentation (fälschlicherweise auch manchmal Beweis genannt  ;)), daß die Regelfälle, die das Modell beschreibt, tatsächlich wesentlich häufiger auftreten als die Ausnahmen. Wenn die Theorie einfach nur sagt, daß sich Spieler zweier Klassen sich zu 80% nicht vertragen, stellt sich mir die Frage: Wie groß war die Grundgesamtheit? Wie hoch ist die Varianz? Was waren die Rahmenbedingungen der Studie? Kamen andere Studien zu gegenteiligen Ergebnissen? etc., etc., etc.
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Offline Fredi der Elch

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #28 am: 2.02.2005 | 12:03 »
Was hier aber ganz klar fehlt, ist eine gute Argumentation
Eine empirische prüfung der Theorie steht tatsächlich leider noch aus. Und bis die DFG mir für 5 Jahre ein Projekt bezahlt, damit ich mit mindestens 3 Mitarbeitern und 10 Hiwis die ganze Zeit selber Rollenspielen und anderen beim Rollenspielen zusehen kann... Naja, solange wird es wohl auch so bleiben. ;) Hey, vielleicht sollten wir das mal beantragen... ;D
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Offline Thalamus Grondak

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #29 am: 2.02.2005 | 12:06 »
Eine empirische prüfung der Theorie steht tatsächlich leider noch aus. Und bis die DFG mir für 5 Jahre ein Projekt bezahlt, damit ich mit mindestens 3 Mitarbeitern und 10 Hiwis die ganze Zeit selber Rollenspielen und anderen beim Rollenspielen zusehen kann... Naja, solange wird es wohl auch so bleiben. ;) Hey, vielleicht sollten wir das mal beantragen... ;D

Ok, DAS wäre ein definitives Pro für das basteln solcher Theorien  :)
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #30 am: 2.02.2005 | 12:07 »
Zitat
Genau darum geht es mir. Wenn diese Diskussion als Ergebnis hat: "Ja, es geht." dann hat die Theorie plötzlich ihre Berechtigung in Bezug auf die Erklärung Dysfunktionale Gruppen verloren.
Hat sie nicht. Nur weil es ein paar Ausnahmen gibt, bei denen das klappt (und es geht hier nicht um die Regel sondern um Ausnahmen!), kann die Theorie doch trotzdem stimmen. Sie besagt ja nur, dass wenn ein Sim- und ein Nar-Spieler zusammen spielen, es dann wahrscheinlich zu Problemen kommt (oder einer nachgibt).
Dazu ne kleine Zwischenfrage: Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann sind die Spieler, die narrativistisch spielen, doch eine verschwindende Anzahl an Spielern innerhalb der relativ geringen Anzahl an Spielern. D.h. es gibt da nur recht wenige Ausgangsdaten über das Zusammenspiel zwischen Nars und Sims.
Wie kannst Du da von Ausnahme der Regel reden?
Ich hatte aus meiner Erfahrung wesentlich größere Probleme mit Spielern, die keine Kompromisse  während des Spieles duldeten, ganz egal ob die Zusammensetzung aus komplett Simulationisten oder Gamisten bestanden, oder ob es ein Mix daraus bestand.
Kompromisse musste ich aber bisher bei jeder Runde machen, egal welche Zusammensetzung diese hatte.
Zitat
Demnächst erzählst du mir wohl auch noch, Quantenmechanik hätte keine Berechtigung, nur weil nicht jedes Teilchen sich gleich verhält oder sein genauer Weg vorhersehbar ist... Goodness, Wahrscheinlichkeitsaussagen sind durchaus ein Mittel der modernen Wissenschaft. Und eine Theorie, die besagt, dass Spieler zweier Klassen sich zu 80% nicht vertragen ist doch auch was, oder? :)
Da haben wir wohl aneinander vorbeigeredet. Ich spreche der GNS-Theorie auf Systementwicklungsebene ihre Existenz nicht ab. D.h. sie hat neue Optionen in neue Rollenspielsysteme gebracht (siehe z.B. The Pool oder Universalis).

In Bezug auf Probleme innerhalb einer Gruppe sehe ich aber keinen neuen Vorteil, weil die Theorie davon redet, dass diese Probleme nur durch Vereinheitlichung des Spielstils innerhalb der Runde gelöst werden könnten.

Im Prinzip wenden wir hier die Quantenmechanik auf die Verhaltensweisen psychisch gestörter Menschen an (um mal in Deiner Analogie zu bleiben)
Zitat
Zitat
ich behaupte immer noch, dass Nar und Sim gleichzeitig auch Spieler "vs." Spieler funktioniert.
... Den Satz habe ich nicht verstanden...
Ich glaube, dass in einer Runde gleichzeitig ein Spieler narrativistisch spielen kann und ein Spieler simulationistisch (Z.B: Der eine Spieler hat eine Prämisse vor Augen an der er sich orientiert und der andere Spieler fühlt sich vollkommen in der Rolle seines Charakters) spielen können, und beide sich damit gegenseitig sogar positiv im Spiel beinflussen. Und das sehe ich nicht als Ausnahme, sondern als Regel, wenn beide Spieler Kompromisse zulassen. Aber Kompromisse muss man ja nach meiner Meinung bei jeder Gruppe bei der Spielweise walten lassen, egal wie deren Zusammensetzung ist.

