Interessant...
Ich fand die Idee eigentlich ja ganz nett, aber das macht man als SL doch eh intuitiv da braucht es keine Regeln.
Und was die dicken Wummen angeht.
Kann es sein das du primär denkst "Runs" wären quasi immer "klaue Prototyp X und sei still und heimlich" ?
Soll kein Angriff sein, aber wie weiter oben geschrieben ich finde es extrem schwer rauszulesen was du eigentlich für ein "problem" mit SR hast.
So wie ich es kenne und sehe ist die Bandbreite für Runs extrem. Die reicht von "Still und heimlich" bis hin zu "macht alles kaputt und das möglichst laut und offensichtlich"
Hi.
Dein Schlusssatz ist absolut zutreffend. Und so sah ich Shadowrun von einem "objektiveren" Standpunkt aus auch. Und nein: Ich reduziere SR
nicht auf das irgendwo Eindringen, irgendwas Rausholen und dann Verschwinden. Dann könnte ich genauso gut irgendein Computerspiel spielen. Will ja aber nicht.
Jedenfalls: No offense taken.
Mein "Problem" mit SR ist relativ schwer zu greifen. Da pflichte ich Dir (und anderen?) bei. Denn zum einen kenne ich SR 3 nur aus der Theorie und SR 4 gar nicht, weshalb ich mit diesen kein "Problem" in dem Sinne haben kann; zum anderen basieren meine Fragen ausschließlich auf den Erfahrungen, die ich in etwas mehr als einem Jahrzehnt mit SR 1 und SR 2 gesammelt habe. Ziel meiner Frage ist deshalb: Lohnt es sich für mich, mich wieder mit SR "anzufreunden", mich auf SR 4 einzulassen? Oder werde ich eher wahrscheinlich das erleben, was meine (nicht nur) letzten aktiven Erfahrungen mit SR 2 waren, nämlich:
Ich beziehe mich dabei auf zwei Beobachtungen:
1. Unterschiedliche, aber dennoch irgendwie eintönige (iSv. sich auffällig wiederholende) Erfahrungen als Spieler und Spielleiter für SR:
a) Als Spielleiter hatte ich bei verschiedenen One-Shot wie Kampagnen-Runden viele Spieler kennengelernt, denen es um die beste Cyberware, die dicksten Wummen, die stärksten Zaubersprüche, die militärischst-mögliche Rigger-Ausstattung oder oder oder ging; und es war bei diesen Spielern auch nicht selten so, dass sie viele Szenen einfach mit APDS und Co. lösten. Ob das Versagen bei den Spielern, den Angeboten des Spiels oder der Inkopetenz des Spielleiters zu suchen ist, das ist natürlich eine herrliche Meta-Frage. Dennoch ist die Interessenlage solcher/ der Spieler klar, wenn sie an den Spieltisch herantreten, in dem neuesten Ausrüstungsbuch herumblättern, sich 'nen Charakter schnell zusammenschrauben und sich diese Waffe oder jene Ausrüstung zulegen wollen. Dann stellt sich schon nicht mehr die Frage nach Fehlern in den Produkten oder dem Verhalten des Spielleiters.
b) Als Spieler hatte ich sehr häufig das Problem, dass, wenn ich nicht auf der Welle der anderen Spieler mitritt, ich quasi keine Spielanteile hatte, da ich in keiner Spielszene wirklich "zum Zug" kommen konnte. Gut, das ist jetzt nichts ungewöhnliches. Interessant wird es aber, wenn Du als Spieler in verschiedenen Runden die Erfahrung machst: Wenn ich nicht totales Min-Maxing betreibe, werde ich von den anderen Spielern und dem Spielleiter nicht voll oder ernst genommen; außerdem hat der Spielleiter häufig in solchen Spielrunden das "Threat Level" für solche Shadowrunner-Gruppen so hoch gezogen, dass Du mit einem nicht min-maxed Charakter auf der Strecke bliebst - und das zwangsläufig.
