Okay, meine 2 Cent zum Thema. Als Aufhänger nehme ich mal ein Posting von Ein. Nicht, weil es hier an anderen Aufhängern mangelt, sondern weil Ein das sehr schöne Talent besitzt, sich kurz und prägnant auszudrücken und ich deshalb nicht so viel zitieren muß
Wie man sowas aber vernünftig produziert (programmiert) lernt man nur durch Beschäftigung mit der Theorie (aka. Analyse) und dem Ausprobieren von Ideen.
Und wenn die Analyse zeigt, daß Theorien falsch oder unvollständig sind und die Wirklichkeit nur unzureichend widerspiegeln? Dann muß man zurück an den Schreibtisch und weiterforschen. Viele Rollenspieltheorien haben sich als unzureichende oder unbegründete (und somit gänzlich unwissenschaftliche) Modelle herausgestellt (auch wenn ihr es nicht wahrhaben wollt. Träumt doch weiter, aber verratet 's keinem Wissenschaftstheoriker
); revidiert werden sie deshalb nicht.
Ergo, wer eine unzureichende Theorie als Grundlage für die Praxis nimmt, kann zu guten Ergebnissen kommen. Aber er muß es nicht. Im Prinzip sind die Chancen eines Theorieunkundigen genau so hoch, zu einem guten Ergebnis zu kommen. Und die Rollenspiele auf dem Markt (auch auf dem Indie-Markt) bestätigen das.
Nein, man muss seine kritischen Lehren aus der Theorie (oder aus seinen empirischen Erfahrungen) gezogen haben, um ein gutes Rollenspiel zu schreiben.
1. Zieht man kritische Lehren aus der Theorie, so entsteht Innovation (ein schönes Schlagwort, daß offenbar zu den dominierenden Wörtern dieses Diskussionsthemas gehört). Aber wenn die Theorie Macken hat, so kann es gut sein, daß sich die Innovation nicht durchsetzt. Viereckige Räder waren auch ausgesprochen innovativ. Haben wollte sie aber niemand. Und warum? Man hat eine Technologie umgesetzt, die auf einer unausgegorenen Theorie basierte.
2. Was ist ein "gutes" Rollenspiel? "Gut" ist nicht gerade ein objektives Wort. Und wenn man hier im wissenschaftlichen Kontext eine Theorie diskutieren will, dann sollte man subjektive Eindrücke vermeiden.
Mein persönliche Meinung: Ein gutes Rollenspiel zeichnet sich dadurch aus, daß die Menschen Spaß daran haben. Ein gutes Rollenspiel zeichnet sich auch durch innovative, für die Praxis taugliche Begriffe aus. Ein gutes Rollenspiel zeichnet sich aber nicht dadurch aus, daß es eine erarbeitete Theorie wiederspiegelt.
Und das trifft IMO weder auf D&D noch auf DSA zu, jedenfalls nicht nach dem heutigen Technologiestand im Rollenspiel.
Wenn Rollenspiel eine Kunst ist, dann hat es keinen "Technologiestand". Technologie ist die praxisgerechte Umsetzung einer gut untermauerten Theorie. Diese ist für den Sektor des Rollenspiels nichtexistent, weil sich niemand die Mühe macht, die erarbeiteten Theorien über sein persönliches Umfeld hinaus zu überprüfen.
Nächster Punkt: DSA und D&D sind IMHO "gute" Rollenspiele, weil sie sehr vielen Menschen Freude bereiten. Andererseits sind sie mir zu anspruchslos (Kurzum: Ich find' beide blöd
). Das macht zwar in meinen Augen wenig innovativ, aber nicht "schlecht".
Meine Meinung zum Thema, um mal endlich zum Kern der Sache vorzustoßen, ist die folgende:
Für die Entwicklung eines anspruchsvollen Spiels brauche ich keine Theorie, sondern ich brauche Erfahrung. Kunsttheorie macht aus mir keinen Künstler. Talent und Übung machen aus mir einen Künstler. Und wenn ihr jetzt sagt, Rollenspiel ist keine Kunst, dann ersetzt doch einfach in den obigen Sätzen Kunst durch Technik oder was auch immer...
Und wenn Rollenspiel Kunst ist, dann sehe ich nicht, wie eine auch immer geartete Theorie die Entwicklung guter Spiele begünstigen soll...