EDIT: Zu schnell auf "Eintrag" geklickt ::)
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #31 am: 2.02.2005 | 12:25 »
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann sind die Spieler, die narrativistisch spielen, doch eine verschwindende Anzahl an Spielern innerhalb der relativ geringen Anzahl an Spielern.
Nö. Es ist wahrscheinlich die kleinste Gruppe, aber sicher nicht "verschwindend".

Zitat
In Bezug auf Probleme innerhalb einer Gruppe sehe ich aber keinen neuen Vorteil, weil die Theorie davon redet, dass diese Probleme nur durch Vereinheitlichung des Spielstils innerhalb der Runde gelöst werden könnten.
Nun, Vereinheitlichung halte ich für übertrieben. Ich gebe zu, dass das manchmal so hart formuliert wird (was ich für einen Fehler halte), aber ich würde es nicht so hart sehen. Ich sehe es da eher so wie du (jaha!):
Zitat
Aber Kompromisse muss man ja nach meiner Meinung bei jeder Gruppe bei der Spielweise walten lassen, egal wie deren Zusammensetzung ist.
Man muss bei einem Sim- und einem Narr-Spieler in einer Gruppe Kompromisse machen. Aber ich würde eben behaupten, dass man in einer homogenen Gruppe wahrscheinlich weniger Kompromisse machen muss als in einer heterogenen Gruppe. Und dass es einen Punkt gibt, in dem (bei einer stärker heterogenen Gruppe), bei dem ein Kompromiss den Spielspaß aller Beteiligten so stark beeinträchtigen würde, dass es sich nicht lohnt, zusammen zu spielen.

Will sagen: Eine reine Nar-Gruppe wird (wahrscheinlich) weniger Kompromisse machen müssen als eine halb Sim-, halb Nar-Gruppe. Und eine Halb-Halb Gruppe wird eine Größere Gefahr haben, keine gemeinsame Basis zum Spielen (also keinen sinnvollen Kompromiss) zu finden.

Und gleich dazu: das gilt nur, wenn alle anderen Parameter gleich sind. Eine Gruppe egozentrischer Nar-Spieler wird sicher mehr Probleme haben als eine gemischte Gruppe sehr verträglicher Spieler. Aber eine sehr verträgliche Gruppe Nar-Spieler wird eben noch weniger Probleme haben als die gemischte.
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Offline Monkey McPants

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #32 am: 2.02.2005 | 12:35 »
Würde ich gerne mal lesen... Aber wenn mir der Kopf explodiert bist du Schuld! ;)

Hätte ich auch gerne. Vielleicht kann ich dann genug "Rollentheorisch", um Fredi zumindest nach dem Weg zum Bahnhof fragen zu können...

Naja, muß ich halt noch zusammentipseln, aber sobald es fertig ist kriegt ihrs. Wird halt nur ein grober Überbrlick über die Grundprinzipien und die verschiedenen Einteilungen den "Big Modells". (Von dem GNS streng genommen nur ein Teil ist.)

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Offline Thalamus Grondak

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #33 am: 2.02.2005 | 12:40 »
@Monkey

Ich will dann auch ´ne Copy
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Offline Fredi der Elch

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #34 am: 2.02.2005 | 12:48 »
Hey, ich würd das auch gerne lesen! Vielleicht kannst du es ja extra posten oder sowas. (btw, ich hatte auch mal Ansätze gepostet... hat wohl keiner verstanden. Ich Laberbacke, ich. ;) )
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #35 am: 2.02.2005 | 12:49 »
Ich fände es auch praktisch, wenn es gepostet wäre ... eine duetsche - wenn auch knappe - Postulierung des "Big Modell" könnte doch einiges...

Offline Monkey McPants

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #36 am: 2.02.2005 | 12:55 »
Jajaja, ich werd es posten. Aber zuerst muß ich es einmal schreiben. :P ::)

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Offline Lord Verminaard

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #37 am: 2.02.2005 | 13:29 »
@ Fredi:

Zitat
Aber wenn du es schaffen solltest, Story irgendwie so zu definieren, dass die meisten Leute zustimmen können und dann auch noch nicht 90% allen Rollenspiels in die Kategorie fällt... Good Luck!

Nun, ich versuche es mit Vergleichen zu anderen Medien, die ich immer noch recht naheliegend finde. Ich meine, klar ist es ein Unterschied, ob ich eine Geschichte lese/schreibe, oder sie durch das Medium Rollenspiel erzähle. Der Unterschied liegt aber darin, wie sie zustande kommt, und nicht darin, was sie ist.