c) Fazit meiner wiederholten Erfahrungen dieser Art, die
nicht die Ausnahme,
sondern die Regel war:
Vielleicht hatte ich in all den Jahren vom Harzvorland bis vor allem Region und Stadt Hannover einfach nur scheiß Pech mit Spielern dieser Art.2. Die zweite Beobachtung bezieht sich auf die Produkte bzw. Produktentwicklung von SR. Ich erinnere mich noch gut daran, als der Straßensamurai Katalog in SR 1 erschien; das war so eine der Perlen der Erweiterungen eines Spiels; ebenso das Rigger Black Book, das Grimoire, das Corporate Securities, das Shadowtech etc. Das waren alles Produkte, die den "Produkt-Tenor" des Grundregelwerkes aufrechterhielten und das Spiel einfach anreicherten. Da gab es dann zwar auch fettere Wummen, aberwitzige Cyberware, absolut nicht notwendige Magie-Erweiterungen; denen standen aber auch irgendwelche "flaws" (Preis, Verfügbarkeit*, geringe Kapazitäten, andere technische/magische Lösungen) entgegen. Das galt sowohl für SR 1 als auch die Anfänge von SR 2, welches ja lediglich die SR 1 Produkte in SR 2 Regeln übersetzte. (*Zur Verfügbarkeit: Ich habe in all den Jahren unter den "vielen" (acht plus ich) Spielleitern, denen ich begegnet war, neben mir
nur einen getroffen, der den (wie ich finde brauchbaren) Verfügbarkeitsregeln des Spiels Bedeutung beimaß!)
Dann aber, nach einer "gefühlt längeren" Durtstrecke kamen neue Produkte: insbesondere das Kreuzfeuer, Cybertechnologies, Grimoire II
und Awakenings waren vollgepackt mit allerlei Kram, denen "das Gegengewicht" fehlte, denen das "shadowrunmäßige" fehlte, weil hier para-militärische Dimensionen und übertriebene magische Möglichkeiten (Cyber-Zombie!) aufgezogen wurden, welche allesamt mit
Shadowrun bestenfalls periphär, wenn nicht nur tangential etwas zu tun hatten (meiner Meinung nach). Der Effekt dieser SR-Produkte an Spieltischen, auf Cons und mit neuen Gruppen war nun: "Kann ich einen Cyberzombie spielen? Kann ich den nun erschwinglichen MP-Laser haben? Ist heute der Tag, an dem Weihnachten-Ostern-und-mein-Geburtstag zusammenfallen?"
Mit anderen Worten: Mein Eindruck war, dass die neuen Produkte für SR (lies: die späteren Produkte für SR 2) darauf abzielten, die eierlosen Testosteronies anzusprechen, denen es eben
nicht um die potentielle Bandbreite des SR-Spiels, sondern eben nur um sexy Bitches mit big gunssZZZ geht.
Edit - Nachtrag: Um den Bogen zu meiner Ausgangsfrage herzustellen, sei dies noch ergänzt: Dieser unbekümmerte Umgang mit dem, was SR eben bot, hat schon frühzeitig in mir den innigen Wunsch geweckt, auf alles das, was die Runner machen, Konsequenzen folgen zu lassen. Das bedeutet nicht gleich "Gegenschlag", "Paranoia" und Co., aber die Spieler "unter" mir mussten sich darüber im Klaren sein, dass vieles bis alles, was sie tun, irgendwelche Reaktionen hervorrufen und/Spuren hinterlassen würde - regeltechnisch etwa ausgedrückt in der Verfügbarkeit von Dingen, story-technisch eben Forensik (in bestimmten/ -baren Gegenden), story-technisch Aufmerksamkeit Wecken bei noch nicht Beteiligten ... etc. pp. Vermutlich deckt sich mein Verständnis davon mit dem von Dir (dunkelblut) aufgeworfen Schlüsselwort der Bandbreite von SR. Und darauf zielt meine Grundfrage ab, die ich hier zur Diskussion stelle: Bediente SR 3 und bedient vor allem SR 4 diese spätere Entwicklung der Produkte in SR 2 und damit wahlweise den
einfallslosen Eierlosen oder den One-Shot-Spaß? Oder hat es eine "Kehrtwende", eine Art "Rückbesinnung" auf das gegeben, was SR in seinen Anfängen ja
auch stark machte.
Bei all dem noch mal in aller Deutlichkeit: Ich stelle auf meine Erfahrungen und Eindrücke ab, und nicht auf den objektivierbaren Kerngehalt des Spiels. Zu letztgenanntem habe ich mich in all den Jahren ja viel zu wenig "spiel-theoretisch" mit dem Spiel auseinandergesetzt.
Sorry, wieder 'ne wall of words.
AO