Diego nickt und winkt ihnen, ihm zu folgen.
Gemeinsam verlassen sie wieder dieses Viertel und laufen die steilen Straßen zum Hafen hinab. Dort wendet sich Diego in Richtung der Hafenmeisterei, einem kleinen, windschiefen Holzbau mit großen, blau getünchten Fensterrahmen.
Er kannte Barnardo von einigen Gelegenheiten, zu denen die "Fürchtenichts" diesen Hafen angelaufen hatte, um Proviant aufzunehmen. Der alte Zausel war ihm gerne zur Hand gegangen, nachdem Diego und Seamus von Käpt'n Ironfist dazu verdonnert worden waren, Quartiermeister Barkstone zu helfen. Barnardo war ein ehemaliger Soldat. Kein Offizier. Dazu war er nicht ehrgeizig genug. Höchstens Sergeant oder so was ähnliches.
Soldatsein genügte ihm. Dort bekam er Sold, warme Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf. Und, was wichtig war, er lernte sich zu verteidigen.
Mittlerweile war er zu alt und schon seit zwei Jahren kein Soldat mehr. Im Alter von Mitte Fünfzig führte er aber seinen Säbel immer noch mit Grazie, jedoch weniger mit Schnelligkeit. Diego hatte das am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Der Castilier betritt das Häuschen und klopft gegen die Wand. Eine Tür brauchte es hier nicht.
"Hallo? Ich suche Barna...ah!"
Ein großgewachsener, zäh aussehender Mann mit imposantem, grausträhnigem Bart tritt ins Licht und direkt vor Diegos Nase. Seine wettergegerbte Haut ist ledrig und von vielen tausend Falten durchzogen. Dennoch blicken seine blauen Augen hellwach und Lachfältchen beweisen, dass dieser Mann kein Kind von Traurigkeit ist.
"Hey, Diego!", schnappt Barnardo und umarmt den Castilier heftig. "Dich hier nochmal zu sehen, wer hätte das gedacht? Hat sich der Magen mittlerweile wieder beruhigt?", lacht er und klopft Diego heftig auf den Rücken.
Diego hustet leise und winkt schnell ab. "Jaja, alte Geschichten, Barnardo. Schön, dich zu sehen, du altes Schlachtross..."
"Wer sind denn deine Begleiter? Hast du was ausgefres...huih, ein Eisenländer. Grüß Euch Theus, werter Herr Hochwohlgeboren. Und die anderen sehen auch recht bunt aus. Schön, schön. Nur herein in die Stube.", ruft Barnardo, während er sich schon umdreht und ein paar bequeme Stühle zurechtrückt und ihnen Platz anbietet. Dann schlägt er den grauen Arbeitskittel vorne zusammen und setzt sich.
"Nun denn, du bist mit der ganzen Zirkustruppe hier doch nicht hergekommen, um dem alten Barnardo einen Höflichkeitsbesuch abzustatten? Nebenbei bemerkt, die "Fürchtenichts" liegt ja schon eine Weile im Hafen - ich habe dich früher erwartet." Seiner Stimme ist zu entnehmen, dass er Diego damit einen Vorwurf macht. Der zuckt indes bei der Nennung des Schiffsnamens zusammen, übergeht den Faux-pas des Hafenarbeiters aber geflissentlich.
"Weshalb wir hier sind, Barnardo...ja, ich weiß, ich hätte früher kommen sollen. Aber dringende Angelegenheiten hielten mich davon ab, doch nun lenken genau die mich in deine Richtung. Wie schön, nicht wahr?", lächelt er unbefangen. "Zur Sache: Du warst doch mal als Soldat hier stationiert, nicht wahr? Und kennst diese komische Zitadöle da hinten." Er zeigt mit dem Daumen in unbestimmte Richtung, jedenfalls hinaus aus dem Hafenmeister-Häuschen.
"Ich möchte, dass du uns ein bisschen von deiner Vergangenheit erzählst - und, was du über diesen Bau weißt. Bitte.", fügt er schnell hinzu.