Ich würde annehmen, dass das auch Rons Ausgangspunkt war, als er die Worte "Story Now" auf ein Blatt Papier schrieb und in Egris "The Art of Dramatic Writing" (!) zu lesen begann. Egri definiert eine dramatische Geschichte (nicht irgendeine Geschichte, sondern eine dramatische) über die Prämisse. Ron wollte das übernehmen. Nur leider hat die Prämisse (Forge) mit der Prämisse (Egri) nichts zu tun. Weil die Prämisse (Egri) kein Statement zu einem "Human Issue" ist, sondern bloß die Zusammenfassung einer Kausalkette.

Genau das ist eine dramatische Geschichte: Eine kausale Verkettung von Ereignissen, die sich um einen zentralen Konflikt drehen und einen Spannungsbogen beschreiben. Bei einer Nar-Geschichte ist der zentrale Konflikt das "Human Issue". Bei einer Nicht-Nar-Geschichte ist der zentrale Konflikt etwas anderes, z.B. "der Detektiv will den Mörder finden".

Zitat
Jetzt hätte ich aber gerne mal ein Beispiel für einen Spieler, der eine Geschichte ohne Prämisse will. Wie sähe sowas im Rollenspiel aus? Welche Art von Geschichte würde der wollen? Wie würde die Sitzung aussehen?

Nun, nehmen wir z.B. ein klassisches Wildnis-Abenteuer. Die Charaktere landen irgendwo in der unwegsamsten Wildnis und müssen sich da raus hauen. Wie spielt man das? Man kann es minutiös ausspielen, die Spieler probieren die verschiedensten Sachen aus, suchen ihren Weg usw., versuchen, "die Aufgabe zu lösen". Jetzt haben wir eine Abgrenzung zwischen Sim und Gam. Damit will ich mich nicht weiter beschäftigen, weil das hier nicht das Thema ist.

Oder die Spieler gehen dramaturgisch ran. Sie machen sich keine großen Gedanken über Realismus und Trial and Error, sondern sehen zu, dass langsam Spannung aufgebaut wird, dass die Charaktere in immer größere Probleme geraten, dass es zu einem Klimax kommt, in welchem die Charaktere glanzvoll über die Naturgewalten (oder ihren inneren Schweinehund) triumphieren können, ehe sie schließlich in die sichere Zivilisation zurückkehren.

Jetzt grenzen wir Sim und Nar nach Prämisse ab. Warum? Letzteres Beispiel ist Story. Egal ob es eine Prämisse gab. Jetzt kommst du natürlich und sagst: "Da gibt es doch eine Prämisse, nämlich ..." (ich überlasse es mal deiner Fantasie). Allerdings müsste diese Prämisse es auch leisten, Beispiel 1 von Beispiel 2 abzugrenzen. Und da wird es knifflig, weil die Prämisse dazu m.E. überhaupt nicht geeignet ist. Der Spannungsbogen schon. Deswegen hieß der Narrativist im Threefold ja auch Dramaturg.

@ haukrinn:

Zitat
Was hier aber ganz klar fehlt, ist eine gute Argumentation (fälschlicherweise auch manchmal Beweis genannt ;)), daß die Regelfälle, die das Modell beschreibt, tatsächlich wesentlich häufiger auftreten als die Ausnahmen.

Genau, deshalb wird es zur Glaubensfrage. Das ist das Hauptproblem. Klar kann ich nicht mit Sicherheit ausschließen, dass das, was Ron Edwards als "Prämisse" definiert, für eine große Gruppe von Rollenspielern so entscheidend für den Spielspaß ist, dass es Sinn macht, diese Gruppe von allen anderen Rollenspielern zu unterscheiden. Aber dieser Gedanke erscheint mir persönlich doch als eher abwegig. Ich kann mich dabei immerhin, neben meinem persönlichen Empfinden, noch auf den Vergleich zu anderen Medien berufen.

@ Christian:

Zitat
Ich glaube, dass in einer Runde gleichzeitig ein Spieler narrativistisch spielen kann und ein Spieler simulationistisch (Z.B: Der eine Spieler hat eine Prämisse vor Augen an der er sich orientiert und der andere Spieler fühlt sich vollkommen in der Rolle seines Charakters) spielen können, und beide sich damit gegenseitig sogar positiv im Spiel beinflussen. Und das sehe ich nicht als Ausnahme, sondern als Regel, wenn beide Spieler Kompromisse zulassen.

Das kommt hinzu. Man muss doch auch sehen, wo Konfliktpotential ist. Die Prämisse als offene Fragestellung kann man auch in übelstes Hartwurst-Method Acting-Spiel einflechten. Ob man jedoch einen dramaturgischen Spielverlauf haben will oder einen, der sich strikt an Ursache und Wirkung orientiert, dass ist ein echter Widerspruch, wo Synergie-Effekte nicht mehr möglich sind.
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #38 am: 2.02.2005 | 13:41 »
Das kommt hinzu. Man muss doch auch sehen, wo Konfliktpotential ist. Die Prämisse als offene Fragestellung kann man auch in übelstes Hartwurst-Method Acting-Spiel einflechten. Ob man jedoch einen dramaturgischen Spielverlauf haben will oder einen, der sich strikt an Ursache und Wirkung orientiert, dass ist ein echter Widerspruch, wo Synergie-Effekte nicht mehr möglich sind.
Da stimme ich Dir vollständig zu.
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #39 am: 2.02.2005 | 13:58 »
Ich glaube, es ist relativ einfach, eine Prämisse zu finden, nachdem die "Story" durchgespielt ist. In Vermis Beispiel wäre das "Der Mensch triumphiert über die Natur, wenn er sich a) ihr anpasst b) gegen sie ankämpft", zum Bleistift.

