Baron Enkidis QuartierKaltes Wasser wusch Blut und Haut davon, wurde in einem Gurgeln rot, dann klar. Es half, wieder halbwegs zu Sinnen zu kommen.
Und dennoch drängte er alle Gedanken von sich, musste sich konzentrieren. Auf das Handeln. Den Kopf leer halten, so lange es ging.
Mechanisch legte er den Kimono ab, registrierte, dass er schweißnass war. Beugte sich hinab und ergriff den Rosenkranz, der halb zerissen neben dem Bett lag.
Amalthea. Adiuva me.Er ging zum Medpac, nahm eine weitere Dosis Schmerzmittel, auch wenn sie ihre Wirkung nicht mehr voll entfalten würde. Steckte ein starkes Schlafmittel ein und zog sich um.
Ein grober, unscheinbarer Leinenstoff kratzte über seine Haut. Ein schwerer Kapuzenmantel, der sein Gesicht in Schatten hüllte. Kein Zeichen seines Hauses. Fremde würden ihn für einen Pilger halten.
Nur wenige Minuten, nachdem er sich im Korridor von Sir Keitaro verabschiedet hatte, trat Enkidi wieder in den Gang hianus und machte sich auf den Weg. Vor dem Schott zu Megans Quartier verharrte er einen Augenbick. Sollte er ihr Bescheid geben? Noch einmal mit ihr reden?
Seine Hand tastete zum Summer. Das Stechen auf seiner Brust wurde stärker und Enkidi presste die Augen zusammen. Etwas in ihm gierte nach dem Amulett. Entfachte ein fast körperliches Verlangen.
Nein, nein, nein. Er schüttelte den Kopf, schüttelte den Gedanken fort, drehte sich um und floh – weg von der Tür, weg von Megan, ehe er endgültig die Kontrolle verlor.
Gänge, Lichter und Gestalten flogen an ihm vorbei. Die Welt verschwamm zu einem Band, das an seinen Augen vorbeizog, ohne sein Bewusstsein zu erreichen. Denn dieses war mit einem einzigen Gedanken beschäftigt – ihn zu halten erforderte alle Kraft, die er noch besaß. Ein letzter Fokuspunkt, dem er sich entgegen schleppte. Bevor der Alptraum die Herrschaft über die Nacht antrat.
Irgendwann fand seine Hand ein Codepad und tippte eine Zeichenfolge ein.
Das Hauptschott der Azara öffnete sich mit einem vertrauten Zischen. Innen legte sich ein Mantel unberührter, metallischer Stille um ihn.
Jemand war hier gewesen, er spürte es deutlich. Fremde. Der hauchfeine Geruch von Leder lag in der Luft, und von totem Blut. Kalter Zigarettenrauch; ein leichtes, blaues Parfum. Aber sie waren fort, schon seit Stunden. Gut.
Seine Finger tasteten zitternd über die Stahlwände, er fand die Leiter, kletterte, kaum noch bei Sinnen, hinab und erreichte den Frachtraum. Die Haut der Finger, die sich unter dem Ärmel seiner Robe dem Datenpad entgegenstreckten, war weiß wie Schnee. Und auch so kalt. Als hätte sich der Atem des Alls wie ein eisiger Film über sie gelegt.
»Zeitschloss aktiviert. Intervall 8 Stunden.« flüsterte die körperlose Stimme des Schiffes.
Hinter seiner Stirn zuckte etwas zusammen. Der Schleier, der dünn zwischen zwei Bewußtsein hing, zerriss.
Mit letztem Willen trat Enkidi über die Schwelle, und der schwere Stahl des Schotts schloss sich hinter ihm.
» Ortswechsel zu Sektor A