Jetzt waren die Reisenden auf unkoordinierter Flucht. Sie stolperten querfeldein, ungeachtet der natürlichen Pfade des Waldes. Ein kurzer Blick zurück offenbarte, dass die Wölfe, welche durch Nimrotts Magie nur schemenhaft und verschwommen zu erkennen waren, den Halbkreis gänzlich schlossen. Offenbar hatten sie noch nicht bemerkt, dass die Abenteurer geflohen waren. Es dauerte aber nicht lange, da war schon wieder das Lächzen der Tiere zu hören, welche den Fährten der Flüchtenden folgten. Die Reisenden liefen bestimmt eine halbe Stunde und achteten schon garnichtmehr darauf, was hinter ihnen war. Noch immer wirkte Nimrotts Zauber, aber mit der Zeit fühlte sich diese merkwürdige Art der Bewegung immer unangenehmer an.
Luana fühlte die Übelkeit als erste in sich aufsteigen. Die Schlieren und schemenhaften Formen vor ihrem Gesicht hinterließen ein widerwärtiges Schwindelgefühl. Plötzlich blieb sie stehen, weil sie zu stürzen drohte und befahl ihrem Geist, sich von der Verwandlung zu befreien. Ein Brummen drang zunächst an ihre Ohren, das aber immer höher wurde, bis es in einem Fiepsen endete. Dann hatte sie das Gefühl, ihr Körper würde eine unsichtbare Hülle nach allen Seiten abstoßen, die schließlich in der Luft verpuffte. Das Fiepsen klang ab und die Welt sah wieder natürlich aus. Die Luft roch frisch und die Töne klangen rein. Doch kaum freute sich die Halbelfe ihre natürliche Wahrnehmung zurück erlangt zu haben, da stürzte irgendetwas auf sie zurück und machte den Eindruck gleichsam in ihrem Geist zu platzen. Ein unerträglicher Kopfschmerz folgte. Luana stürzte zu Boden und verlor für kurze Zeit die Besinnung.
Talonis bemerkte das und blieb stehen. Auch er hielt die Magie, die ihn umwebte, kaum noch aus. Daher schüttelte der Mönch den Zauber ebenso ab, wie es Luana getan hatte. Bei ihm lief der Prozess ganz ähnlich ab. Auch auf ihn fiel dieses unsichtbare Etwas zurück, so dass er Kopfschmerzen und ein unangenehmes Klingeln im Ohr hatte. Die Auswirkungen waren aber zum Glück nicht ganz so schlimm, wie bei der Halbelfe.
Anschließend befreiten sich auch die Übrigen von der Verzauberung. Bei allen lief es ähnlich ab. Am wenigsten hatte Mortan unter den Nachwirkungen zu leiden, obwohl er den Zauber mit aller Gewalt von sich geschüttelt hatte. Die Magier in der Gruppe gestalteten den Übergang zur normalen Welt offenbar fließender, so dass bei ihnen die Auswirkungen nicht so stark zum Tragen kamen. Aber auch sie litten unter Übelkeit und Kopfschmerzen.
Gasper suchte seine Orientierung wieder und blickte sich hektisch um. Er suchte in seiner Umgebung nach einer Stelle, wo sich vor den Wölfen verstecken könnten. Er wusste, dass die Tiere ihre Spuren wittern konnten. Sie waren praktisch ungeschützt. Obwohl der Mond hinter Wolken verborgen war, entdeckte er rechts einen abschüssigen Pfad, der in einer morastigen Niederung endete. Alte, knorrige Bäume wölbten sich über das schlammige Loch und lange, schmierige Flechten hingen von den Ästen herab. Ein modriger Geruch strömte zu ihnen herüber. Der Paladin rieb sich die Augen, weil sich alles um ihn herum drehte, und meinte:
"Lasst uns in der Niederung Schutz suchen. Wenn wir Glück haben, können die Wölfe unsere Witterung dort nicht aufnehmen! Wir können Luana hier nicht liegen lassen. Wir müssen sie tragen!"
Gasper wartete auf die Meinung der übrigen.