Ich denke, es ist etwas anderes, wenn sich alle von vorne herein bewußt sind, was die "Prämisse" ist. Das ist bei der Art von Rollenspiel, die ich mache (ich denke, ich bin ein Sim, und stolz drauf! :)), normalerweise nicht der Fall. Nach der Sitzung allerdings könnte ich relativ beliebig Prämissen festlegen/definieren. Das ändert aber nichts daran, daß ich ein Sim bin. Oder?
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #40 am: 2.02.2005 | 14:09 »
Prämisse (GNS) ist eine offene Frage, die ein "Problematic Human Issue" anspricht.
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #41 am: 2.02.2005 | 14:34 »
klar ist es ein Unterschied, ob ich eine Geschichte lese/schreibe, oder sie durch das Medium Rollenspiel erzähle. Der Unterschied liegt aber darin, wie sie zustande kommt, und nicht darin, was sie ist.
Der IMO mindestens genauso wichtige Unterschied ist, wann das Produkt "Geschichte" konsumiert wird. Beim Schreiben ist es getrennt vom Prozess des Schaffens. Beim Rollenspielen nicht. Auch deswegen ist der Vergleich immer nur eine Analogie. Und IMO nicht besonders günstig.

Zitat
Nur leider hat die Prämisse (Forge) mit der Prämisse (Egri) nichts zu tun. Weil die Prämisse (Egri) kein Statement zu einem "Human Issue" ist, sondern bloß die Zusammenfassung einer Kausalkette.
Ähm, hast du meine Argumente überhaupt gelesen? Hast du Egri gelesen? (ist rhetorisch, ich weiß, dass du es hast...)
Bei Egri ist die Prämisse ein Statement des Autors zu einer "Human Issue". Er schreibt (S. 35)
Zitat
Sie dagegen sollten nichts schreiben, woran sie nicht voll und ganz glauben. Die Prämisse sollte ihrer eigenen Überzeugung entspringen, so dass sie in der Lage sind, sie glaubhaft zu beweisen.
Und etwas später (S. 37)
Zitat
Eine gute Prämisse aber repräsentiert den Autor selbst.
Du kannst nicht ernsthaft behaupten, dass er damit kein Statement des Autors meint. Entweder hast du es nicht gelesen oder du verdrehst hier seine Aussagen...

Die "Human Issue" erwähnt er nie wörtlich (oder ich finde es nicht... Er schreibt etwas unübersichtlich). Aber alle seine Beispiele, die er für Prämissen bringt, sind "Human Issues" - einige hatte ich in meinem vorherigen Post schon gebracht. Aber wenn du willst, bring mir ein Beispiel aus dem Buch, das keine "Human Issue" ist. Du wirst keins finden.

Daraus folgt: bei Egri und bei Edwards ist die Prämisse in Statement zu einer "Human Issue". Der Unterschied ist einfach nur durch das Medium gegeben: bei Egri "beweist" der Autor die Prämisse und das Publikum rezipiert einfach nur. Bei Edwards steht am Anfang die Prämisse als Frage und alle Spieler versuchen im interaktiven Medium "Rollenspiel" diese Frage zu beantworten (also zu "beweisen" oder zu "widerlegen"). Das Statement wird einmal vor dem Konsum der Geschichte abgegeben (Egri) und einmal währenddessen (Edwards). So einfach. Und so ähnlich.

Zitat
Bei einer Nar-Geschichte ist der zentrale Konflikt das "Human Issue". Bei einer Nicht-Nar-Geschichte ist der zentrale Konflikt etwas anderes, z.B. "der Detektiv will den Mörder finden".
Das kann durchaus sein. Bestreitet ja auch keiner. Dennoch unterscheiden sich die Geschichten zentral: eine dreht sich um einen Human Issue, die andere nicht. Dementsprechend werden unterschiedliche Leute die Geschichten gut finden oder nicht. (Davon abgesehen: Egri packt jede Menge Human Issue in sein Krimi-Beispiel. Und bei Sherlock Holmes mag es hauptsächlich um den Spurensuch-Aspekt gehen, aber die meisten Krimis sind voll von Sex, Gewalt, Eifersucht usw. Also Human Issue bis unter die Hutschnur!)

Zitat
Oder die Spieler gehen dramaturgisch ran. Sie machen sich keine großen Gedanken über Realismus und Trial and Error, sondern sehen zu, dass langsam Spannung aufgebaut wird, dass die Charaktere in immer größere Probleme geraten, dass es zu einem Klimax kommt, in welchem die Charaktere glanzvoll über die Naturgewalten (oder ihren inneren Schweinehund) triumphieren können, ehe sie schließlich in die sichere Zivilisation zurückkehren.
Und du fragst jetzt, warum das kein Nar ist? Und du hättest lieber eine Kategorie, wo das zusammen mit den "Prämissen-Spielern" eingeordnet würde? Verstehe ich das richtig?
Nun, ich z.B. fände das furchtbar langweilig. Ich mag auch keine Katastrophenfilme. Ein Stapel Leute, die nur gegen die Natur kämpfen sind IMO ziemlich lahm. Entweder es ist spannend, ob sie es schaffen (und das wäre Gam) oder es gibt Human Issues, also die Leute mögen sich nicht, intrigieren, einer bringt die ganze Mannschaft in Gefahr, weil er alles Essen wegisst und dann sterben alle... Tja, und das wäre die Prämisse "Muss man in Extremsituationen zusammenhalten, auch wenn man sich sonst spinnefeind ist?" (oder so ähnlich). Nar.

IMO macht es keinen Sinn, diese Arten von Geschichte zusammenzuwerfen. Viele Leute mögen keine Actionfilme. Warum? Laaangweilig! Da schießen Leute aufeinander, bluten 90 Minuten rum und fertig. genauso macht es keinen Sinn, deine verschiedenen Arten von Geschichten zusammenzufassen.

Will sagen: wenn du nach deinen Maßstäben von Story Kategorien aufstellst, wirst du 90% aller Rollenspieler in der Story-Gruppe haben. Und sie werden nicht miteinander auskommen. Und dann nutzt diese Riesenkategorie nichts. (das ist auch der Grund, warum ich etwas Probleme mit Sim als Kategorie habe, aber das ist eine andere Baustelle)
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #42 am: 2.02.2005 | 16:23 »
Ok, du hast Recht, Egri steht auf "Human Issues". Er ist ja auch der Auffassung, dass der Charakter der Dreh- und Angelpunkt des Dramas ist. Die Aussage

Zitat
Die Prämisse sollte ihrer eigenen Überzeugung entspringen, so dass sie in der Lage sind, sie glaubhaft zu beweisen.

war mir nicht mehr geläufig und finde ich auch wenig sinnvoll, da die Prämisse ja kein Statement von absoluter, sondern nur von relativer Gültigkeit (für den jeweiligen Protagonisten) darstellt. Was Egri wohl eher meint, ist die Glaubwürdigkeit der Charaktere, Konflikte und Konfliktausgänge. Da bin ich dann wieder ganz mit ihm.

Nehmen wir mal an, man will wirklich nur dramatische Geschichten unter Nar subsumieren, die sich um "Human Issues" drehen. Also kein "Stirb Langsam" und kein "Indiana Jones". Haut dann die Prämisse (GNS) als Abgrenzungskriterium hin? Was genau ist dieses ominöse "adressing premise" denn nun überhaupt? Mal sehen:

Zitat
es gibt Human Issues, also die Leute mögen sich nicht, intrigieren, einer bringt die ganze Mannschaft in Gefahr, weil er alles Essen wegisst und dann sterben alle...

Das ist alles ebenso super für Sim: Char/Situation geeignet. Da kommt wieder das bereits im Ausgangspost angesprochene Abgrenzungsproblem zwischen "Entscheidung aus dem Charakter heraus" und "Entscheidung im Hinblick auf die Prämisse" ins Spiel. Also, wie grenzt man das sinnvoll ab? Was ist überhaupt eine Entscheidung im Hinblick auf die Prämisse? Was muss in meinem Kopf vorgehen, wenn ich als Narrativist eine solche Entscheidung treffe? Und wie entwickelt sich daraus die erforderliche Dramatik?
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #43 am: 2.02.2005 | 16:27 »
Hey, ich würd das auch gerne lesen! Vielleicht kannst du es ja extra posten oder sowas. (btw, ich hatte auch mal Ansätze gepostet... hat wohl keiner verstanden. Ich Laberbacke, ich. ;) )

Du könntest es ja dann mal aus der Sichtweise eines Experten bewerten und kommentieren...
Zugegebenermaßen klingt das alles so, als hättet ihr echt Ahnung von dem, was ihr da besprecht...

Aber eine Frage kommt mir da schon noch auf: Kommt ihr überhaupt noch zum spielen oder dreht sich auch dabei alles nur um die Analyse der fachlichen Einordnung des Spielstiles?
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #44 am: 2.02.2005 | 16:33 »
*** kurzes OT ***

Ich komme leider viel zu selten zum Spielen, sicherlich auch einer der Gründe, warum ich mich mit so was befasse. Aber vor allem aus Neugier. Nicht, dass ich wirklich drinstecken würde. Mein mangelndes Detailswissen und meine unrichtige Verwendung mancher "Fachtermini" wird mir ja auch regelmäßig unter die Nase gerieben... ;) Aber ich denke, vom Grundsatz her habe ich es inzwischen verstanden... ::)

Natürlich würde ich die neu gewonnenen Erkenntnisse auch gerne mal im Spiel erproben, aber meine Spielerinnen sind dafür nur begrenzt empfänglich. :-[
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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #45 am: 2.02.2005 | 16:51 »
P.S. @ Fredi:

Zitat
Ich bin mir (beyond reasonable doubt) sicher, dass wir Nar gespielt haben.

Nehmen wir doch mal unsere Universalis-Runde als Beispiel. Was war die Prämisse der jeweiligen Figuren? Und wie wurde diese in welcher Szene angesprochen? Habt ihr sie nur aus Rücksicht auf mich unerwähnt gelassen und mein Gebrabbel über Dramaturgie erduldet? ;)
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Offline Fredi der Elch

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #46 am: 2.02.2005 | 17:30 »
Auch kurzes OT:
Mir geht es da nicht viel anders als Verminaard.
Aber vor allem aus Neugier.
Unglaublich aber wahr: mir hat schon Ethik und Philosophie in der Schule Spaß gemacht. Und mir macht mein jetziger Job in der Wissenschaft auch Spaß. Ich denke einfach gerne über komplizierte Sachen nach und bin da sehr neugierig.
Zitat
Natürlich würde ich die neu gewonnenen Erkenntnisse auch gerne mal im Spiel erproben, aber meine Spielerinnen sind dafür nur begrenzt empfänglich.
Hihi, geht mir ähnlich. Ich versuch's gerade. Mal sehen, ab wann mir die Spieler die verdammte Prämisse um die Ohren hauen... ;D


Nun zu Thema.

Zitat
Die Prämisse sollte ihrer eigenen Überzeugung entspringen, so dass sie in der Lage sind, sie glaubhaft zu beweisen.
war mir nicht mehr geläufig und finde ich auch wenig sinnvoll, da die Prämisse ja kein Statement von absoluter, sondern nur von relativer Gültigkeit (für den jeweiligen Protagonisten) darstellt.
Nein. Nicht den Protagonisten. Den Autor. Den Autor!! Red ich chinesisch (oder Egri vielleicht)?  ???
Zitat
Eine gute Prämisse aber repräsentiert den Autor selbst.
Öhm, viel deutlicher geht's doch wohl nicht, oder? Egri steht auch ganz doll auf Glaubwürdigkeit, aber bei der Prämisse ist es ganz klar: die Prämisse ist ein Statement des Autors über eine Human Issue. Nicht mehr und nicht weniger. Lies das Kapitel nochmal, es ist IMO sehr deutlich.
Und deswegen ist die Adaptation von Edwards auch sinnvoll, da beim Rollenspiel eben nicht nur ein Autor vorhanden ist, sondern jeder Teilnehmer ein Mitautor ist. Und dieses Statement wird üblicherweise durch die Charaktere in einem Konflikt gemacht (nicht zwingend durch Entscheidungen der Protagonisten aber doch durch eine Entscheidung des Autors!). Und da ist er wieder ganz bei Egri, der die Prämisse auch durch Charakter und Konflikt umgesetzt haben möchte.

Naja, egal, soviel zu Egri und Edwards... :)



Zitat
Was genau ist dieses ominöse "adressing premise" denn nun überhaupt?
[...]
Also, wie grenzt man das sinnvoll ab?
Tja, wenn ich das sooo genau wüsste... ;)
Es gibt diese Diskussion über "Frontloading" schon lange. Also der Effekt, dass man mit entsprechender Situation und den richtigen Charakteren nicht zwischen Sim Char und Nar unterscheiden kann.
Dazu folgendes:
1. Ja, es ist schwer zu unterscheiden. Das macht die Theorie aber noch nicht kaputt.
2. man muss die Spieler beobachten. Was macht ihnen Spaß? Wenn sie sich immer freuen und richtig bei der Sache sind, wenn die Prämisse ins Spiel kommt, ist es eher Nar. Wenn sie sich freuen, wenn jemand seinen Charakter richtig ausspielt, ist es eher Sim.
3. Es gibt durchaus Verhalten, dass in Nar wahrscheinlicher ist als in Sim. Z.B. dramatisch relevante Charakterentwicklung. Wenn es dir eher um den Charakter geht, wirst du wahrscheinlich Veränderungen schwieriger Umsetzen und eher am Konzept festhalten. geht es dir um die Prämisse, wirst du evtl. schneller bereit sein, den Charakter zu verändern.
4. Wenn eine Gruppe nun über längere Zeit so spielt, dass sie immer Situationen wählt, die quasi schon eine Prämisse enthalten (Frontloading) und das Spiel dann nicht von Nar zu unterscheiden ist... ja, vielleicht spielen sie ja dann Nar, oder? ;) Immerhin muss beim Setup jemand die Prämisse reingebracht haben (wenn auch evtl. nicht bewusst).

Naja, aber leicht ist es trotzdem nicht und ich glaube, dass diese Gruppe von Leuten tatsächlich gut zu Narrativisten passt. Deswegen ist ja das Problemkind bei GNS nicht N sondern S... ::)
Aber durch eine Klassifikation nach "Story" (was immer das eben sein mag), kriegst du eben nicht nur N und diese Gruppe, sondern fast alle Rollenspieler auf der Welt. Und das kann es ja auch nicht sein.


Nehmen wir doch mal unsere Universalis-Runde als Beispiel. Was war die Prämisse der jeweiligen Figuren?
(kleiner Einschub: die Prämisse sollte nicht für die einzelnen Figuren gelten, sondern für das ganze Stück. Abenteuer. Whatever. Siehe oben)

Aber zum Punkt: Wenn ich das so genau wüsste. :) Das Spiel war nicht umsonst ziemlich zerfasert, weil wir die Prämisse nicht vorher festgelegt hatten, sondern sie im Spiel hin und her gehüpft ist. Aber die human issues waren ja wohl ziemlich deutlich, oder? Mädchen verliebt sich in Typen, Vater findet es nicht gut, Mädchen haut ab, findet raus, dass Freund ganz böse ist und stirbt. Hätte sie mal besser auf den Vater gehört. Also vielleicht "Wer nicht auf seinen Vater hört, kriegt symbolisch auf die Fresse..." ;D Das jetzt noch als Frage.
Aber ich gebe zu, wir waren nicht so auf die Prämisse fokussiert. Deswegen eierte das Ganze ja auch etwas. Es war also eher ein schlechter Nar-Versuch (naja, Anfänger halt) als richtig gutes, tolles Nar. Aber dennoch Nar. Die Idee, dass Nar immer supertoll und mit glasklarer Prämisse sein müsste, ist Quatsch. Nar kann genauso saugen wir Sim und Gam auch (und wie Romane).
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Zitat von: 1of3
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Offline Lord Verminaard

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #47 am: 2.02.2005 | 18:36 »
Zum Thema Egri:

Ich kann das Kapitel nicht nachlesen, da ich das Buch nicht hier habe. Allerdings gereicht es zu einem besseren Verständnis, wenn man nicht nur Egri selbst liest, sondern auch über ihn. Ich will das nicht endlos vertiefen, da es letztlich nicht der Punkt ist und ich ohnehin kein begeisterter Egri Fan bin. Nur soviel: Eine Prämisse ist niemals eine absolute Aussage. Niemals! Sie mag ein Statement des Autors sein, aber sie ist kein generelles Statement, sondern auf die konkrete Situation des Protagonisten bezogen.

Bei Egri gibt es nur eine Prämisse, weil das Drama nur einen Protagonisten hat. Gibt es mehrere Protagonisten, gibt es auch mehrere Prämissen. Okay, es kann auch die gleiche Prämisse für alle sein (z.B. "Liebe führt zu Tod" für Romeo und Julia), aber das ist nicht zwingend. Man darf bei Lektüre von "The Art of Dramatic Writing" auch nicht vergessen, dass Egri seine These dort erstmals formuliert hat und er ihre Tragweite vermutlich selbst noch nicht erkannt hatte.

Zum Thema Nar:

Okay, dass es auch schlechtes Nar geben muss, ist klar. Ich will jetzt auch nicht die Diskussion um Prämisse und Thema wieder aufwärmen. Das hatten wir ja nun schon. Wenn man die Prämisse (GNS) als Frage so formuliert, dass sie den zentralen Konflikt beinhaltet, nähert man die beiden einander an, so dass meine ganz persönliche Vermutung ist, dass Ron hier einen Fehler gemacht hat, dieser Fehler sich aber nicht gravierend auswirkt. Aber bitte, ich bin kein Literaturwissenschaftler, nur ein interessierter Laie, der sowieso immer alles falsch versteht... ;)

Ich habe jetzt schon eine Menge Dinge gehört, die mir runtergingen wie Honig:

Zitat
natürlich hast du recht.
(...)
Bezweifele ich ja auch nicht (mehr).
(...)
wenn ich das sooo genau wüsste...

 ;)

Ich würde mich ja nicht weiter mit GNS beschäftigen, wenn ich nicht fände, dass sie interessante Ansätze hat. Vielleicht ist es auch ein ganz persönliches Problem, dass ich mit der Definition von Narrativismus über die Prämisse habe. Andererseits, wenn ich mir noch mal die alten Threads hier durchlese, hat es eigentlich hier im GroFaFo niemand auf Anhieb gerafft. Also, Verbesserungsbedarf ist auf jeden Fall da.
« Letzte Änderung: 2.02.2005 | 18:43 von Lord Verminaard »
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Offline Fredi der Elch

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #48 am: 2.02.2005 | 19:13 »
Thema Egri
Eine Prämisse ist niemals eine absolute Aussage. Niemals! Sie mag ein Statement des Autors sein, aber sie ist kein generelles Statement, sondern auf die konkrete Situation des Protagonisten bezogen.
Ah, ok. Das kann ich nachvollziehen. Volle Zustimmung.

Zitat
Bei Egri gibt es nur eine Prämisse, weil das Drama nur einen Protagonisten hat. Gibt es mehrere Protagonisten, gibt es auch mehrere Prämissen.
Hm. Einleuchtend. Egri kannte wohl Rollenspiele noch nicht, oder? ;D Aber gut, da Rollenspiele eben mehrere Protagonisten haben, machen mehrere Prämissen durchaus Sinn. Wobei ... Egri wendet sich ausdrücklich gegen mehrere Prämissen (im Drama). Und irgendwo hat er Recht: wenn jeder Charakter (Protag) seine völlig eigene Prämisse-Suppe kocht, wird es unübersichtlich. Es wäre zwar noch Nar, aber nicht mehr sehr durchschaubar. Ich denke, dass zu viele Prämissen auf einmal nicht so sinnvoll sind. (btw: PtA löst das sehr schön durch die Screen Presence - Mehrere Issues, aber immer nur eine auf einmal!)

Mei, da hab ich doch noch was über Egri gelernt! :)

Zum Thema Nar:
Zitat
Wenn man die Prämisse (GNS) als Frage so formuliert, dass sie den zentralen Konflikt beinhaltet, nähert man die beiden einander an, so dass meine ganz persönliche Vermutung ist, dass Ron hier einen Fehler gemacht hat, dieser Fehler sich aber nicht gravierend auswirkt.
Naja, ich vermute eher das, was er sagt: eine Adaptation ans Medium Rollenspiel. Ein Autor kann seine Prämisse alleine durchziehen ohne jemanden zu fragen. Beim Rollenspiel sollte aber schon im Spiel noch was passieren, sonst... hat man ja alles schon vorher entschieden und braucht nicht mehr spielen, oder? Naja, meine Meinung.

Zitat
Vielleicht ist es auch ein ganz persönliches Problem, dass ich mit der Definition von Narrativismus über die Prämisse habe.
Ganz ehrlich... das ist auch schwierig zu verstehen bzw. schwierig definiert. Das Problem ist: es gibt im Moment keine bessere. Ich kann dir nur sagen, dass du mit einer Definition über "Story" eben nicht weit kommen wirst. Das wurde auf The Forge hoch und runter und wieder hoch und wieder runter diskutiert. Und am Ende konnten sie sich weder darauf einigen, was Story heißt, noch wie dann eine "Storyismus"-Gruppe aussehen sollte. Da ist IMO nicht viel zu holen.
Was nicht heißen soll, dass die Definition über Prämisse die zwingen auf ewig beste sein muss. Ich denke inzwischen eher an "Human Issueism" (aka "GZSZism" ;D ) als Definition, so ganz ohne Prämisse als Frage... :D Aber ob das nun wirklich besser ist, weiß ich auch nicht. Und vor allem: mach das den Jungs auf The Forge mal klar...

Andererseits tut's Nar als Definition eigentlich ziemlich gut (in den meisten Fällen). Problematisch wird es tatsächlich bei den Frontloadern und auch bei den Partizipationisten... denn wenn der SL sich komplett um die Prämisse kümmert und sie adressiert, die Spieler aber nur "mitlaufen"... ist es dann Nar? Oder was? Naja, und das wird diskutiert.
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Zitat von: 1of3
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Offline Maarzan

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Re: [GNS-Rant] Narrativismus ist nicht Story
« Antwort #49 am: 3.02.2005 | 12:54 »
Eins vorweg: Ich glaube nicht an die Dreieinigkeit des Rollenspiels, weder an Threefold noch an GNS.

Doch zunächst zum Thema. Es gibt Treefold (mit Story) und GNS (mit NAR). Alleine das sollte schon auf die Differenz zwischen Story und NAR deuten - und ist auch vom Meister des NAR so bestätigt worden, auch wenn selbst auf FORGE Leute das gerne vermischen. Gegebenenfalls müßte ich den Artikel suchen, wo er das ausgeführt hat - bei der Menge könnte das aber dauern. Aber Story in Form von Dramatik, Enpowerment, Immunitäten oder anderen Dingen gehört nicht zu NAR.

GNS kommt mir vor wie eine Einteilung von Autos in Coupes, Limusinen - und Ferraris. Die ersten beiden Gruppen teilen die Kategorie der Autos in 2 Teile mit einigen Autos, welche dort nicht hineinpassen und die dritte Gruppe wirkt wie verlaufen. Irgend jemand mag Ferraris ganz dolle, und besteht darauf, daß Ferraris nicht nur irgendwelche Autos sind, die mit den anderen in einen Topf geworfen werden dürfen.

Mein persönliches Bild besteht aus SIM (ursprünglich Role-) und GAM (-playing) und den aus diesen Basen abgeleiteten Schwerpunkten. Dabei ist SIM mit der Zeit von der alleinigen Erkundung des Charakters und indirekt der Welt durch seine Augen auch auf andere Felder gewandert, wie die direkte Erkundung der Welt oder Einzelteilen von ihr, bis letztendlich auch hin zur Erkundung des Spielers und seiner Psyche und Einstellungen durch das Spiel. (Was ich dann als NAR identifizieren würde) Und genauso wie ein Method Actor (SIM mit Focus auf Charakter, von innen) und ein Lehnstuhlfeldherr (Mit Focus auf Kampfsimulation mit allen Details) ihre Probleme bekommen können, weil sie durch unterschiedliche Auslegung des Experimentierraumes sich ins Gehege kommen, bzw. ihren Eintrag ins Spiel gefährdet sehen, hat halt auch der NAR gelegentlich Probleme mit anderen SIM.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...